Die Objektive Hermeneutik als Analyseverfahren für qualitative Datenmengen wurde ab den 1970er Jahren vom Soziologen Ulrich Oevermann entwickelt. Oevermann versteht Theorie und Methode als zwei untrennbare miteinander verbundene Teile, die als wechselseitiges Bedingungsverhältnis für die Objektive Hermeneutik unerlässlich sind. Die theoretische Grundlegung basiert auf dem Begriff der Lebenspraxis, wobei unter Lebenspraxis die Aktivitäten von Subjekten gefasst werden. Darunter zählen sowohl Individuen als auch Familien, Gruppen und Organisationen. Der methodische Zugriff auf die Lebenspraxis und diese zu rekonstruieren, ist das Wesentliche der Objektiven Hermeneutik. Dabei stützt sich die objektiv-hermeneutische Textinterpretation auf die Inanspruchnahme geltender Regeln. In Anlehnung an Oevermann gibt es drei universelle Regelkomplexe die in ihrer Geltung konstitutiv sind.
Dies sind: 1. Die universellen Regeln der sprachlichen Kompetenz, 2. Die Grundsätze der kommunikativen Kompetenz und 3. Die universalen Regeln der kognitiven/moralischen Kompetenz. Gerade weil die Interpreten diese Regeln kennen, sind sie in der Lage die Bedeutung von Textinhalten zu explizieren. Die Regelkompetenz z.B. klar anzugeben „was ein Versprechen ist“, ist die Basis für die Geltungssicherheit der objektiv-hermeneutischen Textinterpretation. Ferner ist hervorzuheben, dass die Objektive Hermeneutik nicht von Einzelfallanalysen spricht, da in jedem einzelfallspezifischen Protokoll die allgemeine soziale Wirklichkeit mit formuliert ist, welche sich entlang geltender Regeln konstituiert hat. In Bezug auf die Anforderungsbedingungen der interpretativen Arbeit der objektiven Hermeneutik ist zu betonen, dass die Interpretation am Text in einer Gruppe geschehen muss. Damit wird die Vielfalt an Deutungsmustern bzw. Deutungsalternativen gewährleistet, welche in die Diskussion eingebracht werden können. Darüber hinaus wird eine intersubjektive Ergebnissicherung sichergestellt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Grundsätze der der objektiv-hermeneutischen Textinterpretation
- Kontextfreiheit
- Wörtlichkeit
- Sequenzialität
- Extensivität
- Sparsamkeit
- Fallanalyse
- Rahmeninformation zur Fallerhebung
- Fallanalyse unter hermeneutischen Gesichtspunkten
- Hermeneutische Analyse des ersten Teilabschnitts
- Hermeneutische Analyse des zweiten Teilabschnitts
- Hermeneutische Analyse des dritten Teilabschnitts
- Zentrales Ergebnis des Falles
- Theoriebezug: Unterrichtsstörungen
- Definition
- Klassifikationsmöglichkeiten von Unterrichtsstörungen
- Ursachen für Unterrichtsstörungen
- Interventionsmöglichkeiten bei Unterrichtsstörungen
- Direktes Reagieren in Störsituationen
- Konfliktgespräch mit dem Schüler
- Auszeitmodelle
- Bezug zum Fall "Der Kreis"
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Analyse eines Falles unter Anwendung der objektiv-hermeneutischen Methode. Ziel ist es, die Prinzipien der objektiv-hermeneutischen Textinterpretation auf ein konkretes Fallbeispiel anzuwenden und die relevanten Ergebnisse im Kontext des Falles zu interpretieren.
- Grundsätze der objektiv-hermeneutischen Textinterpretation
- Anwendung der Methode auf ein konkretes Fallbeispiel
- Rekonstruktion latenter Sinnstrukturen im Fall
- Analyse von Unterrichtsstörungen und Interventionsmöglichkeiten
- Theoriebezug und Verknüpfung mit der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt die objektiv-hermeneutische Methode als Analyseverfahren für qualitative Daten vor und erklärt die theoretischen Grundlagen sowie die wichtigsten Prinzipien.
- Die Grundsätze der der objektiv-hermeneutischen Textinterpretation: In diesem Kapitel werden die fünf Hauptprinzipien der objektiv-hermeneutischen Textanalyse erläutert: Kontextfreiheit, Wörtlichkeit, Sequenzialität, Extensivität und Sparsamkeit.
- Fallanalyse: Hier erfolgt die Präsentation des konkreten Falles und die Anwendung der objektiv-hermeneutischen Methode auf den Fall. Der Fokus liegt auf der Hermeneutischen Analyse der einzelnen Teilabschnitte des Falls und der Rekonstruktion des zentralen Ergebnisses.
- Theoriebezug: Unterrichtsstörungen: Das Kapitel befasst sich mit der Definition von Unterrichtsstörungen, ihren Klassifikationsmöglichkeiten, Ursachen und Interventionsmöglichkeiten. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der verschiedenen Interventionsmöglichkeiten wie direktes Reagieren in Störsituationen, Konfliktgespräche mit Schülern und Auszeitmodellen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die objektiv-hermeneutische Methode, Fallanalyse, Unterrichtsstörungen, Interventionsmöglichkeiten, qualitative Forschung, Lebenspraxis, Interpretation, Textanalyse, Sequenzanalyse und Rekonstruktion latenter Sinnstrukturen.
- Arbeit zitieren
- Dipl. Sebastian Schäfer (Autor:in), 2018, Fallanalyse unter hermeneutischen Gesichtspunkten. Analyse eines Schultags, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/443878