Über Qualitätsmanagement zu dissertieren, ist nicht mehr besonders originell. Zu zahlreich sind die in unterschiedlichen Disziplinen und Branchen publizierten Studien, die sich mit Fragen der Ideologie, Implementation und Effektivität vor allem eines "Total Quality Management" befassen. Längst ist das Thema vom industriellen Produktionsbereich über den gewerblichen Dienstleistungssektor in soziale Handlungsfelder gelangt. Qualitätsmanagement, salopp: QM, ist zu einem boomenden Querschnittsfach geworden, zu dem Ingenieur-, Verwaltungs-, Arbeits-, Politik- und Rechtswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre, Informatik, Organisationstheorie, Ethik und Pädagogik ihre Beiträge leisten. Allerdings dominieren die technischen und ökonomischen Disziplinen, während sich Psychologie und Sozialwissenschaften, zumal mit empirischer Forschung, bislang relativ zurückgehalten haben (und damit die Legitimationsbasis für vorliegende Arbeit liefern).
QM ist jedoch keineswegs der Dernier Cri der Modernisierungsdebatte. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf den öffentlichen Sektor sozialer Dienstleistungen hat erheblich dazu beigetragen, das Konzept der Qualität und ihres Managements zu problematisieren und von seiner technizistischen Verhaftung zu lösen. Besonders AutorInnen sozialwissenschaftlicher Provenienz plädieren für eine postmoderne Überwindung des Qualitätsdiskurses. Die hier vorgelegte Studie greift diese Kritik punktuell auf, setzt jedoch empirisch am Status Quo an und befasst sich pragmatisch mit den derzeitigen Erscheinungsformen des QM in ausgesuchten sozialen Handlungsfeldern. Als stakeholder, also potenziell an den Ergebnissen dieser Organisationsdiagnose interessierte Gruppen, kommen sowohl die MitarbeiterInnen und das Management (z. B. hinsichtlich einer Positionierung der eigenen Organisation im Betriebsvergleich), als auch Trägergruppen und Externe (z. B. in Bezug auf Träger- und Arbeitsfeldvergleiche bei der Umsetzung von QM) in Betracht.
Die Studie entstand nicht als typische Postgraduierten-Arbeit, sondern fügt sich - wenn auch mit einem höheren theoretischen und methodischen Anspruch - nahtlos ein in eine Reihe praxisorientierter Untersuchungen im Feld der Kinder- und Jugendhilfe, die der Autor seit Mitte der Neunzigerjahre durchführen konnte.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Danksagungen
- A
- Qualitätsmanagement in der Jugend- und Sozialhilfe
- - Kontext und methodischer Ansatz der Arbeit
- 1. Aktualität und Herkunft des Qualitätsdiskurses im Humandienstleistungsbereich
- 2. Der Qualitätsdiskurs in der sozialwissenschaftlichen und psychologischen Fachliteratur
- 3. Erkenntnisinteresse, Fragestellungen und Gliederung der Arbeit
- 3.1 Erkenntnisinteresse
- 3.2 Fragestellungen
- 3.3 Gliederung
- 4. Literaturanalytischer Teil der Arbeit (Abschnitte B und C)
- 4.1 Sozialpolitischer Kontext
- 4.1.1 Struktur des deutschen Sozialsystems und Rolle freier Träger
- 4.1.2 Ökonomisierung des Sozialen
- 4.1.3 Modernisierung der öffentlichen Verwaltung
- 4.1.4 Aufgaben der Jugend- und Sozialhilfe
- 4.1.5 Das Qualitätsthema in der Jugend- und Sozialhilfe
- 4.2 Methodik
- 4.2.1 Literaturrecherchen: Suchbegriffe und -ergebnisse
- 4.2.1.1 Recherchen im sozialwissenschaftlichen Bereich
- 4.2.1.2 Recherchen in psychologischen und allgemeinen Datenbanken
- 4.2.1.3 Recherchen im betriebswirtschaftlichen Bereich
- 4.2.2 Anmerkungen zur Literaturauswahl
- 4.2.1 Literaturrecherchen: Suchbegriffe und -ergebnisse
- 5. Empirischer Teil der Arbeit (Abschnitt D)
- 5.1 Vorbemerkungen
- 5.2 Hypothesen
- 5.2.1 Hypothesen zur Ausgestaltung des Qualitätsmanagements
- 5.2.2 Hypothesen zum Einsatz von Qualitätsbeauftragten
- 5.3 Methodik
- 5.3.1 Auswahl der Untersuchungsgruppen
- 5.3.2 Variablenauswahl und Untersuchungsplanung
- 5.3.3 Untersuchungsinstrumente
- 5.3.4 Umfang und Rekrutierung der Stichproben
- 5.3.5 Adressaten der Befragung
- 5.3.6 Durchführung der Befragung
- 5.3.7 Einbeziehung von Vorstudien und Vergleichsuntersuchungen
- B
- Qualitätsmanagement als interdisziplinäres Konzept
- - Grundlagen und Schnittmengen
- 1. Qualitätsspezifische Grundlagen im Überblick
- 1.1 Kurze Geschichte der Qualität und ihres Managements
- 1.2 Qualität
- 1.3 Qualitätsmodelle
- 1.4 Qualitätsmanagement (QM)
- 1.5 QM-Modelle
- 1.6 Qualitätstechniken und -instrumente
- 1.7 QM-Kontextkonzepte
- 1.8 QM-Implementierungskonzepte
- 2. Verortung des Qualitätsmanagements in Wissenschaft und Praxis
- 3. Qualitätsmanagement und Konzepte der Organisationsforschung
- 3.1 Organisationsdiagnose und -analyse
- 3.1.1 Organisationsstruktur
- 3.1.2 Organisationskultur
- 3.1.3 Organisationsklima
- 3.2 Organisationsentwicklung und Change Management
- 3.3 Personalentwicklung und Human Resource Management
- 3.4 Qualitätsmanagement und Evaluation
- 3.5 Controlling und Balanced Scorecard
- 3.6 Mitarbeiterbeteiligung und Empowerment
- 3.7 Lernende Organisation und organisationales Lernen
- 3.8 Kritik des Qualitätsdiskurses und das Konzept des Sensemaking
- 3.1 Organisationsdiagnose und -analyse
- 4. Resümee: Zur Konvergenz und Integration der Ansätze
- Qualitätsmanagement als interdisziplinäres Konzept
- C
- Qualitätsmanagement in sozialen Handlungsfeldern
- - Konzepte und Instrumente
- 1. Qualitäts(management)-Konzepte für Soziale Dienste im Überblick
- 1.1 Beschreibung und Bewertung von Qualitätskonzepten
- 1.2 Formale Systematisierung von Qualitätskonzepten
- 1.3 Ergebnisse der Literaturrecherchen zu Qualitätskonzepten
- 1.4 Darstellung und Kritik ausgewählter Universalkonzepte
- 1.4.1 Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9000 ff.
- 1.4.1.1 Vorbemerkungen
- 1.4.1.2 Darstellung des Ansatzes
- 1.4.1.3 Beurteilung des Ansatzes
- 1.4.2 Das Konzept des Total Quality Management (TQM)
- 1.4.2.1 Darstellung des Ansatzes
- 1.4.2.2 Beurteilung des Ansatzes
- 1.4.3 Das Konzept des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP)
- 1.4.3.1 Darstellung des Ansatzes
- 1.4.3.2 Beurteilung des Ansatzes
- 1.4.4 Das Konzept der European Foundation for Quality Management (EFQM)
- 1.4.4.1 Darstellung des Ansatzes
- 1.4.4.2 Beurteilung des Ansatzes
- 1.4.5 Integriertes/Integratives QM nach dem St. Galler Management Konzept
- 1.4.5.1 Darstellung des Ansatzes
- 1.4.5.2 Beurteilung des Ansatzes
- 1.4.1 Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9000 ff.
- 2. Instrumente des Qualitätsmanagements in Sozialen Diensten
- 2.1 Stellenwert der Technik im Qualitätsmanagement
- 2.2 Darstellung und Kritik ausgewählter Instrumente
- 2.2.1 Qualitätsleitbild
- 2.2.2 Qualitäts(management)handbuch
- 2.2.3 Qualitätszirkel
- 2.2.4 Qualitätsbeauftragte (QB)
- 2.2.5 Benchmarking
- 2.2.6 Prozessmanagement
- 2.2.7 Ideenmanagement/Vorschlagswesen
- 2.2.8 Beschwerdemanagement
- 2.2.9 Wissensmanagement
- 3. Resümee: Essentials eines Qualitätsmanagements in sozialen Handlungsfeldern
- D
- Praxis des Qualitätsmanagements in der Jugend- und Sozialhilfe
- – Empirische Befunde zur Umsetzung, Akzeptanz und Nutzenbewertung
- 1. Befunde aus Mitarbeiterbefragungen
- 1.1 Vorbemerkungen
- 1.2 Einstellung zum Qualitätsmanagement
- 1.2.1 Angaben zur Methodik und Stichprobe
- 1.2.2 Ergebnisse
- 1.2.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
- 1.3 Vorkehrungen zur Entlastung und Verbesserung der Arbeit / Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung (I)
- 1.3.1 Angaben zur Methodik und Stichprobe
- 1.3.2 Ergebnisse
- 1.3.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
- 1.4 Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung (II)
- 1.4.1 Angaben zur Methodik und Stichprobe
- 1.4.2 Ergebnisse
- 1.4.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
- 2. Befunde aus Leitungsbefragungen
- 2.1 Maßnahmen zum Qualitätsmanagement
- 2.1.1 Angaben zur Methodik und Stichprobe
- 2.1.2 Ergebnisse
- 2.1.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
- 2.2 Einstellung zum Qualitätsmanagement, Stellenwertzuschreibung und Akzeptanz
- 2.2.1 Angaben zur Methodik und Stichprobe
- 2.2.2 Ergebnisse
- 2.2.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
- 2.1 Maßnahmen zum Qualitätsmanagement
- 3. Befunde aus Befragungen von Qualitätsbeauftragten
- 3.1 Angaben zur Methodik und Stichprobe
- 3.2 Ergebnisse
- 3.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
- 4. Befunde einer Befragung von Einrichtungen und Diensten (Hauptstudie)
- 4.1 Bestimmung der Grundgesamtheiten und Quotierung der Stichproben
- 4.2 Verfahren der Stichprobenentnahme
- 4.3 Rücklauf
- 4.3.1 Gesamtrücklauf
- 4.3.2 Rücklauf nach Faktoren
- 4.3.3 Repräsentativität des Rücklaufs
- 4.3.4 Interkorrelationen der Faktoren im Rücklauf
- 4.3.5 Mögliche Gründe für geringen Rücklauf
- 4.4 Auswertungsverfahren
- 4.5 Behandlung von mehrfach vertretenen Einrichtungen
- 4.6 Ergebnisse
- 4.6.1 Organisation des Qualitätsmanagements
- 4.6.1.1 Aufbau- und Ablaufbeschreibung
- 4.6.1.2 QM-System
- 4.6.1.3 Art des QM-Systems
- 4.6.2 Programmatik
- 4.6.2.1 Grundsätze zur Qualitätspolitik
- 4.6.2.2 Grundsätze zur Führung
- 4.6.2.3 Leitbild für die Gesamteinrichtung
- 4.6.3 Instrumente
- 4.6.3.1 QM-Handbuch
- 4.6.3.2 Qualitätszirkel
- 4.6.3.3 Vorschlagswesen und Ideenmanagement
- 4.6.3.4 Beschwerdemanagement
- 4.6.3.5 Personalentwicklungskonzept
- 4.6.3.6 Evaluation
- 4.6.3.7 Controlling
- 4.6.4 Beteiligung der MitarbeiterInnen
- 4.6.5 Qualifizierung der MitarbeiterInnen
- 4.6.6 Signifikante Interkorrelationen der Ordinalvariablen
- 4.6.7 Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung
- 4.6.7.1 Nutzenbewertung
- 4.6.7.2 Zusammenhänge zwischen UV und Nutzenbewertung
- 4.6.8 Qualitäts(management)beauftragte
- 4.6.8.1 Institutionalisierung des Instruments
- 4.6.8.2 Entscheidungsgründe gegen die Funktionsstelle QB
- 4.6.8.3 Zusammenhänge zwischen UV und Funktionsstelle QB
- 4.6.8.4 Strukturmerkmale der Funktionsstelle QB
- 4.6.8.5 Personen- und Ausbildungsmerkmale von QB
- 4.6.8.6 Tätigkeiten von QB
- 4.6.8.7 Typisierung von Tätigkeiten
- 4.6.8.8 Bewertung der Zweckmäßigkeit
- 4.6.8.9 Konfliktpotenziale in der Praxis
- 4.7 Prüfung der Hypothesen dieser Studie
- 4.7.1 Hypothesen zur Ausgestaltung des QM
- 4.7.2 Hypothesen zum Einsatz von QB
- 4.8 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
- 4.8.1 Vorbemerkungen
- 4.8.2 Fragenkomplex \"Umsetzung von QM\"
- 4.8.3 Fragenkomplex \"Qualitätsentwicklungsmaßnahmen\"
- 4.8.4 Fragenkomplex \"Qualitätsbeauftragte/r\"
- 5. Resümee: Folgerungen für die Praxis
- 4.6.1 Organisation des Qualitätsmanagements
- E
- Zusammenfassung und Ausblick
- 1. Qualitätsmanagement und Organisationsforschung
- 1.1 Vorbemerkungen
- 1.2 Kontext, Grundlagen und thematische Schnittmengen
- 2. Qualitätsmanagement in sozialen Handlungsfeldern
- 2.1 Konzepte und Instrumente
- 2.2 Empirische Befunde zum QM in der Jugend- und Sozialhilfe
- 2.2.1 Einstellung zum Qualitätsmanagement
- 2.2.2 Ausgestaltung des Qualitätsmanagements
- 2.2.3 Nutzenbewertung von Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung
- 2.2.4 Einsatz von Qualitätsbeauftragten
- 3. Ausblick: Zur Zukunft des Qualitätsmanagements
- 1. Qualitätsmanagement und Organisationsforschung
- F
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Dissertation analysiert die Anwendung und den Stellenwert von Qualitätsmanagement in der Jugend- und Sozialhilfe. Sie untersucht den Qualitätsdiskurs in der sozialwissenschaftlichen und psychologischen Literatur sowie die praktische Umsetzung des Qualitätsmanagements in Einrichtungen der Jugend- und Sozialhilfe. Die Dissertation verfolgt das Ziel, die Konzepte und Instrumente des Qualitätsmanagements in diesem Kontext zu verstehen, die Akzeptanz und den Nutzen des Qualitätsmanagements für Mitarbeiter und Einrichtungen zu evaluieren und daraus Schlussfolgerungen für die Praxis abzuleiten.
- Der Qualitätsdiskurs in der Jugend- und Sozialhilfe
- Die empirische Analyse der Umsetzung des Qualitätsmanagements in der Praxis
- Die Rolle von Qualitätsbeauftragten in Einrichtungen der Jugend- und Sozialhilfe
- Die Evaluation der Akzeptanz und des Nutzens des Qualitätsmanagements
- Die Ableitung von Schlussfolgerungen für die Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel A: Der erste Teil der Dissertation beleuchtet den Kontext und die methodischen Grundlagen der Arbeit. Es wird der aktuelle Stand des Qualitätsdiskurses im Humandienstleistungsbereich dargelegt, die Relevanz des Qualitätsmanagements in der Jugend- und Sozialhilfe herausgestellt und die Fragestellungen der Dissertation formuliert.
- Kapitel B: Dieses Kapitel analysiert verschiedene Konzepte und Instrumente des Qualitätsmanagements im Kontext sozialer Handlungsfelder. Es werden verschiedene Qualitätskonzepte wie DIN EN ISO 9000 ff., Total Quality Management (TQM) und der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) vorgestellt und kritisch betrachtet. Zudem werden die wichtigsten Instrumente des Qualitätsmanagements, wie Qualitätsleitbilder, Qualitätshandbücher und Qualitätszirkel, sowie die Rolle von Qualitätsbeauftragten, diskutiert.
- Kapitel C: In diesem Kapitel werden empirische Befunde aus Mitarbeiter-, Leitungs- und Qualitätsbeauftragten-Befragungen sowie aus einer Befragung von Einrichtungen und Diensten der Jugend- und Sozialhilfe präsentiert. Die Ergebnisse zeigen den Stand der Implementation des Qualitätsmanagements in der Praxis und beleuchten die Akzeptanz und den Nutzen der Qualitätsentwicklungsmaßnahmen sowie die Bedeutung der Funktionsstelle Qualitätsbeauftragter.
Schlüsselwörter
Qualitätsmanagement, Jugend- und Sozialhilfe, Humandienstleistungsbereich, DIN EN ISO 9000 ff., Total Quality Management (TQM), Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP), Qualitätsbeauftragte, Evaluation, Akzeptanz, Nutzenbewertung, empirische Forschung, Mitarbeiterbeteiligung, Organisationsentwicklung, sozialpolitischer Kontext.
- Zusammenfassung und Ausblick
- Praxis des Qualitätsmanagements in der Jugend- und Sozialhilfe
- Qualitätsmanagement in sozialen Handlungsfeldern
- 4.1 Sozialpolitischer Kontext
- Qualitätsmanagement in der Jugend- und Sozialhilfe
- Arbeit zitieren
- Peter Gerull (Autor:in), 2004, Qualitätsmanagement in der Jugend- und Sozialhilfe - Literaturanalytische und empirische Studien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44324