Reportagefotografie: Robert Capa


Seminar Paper, 2005

21 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


1. Einleitung

Die folgende Hausarbeit soll das Leben und Werk des bekannten Fotografen Robert Capa vorstellen. Capa war einer der populärsten Fotojournalisten des 20. Jahrhunderts, und außerdem Mitbegründer der legendären Fotoagentur Magnum. In dieser Arbeit wird vor allem seine Kriegsfotografie, welche das größte Feld in seinem Schaffen darstellt, näher beleuchtet.

Als Quellen dienten mir hierzu seine Biografien „Die Wahrheit ist das beste Bild“ von Richard Whelan, „Robert Capa. Der Fotograf des Krieges“ von Alexander Kershaw und natürlich seine Autobiografie „Slightly out of focus“, in der Capa seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg festgehalten hat. Aber auch weitere wichtige Werke, wie die Bildbände „Robert Capa. Die Sammlung“ herausgegeben von Richard Whelan und „Robert Capa. Photographien“ herausgegeben von seinem Bruder Cornell Capa und Richard Whelan, sowie „Zeitblende“ der Jubiläumsband zum 50jährigen Bestehen der Magnum Agentur, standen mir zur Verfügung. Nicht zuletzt war mir der kritische Essay „Das Leiden anderer betrachten“, der anerkannten Schriftstellerin und Kritikerin Susan Sontag, eine große Hilfe bei der Deutung und näheren Betrachtung des Capaschen Lebenswerkes.

Ich werde, nach einem kurzen Abriss der Geschichte der Kriegsfotografie, das Leben und Werk Robert Capas näher betrachten und dabei auch einen Blick auf die Fotoagentur Magnum werfen. Abschließen werde ich mit einem kurzen Fazit über die Intention seiner Arbeit.

2. Die Entwicklung der Kriegsfotografie: ein kurzer Abriss

Weithin ist die Auffassung verbreitet, die Fotoreportage sei eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Allerdings versuchten Fotografen bereits in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts öffentliche Zeremonien und andere Ereignisse im Bild festzuhalten. So etwa der Hamburger Brand von 1842, oder die Trauerfeierlichkeiten für den Duke of Wellington am 18. November 1852.[1]

Die frühsten Bilder eines kriegerischen Konflikts stammen ebenfalls schon aus dieser Zeit. Vom mexikanisch-amerikanischen Krieg, der 1946 ausbrach, sind mehrere anonyme Daguerrotypien von Straßenansichten, Truppenaufmärschen oder amerikanischen Offizieren erhalten.[2] Während diese Bilder noch keinem offiziellen Zweck dienten, wurden bereits im Krimkrieg 1854 die ersten Bildberichterstattungen von staatlicher Seite koordiniert. Die Bilder Rodger Fentons gelten hier als die herausragendsten Dokumente. Das Kriegsministerium hatte ihn allerdings angewiesen keine Toten, Verstümmelten oder Kranken zu fotografieren, um die schlechte Lage der britischen Armee nicht noch zu bestätigen.[3] Ein weiterer Fotograf im Krimkrieg war der Brite James Robertson, der mit seinem Gehilfen Felice Beato vornehmlich Bilder von zerstörten Gebäuden und Unterständen machte. Ebenso wie die Bilder Fentons sind diese Aufnahmen noch „leichenfrei“, jedoch lassen sie schon eher eine Ahnung der unzähligen Menschenopfer zu, als die weiten Flächen auf Fentons Bildern.[4] Beato war der erste Fotograf, der an mehreren Kriegen teilnahm. Er dokumentierte nach dem Krimkrieg 1857 den Sepoy Aufstand in Indien und 1860 den Zweiten Opiumkrieg in China, außerdem 1885 den Kolonialkrieg im Sudan. Auf diesen Bildern ist nun schon die schreckliche Realität des Krieges zu sehen. Felder voller Leichen in China oder Bilder von erhängten Indern lassen schon auf die Zukunft der Kriegsreportage schließen. Der selbstständige, amerikanische Fotograf Mathew Brady arbeitete bereits mit einem Team aus mehreren Fotografen zusammen. Die Bilder des amerikanischen Bürgerkrieges (1861–1865), hauptsächlich aufgenommen von Timothy O’Sullivan und Alexander Gardner, stellen den ersten Versuch dar, einen Krieg ausführlich zu dokumentieren.[5] Die Bilder sind weitaus drastischer und Tabu-brechender als vorherige Kriegsbilder. Brady bezeichnet sich selbst als „das Auge der Geschichte“[6] und Gardner sagte zu den Bildern sie sollen „den nackten Schrecken und die Wirklichkeit des Krieges statt eines Schaugepränges“[7] zeigen. Dieser moralische Anspruch der Fotografie, nämlich die Bilder gegen den Krieg einzusetzen, kennzeichnet später auch die Bilder Capas. Allerdings existierten damals noch keine Reproduktionstechniken, die nötig waren, um die Bilder einem Massenpublikum zur Verfügung zu stellen. Erst während der Ereignisse der Pariser Kommune 1871 begann die Kommerzialisierung der Fotografie. Französische Zeitungen publizierten nach Fotografien gestochene Gravüren, die jedoch meist gefälscht und montiert waren. Von fotografischer Berichterstattung kann hier also noch nicht gesprochen werden, auch weil die Leser hauptsächlich selbst Augenzeugen waren.[8]

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts machte die Technik erhebliche Fortschritte. Als Robert Capa im spanischen Bürgerkrieg als einer der Ersten einen tragbaren Fotoapparat mit schnellen, lichtempfindlichen Filmen benutzte, war die Entwicklung schon weit fortgeschritten und der Krieg hatte dank der Fotografie und der zahlreichen Zeitschriften auf beiden Seiten des Atlantiks, Einzug in die heimischen Wohnzimmer gehalten. Der Fotograf konnte die Soldaten jetzt bis in die Schützengräben begleiten und ihnen folgen. Vom Fotografen wurde verlangt, sein Leben an der Front ebenso zu riskieren wie die Soldaten, um auf diese Weise mit ihnen zu solidarisieren.[9] Zu dieser Zeit, als das Fernsehen und das Kino noch nicht zum Alltag gehörten übten die Fotos eine nahezu unheimliche Faszination aus. Es gab dem Betrachter das Gefühl selbst dabei zu sein. Das Schlüsselelement war hierbei die Objektivität, der Eindruck, dass eine andere Person am selben Ort genau dieselbe Szene wahrgenommen hätte. Das Bewusstsein, dass das Bild nicht einer Phantasie entsprungen war, sondern voll und ganz der Realität entsprach, ermöglichte es den Menschen über ihren alltäglichen Horizont hinaus zu schauen.[10] Capa konnte mit seinen Bildern genau dies vermitteln. Er schaffte ein universelles Bild vom Krieg und traf so genau den Zahn der Zeit.

3. Robert Capa: Leben und Werk

3.1. Die wichtigsten Stationen in seinem Leben als Kriegsfotograf

3.1.1 Anfänge in Berlin

André Friedmann, der sich später den Künstlernamen Robert Capa geben sollte, wurde am 22. Oktober 1913 in Budapest als Sohn jüdischer Eltern geboren.[11] Auf Grund politischer Aktivitäten musste er schon als 18jähriger seine Heimat Ungarn verlassen und emigrierte nach Deutschland.[12] Im Oktober 1931 schrieb er sich an der deutschen Hochschule für Politik in Berlin ein. Um sein Studium zu finanzieren, trat er eine Stellung als Botenjunge bei der Berliner Fotoagentur Dephot an. Der Leiter der Agentur, Simon Guttmann, entdeckte bald das Talent Capas und beauftragte ihn im Dezember 1932 eine Rede des russischen Revolutionärs Leon Trotzki in Kopenhagen zu fotografieren. Capa gelangen hier unglaubliche Fotos, die hervorragend das rhetorische Charisma Trotzkis zeigten (Abb. 1). Der Weltspiegel veröffentlichte seine Bilder. Dies war Capas Durchbruch als junger Fotograf.[13]

3.1.2. Pariser Zeit: André Friedmann wird zu Robert Capa

Leider wurde seiner jungen Karriere durch die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ein jähes Ende gesetzt. Im September 1933 ging er nach Paris. Hier erhoffte er sich Erfolg als Fotojournalist.[14] In Paris lernte er auch David Seymour kennen, ein Pole den alle nur „Chim“ nannten. Chim war zu diesem Zeitpunkt festangestellter Fotograf bei einer Wochenzeitung und hatte schon weitaus mehr Erfahrung als Capa. Dieser nahm seine Ratschläge daher sehr ernst. Sie lernten viel voneinander und beeinflussten sich gegenseitig stark. Der ruhige und schüchterne Chim lernte von Capa die Aggressivität und das Selbstvertrauen aufzubringen um, näher an das Objekt heranzukommen, Capa lernte durch seinen Freund die Dreistigkeit und Aggressivität im entscheidenden Moment durch Sensibilität und Zartgefühl gegenüber dem Objekt zu ersetzen. Ebenfalls in dieser Zeit machte Capa Bekanntschaft mit Henri Cartier–Bresson und seiner späteren Freundin Gerda Phorylle.[15] Er fotografierte u.a. für seinen alten Chef der Agentur Dephot Prozessionen in Spanien.

Gerda, die ihn in seiner Arbeit sehr positiv beeinflusste, wurde bald seine Managerin und überredete ihn sein Äußeres etwas zu verändern, damit er seriöser erschien.[16] Von ihr stammte auch die Idee des Namenwechsels: Capa (damals noch André Friedmann) und sie erfanden eine imaginären, reichen, amerikanischen Fotografen namens Robert Capa, unter dessen Namen sie nun Andrés Fotos verkaufen wollten. André gab sich als der Assistent Capas aus und Gerda behauptete bei den Verlagen, es wäre unter Capas Würde seine Fotos für weniger als 150 Franc zu verkaufen, und die Verleger zahlten. Der Name verkaufte sich gut, er war kosmopolitisch, einfach zu schreiben, zu merken und auszusprechen. Auch Gerda nannte sich um und gab sich den klangvollen Namen Gerda Taro.[17] André Friedmann gab sich große Mühe dem Ruhm seines Pseudonyms gerecht zu werden und fotografierte im Frühjahr 1936 Demonstrationen und Kundgebungen rund um den Wahlkampf der Volksfront, die in der großen französischen Zeitschrift VU erschienen.[18]

[...]


[1] Geschichte der Photographie. Die ersten hundert Jahre, hrsg. von Helmut Gernsheim, Frankfurt 1983, S. 320.

[2] Amelunxen Hubertus: Das Memorial des Jahrhunderts. Fotografie und Ereignis, in: Neue Geschichte der Fotografie, hrsg. von Michel Frizot, Köln 1998, S. 133.

[3] Sontag, Susan: Das Leiden anderer betrachten, München 2003, S. 59

[4] Amelunxen, in: Die neue Geschichte der Fotografie, 1998, S. 140.

[5] Sontag, 2003, S. 60 f.

[6] Amelunxen, in: Die neue Geschichte der Fotografie, 1998, S. 143.

[7] Sontag, 2003, S. 63.

[8] Amelunxen, in: Die neue Geschichte der Fotografie, 1998, S. 147.

[9] Ritchin, Fred: Zeitzeugen. Das Engagement des Fotojournalisten, in: Die neue Geschichte der Fotografie, 1998, S. 591.

[10] Ritchin, in: Die neue Geschichte der Fotografie, 1998, S. 593 f..

[11] Kershaw, Alexander: Robert Capa. Der Fotograf des Krieges, Berlin 2004, S. 19f..

[12] vgl. Whelan, Richard: Die Wahrheit ist das beste Bild. Robert Capa Photograph, Köln 1993, S. 32 - 35.

[13] vgl. Whelan, 1993, S. 62 - 64.

[14] Richard Whelan in: Robert Capa. Die Sammlung, hrsg. von Richard Whelan, Berlin: Phaidon, 2001, S. 5.

[15] vgl. Whelan,1993, S. 82 - 96.

[16] Whelan in: Robert Capa. Die Sammlung, 2001, S. 6.

[17] vgl. Whelan, 1993, S. 116 - 119.

[18] Whelan in: Robert Capa. Die Sammlung, 2001, S. 6.

Excerpt out of 21 pages

Details

Title
Reportagefotografie: Robert Capa
College
Johannes Gutenberg University Mainz  (Kunstgeschichtliches Institut)
Course
Thematisches Proseminar
Grade
1,7
Author
Year
2005
Pages
21
Catalog Number
V44372
ISBN (eBook)
9783638419871
File size
393 KB
Language
German
Notes
Dies ist eine Zwischenprüfngsarbeit im Hauptfach Kunstgeschichte (4. Semester).
Keywords
Reportagefotografie, Robert, Capa, Thematisches, Proseminar
Quote paper
Anke Hillen (Author), 2005, Reportagefotografie: Robert Capa, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44372

Comments

  • guest on 5/27/2010

    Starke ungenaue Verkürzung beim Abriss, was beispielsweise die Arbeit von Beato betrifft und etwa wenn Fotografen aus dem Ersten Weltkrieg keine Erwähnung finden.

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Title: Reportagefotografie: Robert Capa



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