Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Formel- und Symbolverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen und Definition
2.1. Definition eines Start-Ups
2.1.1. Merkmale von Start-Ups
2.1.2. Entwicklungsphasen von Start-Ups
2.2. Grundlagen der Unternehmensbewertung
2.2.1. Werttheorien der Unternehmensbewertung
2.2.2. Gründe für eine Unternehmensbewertung
3. Methoden der Unternehmensbewertung bei Start-Ups
3.1. Substanzwertverfahren
3.1.1. Reproduktions- und Liquidationswert
3.1.2. Würdigung der Substanzwertverfahren bei Start-Ups
3.2. Vergleichswertverfahren
3.2.1. Vergleich anhand KGV und EV/EBITDA
3.2.2. Würdigung der Vergleichswertverfahren für Start-Ups
3.3. Discounted Cashflow Methode
3.3.1. WACC-Ansatz
3.3.2. Adjustet-Present-Value-Verfahren
3.3.3. Flow-to-Equity
3.3.4. Würdigung der DCF-Methode bei Start-Ups
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Schematische Gewinn-/Verlustkurve nach Entwicklungsphase
Abbildung 2 Start-Ups in Deutschland nach Entwicklungsphasen (2017)
Abbildung 3 Schema zur Berechnung des Substanzwertes
Abbildung 4 Schema zur Berechnung des Reproduktionswertes
Abbildung 5 Schema zur Berechnung des Liquidationswertes
Abbildung 6 Schema zur Berechnung des Free Cashflow
Abbildung 7 Schema zur Berechnung des Flow-to-Equity
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Auswahl an Gründen für eine Unternehmensbewertung
Tabelle 2 Auswahl an Multiplikatoren
Tabelle 3 Fiktives Fallbeispiel Multiplikatormethode
Formel- und Symbolverzeichnis
Formel 1 Multiplikatorberechnung
Formel 2 Unternehmenswert berechnen mit Multiplikator
Formel 3 Kurs-Gewinn-Verhältnis
Formel 4 Vergleichsformel zweier Unternehmen anhand des KGV
Formel 5 Fallbeispiel Multiplikator (EV/EBITDA)
Formel 6 Fallbeispiel Unternehmenswert
Formel 7 Berechnung des WACC
Formel 8 Berechnung des Unternehmenswert mittels WACC
Formel 9 Berechnung des Unternehmenswertes mittels APV-Verfahren
Formel 10 Berechnung des Unternehmenswertes nach der FTE-Methode
Symbol
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abkürzungsverzeichnis
APV Adjustet-Present-Value
DCF Discounted Cashflow
EBIT earnings before interest and taxes
EBITDA earnings before interest, taxes, depreciation and amortization
EV Enterprise-Value
FCF Free Cashflow
FK Fremdkapital
FTE Flow-to-Equity
IPO Initial Public Offering
KDV Kurs-Dividenden-Verhältnis
KGV Kurs-Gewinn-Verhältnis
KMU kleine und mittlere Unternehmen
KUV Kurs-Umsatz-Verhältnis
nbV nicht betriebsnotwendiges Vermögen
UW Unternehmenswert
WACC Weighted Average Cost of Capital
1. Einleitung
„It's far better to buy a wonderful company at a fair price than a fair company at a wonderful price.” [1]
Dieser Satz von Starinvestor Warren Buffet zeigt, wie wichtig es für Investoren von etablierten Unternehmen[2] ist den fairen Wert eines Unternehmens zu kennen. Als Instrument für die Ermittlung dieses fairen Wertes dient in der Betriebswirtschaft die Unternehmensbewertung. Gründe, sein Unternehmen bewerten zu lassen, gibt es viele. Sei es beispielsweise für die Nachfolgeregelung im Erbfall bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die Ermittlung des Emissionspreises bei Börsengängen im Rahmen eines Initial Public Offering (IPO) oder für den Kauf eines Unternehmens zur Erweiterung des eigenen Portfolios.[3] Eine realistische Unternehmensbewertung ist aber gerade für junge und wachstumsorientierte Unternehmen – im weiteren Verlauf dieser Arbeit Start-Ups genannt – ein wichtiges Instrument zur Akquise von Risikokapitalgebern und Investoren, welche diese wundervollen Unternehmen anteilig zu einem fairen Preis unterstützen und in sie investieren wollen. Aufgrund dieser vielfältigen Gründe nimmt die Bewertung von Unternehmen eine signifikante Rolle in der ökonomischen Landschaft ein.[4]
Ebenso wie die Gründe für eine Bewertung vielfältig sind, gleicht kein Unternehmen dem anderen. Deshalb haben sich in der Praxis verschiedene Methoden durchsetzen können, die sich auf Zahlen von etablierten Unternehmen stützen und so einen Richtwert für die betrachteten Unternehmen ermitteln.[5] Weil diese teilweise nur bedingt für junge Unternehmen geeignet sind oder vergleichbare Unternehmen nicht existieren, wird diese Methodenvielfalt stetig weiterentwickelt und verbessert.[6] So stand früher beispielsweise der Substanzwert in Augenmerk der Bewertung, während neuere Methoden den Ertragswert oder den Cashflow intensiver betrachten.[7] Doch auch diese Methoden sind nur eingeschränkt auf Start-Ups übertragbar, fehlen bei diesen aufgrund ihrer frühen Entwicklungsphase doch die Möglichkeit auf vergangene Jahre zurückzublicken. Zu klären ist in diesem Zusammenhang, welche Verfahren es gibt und inwiefern sie für die Start-Up Landschaft anwendbar sind.
Die vorliegende Arbeit soll in kurzer und prägnanter Form einen Überblick über die unterschiedlichen Methoden zur Bewertung von Unternehmen geben und deren Anwendbarkeit auf Start-Ups überprüfen, wobei sie, aufgrund der Komplexität des Themas, keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie soll dem Leser einen ersten Überblick über eine Auswahl von bewährten Methoden bieten und die Problematik dieser bei der Bewertung von Start-Ups darlegen. Als theoretische Grundlage dieser Arbeit werden Fachartikel sowie Fachbücher herangezogen und beschrieben.
In Kapitel 2 werden hierzu die Grundlagen der Unternehmensbewertung und ein genauerer Blick auf die Gründe hierfür dargelegt und Start-Ups als Kernelement definiert. Anschließend wird tiefer auf eine Auswahl an Methoden eingegangen. Es werden sowohl das Substanzwertverfahren als auch das Vergleichsverfahren und die Discounted-Cashflow-Methode (DCF) beschrieben und kritisch auf ihre Anwendbarkeit auf Start-Ups betrachtet.
2. Grundlagen und Definition
Bevor genauer auf die einzelnen Methoden der Unternehmensbewertung und der Analyse der Anwendbarkeit auf Start-Ups eingegangen wird, sei zuerst die definitorische Grundlage zu betrachten.
2.1. Definition eines Start-Ups
Einleitend sei gesagt, dass es keine allgemeingültige Definition für den Begriff eines Start-Ups gibt. In der Literatur herrscht allerdings Konsens darüber, dass es bestimmte Charakteristika gibt, welche diese Unternehmensform verbinden und sie von anderen Unternehmen unterscheiden.
So definiert der Bundesverband Deutsche Startups e.V. Start-Ups über drei Merkmale. Demzufolge seien dies Unternehmen, welche kürzer als zehn Jahre am Markt existieren, ein besonders ausgeprägtes Mitarbeiter- oder Umsatzwachstum vorzuweisen hätten oder anstrebten, sowie über ein „hoch innovatives“ Produkt oder Geschäftsmodell verfügten.[8] Rudolf und Witt ergänzen das Wachstumsmerkmal noch um die Tatsache, dass dies durch eigene Kraft und, im Vergleich zum Markt, überdurchschnittlich stark sei.[9] All diese Punkte werden in der Definition nach Hayn zusammengefasst. Er versteht Start-Ups als „junge, dynamische und überproportional wachsende Unternehmen“[10].
2.1.1. Merkmale von Start-Ups
Im weiteren Verlauf wird diese Arbeit Start-Ups anhand der Merkmale Alter, Wachstum und Innovation, welche der Bundesverband Deutsche Startups e.V. zur Grundlage nimmt, definieren und betrachten.
Als erstes Merkmal sei das Alter genannt. Start-Ups bestehen erst einen kurzen Zeitraum. Hierbei ist zwischen der rechtlichen und der wirtschaftlichen Existenz zu unterscheiden. Nach Hayn sei ein aus einem etablierten Marktteilnehmer verselbstständigter Unternehmensteil nicht als junges Unternehmen zu bezeichnen, da es bereits im Mutterkonzern am Wirtschafts- und Warenverkehr teilgenommen habe. Definierend für Start-Ups sei vielmehr die wirtschaftliche Existenz bedeutend.[11]
Ein weiteres zu betrachtendes Merkmal von Start-Ups ist das überproportional starke Wachstum, welches diese Unternehmen aufweisen. Dieses Wachstum kann durch Wachstumsindikatoren wie der Bilanzsumme, dem Eigenkapital, des Jahresergebnisses oder der Umsatzerlöse gemessen werden. Da das Wachstum je nach gewähltem Indikator anders ausfallen kann, bietet sich ein Mix aus Kennzahlen anstatt einer eingeschränkten Sicht auf eine einzige Kennzahl, an. Es sei zu beachten, dass eine fixe Größe, ab wann ein Unternehmen stark wächst, nicht genannt werden kann. Hayn erwähnt, dass es vielmehr darauf ankäme, dass das Wachstum des Unternehmens im Vergleich zum Branchenwachstum deutlich höher sein solle. Für dieses überproportionale Wachstum solle darüber hinaus auch ein gewisses Zukunftspotential vorliegen.[12]
Das Wachstum von Start-Ups ist stark vom dritten Merkmal, dem Innovationsgrad, abhängig. Die Produkte des Unternehmens können anhand Ihres Innovationsgrades in drei Kategorien eingeteilt werden. Den niedrigsten Grad an Innovation weisen nachempfundene Produkte auf, die sich anhand einzelner Punkte wie Preis oder Gestaltung von den Vorlagen unterscheiden. Weiterentwicklungen bestehender Produkte und die damit einhergehende Verbesserung bestimmter Eigenschaften stehen auf der nächsten Ebene, während neu erfundene Produkte mit einer noch nicht dagewesenen Bedürfnisbefriedigung den höchsten Grad an Innovation aufweisen.[13]
2.1.2. Entwicklungsphasen von Start-Ups
Neben diesen Merkmalen lassen sich Start-Ups in einen eigenen Lebenszyklus einteilen, an dessen Ende sie in den Lebenszyklus von etablierten Unternehmen übergehen. Dieser Lebenszyklus beruht auf fünf Phasen oder Stages, denen die Marktreife des Produktes und das Wachstum des Unternehmens zu Grunde liegen, die Seed Stage, die Start-Up Stage, die Growth Stage, die Later Stage und die Steady Stage.[14]
Abbildung 1 Schematische Gewinn-/Verlustkurve nach Entwicklungsphase
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenQuelle: Eigene Darstellung
Die Seed Stage lässt sich am besten mit der Gründungsphase des neuen Unternehmens beschreiben. Das Start-Up befindet sich noch in der Konzeptfindung und der Produktentwicklung und erzielt dabei noch keinerlei Umsätze, was zu erheblichen Verlusten führt.
In der Start-Up Stage ist das Produkt des Unternehmens bereits annähernd marktreif und das Start-Up erzielt die ersten Umsätze. Die Kundenbasis wächst stetig und der anfängliche Verlust fällt durch eingehende Zahlungen bereits geringer aus als in der Seed Stage.
Die Growth Stage zeichnet sich durch ein überproportionales Umsatz- oder Kundenwachstum aus. Das Produkt hat die Markteinführung hinter sich und gewinnt stark an Marktanteilen. Das Unternehmen erwirtschaftet erste Gewinne.
Unternehmen in der Later Stage sind am Markt gefestigt, das Produkt hat seinen Marktanteil gefunden und das Wachstum geschieht langsamer. In dieser Phase steht der Exit der Kapitalgeber, beispielsweise durch ein IPO oder Management-Buy-Out kurz bevor.
Start-Ups, die der Steady Stage zuzuordnen sind, zeichnen sich durch ein abschwächendes Umsatzwachstum aus.[15] Unternehmen in dieser Phase sind voll etablierte Unternehmen und zählen per Definition junger und dynamisch wachsender Unternehmen nicht mehr zu Start-Ups im Sinne dieser Arbeit.
Abbildung 2 Start-Ups in Deutschland nach Entwicklungsphasen (2017)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bundesverband Deutsche Startups e.V., Monitor, 2017, S. 22.
2.2. Grundlagen der Unternehmensbewertung
Eine Unternehmensbewertung soll den Unternehmenswert (UW) ermitteln. Im Zeitverlauf entwickelten sich hierzu drei werttheoretische Ansätze, die objektive, die subjektive und die funktionale Werttheorie.
2.2.1. Werttheorien der Unternehmensbewertung
Die objektive Werttheorie unterstellt, dass jedes Gut einen festen Wert besitzt. Dieser Ansatz betrachtet ausschließlich den objektiven Wert, ohne auf einzelne Bedürfnisse von Käufer oder Verkäufer einzugehen. Dieser objektive Wert sei zu vergleichen mit dem Marktpreis, der sich für ein Gut in einem Markt mit hohem Angebot und Nachfrage ergeben würde.[16]
Die subjektive Werttheorie nimmt in ihre Überlegungen die unterschiedlichen Vorstellungen der Vertragspartner mit auf. Ganz entscheidend wird die Wertfindung des Unternehmens hier durch den Grenznutzen beeinflusst. Sie ermittelt demnach einen subjektiven Wert unter Berücksichtigung der Ziele und Vorstellungen des Käufers, Investors oder Verkäufers.[17]
Die funktionale Werttheorie wurde entwickelt, um die Probleme der objektiven und subjektiven Werttheorie zu lösen.[18] Die Prinzipien der Gesamtbewertung und Zukunftsbezogenheit der subjektiven Werttheorie wurde hierzu um den Bewertungszweck erweitert.[19] Eine Bewertung im Rahmen einer Investitionsentscheidung in das Unternehmen führt nach dieser Theorie zu einem anderen Wert als eine Bewertung für die Erbschaftsteuer im Rahmen einer Unternehmensnachfolge.[20]
2.2.2. Gründe für eine Unternehmensbewertung
Aufgrund des Einflusses des Bewertungsanlasses auf die Bewertung nach der funktionalen Werttheorie, ist zu betrachten, wie man die unterschiedlichen Gründe für eine Unternehmensbewertung kategorisieren kann.
In der Literatur lassen sich alle Anlässe nach der Frage ordnen, ob ein Eigentümerwechsel des Unternehmens oder eines Teils davon stattfindet. Weiter können diese Anlässe in dominierte und nicht dominierte Verhandlungssituationen eingeteilt werden. Als dominierte Verhandlungssituation sei zu verstehen, dass eine Seite nicht durch Abbruch der Verhandlungen zum aktuellen Status Quo zurückkehren kann und die andere Seite die Änderung zur Not gerichtlich durchsetzen kann.
Demnach müssen beide Parteien bei nicht dominierten Situationen einen Kompromiss erzielen um die Verhandlung abzuschließen.[21]
Tabelle 1 Auswahl an Gründen für eine Unternehmensbewertung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Drukarcyk, J., Schüler, A., Unternehmensbewertung, 2016, S. 4.
Für Start-Ups sind insbesondere Kauf-/Verkaufsanlässe im Rahmen der Unternehmensfinanzierung von Interesse.
3. Methoden der Unternehmensbewertung bei Start-Ups
Folgend werden der Substanzwert, der Vergleichswert sowie die DCF-Methode dargestellt und auf ihr Anwendbarkeit auf Start-Ups kritisch betrachtet.
3.1. Substanzwertverfahren
Bei den Substanzwertverfahren berechnet sich der Wert eines Unternehmens anhand von unternehmenseigenen Vermögenswerten. Hierzu werden die Vermögensgegenstände des Unternehmens zum Stichtag ermittelt und den Schulden gegenübergestellt. Das Ergebnis ist der Substanzwert zum gewählten Stichtag.[22]
Abbildung 3 Schema zur Berechnung des Substanzwertes
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 46.
Wichtig zu beachten ist hierbei, dass der Wert stark von dem gewählten Betrachtungszeitraum abhängt. Auch bleiben Synergieeffekte durch die isolierte Betrachtung unberücksichtigt.
Neben dieser allgemeinen Berechnung kann der Substanzwert auf den reinen Reproduktionswert und den Liquidationswert differenziert werden.
3.1.1. Reproduktions- und Liquidationswert
Der Reproduktionswert unterstellt das Going-Concern-Prinzip[23]. Um ihn zu berechnen, wird die Summe der Anschaffungskosten des für den laufenden Betrieb notwendigen Vermögens ermittelt. Anschließend wird der Verkaufswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens (nbV) aufgeschlagen und die Schulden subtrahiert.[24]
Abbildung 4 Schema zur Berechnung des Reproduktionswertes
Neuwert des betriebsnotwendigen Vermögens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 47.
Für einen Vollreproduktionswert reicht es allerdings nicht aus, nur die bilanziellen Buchwerte heranzuziehen. Durch die Nichtbetrachtung immaterieller Werte, beispielsweise Marken und Patente, stellt der Reproduktionswert deshalb nur einen Teilwert dar.[25]
Der Liquidationswert hingegen geht von einer Zerschlagung des Unternehmens aus und ermittelt den Restwert, der daraus erzielt werden kann. Hierzu werden die summierten Verkaufserlöse der Summe der Schulden gegenübergestellt. Da die Liquidation selbst weitere Kosten verursacht, müssen diese ebenfalls subtrahiert werden.[26]
Abbildung 5 Schema zur Berechnung des Liquidationswertes
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 48.
Den reinen Liquidationswert eines Unternehmens zu ermitteln gestaltet sich, aufgrund der unterschiedlichen Dauer von Verkäufen der einzelnen Vermögenswerte im Rahmen einer Auflösung unter Normalbedingungen oder Zerschlagung unter Zeitdruck, schwierig. Die Höhe des Verkaufserlöses ist durch den Zweck der Verwertung beeinflusst. Daher wird der Liquidationswert in der Literatur in der Regel an den Zerschlagungswert angelehnt.[27]
3.1.2. Würdigung der Substanzwertverfahren bei Start-Ups
Die Substanzwertverfahren geben einen ersten Überblick über den groben Wert eines Unternehmens ausschließlich anhand der materiellen Vermögensgegenstände eines Unternehmens. Allerdings lassen sie außer Acht, dass neben den Vermögensgegenständen eines Unternehmens noch viele weitere wertschaffende Faktoren existieren. Die zugrundeliegende Problematik ergibt sich vor allem durch die unzulängliche Quantifizierbarkeit und Bewertbarkeit von immateriellen Vermögensgütern, wie Patente oder Innovationen. Zusätzlich bleibt das Wertentwicklungspotential der Vermögensgegenstände und das unternehmerische Handeln unberücksichtigt. Zukünftige Erträge oder Erfolge des Unternehmens können nicht herausgelesen werden. Auch das Wachstum wird weder prognostiziert noch betrachtet. Da diese Werte nicht in die Berechnung mit einfließen, sind sie für Start-Ups, deren größter Wert ihre Innovationen und andere nicht greifbare Güter sind, wenig relevant.
Die isolierte Betrachtung der materiellen Substanz eines Unternehmens und die Vergangenheitsbezogenheit bedeutet, dass diese Methode für junge und innovative Start-Ups nur bedingt geeignet ist.
3.2. Vergleichswertverfahren
Vergleichswertverfahren, auch Multiplikatorverfahren genannt, ermitteln durch einen Multiplikator den Wert eines Unternehmens durch bekannte Kennzahlen eines anderen, ähnlich aufgestellten Unternehmens. Diese Kennzahlen können beispielsweise Börsenkurse oder früher realisierte Verkaufserlöse sein. Vergleichsverfahren beruhen auf der Annahme, dass ähnliche Unternehmen auch einen ähnlichen Wert aufweisen würden.[28]
Hierbei können Equity-Value-Multiplikatoren und Enterprise-Value-Multiplikatoren unterschieden werden. Equity-Value-Multiplikatoren haben den Marktwert des Eigenkapitals zur Grundlage, wohingegen Enterprise-Value-Multiplikatoren dem Marktwert des Eigenkapitals noch Nettofinanzverbindlichkeiten aufschlägt.[29]
Tabelle 2 Auswahl an Multiplikatoren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Löhnert, P. G., Ulrich, J., Multiplikatorverfahren, 2015, S. 795f.
Die Ergebnisse können demnach als potentielle Marktpreise angesehen werden, die bei Verkäufen von Unternehmensanteilen auf einem hierfür existierenden Markt erzielt werden könnten.[30]
Um den Multiplikator zu erhalten, gilt:
Formel 1 Multiplikatorberechnung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 85.
Dieser Multiplikator wird dann mit derselben Kennzahl des zu bewertenden Unternehmens multipliziert, um den Wert zu erhalten:
Formel 2 Unternehmenswert berechnen mit Multiplikator
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 261f.
Diese Grundformeln gelten für alle Multiplikatoren des Vergleichsverfahrens.[31]
3.2.1. Vergleich anhand KGV und EV/EBITDA
Um ein nicht börsennotiertes Unternehmen zu bewerten, wird es anhand eines Multiplikators mit einem börsennotierten Vergleichsunternehmen verglichen. Durch die transparent dargelegten Unternehmenskennzahlen von börsennotierten Unternehmen stehen dem Bewerter eine Vielzahl von Vergleichsgrundlagen zur Verfügung. Das KGV stellt den am häufigsten verwendeten Multiplikator dar. Es gibt an, zu welchen vielfachen des jährlichen Gewinns ein Unternehmen am Markt gehandelt wird. Hierzu wird der aktuelle Börsenkurs durch den Gewinn pro Aktie geteilt:[32]
Formel 3 Kurs-Gewinn-Verhältnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Wenn das Vergleichsunternehmen an der Börse gehandelt wird, lässt sich das KGV eines ähnlichen Vergleichsunternehmens mit dem Jahresüberschuss des Bewertungsobjektes ins Verhältnis setzen, um den Wert zu ermitteln.[33]
Es gilt hier:
Formel 4 Vergleichsformel zweier Unternehmen anhand des KGV
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 261f.
Das KGV lässt sich allerdings aufgrund des benötigten Aktienkurses nicht auf Unternehmen anwenden, die nicht an der Börse gehandelt werden. Hier bietet sich ein Vergleich anhand früherer Transaktionen an. Hierzu wird ein fiktives Fallbeispiel mit dem Enterprise-Value-EBITDA-Verhältnis (EV/EBITDA) zur Veranschaulichung hergenommen.
Das zu bewertende fiktive Unternehmen Startup GmbH wird mit der ebenso fiktiven KMU GmbH verglichen. Die KMU GmbH solle im Betrachtungszeitraum ein EBITDA in Tausend Euro von 750 und einen realisierten Unternehmenswert von 6.000.000 Euro aufweisen. Das EBITDA in Tausend Euro der Startup GmbH betrüge im selben Zeitraum 560. Siehe hierzu auch Tabelle 3.
Um den Multiplikator zu erhalten, gilt:
Formel 5 Fallbeispiel Multiplikator (EV/EBITDA)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Der Multiplikator wird darauf mit dem EBITDA der Startup GmbH multipliziert :
Formel 6 Fallbeispiel Unternehmenswert
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Tabelle 3 Fiktives Fallbeispiel Multiplikatormethode
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
3.2.2. Würdigung der Vergleichswertverfahren für Start-Ups
Das Vergleichsverfahren bietet durch einfache Anwendung und geringen Datenaufwand schnell Ergebnisse. Allerdings setzten Parameter börsennotierter Unternehmen einen gut funktionierenden Markt und realistische Bewertungen voraus. Eines der größten Probleme auf Märkten mit nur einer geringen Anzahl börsennotierter Unternehmen dürfte die Identifikation von vergleichbaren Unternehmen mit ähnlicher Struktur und Portfolio darstellen. Zusätzlich ist das Vergleichsverfahren sehr stark vergangenheitsorientiert. Da sich Start-Ups noch am Anfang ihrer wirtschaftlichen Existenz befinden und definitionsgemäß eher hohe Verluste statt Überschüsse aufweisen, stellt dies eine Hürde der Methode dar. Ein Ansatz hier wäre, Kennzahlen im Umsatz zu suchen und heranzuziehen.
[...]
[1] Buffet, W., Letter, 1989, o.S.
[2] Die Begriffe Unternehmen und Unternehmung werden in dieser Arbeit synonym verwendet.
[3] Vgl. Drukarcyk, J., Schüler, A., Unternehmensbewertung, 2016, S. 3-8; Spremann, K., Ernst, D., Unternehmensbewertung, 2011, S. 14-18.
[4] Vgl. Spremann, K., Ernst, D., Grundlagen, 2011, S. 14-18; Hering, T., Burchert, H.,
Unternehmensbewertung, 2014, S. 4.
[5] Vgl. Gantenbein, P., Gehring, M., Unternehmensbewertung, 2007, S. 602.
[6] Vgl. Ernst, D., Schneider, S., Thielen, B., Unternehmensbewertung, 2018, S. 1; Damodaran, A., Valuation, 2000, S. 3
[7] Vgl. Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 5f.
[8] Vgl. Bundesverband Deutsche Startups e.V., Monitor, 2017, S. 6.
[9] Vgl. Rudolf, M., Witt, P., Bewertung, S. 19.
[10] Vgl. Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 15.
[11] Vgl. ebd.
[12] Vgl. Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 20ff.
[13] Vgl. Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 32f.
[14] Vgl. Bundesverband Deutsche Startups e.V., Monitor, 2017, S. 22.
[15] Vgl. Bundesverband Deutsche Startups e.V., Monitor, 2017, S. 22.
[16] Vgl. Peemöller, V. H., Werttheorien, 2015, S. 4f.; Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 35f.
[17] Vgl. Peemöller, V. H., Werttheorien, 2015, S. 6f.; Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 36f.
[18] Vgl. Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 9.
[19] Vgl. Matschke, M. J., Grundzüge 2013, S. 31; Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 38.
[20] Vgl. Peemöller, V. H., Werttheorien, 2015, S. 6f.
[21] Vgl. Drukarcyk, J., Schüler, A., Unternehmensbewertung, 2016, S. 3-7.
[22] Vgl. Mandl, G., Rabel, K., Methoden, 2015, S. 85.
[23] Das Going-Concern-Prinzip unterstellt, dass die unternehmerische Tätigkeit fortgeführt wird
[24] Vgl. Mandl, G., Rabel, K., Methoden, 2015, S. 85f.
[25] Vgl. Ernst, D., Schneider, S., Thielen, B., Unternehmensbewertung, 2018, S. 4.
[26] Vgl. Ernst, D., Schneider, S., Thielen, B., Unternehmensbewertung, 2018, S. 4f.
[27] Vgl. Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 48f.
[28] Vgl. Löhnert, P. G., Ulrich, J., Multiplikatorverfahren, 2015, S. 787f.
[29] Vgl. Löhnert, P. G., Ulrich, J., Multiplikatorverfahren, 2015, S. 794f.
[30] Vgl. Mandl, G., Rabel, K., Unternehmensbewertung, 1997, S. 42f.; Ernst, D., Schneider, S., Thielen, B., Unternehmensbewertung, 2018, S. 223
[31] Vgl. Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 85.
[32] Vgl. Löhnert, P. G., Böckmann, U. J., Multiplikatorverfahren, 2015, S. 794f.
[33] Vgl. Hayn, M., Bewertung, 2003, S. 89.