Wie kann Erlebnispädagogik die systemische Paartherapie bereichern?

Potentiale und Problematik


Bachelorarbeit, 2017

53 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

1 EINLEITUNG
1.1 Begründung der Wahl dieses Themas
1.2 Relevanz lind aktuelle Entwicklungen der Erlebnispädagogik und der Paartherapie
1.3 Partnerschaft - Eine Charakterisierung
1.3.1 Die häufigsten Problemgebiete
1.3.1.1 Konflikte und Problemlösungskompetenzen von Paaren
1.3.1.2 Kommunikation
1.3.1.3 Der Unterschied zwischen der Problemlösungsstrategie und Kommunikationsfähigkeit
1.3.2 Faktoren für funktionierende Beziehungen, an welchen die Erlebnispädagogik vermutlich anknüpfen kann
1.3.2.1 Vertrauen
1.3.2.2 Gemeinsam verbrachte Zeit und gemeinsames Erleben

2 SYSTEMISCHE THERAPIE
2.1 Grundlagen
2.1.1 Die wichtigsten systemtheoretische Grundlagen an einem Beispiel
2.1.2 Grundhaltung systemischer Therapeuten
2.1.3 Diagnostik im systemischen Sinn
2.1.4 Ablauf einer typischen systemischen Paartherapie
2.2 Methoden systemischer Therapie
2.2.1 Zirkuläre Frage techniken
2.2.2 Ausgewählte Methoden im Hinblick auf die Verknüpfung mit der Erlebnispädagogik
2.2.2.1 Verhaltensbeobachtung mit ergänzender Videoanalyse
2.2.2.2 Metaphorik im systemischen Kontext
2.2.2.3 Reframing

3 ERLEBNISPÄDAGOGIK
3.1 Definitionsmöglichkliten
3.2 Elemente der Erlebnispädagogik
3.2.1 Erfahrungslernen, Erlebnis und Ganzheitlichkeit
3.2.2 Herausforderung: Das Lernzonenmodell
3.2.3 Natur als Erfahrungsraum und Gemeinschaft
3.2.4 Pädagogische Zielsetzungen der Erlebnispädagogik
3.3 Lernen lind Erlebnispädagogik
3.3.1 Was ist Lernen?
3.3.2 Metaphorik in der Erlebnispädagogik
3.3.3 Die Reflexion und Transfer

4 WO KANN ERLEBNISPÄDAGOGIK ANKNÜPFEN?
4.1 Inhaltliche Auseinandersetzling
4.1.1 Erlebnispädagogische Übungen als Verhaltensbeobachtung und die Reflexion im Rahmen systemischer Paartherapie
4.1.1.1 Theoretischer Hintergrund der Idee
4.1.1.2 Erlebnispädagogische Übungen als Verhaltensbeobachtung der Kommunikation und Problemlösungsfähigkeit und die Integration der Reflexion
4.1.2 Erlebnispädagogische Übungen
4.1.2.1 Systemisches Arbeiten, das Lernzonenmodell und die Induktion von Neuem durch
4.1.2.2 Aufgreifen der häufigsten Problematiken
4.1.2.3 Thematische Potentiale abseits der Paarproblematiken
4.1.2.3.1 Vertrauen
4.1.2.3.2 Positive Nebenwirkung - Gemeinsam verbrachte Zeit und gemeinsames Erleben
4.1.2.4 Spielerische Eierangehensweise als Vorteil - Zugangsdiagnostik
4.1.3 Probleme, die im Kontext der systemischen Therapie reduziert werden
4.1.4 Erlebnispädagogische Übungen im Rahmen der Methodik systemischer Therapie
4.1.4.1 Zirkuläre Fragen, Berücksichtigung des Systemumfelds und Refraining
4.1.4.2 Verknüpfung der Metaphorik in Erlebnispädagogik und systemischer Therapie
4.1.4.2.1 Einführende Gedanken
4.1.4.2.2 Bereicherung inszenierter Metaphern durch erlebnispädagogische Elemente
4.1.4.2.3 Metaphorische erlebnispädagogische Aktivitäten
4.1.4.2.4 Zusammenfassung Metaphorik
4.2 Allgemeine Problematiken
4.2.1 Einsatzmöglichkeiten von erlebnispädagogischen Übungen
4.2.2 Spielerische Herangehensweise als Nachteil
4.2.3 Das Verhältnis von Aufwand lind Nutzen, sowie die Hoffnung auf ein Wunder .

5 ZUSAMMENFASSUNG
5.1 Potentiale, Probleme lind Fazit
5.1.1 Potentiale
5.1.2 Probleme
5.1.3 Fazit
5.2 Ausblick

6 ANHANG I
6.1 Anhang I: Scheidungszahlen 1960-
6.2 Anhang II: Beispielsituation nach systemischen Prämissen
6.3 Anhang III: Systemtheorie Grafik
6.4 Anhang IV: Induktion von neuen Elementen
6.5 Anhang V: Erlebnispädagogische Waage
6.6 Anhang VI: Lernzonenmodell
6.7 Anhang VII: Schnittmengengrafik

7 LITERATURVERZEICHNIS

1 Einleitung

1.1 Begründung der Wahl dieses Themas

Zu Beginn möchte ich erläutern, warum ich mich für dieses Thema entschieden habe. Dabei möchte ich in den folgenden Zeilen meine persönliche Motivlage, sowie das Vorhandensein von erlebnispädagogischen Paartherapieangeboten, darlegen.

Meine persönliche Motivlage liegt zum großen Teil darin begründet, dass ich seit dem 18.08.2016 verheiratet bin und mir funktionierende Beziehungen ein Herzensanliegen sind. In der Zeit des gemeinsamen Kennenlemens meiner Frau und mir, haben wir zusammen bereits viel Beziehungsliteratur gelesen, was unserer Beziehung von Anfang an sehr gut getan hat. Im selben Zug konnte ich feststellen, dass viele Andere nicht über die nötigen Informationen, Hilfen und Ansichten verfügen, die als Leitplanken für eine Beziehung dienen können. Folglich kann ich mir gut vorstellen, dass das ein oder andere Paar bereits so manche schützende Leitplanke durchbrochen hat, was eventuell zu einer Schädigung der Beziehung geführt hat. Die Idee, Paartherapie mit Erlebnispädagogik zu verknüpfen, resultierte also aus den oben genannten Motiven und zahlreichen Erfahrungen, die ich mit der Erlebnispädagogik machen dürfte. Dazu zählen vor allem diverse Praktika und befristete Arbeitsverhältnisse, welche ich im Rahmen meines Studiums absolviert habe. In Folge dessen bin ich mit dem Arbeitsbereich der Erlebnispädagogik vertraut.

Nach der Darlegung meiner persönlichen Motive, möchte ich nun aufzeigen, dass die Verknüpfung dieser beiden Bereiche in der Praxis, wenn auch selten, bereits vorzufinden ist. So gibt es einige paartherapeutische Angebote, die im Internet damit werben, dass sie Erlebnispädagogik für die Paartherapie, in welcher Art und Weise auch immer, nutzen. Bei einem dieser Anbieter heißt es, dass Paare durch Erlebnispädagogik in einem Erlebnisraum, auf einer unbelasteten Ebene in Beziehung treten können. (Vgl. Böttger O.J.) Auch auf einer anderen Intemetseite wird ähnlich geworben: ״Es ist mir ein Anliegen, Menschen [...] durch meine Erfahrung, Beratungskompetenz sowie die Verbindung zu erlebnispädagogischen Elementen in Form einer auf Ihre Bedürfnisse abgestimmte Paarberatung zu unterstützen.". (Völkmann o. J.)

Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine theoretische Verknüpfüng dieser zwei wissenschaftlichen Bereiche zu erarbeiten, um den Weg für einen theoretisch fündierten Einsatz der Erlebnispädagogik in der systemischen Paartherapie zu bereiten.

1.2 Relevanz und aktuelle Entwicklungen der Erlebnispädagogik und der Paartherapie

Die Erlebnispädagogik ist mittlerweile sehr bekannt und weit verbreitet. Im Schnitt sind es mittlerweile 60 Publikationen, welche pro Jahr in sozialpädagogischen Fachzeitschriften erscheinen - die Erlebnispädagogik boomt. (Vgl. Heckmair 2012 s. 310 - 314) Im Gegensatz zu traditionellen Feldern der Pädagogik muss man allerdings feststellen, dass sie eher privat organisiert ist und sich in Folge dessen zahlreiche Anbieter auf dem Markt befinden. (Vgl. Göppel 2010 s. 16 - 18) Der Trend zum handlungsorientierten Femen ist, laut befragten Anbietern, immernoch steigend. (Vgl. König 2005 s. 28)

Paartherapie, der zweite Themenkomplex, ist in der heutigen Gesellschaft auch von erheblicher Bedeutung, da die Scheidungsquoten immer weiter anzusteigen scheinen - so zumindest die landläufige Meinung. Die Scheidungsquote für Deutschland betmg im Jahr 2015 40,82 %. Das ist nicht der höchste Wert, den es bereits gab. Jedoch heißt das, dass fast jede zweite Ehe geschieden wird. (Vgl. Anhang I) Abseits der Scheidungszahlen ist festzuhalten, dass ein Großteil der Paare ihre Beziehung als nicht zufriedenstellend empfindet. (Vgl. Bodenmann 2005 s. 46f.) Das unterstreicht die Notwendigkeit von entsprechenden Hilfsangeboten. Diese Angebote werden häufig aber erst nach dem Durchlaufen bestimmter Beziehungsphasen wahrgenommen. Diese Schritte, die zum Zerfall und der Scheidung einer Beziehung führen, sind Enttäuschung, emotionale Distanzierung und letztlich die tiefgreifende emotionale Entfremdung. Letztere mündet im Wahmehmen von Hilfe im Rahmen einer Therapie oder in Bemühungen die Beziehungen zu beenden. (Vgl. Bodenmann 2005 s. 46 - 48).

Die Vörgehensweise dieser Arbeit ist es, bestehende Problematiken von Paaren aufzuzeigen und zu erläutern. Ferner soll die systemische Therapie skizziert werden, welche den methodischen Zugang zur Paartherapie in dieser Arbeit bildet. Anschließend soll erläutert werden, an welchen Punkten Anknüpfimgsmöglichkeiten für die Erlebnispädagogik bestehen. Ebenso soll beleuchtet werden, wie die Erlebnispädagogik typische Beziehungsprobleme bearbeiten kann.

1.3 Partnerschaft - Eine Charakterisierung

1.3.1 Die häufigsten Problemgebiete

1.3.1.1 Konflikte und Problemlösungskompetenzen von Paaren

Eines der offensichtlichsten Probleme ist Streit und Entfremdung, wobei Streit eine destrukti­ve Form eines Versuches Konflikte im Diskurs zu überwinden ist. Andauernde und fruchtlose Streitereien können so letztlich zur Entfremdung führen. An sich birgt der Streit aber immer Hoffnung, da um die Beziehung gekämpft wird, diese Chance wird in der Regel jedoch nicht erkannt und vielmehr tritt Rechthaberei in den Vordergrund. Misslingt eine Aussöhnung, bleibt die durch Enttäuschung, Verletzung und Gewalt geschlagene Wunde offen, aus welcher die destruktiven Folgen einer zusammengebrochenen Kommunikation resultieren. Das Paar befindet sich in einem negativen Zirkel, in welchem nichts mehr besprochen und überwunden wird. In Folge dessen nehmen Entfremdung und Isolation immer weiter zu. (Vgl. Wirsching 2005 s. 66 - 68) Per Definition fängt ein Konflikt bereits da an, wo eine Entscheidung getrof­fen werden muss (Vgl. Retzer 2007 s. 285), aber auch das Aufeinandertreffen unterschiedli- eher Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle ist als Konflikt zu bezeichnen. (Vgl. Schindler 1998 s. 37) Vor allem Paare müssen widersprüchliche Tendenzen balancieren oder Entscheidungen treffen, sich also einigen, was eine gute Problemlösungskompetenz erfordert. Zu den Schrit­ten, die zur Problemlösung beitragen, zählen Problem- und Zieldefinition, Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten, Bewertung von Lösungsmöglichkeiten, Entscheidung über die besten Lösungsschritte, Planung der Umsetzung und die Bewertung der Lösungsversuche. (Vgl. Schindler 1998 s. 99)

1.3.1.2 Kommunikation

Die Wichtigkeit der Kommunikation wird dadurch verdeutlicht, dass Kommunikationsschwierigkeiten der häufigste Anmeldegrund für Paartherapien sind. (Vgl. Schär 2016 s. 20 - 23) Viele Paare bezeichnen mangelnde Kommunikationsfertigkeiten als Kernproblem ihrer Beziehung. (Vgl. Hahlweg 1982 s. 40) Ziel der Paartherapie muss es somit sein, Paare zu einer kongruenten Kommunikation zu ermutigen, womit eine offene Kommunikation gemeint ist, die den Raum für eine angstfreie Äußerung der eigenen Gefühle schafft. Oft werden auch Sprecher- und Zuhörerfertigkeiten als Merkmal guter Kommunikation angeführt. (Vgl. Schär 2016 s. 20 - 23) Bei gefährdeten Paaren lässt sich eine höhere Wahrscheinlichkeit, auf Aussagen des Partners mit einer negativen Antwort zu reagieren, feststellen. Im Verlauf eines Konfliktgespräches prägen solche Antwortreaktionen den weiteren destruktiven zirkulären Verlauf. (Vgl. Bodemann 2005 s. 28f.) Nun, da klar geworden sein sollte, wie wichtig Kommunikation ist, soll im nächsten Abschnitt der Unterschied zwischen der Problemlösungskompetenz und Kommunikationsfähigkeit genauer beleuchtet werden.

1.3.1.3 Der Unterschied zwischen der Problemlösungsstrategie und Kommunikationsfähigkeit

Ihre Abgrenzung zur Kommunikation findet die Problemlösungsstrategie in der Produktorientierung, hierbei geht ausschließlich um das Lösen von Problemen. Versuche, die gegenseitige Einstellung abzuklären und die Offenlegung emotionaler Hintergründe, bleiben dem Kommunikationsprozess Vorbehalten - so kann eine Aufgabe auch mit schlechter Kommunikation, im Hinblick auf das Ergebnis aber trotzdem gut gelöst werden. (Vgl. Hahlweg 1982 s. 46f.) Grundsätzlich bildet Kommunikation die Voraussetzung für gelingendes Problemlösen. (Vgl. Schindler 1998 s. 35) Damit der Unterschied zwischen der Problemlösungsstrategie und der Kommunikation deutlicher wird, versuche ich ihn anhand einer Metapher zu beschreiben.

Wenn man ein Problem zu bewältigen hat, gilt es zunächst das Ziel, die Problemlösung, in den Blick zu nehmen, um den entsprechenden Weg einzuschlagen, den man zusammen als Paar zu gehen hat. Zu wissen mit welchen Schritten man ans Ziel kommt, ist die Problemlösungskompetenz. Die Kommunikation hingegen spiegelt sich in der Art und Weise, wie dieser Weg begangen wird und im Gelingen der einzelnen Schritte wieder.

Wenn man nun auf diesem Weg unterwegs ist, kann es sein, dass man jeden Schritt als Paar zusammen perfekt ausführt oder eben, bildlich gesprochen, stolpert. Das Stolpern, als unbeabsichtigtes Verhalten, kann zum Beispiel nicht aktives Zuhören sein, was das Ausfuhren der einzelnen Schritte erschwert. Gegenseitiges Verstehen kann ausbleiben und es können Gefühle verletzt werden. Ebenfalls ist es auch möglich, dass man dem Anderen vielleicht sogar beabsichtigt ein Bein stellt. Wenn bereits Verletzungen vorliegen und die Kommunikation sich immer mehr zu einem Streit hinwendet, werden absichtliche negative Äußerungen wahrscheinlicher. (Vgl. Abschnitt 1.3.1.2) Dabei können weitere Verletzungen entstehen, die es erschweren am Ziel, der Lösung des Problems, anzukommen. Eventuell entsteht Streit, welcher dazu führt, dass man kann sich letztlich in einem Gewirr aus Verletzungen verliert und das eigentliche Ziel, das Problem, sowie dessen Lösung, nicht mehr im Blick hat.

1.3.2 Faktoren für funktionierende Beziehungen, an welchen die Erlebnispädagogik vermutlich anknüpfen kann

1.3.2.1 Vertrauen

Am Anfang dieses Kapitels ist es mir ein Anliegen anzuführen, dass die nachfolgenden Aspekte für funktionierende Beziehungen bereits eine Vorauswahl darstellen, die im Hinblick auf die Erlebnispädagogik relevant sind.

Ein zentraler Aspekt für das Gelingen von Beziehungen ist Vertrauen. Nach Ansicht einiger Wissenschaftler stellt Vertrauen eines der am meisten erwünschten Qualitäten in der Beziehung dar - es bildet die Basis für Intimität. Unterschieden wird dabei ein generalisiertes Vertrauen, welches die Erwartungen einer Person betrifft fair behandelt zu werden und in partnerschaftliches Vertrauen, das als Haltung gegenüber einer konkreten Person definiert wird. Somit ist das partnerschaftliche Vertrauen stark von der jeweiligen Person abhängig und muss immer wieder neu entwickelt werden.

Diese Eckpunkte und die allgemeine Wichtigkeit von Vertrauen für partnerschaftliche Beziehungen, gilt es im weiteren Verlauf dieser Arbeit im Blick zu behalten - gerade auch im Hinblick auf erlebnispädagogische Übung, deren Ziel in der Praxis oft der Aufbau von Vertrauen ist. (Vgl. Schmidt-Rathjens 1997 s. 63f.)

1.3.2.2 Gemeinsam verbrachte Zeit und gemeinsames Erleben

Neben der Wichtigkeit von gegenseitigem Vertrauen, möchte ich gemeinsam verbrachte Zeit hervorheben. Häufig werden in der paartherapeutischen Literatur mangelnde Freizeitaktivitäten, vor allem auch gemeinsame Aktivitäten, als Defizit benannt. Grundsätzlich gibt es bezüglich der Freizeit vier Grundsätze: Jede Person braucht Freiraum, um alleine etwas zu unternehmen; jede Partnerschaft braucht gemeinsame Aktivitäten; jedes Paar benötigt Zeit, um mit anderen etwas zu unternehmen; jedes Paar braucht Zeit für die eigenen Kinder. (Vgl. Schindler 1998 s. 86) Guy Bodenmann schreibt, dass gemeinsam verbrachte Zeit, dazu zählen gemeinsame Erinnerungen und Erlebnisse, das ..Wir-Gcfühl" stärkt. Ebenso schreibt er, dass ein wichtiger Faktor für dieses Gefühl ein gemeinsames Ziel ist, auf das man zusammen hinarbeitet - es gilt Teamgeist zu leben und zusammen zu arbeiten. (Vgl. SSF 2015)

Weiterhin möchte ich, im Hinblick auf den Erlebnischarakter der Erlebnispädagogik, ein Augenmerk auf gemeinsames Erleben richten, welches einen Teil gemeinsam verbrachter Zeit darstellt. Allerdings gibt es hierfür nahezu keine Literatur. Eine Quelle, die sich des Konstruktivismus bedient, versucht gemeinsames Erleben in wenigen Worten zu erfassen. So wird als eine der Grundannahmen angeführt, dass Intimität erst durch gemeinsam geteilte Ereignisse, die von beiden als Erlebnis eingestuft worden sind, entsteht. Ob ein Spaziergang, ein gemeinsames Essen oder eine bewältigte Herausforderung zu einem intimen Erlebnis wird, hängt davon ab, wie diese Ereignisse interpretiert werden. Nach dieser konstruktivistischen Ansicht ist Intimität erst einmal eine interpretative Konstruktion, welche zu einer sozialen Konstruktion wird, wenn sie gemeinsam hergestellt wird. Somit hängen Erlebnisse und Intimität eng zusammen. (Vgl. Buchholz 2000 s. 17) Abschließend stelle ich die Hypothese auf, dass Erlebnisse eine verbindende Wirkung haben.

2 Systemische Therapie

2.1 Grundlagen

2.1.1 Die wichtigsten systemtheoretische Grundlagen an einem Beispiel

In den folgenden Zeilen soll nun ein kurzer, jedoch für diese Arbeit ausreichender, Einblick in die systemtheoretischen Grundlagen gegeben werden. Zu den grundlegendsten Charakteristika der Systemtheorie zählen Offenheit, Ganzheit, Zirkulärität und Nichtlinearität, Homöostase, Systemevolution, übersummativität, Anforderungsvielfalt, sowie der Grundsatz, dass kein System ohne Beobachter existiert. Bei den theoretischen Grundlagen beziehe ich mich auf das Buch ״Systemisches Handwerk" von Rainer Schwing. (Vgl. Schwing 2013 s. 25f.) Zudem ergänze ich eine Grafik, welche auf Notizen basiert, die ich im Rahmen eines Einführungsworkshops zu systemischer Beratung erstellt habe. Diese greift ein Beispiel auf, welches mit der vorliegenden Theorie verknüpft wird. (Vgl. Anhang II) Zur Verdeutlichung habe ich außerdem noch eine weitere allgemeine Systemgrafik angehängt. (Vgl. Anhang III) Um nun mit dem Beispiel meiner Notizen zu beginnen, nehmen wir an, dass es einen Auslöser für ein bestimmtes Verhalten des Mannes gibt, den Arbeitsplatz. Die Arbeit beansprucht den Mann sehr und er empfindet in Folge dessen Stress, womit der Auslöser des Stresses außerhalb des beobachtbaren Beziehungssystems des Paares liegt. Es ist daher wichtig das Systemumfeld in den Blick zu nehmen, beruhend auf der Annahme, dass soziale Systeme teilweise offen sind. Systeme stehen folglich immer im Austausch mit ihrer Umgebung, wobei der Grad der Offenheit des Systems variieren kann.

Eine Veränderung bei einem Element des Systems, nämlich der gestresste Tonfall, den der Mann seiner Frau, nach dem Stress in der Arbeit, entgegenbringt, wirkt sich auf das ganze Beziehungssystem des Paares aus. Das wird als Ganzheit eines Systems bezeichnet. Alle Elemente sind wie in einem Mobile miteinander verbunden, wird eines der Elemente angestoßen bewegt sich das komplette Mobile.

Die Auswirkung, welche der Tonfall des Mannes im Beziehungssystem ausgelöst hat, ist eine Verletzung der Gefühle seiner Frau, was dazu führt, dass sie nörgelt. Das Nörgeln ihrerseits führt dazu, dass sich der Mann zurück zieht. Seine Frau fühlt sich anschließend durch den Rückzug verletzt und schreit ihn an. Das beschreibt eine weitere Grundannahme, welche das Arbeiten im Rahmen der Systemtheorie auszeichnet, die zirkuläre Kausalität und Nichtlinearität. Im Zuge dieser Prämisse, bewegt sich der systemische Ansatz weg von einem Ursachen-Wirkungsdenken, vielmehr geht es um Wechselwirkungen, was zudem ermöglicht, dass lineare Täter-Opfer-Zuschreibungen zu kreisförmigen Zusammenhängen vereint werden: ״Ich behandle dich lieblos, weil du mich nicht respektierst. Ich respektiere dich nicht, weil du mich lieblos behandelst".

Die Zirkularität versucht somit auch die Stabilität der Problematiken in einem System zu erklären, das bezeichnet man als Homöostase. Wenn sich also negative Reaktionen gegenseitig bestärken und verfestigen, kann man das sprichwörtlich als Teufelskreislauf bezeichnen. Zusammenhängend mit der Homöostase werden Abweichungen von Normen oder Regelmaßen vom System korrigiert. Auch ein Mobile, um dieses Bild wieder aufzugreifen, welches angestoßen wird, findet nach einiger Zeit seine Balance wieder, wenn auch manchmal in einer anderen Anordnung: Der Stress als Auslöser, stößt das Mobile an - es bewegt sich und das System findet eine Art des Umgangs mit diesem Anstoß, was zu einer neuen Balance führt. Ein Beispiel: Die Frau betrinkt sich, sobald der Mann gestresst von der Arbeit nach Hause kommt. Diese Umgangsweise macht den Stress für die Frau vielleicht erträglicher, beseitigt das Problem aber nicht. Das heißt die neue Balance muss nicht unbedingt positiv sein.

Darüber hinaus unterscheidet sich, nach systemischer Sichtweise, das Ganze von der Summe seiner Teile - ein Paar ist mehr als das Vorhandensein von zwei Menschen mit ihren spezifischen Eigenschaften. Es ergibt sich eine ganz andere und neue Qualität, eine intime Beziehung - das nennt man übersummativität.

Auch Anforderungsvielfalt ist ein grundsätzliches Prinzip sozialer Systeme. Dieses besagt, dass die inneren Regulationsmechanismen so vielfältig sein müssen wie die Umwelt, mit der das System in Wechselwirkung steht. Anders gesagt, das System muss mit der Komplexität der Umwelt umgehen können. Ebenso können und müssen sich Systeme verändern und entwickeln, was als Systemevolution zu bezeichnen ist. Neben all diesen Grundsätzen sind Systeme zudem immer von der Konstruktion eines Beobachters abhängig, ein System ״entsteht" erst durch die Ordnung eines Beobachters, es gibt also kein System ohne Beobachter.

2.1.2 Grundhaltung systemischer Therapeuten

Die angeführten systemischen Grundlagen schlagen sich letztlich in der Haltung des Therapeuten nieder. So ist eine der Prämissen stets so zu handeln, dass die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten des Systems erhöht wird, es wird also versucht die Handlungsfähigkeit zu steigern. Das heißt, auch nur so viel zu intervenieren wie nötig, um keine Abhängigkeit der Klienten zum Therapeuten herzustellen. (Vgl. Schwing 2013 s. 168) Dabei versucht der Therapeut Veränderungen im Klientensystem anzustoßen, indem er gegenwärtige Kommunikations- und Interaktionsmuster des Paares stört. Systemische Therapie versucht dabei nichts Neues in das Paarsystem einzufügen (Vgl. Retzer 2007 s. 88 - 90), es werden lediglich neue Elemente in Sichtweisen, Bedeutungsebenen, Bewertungen und in das Handeln induziert, welche Veränderungen anregen sollen. Dabei stellt sich die Frage nach dem besten Ansatzpunkt: Setzt man bei aktionalen, emotionalen, kognitiven oder perzeptiven Prozessen an? (Vgl. Anhang IV) Egal wo angesetzt wird, ein systemischer Therapeut kann sich eines sicher sein: Wenn eine der Prozessebenen durch eine Induktion angesprochen wird, hat das Auswirkungen auf alle anderen Bereiche, da das ganze System miteinander verbunden ist. Grundsätzlich gilt es, bezüglich der Wahl der Induktion, die Präferenzen des Klienten und dessen Zugangsdimension zu berücksichtigen. (Vgl. Schwing 2013 s. 168 - 169) Ebenso ist bei der Induktion das Verhältnis zwischen Bekanntem und Neuem wichtig, da zu viele Veränderungsanstöße das Paar überfordem könnten. (Vgl. Retzer 2007 s. 88 - 90) Darüber hinaus ist es wichtig Probleme und Lösungen zu Kontextualisieren, was auf der Annahme beruht, dass Systeme immer im Austausch mit ihrer Umwelt stehen. Ebenso ist Ressourcenorientierung bedeutend für einen systemischen Therapeuten, da jeder Klient über Ressourcen verfügt, die oft nur verborgen sind und zu Tage gefördert werden müssen - der Blick wird damit auf Lösungen gelenkt. Selbst das Beleuchten von Problemen, im Sinne systemischer Diagnostik, impliziert immer Lösungsmöglichkeiten. Es ist folglich nicht möglich ein Problem zu betrachten und dabei nicht im selben Zug über Lösungen nachzudenken. (Vgl. Schwing 2014 s. 156 - 159) Eine weitere Grundhaltung eines Systemikers ist der Respekt vor der Autopoiese des Klientensystems. Das bedeutet, dass Interventionen als kooperativer Prozess zu sehen sind, bei welchen die Reaktionen des Klienten nicht vorausgesagt werden können - Menschen sind keine Maschinen, die bei einem bestimmten Knopfdruck auf eine bestimmte Art und Weise reagieren. (Vgl. Schwing 2013 s. 168 - 169)

2.1.3 Diagnostik im systemischen Sinn

Die Diagnostik im systemischen Sinn versucht nicht, wie die klassische Therapien, zu pathologisieren, sondern dient vor allem dem Sammeln von Informationen. Es geht also nicht darum starre Diagnosen zu stellen, die unabänderlich sind, sondem Raum für Veränderungen zu lassen. Gmndsätzlich sind gerade die Anfänge einer Therapie davon geprägt, sich ein genaueres Bild von den Problemen zu verschaffen. (Vgl. Hawallek 2014 s. 256) Ferner können Diagnostik und Intervention in der systemischen Therapie nicht getrennt werden, da jede diagnostische Frage, wie zuvor bereits erwähnt, neue Ideen erzeugt und Anregungen bietet. Dabei werden vier Arten unterschieden: Anamnestische Daten, Ressourcen- und Problemmuster, Zugangsdiagnostik und Entwicklungsdiagnostik. Die ersten beiden davon sind die klassischen diagnostischen Dimensionen, welcher sich ein Therapeut bedient: Die Krankheitsgeschichte des Patienten, sowie das Erfassen von Problemen und Lösungen. Die Zugangsdiagnostik beschreibt die Fragehaltung des Therapeuten im Bezug auf das Klientensystem. Es wird versucht Fragen zu stellen, die in erster Linie den Zugang zum Klienten sicherstellen. Wenn dabei der Aufbau von Vertrauen vordergründig ist, wird diese Phase auch als Joining bezeichnet. Die Entwicklungsdiagnostik richtet den Blick auf die Verändemng von Mustem während der Therapie. Anhand der, durch die Diagnostik gewonnenen Informationen, werden schließlich Hypothesen gebildet, die im weiteren Verlauf falsifiziert, erweitert oder differenziert werden. (Vgl. Schwing 2014 s. 156 - 159)

2.1.4 Ablauf einer typischen systemischen Paartherapie

Abschließend zu diesem Kapitel möchte ich einen kurzen Abriss eines typischen Ablaufes systemischer Therapie darlegen. Ein Erstkontakt mit den Klienten kann man, nach einem Vorschlag von Rainer Schwing, folgendermaßen gliedern:

1) Joining, Aufwärmphase, Vorstellung des Beraters und der Organisation
2) Überweisungskontext und Anliegen klären
3) Ressourcen, Problem- und Lösungskontexte explorieren
4) Kontraktabschluss
5) Auswertung des Erstkontaktes

Das Joining meint das Herstellen des Kontaktes - die Klienten da abholen wo sie stehen. Es geht dämm zu erkunden, wie man Zugang zu den Klienten erhält. Beim zweiten Punkt können Erwartungen der Klienten an Inhalt, Ziele und viele weitere Aspekte der Beratung diskutiert werden, um letztlich den Kontrakt möglichst realitätsnah zu formulieren. Der dritte Punkt bildet das Zentmm systemischen Arbeitens - Ressourcen, sowie Problem- und Lösungskontexte explorieren. Darauffolgend wird der Vertrag für die weitere Zusammenarbeit geschlossen. Abschließend wird die Sitzung reflektiert und ausgewertet. (Vgl. Schwing 2013 s. 32-41)

2.2 Methoden systemischer Therapie

2.2.1 Zirkuläre Fragetechniken

Bevor ich näher auf die Methodik systemischer Therapie eingehe, lege ich die Unterscheidung zweier Arten von Informationen dar. Zum einen die Wirklichkeitskonstruktion, welche die Informationen über den aktuellen Zustand der Beziehung darstellen und zum anderen die Möglichkeitskonstruktionen, die nach dem fragen was sein könnte. (Vgl. Schwing 2014 s. 166) Mit dem zirkulären Fragen werden also diese zwei Arten von Informationen von den Klienten erschlossen. Dabei stehen die Meinungen, Antworten, Beschreibungen und Stellungnahmen des Klienten im Vordergrund und sind wesentlicher Gegenstand der Kommunikation. Die Gesprächsbeiträge des Therapeuten sind somit vor allem Fragen, was die Klienten zu Äußerungen einladen soll. (Vgl. Retzer 2007 s. 88) Durch das zirkuläre Fragen werden neue Perspektiven, Ansichten und Beschreibungen eingeführt, mit denen sich bisherige Sichtweisen des Paares stören lassen.

Konkret können das außenperspektivische Fragen sein, die von der alltäglichen Erzeugung von Beschreibungen aus der Innenperspektive abweichen: ״Wie soll Ihrer Ansicht nach ihre zukünftige Schwiegertochter Ihren Sohn behandeln?" - Die Klientin, welche eingeladen wird diese Perspektive einzunehmen, erhält einen anderen Einblick und somit auch neue Informationen. (Vgl. Retzer 2007 s. 88 - 90) Darüber hinaus können hypothetische Fragen gestellt werden, um Informationen über Möglichkeitskonstruktionen, also mögliche Beziehungswirklichkeiten, zu erhalten: ״Was müssten sie tun, um ihr Problem zu verschlimmern?". Auch nach Kontexten, in welchen das Problem nicht auftritt, kann gefragt werden, das bezeichnet man als Ausnahmefrage: ״In welchen Situationen oder zu welchen Zeiten tritt das Problem nicht auf?". (Vgl. Schmidt 2000 s. 242) Im Rahmen dieses Vorgehens können Aufgaben gegeben werden, welche die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens von Ausnahmen, in welchen das Problem nicht auftritt, erhöhen. (Vgl. Retzer 2007 s. 92f.) Falls keine konkreten Ausnahmen benannt werden können, kann mit der Wunderfrage weitergearbeitet werden. Diese suggeriert, dass das Problem nicht mehr da ist und fragt danach, welche Bedingungen für das Verschwinden des problematischen Verhaltens notwendig wären: ״Angenommen es würde ein Wunder passieren und ihr Problem wäre gelöst, woran würde ihre Frau das erkennen?". (Vgl. Schmidt 2000 s. 242) Zudem ist das Hinterfragen von Eigenschaftszuschreibungen Aufgabe eines jeden systemischen Paartherapeuten. Durch das Fragen nach dem konkreten Tun oder Nicht-Тип wird der Fokus auf beobachtbares Verhalten gelenkt und bleibt nicht starr auf Zuschreibungen: ,,Was tut ihre Frau, wenn Sie sie für cholerisch halten?". Damit wird Pathologisierungen entgegengewirkt. (Vgl. Sydow 2015 s. 79) Ebenso kann nach den Ergebnissen der bisherigen Fösungsversuche gefragt werden, womit exploriert werden soll, welche Versuche aus den Augen des Paares mit Misserfolg und welche mit Erfolg verbunden waren. Das gibt Hinweise darauf, was getan werden kann und was nicht. Das Prinzip ist es, Lösungsversuche, die nicht funktioniert haben, zu vermeiden und Lösungsversuche, die funktioniert haben, zu wiederholen und entsprechende Muster zu stärken. (Vgl. Retzer 2007 s. 197) Im systemischen Sinn gilt es des weiteren auch das Systemumfeld im Blick zu behalten und nach bestimmten Auslösern und Kontexten zu fragen, durch welche das Problem hervorgerufen oder begünstigt wird. So können diverse Verhaltensweisen durch bestimmte Gegebenheiten hervorgerufen worden sein, sei es durch soziale Gegebenheiten, wie die Anwesenheit bestimmter Personen, oder zeitliche, sowie räumliche Verhältnisse: ״Wer macht was wann, wenn er/sie dies oder jenes tut?". (Vgl. Retzer 2007 s. 199) Ein Beispiel: Der Mann reagiert, im Rahmen der Beziehung, auf eine Aussage seiner Frau genervt, wobei nicht die Aussage der Frau, sondem die Arbeit, welche den Mann an diesem Tag gestresst hat, der Auslöser gewesen ist. Eine zeitliche Gegebenheit, um ein weiteres Beispiel zu nennen, welches einen Umstand beschreibt, kann der späte Abend sein, an welchem Müdigkeit zu veränderten, gegebenenfalls negativen, Verhaltensweisen führt. Darüber hinaus können veränderte Umstände, wie der Tod eines geliebten Menschen, mit dem Beziehungssystem des Paares in Verbindung gebracht werden. Falls Probleme nun auf einen bestimmten Auslöser zurückgeführt werden, können diese anschließend ausführlich besprochen werden. Auslösende Impulse können aber auch bestimmte Verhaltensweisen des Partners sein, was den Blick auf Interaktionszirkel, in welchen das Verhalten des Einen das des Anderen begünstigt oder begrenzt, lenkt. Es stellt sich die Frage, welche Verhaltensweisen die erwünschten oder nicht erwünschten Verhaltensweisen des jeweils anderen auslösen könnten. (Vgl. Retzer 2007 s. 198 - 200)

2.2.2 Ausgewählte Methoden im Hinblick auf die Verknüpfung mit der Erlebnispädagogik

2.2.2.1 Verhaltensbeobachtung mit ergänzender Videoanalyse

Im Hinblick auf die Verknüpfung mit der Erlebnispädagogik werde ich zuerst die Bedeutung und Verwendung von Verhaltensbeobachtungen anführen. Dabei werden vier Dimensionen unterschieden:

1) Verhaltensmuster sind durch das Verhalten einer Person in einem bestimmten Kontext gekennzeichnet.

2) Interaktionen bezeichnen das Verhalten zweier oder mehrerer Personen zueinander. Hierbei wird der Blick auf typische Interaktionen gerichtet.

3) Interaktionssequenzen sind als typische Abläufe von Interaktionen definiert, die immer wieder in ähnlicher Art und Weise auftreten. Dabei geht es nicht um konkretes Verhalten, sondem um die Struktur hinter dem Verhalten: ״Die Frau fordert den M heraus und der Mann zieht sich zurück".

4) Rollen können zugeschrieben werden, wenn Interaktionssequenzen, unabhängig vom Kontext, in ähnlicher Weise immer wieder zu beobachten sind. Diese Rollen werden durch gegenseitige Erwartungen, die sich etabliert haben, aufrecht erhalten.

Wichtig zu beachten ist hierbei, dass man als Systemiker nicht nur die Probleme sorgfältig beschreibt, sondem auch die Fähigkeiten und Ressourcen der Klienten. (Vgl. Schwing 2013 s. 45 - 55) Mit dieser ״systemischen Brille" gilt es also erlebnispädagogische Übungen, im Sinne einer Verhaltensbeobachtung, zu betrachten.

Um einen umfassenderen Blick zu ermöglichen, kann man darüber hinaus Videoaufzeichnungen verwenden. Videoanalysen, so wie Verhaltensbeobachtungen im Allgemeinen, werden dabei vor allem dazu verwendet ein klareres Bild vom Verhalten oder vom Problem des Paares zu erhalten. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass das Paar bei der nachfolgenden Videoanalyse die Chance hat eine Außenperspektive zu sich selbst einzunehmen. Der Therapeut sollte hierfür im Stande sein passende Beobachtungssituationen auszuwählen, die zeigen, welches Verhalten dazu führt, dass das Problem aufrecht erhalten, beziehungsweise stabilisiert, wird. Das Videomaterial kann anschließend vom Therapeuten selektiert werden. Dabei legt er den Fokus auf gelingende Interaktionen, die als Ressource wahrgenommen werden können. In Folgevideos können positive Veränderungen in den Blick genommen werden. (Vgl. Hawallek 2014 s. 255 - 259)

2.2.2.2 Metaphorik im systemischen Kontext

Eine weitere Methode systemischer Therapie sind Metaphern. Die Begründung für die Anwendung von Metaphern liegt im Ändern der Perspektive, was Handlungsmöglichkeiten erweitern kann. Zudem wirken Metaphern zunächst dissoziativ, was auch vorteilhaft sein kann, da sie einen emotional unbeteiligten Blick auf eine Situation oder ein Problem ermöglichen. Das schafft eine Distanz zum tatsächlichen Erleben. (Vgl. Lindemann 2012 s. 14 - 17) Die Metaphorik wird bewusst angewandt, um in einem weiteren Schritt wieder den Transfer zum Alltag herbeizuführen. Die Rückführung findet dadurch statt, dass herausgearbeitet wird, wofür die entworfene Metapher als tatsächlichen Erfahrung steht. Ebenso werden daraufhin Handlungsmöglichkeiten besprochen, die zur Lösung des Problems beitragen können. (Vgl. Lindemann 2012 s. 9 -13)

Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten des Umgangs mit Metaphern. So können Bilder und Metaphern aufgegriffen werden, die im Gespräch auftauchen, ebenso können diese erfragt werden: ״Wenn sie ihre Familie in einem Bild beschreiben sollten, was für ein Bild fällt ihnen spontan ein?". Weiterhin können Metaphern vom Therapeuten angeregt werden: ״Wenn ihre Ehe ein Boot wäre, was wäre wichtig für die Funktionalität dieses Bootes?". Metaphern können, sobald sie verwendet wurden, genauer erfragt werden: ״Was sind die Paddel ihres Bootes?". (Vgl. Bleckwedel 2008 s. 234f.) Eine gezielte Verwendung von Metaphern kann auch das Verdeutlichen von Problemen oder Lösungen sein. Entweder um am Beginn der Therapie die Wirklichkeitskonstruktionen, sowie auch symptomatisches Verhalten, zu verdeutlichen oder gegen Ende der Sitzung Visionen zu entwerfen, die Lösungen nachhaltig verankern. Neben der sprachlichen Dimension metaphorischen Arbeitens, besteht die Möglichkeit, Metaphern als Aktionen zu gestalten. So kann beispielsweise symptomatisches Verhalten spielerisch in einer Aktion verbildlicht werden, wobei das Verhalten anschließend, im Rahmen des Spiels, angepasst wird, um letztlich eine neue Umgangsweise zu erproben und zu erlernen. (Vgl. Bleckwedel 2008 s. 234 - 236)

2.2.2.3 Reframing

Die letzte Methode, die ich vorstellen möchte, ist das Reframing. Beim Reframen des Problems, bleibt das Problem erst einmal wie es ist, die gleiche Wahrheit wird jedoch aus einer anderen Perspektive betrachtet. Das Erlebte oder Wahrgenommene wird damit in einen anderen Rahmen gestellt und bekommt dadurch eine andere Bedeutung. So kann störendes Verhalten als Ausdruck guter Absichten dargestellt werden: ״Ihre Frau versucht ihnen mit Kritik zu helfen und nicht zu nörgeln". Ebenso können auch biografische Umdeutungen sinnvoll sein:

[...]

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Wie kann Erlebnispädagogik die systemische Paartherapie bereichern?
Untertitel
Potentiale und Problematik
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Pädagogische Fakultät)
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
53
Katalognummer
V441750
ISBN (eBook)
9783668800007
ISBN (Buch)
9783668800014
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erlebnispädagogik, Pädagogik, Therapie, Beratung, Paarberatung, Paare, Beziehung, Systemisch, Systemische Therapie, Ehe, Paartherapie
Arbeit zitieren
Andreas Wellhöfer (Autor:in), 2017, Wie kann Erlebnispädagogik die systemische Paartherapie bereichern?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/441750

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