Die Sprache der Frauen blieb ungeschaffen. Sprechende Frauen sind von einer wahnwitzigen Sprache besessen. Walter Benjamin
Am 21. Januar 1793 wurde Ludwig XVI guillotiniert. Knapp neun Monate später, am 16. Oktober 1793, folgte ihm seine Frau Marie-Antoinette aufs Schafott. König wie Königin wurden gleichermaßen die Köpfe abgeschlagen - und doch, vergleicht man die Augenzeugenberichte, so boten die beiden Hinrichtungen offenbar völlig unterschiedliche Schauspiele. Ludwig nämlich wurde in seiner Kutsche eingeschlossen und darin zum Richtplatz gefahren, den Blicken der Menge entzogen und geschützt vor etwaigen Attacken. Die Fahrt glich „in keiner Weise den karnevalesken Ereignissen, die sich vor anderen Exekutionen abspielten. Der Karren bewegte sich unter starker militärischer Bedeckung durch die Stadt. Die Menge am Rande der Straßen sah der letzten Fahrt Ludwigs XVI. in gespenstischem Schweigen zu.“ Die Hinrichtung des Königs sollte bar jeder Zeremonie bleiben. Nachdem aber sein Kopf gefallen war, stürmten die Zuschauer auf die Guillotine los, um dort ihre Taschentücher in das Blut des toten Königs zu tunken und es so aufzusaugen. Denn noch immer wurden dem königlichen Blut Wunder- und Heilkräfte zugesprochen. Ganz anders verlief die Hinrichtung Marie-Antoinettes. Überliefert ist die stolze Haltung, in der sie den Weg antrat. Doch dann „wurde sie unsicher, als sie den Schinderkarren mit den dreckstarrenden Rädern, gezogen von zwei elenden Kleppern, sah, auf dem sie durch Paris fahren sollte. Dem König hatte man für die Fahrt zum Richtplatz eine geschlossene Kutsche zugestanden, ihr aber diese letzte Demütigung vorbehalten.“ Die Königin wurde also auf einen offenen Karren gezerrt und darin zur Guillotine gebracht, schutzlos den Schmährufen der Menge ausgesetzt. Es war einer jener Holzkarren, auf denen, wie auf zeitgenössischen Bildern zu sehen ist, auch die Prostituierten eingesammelt wurden. - Der König weggesperrt in einen Innenraum, dabei vom Volk noch immer überhöht und sakralisiert, die Königin in die Öffentlichkeit gestoßen und mit einer Prostituierten gleichgesetzt - im Hinrichtungstheater des Jahres 1793 scheint wie ein Negativ jenes duale Geschlechterbild auf, das ein zentrales Kampffeld der französischen Revolution war und an ihrem Ende zum festen Baustein der neuen, bürgerlichen Ordnung werden sollte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die bürgerliche Frau
- Repräsentationen des Weiblichen in der französischen Revolution
- Die Brüste der Marianne
- Die Erfindung des Ödipus
- Die dreizehnte Arbeit des Herkules
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht das bürgerliche Frauenbild während der französischen Revolution und dessen Repräsentationen. Ziel ist es, die Konstruktion des weiblichen Bildes im Kontext der revolutionären Veränderungen zu analysieren und dessen Funktion im Diskurs der Zeit zu beleuchten.
- Das bürgerliche Frauenbild als normative Konstruktion
- Die Repräsentation des Weiblichen in der revolutionären Propaganda und öffentlichen Inszenierung
- Die Rolle des Geschlechterbildes im Kampf gegen den Adel und die emanzipatorischen Bestrebungen von Frauen
- Die Biologisierung sozialer Phänomene und die Verortung der Geschlechter im öffentlichen und privaten Raum
- Die unterschiedliche Behandlung von Ludwig XVI. und Marie Antoinette bei ihrer Hinrichtung als Spiegelbild des dualen Geschlechterbildes
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung kontrastiert die Hinrichtungen Ludwigs XVI. und Marie Antoinettes, um das zentrale Thema der Hausarbeit einzuführen: das duale Geschlechterbild der französischen Revolution. Der unterschiedliche Umgang mit König und Königin spiegelt die konstruierten, normativen Leitbilder von „Mann“ und „Frau“ wider, die in der Revolution eine zentrale Rolle spielten und den Kampf gegen den Adel, aber auch gegen emanzipatorische Frauenbewegungen prägten.
Die bürgerliche Frau: Dieses Kapitel analysiert die Konstruktion des bürgerlichen Frauenbildes als Gegenbild zum Ancien Régime. Es beleuchtet die Entstehung eines normativen Leitbildes, das die Frau auf den privaten Raum, die Familie und die Erziehung der Kinder beschränkte. Die Arbeit beschreibt, wie dieses Bild dazu diente, die Vielfalt weiblicher Rollen und Interessen zu vereinfachen und zu bekämpfen, was zur Unterdrückung der Frauenklubs und des öffentlichen Auftretens von Frauen führte.
Repräsentationen des Weiblichen in der französischen Revolution: Dieses Kapitel untersucht verschiedene Repräsentationen des Weiblichen während der Revolution. Es analysiert wie die "Brüste der Marianne" als Symbol für die Republik instrumentalisiert wurden, und wie die "Erfindung des Ödipus" und die "dreizehnte Arbeit des Herkules" die Konstruktion der weiblichen Identität im Kontext der revolutionären Ideologie illustrieren. Die unterschiedlichen Darstellungen beleuchten die widersprüchlichen Konstruktionen der Weiblichkeit, die zwischen Idealisierung und Dämonisierung changierten.
Schlüsselwörter
Bürgerliches Frauenbild, Französische Revolution, Geschlechterrollen, Repräsentation, Biologisierung, Emanzipation, öffentlicher Raum, privater Raum, Propaganda, Hinrichtung, Marie Antoinette, Ludwig XVI.
Häufig gestellte Fragen zur Hausarbeit: "Repräsentationen des Weiblichen in der Französischen Revolution"
Was ist das zentrale Thema der Hausarbeit?
Die Hausarbeit untersucht das bürgerliche Frauenbild während der Französischen Revolution und dessen Repräsentationen. Im Mittelpunkt steht die Analyse der Konstruktion des weiblichen Bildes im Kontext der revolutionären Veränderungen und dessen Funktion im Diskurs der Zeit. Der unterschiedliche Umgang mit Ludwig XVI. und Marie Antoinette bei ihrer Hinrichtung dient als Ausgangspunkt, um das duale Geschlechterbild der Revolution zu beleuchten.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit analysiert die Konstruktion des weiblichen Bildes in der Französischen Revolution. Sie beleuchtet die Entstehung eines normativen Leitbildes der bürgerlichen Frau, die Rolle des Geschlechterbildes im Kampf gegen den Adel und die emanzipatorischen Bestrebungen von Frauen, sowie die Biologisierung sozialer Phänomene und die Verortung der Geschlechter im öffentlichen und privaten Raum.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: das bürgerliche Frauenbild als normative Konstruktion, die Repräsentation des Weiblichen in der revolutionären Propaganda und öffentlichen Inszenierung, die Rolle des Geschlechterbildes im Kampf gegen den Adel und die emanzipatorischen Bestrebungen von Frauen, die Biologisierung sozialer Phänomene und die Verortung der Geschlechter im öffentlichen und privaten Raum, sowie die unterschiedliche Behandlung von Ludwig XVI. und Marie Antoinette bei ihrer Hinrichtung als Spiegelbild des dualen Geschlechterbildes.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Hausarbeit umfasst eine Einleitung, ein Kapitel über das bürgerliche Frauenbild, ein Kapitel über die Repräsentationen des Weiblichen in der Französischen Revolution (mit Unterkapiteln zu "Die Brüste der Marianne", "Die Erfindung des Ödipus" und "Die dreizehnte Arbeit des Herkules") und ein Schlusswort. Jedes Kapitel bietet eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse.
Was wird im Kapitel "Die bürgerliche Frau" untersucht?
Dieses Kapitel analysiert die Konstruktion des bürgerlichen Frauenbildes als Gegenbild zum Ancien Régime. Es beleuchtet die Entstehung eines normativen Leitbildes, das die Frau auf den privaten Raum, die Familie und die Erziehung der Kinder beschränkte. Die Arbeit beschreibt, wie dieses Bild dazu diente, die Vielfalt weiblicher Rollen und Interessen zu vereinfachen und zu bekämpfen, was zur Unterdrückung der Frauenklubs und des öffentlichen Auftretens von Frauen führte.
Was wird im Kapitel "Repräsentationen des Weiblichen in der Französischen Revolution" behandelt?
Dieses Kapitel untersucht verschiedene Repräsentationen des Weiblichen während der Revolution. Es analysiert, wie die "Brüste der Marianne" als Symbol für die Republik instrumentalisiert wurden, und wie die "Erfindung des Ödipus" und die "dreizehnte Arbeit des Herkules" die Konstruktion der weiblichen Identität im Kontext der revolutionären Ideologie illustrieren. Die unterschiedlichen Darstellungen beleuchten die widersprüchlichen Konstruktionen der Weiblichkeit, die zwischen Idealisierung und Dämonisierung changierten.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Bürgerliches Frauenbild, Französische Revolution, Geschlechterrollen, Repräsentation, Biologisierung, Emanzipation, öffentlicher Raum, privater Raum, Propaganda, Hinrichtung, Marie Antoinette, Ludwig XVI.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Kirsch (Autor:in), 2004, Bürgerliches Frauenbild und französische Revolution, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44115