Walter Haug behauptet in seinem Buch "Literaturtheorie im deutschen Mittelalter von den Anfängen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts", dass der chrétiensche Roman „Erec et Enide“ den ersten volkssprachlichen Roman des Mittelalters darstellt, den man als fiktiv bezeichnen kann. Und Thomas Cramer fügt hinzu, dass Hartmann von Aue mit dem „Erec“ die breite Tradition des deutschen Artusroman eröffnet hat und deshalb einen ähnlich hohen Stellenwert besitzt wie Chrétien de Troyes im französischen Sprachraum. Geht man nun von einer, wie auch immer gearteten und bewerteten Übertragung des chrétienschen „Erec et Enide-Stoffes“ durch Hartmann von Aue aus, so stellt sich folglich die Frage, ob und wenn ja welche Indizien sich für das Vorhandensein von Fiktionalität und deren Vermittlung in dessen „Erec“ finden lassen und auf welche Stellen man sich innerhalb des Werkes für den Versuch einer derartigen Beweisführung berufen könnte. – Diese Frage soll Untersuchungsgegenstand der hier vorliegenden Hausarbeit sein. Es wurde dabei der Versuch unternommen, anhand einer vorläufigen Definition des Begriffes „Fiktion“ und der damit einhergehenden Abgrenzung zu anderen solcher Begriffsbestimmungen den Text Hartmanns in Hinblick auf die dabei aufgestellten Fiktionalitätskriterien zu untersuchen. Nach diesem Definitionsversuch soll der „Erec-Text“ vor dem Hintergrund des Übergangs von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit unter eben dieser zentralen Fragestellung untersucht werden, wobei auf die besondere Rolle des Erzählers näher eingegangen wird. In einem daran anschließenden Exkurs sollen sowohl der chrétiensche „Erec et Enide-Prolog“ als auch die hartmannschen Prologe zum „Iwein“ und „Armen Heinrich“ näher in den Fokus der Untersuchungen rücken. Dabei werden diese ebenfalls unter der Frage subsumiert, ob und wenn ja inwieweit sie eventuelle Aufschlüsse über das Vorhandensein und die Vermittlung von Fiktion geben könnte. Nach jedem der beiden Abschnitte soll eine kurze Teilbilanz die bis dahin vorhandenen Ergebnisse festhalten und mit den fixierten Charakteristika von Fiktionalität abgleichen. In einem Fazit am Ende der Arbeit, sollen die Ergebnisse der Arbeit zusammengetragen werden, wobei ein Bezug zu der übergeordneten Frage hergestellt werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Begriff „Fiktion“ – eine Arbeitsgrundlage
- Der Übergang von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit – eine Hypothese
- Erzählerkommentare als explizite Signale für die Vermittlung von Fiktion im „Erec“ Hartmanns von Aue
- Die Beschreibung von „Enites“ Pferd (Vv. 7265-7766)
- Die Frage nach dem Bettzeug (Vv. 7106-7111)
- Die imperativischen Aufforderungen
- Die Verse 8946-49
- Die Verse 7182-7286
- Einordnung und Belehrung
- Vergleiche mit der Norm
- Predigthafte Exkurse
- Dichtung als „,Kunde“
- Die Joie de la curt Episode
- Erste Teilbilanz
- Der Prolog - ein Exkurs
- Zweite Teilbilanz
- Fazit
- Literaturangabe
- Quellenangabe
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Fiktionalität in Hartmanns von Aues „Erec“ und analysiert die Indizien, die auf die Vermittlung dieser Fiktionalität im Text hindeuten. Sie untersucht, wie sich die Fiktionalität in den Erzählerkommentaren und der Struktur des Werks manifestiert. Dabei wird der Übergang von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit als bedeutender Kontext für die Entwicklung des Romans betrachtet.
- Definition und Abgrenzung des Begriffs „Fiktion“
- Die Rolle des Erzählers bei der Vermittlung von Fiktion
- Der Einfluss des Übergangs von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit
- Untersuchung von expliziten Signalen für Fiktionalität im Text
- Analyse der Prologe in Bezug auf die Vermittlung von Fiktion
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung, die den Kontext des „Erec“ im mittelalterlichen Roman beschreibt und die Fragestellung der Arbeit präzisiert. Im zweiten Kapitel wird der Begriff „Fiktion“ definiert und von anderen Begriffen abgegrenzt, um eine Grundlage für die weitere Analyse zu schaffen.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Übergang von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit und analysiert, wie dieser Übergang die Entwicklung von Fiktionalität im Roman beeinflusst. Das vierte Kapitel untersucht die Rolle des Erzählers als Vermittler von Fiktionalität und analysiert verschiedene Beispiele aus dem „Erec“, die auf diese Funktion hindeuten.
Der fünfte Abschnitt präsentiert eine erste Zwischenbilanz der Ergebnisse, die mit den definierten Merkmalen von Fiktionalität verglichen werden. Das sechste Kapitel befasst sich mit dem Prolog des „Erec“ und untersucht ihn hinsichtlich möglicher Indizien für die Vermittlung von Fiktion.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Fiktionalität, Hartmann von Aue, Erec, Erzählerkommentare, Mündlichkeit, Schriftlichkeit, Chrétien de Troyes, Artusroman, mittelalterlicher Roman, höfischer Roman, Produktionsästhetik, Wahrheitsanspruch.
- Arbeit zitieren
- Marc Partetzke (Autor:in), 2005, Fiktionalität in Hartmanns von Aue "Erec", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44151