Kulturgeschichte - Intention und Substanz einer neuen Geschichtsschreibung


Seminararbeit, 2002

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung
1. „Kultur“ – Versuch einer Begriffsbestimmung

II Hauptteil
2. Eine kurze Geschichte der Kulturgeschichte
3. Die moderne Theoriedebatte
4. Wissenschaftstheorie bei Bourdieu und Foucualt
5. Kulturgeschichte ohne Grenzen oder postmoderne Beliebigkeit
Daniel versus Wehler

III Zusammenfassung

IV Literaturnachweis

I Einleitung

„Kulturgeschichte, Darstellung der geistigen und gesellschaftlichen Entwicklung der Menschheit, im Unterschied zur politischen Geschichtsschreibung.“[1]

Diese zwar eindeutige und aus einem Universallexikon entnommene Auffassung über den Inhalt und die Intention der Kulturgeschichte soll gewissermaßen den Zugang zu dieser Arbeit bilden. Eine Definition der Kulturgeschichte ist jedoch nicht so leicht möglich wie es zunächst scheint. Wenn dies so wäre, dann würde das obenstehende Zitat vollkommen genügen und diese Arbeit wäre praktisch gegenstandslos. Dass dem aber nicht so ist soll in dieser Arbeit dargestellt werden.

Die Forschungsdebatten der Historiker zeigen, dass die Kulturgeschichte ganz neue und vielleicht viel komplexere Ansätze und Herangehensweisen erfordert.

In dieser Arbeit soll nun versucht werden, den Gegenstandsbereich der Kulturgeschichte zu verorten, insofern sie einen hat, denn dass sie die bloße Darstellung der geistigen und gesellschaftlichen Entwicklung der Menschheit ist, wäre wohl zu allgemein. Untrennbar mit diesem Ziel verbunden ist demzufolge eine Klärung der zentralen Begriffe. Was ist Kultur und welchen Zugang hat man zu ihr? Es soll anschließend ein Entwicklungsstrang dieses Faches skizziert werden. Dieser Strang beginnt bei den Anfängen der Kulturgeschichte in der Aufklärung und setzt sich in Auszügen bis zur Gegenwart, bis zur heutigen Theoriedebatte über die Kulturgeschichte fort, wobei die moderne Auseinandersetzung gewissermaßen den Schwerpunkt dieser Arbeit bilden soll.

Die Literatur zu dieser Arbeit ist durchaus umfangreich. Die ausführlichste Einführung in die Kulturgeschichte stellt wohl die Monographie von Ute Daniel[2] dar und wird deshalb auch als Hauptgrundlage für diese Arbeit herangezogen. Eine vollständige und chronologische Darstellung der Theoriedebatte soll jedoch nicht als Endprodukt auf dem Papier stehen, da der vorgegebene Umfang dieser Arbeit dem in keinster Weise genügen würde. So haben sich unter anderem auch verschiedenartige „Bindestrich – Geschichten“ herauskristallisiert, die durchaus auf diesem kulturwissenschaftlichen Verständnis beruhen, welches in dieser Arbeit dargestellt wird. Jedoch kann hier mit dem Verweis auf Platzmangel nicht genauer darauf eingegangen werden.

1. „Kultur“ – Versuch einer Begriffsbestimmung

Den Begriff „Kultur“ von seiner inhaltlichen Bedeutung her zu erfassen stellt ein sehr schwieriges Unterfangen dar, denn wenn man wollte dann könnte man so gut wie alles unter diesem Begriff einordnen. Deshalb ist es auch durchaus legitim zu behaupten, dass Kultur die Gesamtheit aller menschlichen Lebensäußerungen darstellt. In der Forschung existieren aber zahlreiche Definitionen und dies auch gerade weil der Begriff „Kultur“ so allumfassend ist und sich daraus natürlich vielfältige Aspekte und Faktoren dessen, was Kultur beinhaltet und welche Zugänge sich zur Kultur ergeben, ableiten lassen. So existiert etwa der philosophische Zugang, der anthropologische, der soziologische, der philologische usw. Die historische Dimension stellt hierbei nur eine Zugangsmöglichkeit von vielen dar.

Hergeleitet ist der Begriff aus dem Lateinischen, von cultura, was sinngemäß übersetzt so viel wie Bearbeitung, Pflege, Bebauung oder Anbau bedeutet. Verwendet wurde cultura also eher im landwirtschaftlichen Zusammenhang, nämlich als agri cultura, dem Ackerbau. Es existiert jedoch im Lateinischen auch ein Verständnis als animi cultura, was übersetzt in eine andere Richtung zielt, nämlich im Sinn von Ausbildung bzw. Veredelung. Diese Bedeutung ist für die Begriffsklärung schon wesentlich nützlicher, denn sie steht eher im Zusammenhang mit der Bildung bzw. Veredelung des Menschen, also jenen Prozessen, die allgemein hin als Kultivierung bezeichnet werden. Für das aktuelle Kulturverständnis ist wohl die Definition von Dan Sperber sehr treffend:

„Kultur wird als Gesamtheit aller mentaler und öffentlicher Repräsentationen aufgefasst, die in einer bestimmten Gemeinschaft von Menschen ( sozialen Gruppen) als Meinungen, Handlungsnormen, kommunikative Bedeutungen, etc. tradiert und stets aufs Neue interpretiert und somit konstituiert werden.“[3] Wie schon erwähnt stellt diese Definition nur eine Möglichkeit dar, sich dem Begriff zu nähern. Jedoch ist hier ein sehr wichtiger Zusammenhang bereits enthalten, nämlich der temporale Aspekt. Kultur muss in seinen Inhalten ständig neu bestimmt werden. Grund hierfür stellt logischerweise die menschliche Entwicklung dar, die natürlich zwangsläufig eine Veränderung des Kulturbegriffs bewirkt, wenn man unter Kultur die Gesamtheit menschlicher Lebensäußerungen versteht.[4]

II Hauptteil

2. Eine kurze Geschichte der Kulturgeschichte

Es soll nun hier der Versuch unternommen werden, die Geschichte der Kulturgeschichte darzustellen. Dies kann natürlich nur in Auszügen erfolgen.

Im 18. Jahrhundert beginnt die Historisierung des Begriffes Kultur, genauer gesagt seit den 1760er Jahren. Die sich nun durchsetzende „Kulturgeschichte“ verfolgt die Intention, den „sittlichen und allgemeinen Fortschritt der Menschheit zu beschreiben und dadurch selbst versittlichend und aufklärend zu wirken“[5]. Diese Kulturgeschichte wird zum zentralen Begriff des Geschichtsverständnisses der Aufklärung, also jener neuen geistigen Strömung, die im 17. Jahrhundert aus dem englischen Raum nach ganz Europa hinüberschwappt und deren Hauptanliegen die Abkehr vom christlichen Offenbarungsglauben und der Zuwendung zu einem neuzeitlich – physikalischem Weltbild war. Der erste Vertreter war Francoise – Marie Arouet, besser bekannt unter dem Namen Voltaire, der diese Kulturgeschichte gegen die zur damaligen Zeit vorherrschenden Helden-, Schlachten-, Klatsch- und Hofgeschichten betrieb.[6] In dieser Kulturgeschichte tritt besonders ein Gedanke zum Vorschein. Es ist die Frage nach den „weichen“ und nach den „harten“ Geschichtsfakten oder anders formuliert die Frage nach den „wichtigen“ und „unwichtigen“ Geschichtsfakten, also jene, bei denen man unterscheiden muss, ob sie für eine Geschichtsschreibung unabdingbar sind oder nicht, jene auf denen eine Geschichtsschreibung beruhen sollte. Diese Frage ist auch für die heutige Debatte von entscheidender Relevanz, denn sie indiziert den Willen des Historikers, sich ständig einem Prozess zu unterziehen, in welchem er sein Fach und sich selbst ständig hinterfragt.

In Deutschland befassten sich mit diesen Fragen unter anderem Johann Christoph Adelung, Wilhelm Heinrich Riehl und auch Jakob Burckhardt, wobei auf die ersten beiden aus Platzgründen nicht eingegangen werden kann. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts war die Kulturgeschichte ein akzeptiertes Forschungsgebiet, was keineswegs im Widerspruch zur politischen Geschichtsschreibung stand und was nach zwei verschiedenen Grundsätzen vorging. Zum Einen verfolgte sie die Idee der menschlichen Fortbildung ( Grundsatz der Aufklärung), indem sie die unterschiedlichen Entwicklungsstufen dieses Fortschritts zu greifen versuchte und zum Anderen hatte sie eine eher sozialgeschichtliche Vorgehensweise, indem sie Lebensformen und Aktivitäten zurückliegender Jahrhunderte untersuchte.[7]

[...]


[1] Schwachulla, Wolfram: Der Brockhaus in einem Band, 7. vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage, Leipzig, 1996, S. 503.

[2] Daniel, Ute: Kompendium Kulturgeschichte, Theorien, Praxis, Schlüsselwörter, Frankfurt am Main, 2001.

[3] Sperber, Dan: Explaining Culture, A Naturalistic Approach, Oxford, 1996, in: Budin, Gerhard: Wissenschaftskommunikation im Spannungsfeld zwischen Globalisierung, Technisierung und kultureller Diversität, in: TRANS, Internet – Zeitschrift für Kulturwissenschaften, 5. Nr., im Internet zu finden unter http://www.inst.at/trans/5Nr/budin.htm

[4] Vgl. für eine Geschichte des Kulturbegriffes: Niedermann, J.: Kultur, Werden und Wandlungen des Begriffs und seiner Ersatzbegriffe von Cicero bis Herder, Florenz, 1941; Brackert, Helmut/ Wefelmeyer, Fritz ( Hrsg.): Kultur, Bestimmungen im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main, 1990.

[5] Daniel, Ute: Kompendium Kulturgeschichte, a.a.O., S. 197.

[6] Daniel, Ute: Kompendium Kulturgeschichte, a.a.O., S. 198.

[7] Gilbert, Felix: Geschichte, Politik oder Kultur? Rückblick auf einen klassischen Konflikt, Frankfurt am Main u.a., 1992, S. 82 – 83.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Kulturgeschichte - Intention und Substanz einer neuen Geschichtsschreibung
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Geschichte der Technik und der Technikwissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar: Rauchzeichen. Zur Kultur- und Technikgeschichte des Rauchens
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
15
Katalognummer
V4423
ISBN (eBook)
9783638127394
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kultur-Kulturgeschichte-Foucault-Bourdieu-Wehler-Daniel
Arbeit zitieren
Stephan Fischer (Autor:in), 2002, Kulturgeschichte - Intention und Substanz einer neuen Geschichtsschreibung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4423

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