Die Vernehmungspsychologie stützt sich im wesentlichen auf systematische Praxisbeobachtungen, insbesondere sog. Vergleichsbefragungen, bei denen dieselbe Person zum selben Thema unter verschiedenen Situationsbedingungen befragt wurde.
Experimente haben sich hingegen nur in Teilbereichen bewährt, die künstlich herbeigeführte Situation entspricht in psychologischer Hinsicht der Vernehmungsrealität häufig nicht in ausreichendem Maße.
Statistische Erhebungen spielen im Rahmen der Vernehmungspsychologie eine geringere Rolle als die Kasuistik. Das Material der Vernehmungspsychologie wird im wesentlichen aus Strafverfahren gewonnen. In diesen wird - im Unterschied zum Zivilverfahren - der Zeuge in der Regel mehrmals vernommen, so daß Vergleiche überhaupt erst möglich werden.
Die Aussagepsychologie ist nicht in der Lage, einen Katalog zu erstellen, anhand dessen sich optimale Ergebnisse erzielen ließen, die Vernehmungsmethode ist in der Praxis weitgehend von persönlicher Berufserfahrung bestimmt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung
- II. Ziel der Vernehmung
- III. Vernehmungstechnik
- 1. Kontaktebene
- 2. Freundliches Interesse
- 3. Persönlichkeit des Vernehmenden
- IV. Verständlichkeit der Vernehmungssprache
- 1. Berücksichtigung sprachlicher Regionalfärbungen
- 2. Dialektberücksichtigung
- 3. Jargonberücksichtigung
- 4. Abstraktionsgrad der Sprache
- 5. Satzbau
- 6. Dolmetschereinsatz
- V. Aufschließung und Enthemmung des Zeugen
- 1. Gründe der Gehemmtheit
- 2. Gestaltung der äußeren Vernehmungssituation
- 3. Die Befragung unter dem Aspekt der Enthemmung
- VI. Verhalten gegenüber aufgeregten Zeugen
- 1. Gelassenheit in der Vernehmungsweise
- 2. Verhalten bei Affekten des Zeugen
- 3. Verhalten bei Falschaussagen
- VII. Vorbereitung des Termins
- 1. Terminplanung
- 2. Angabe des Beweisthemas
- 3. Alternativdenken
- VIII. Zeugenbelehrung
- 1. Zeitaufwand
- 2. Verständlichkeit
- 3. Motivierung zur wahrheitsgemäßen Aussage
- 4. Graduelle Belehrung
- 5. Aussagekorrektur vor Vereidigung
- 6. Belehrung über das Aussageverweigerungsrecht
- 7. Informationen über das Verfahren
- 8. Vernehmung zur Person
- IX. Inhaltliche Gestaltung der Vernehmung
- X. Spontaner Zeugenbericht und gesteuerte Befragung
- 1. Probleme des spontanen Zeugenberichts
- 2. Gesteuerte Befragung
- 2.1. Eröffnungsfragen
- 2.1.1. Offene Fragen
- 2.1.2. Geschlossene Fragen
- 2.2. Lenkungsfragen
- 2.3. Suggestivfragen
- 2.1. Eröffnungsfragen
- XI. Fixierung der Vernehmung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Kompendium widmet sich der Vernehmungspsychologie und -technik, mit dem Ziel, ein umfassendes Verständnis für die psychologischen Aspekte und methodischen Ansätze bei der Vernehmung von Zeugen zu vermitteln.
- Die Bedeutung der Verständlichkeit der Vernehmungssprache und die Anpassung an die individuelle Situation des Zeugen.
- Die Herausforderungen bei der Aufschließung und Enthemmung des Zeugen und die Vermeidung von Hemmungen.
- Die richtige Herangehensweise bei der Vernehmung von aufgeregten Zeugen und die Bewältigung von Emotionen.
- Die Bedeutung der Vorbereitung des Vernehmungstermins und die richtige Vorgehensweise bei der Zeugenbelehrung.
- Die verschiedenen Techniken der gesteuerten Befragung und die Vermeidung von Suggestivfragen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung bietet eine allgemeine Übersicht über die Vernehmungspsychologie und ihre methodischen Grundlagen, wobei insbesondere auf die Bedeutung von Praxisbeobachtungen und die Grenzen experimenteller Ansätze eingegangen wird. Das Kapitel II erläutert das Ziel der Vernehmung im Zivilprozess und die Herausforderung, aus subjektiven Aussagen objektive Wahrheiten zu erlangen. Kapitel III befasst sich mit der Vernehmungstechnik und betont die Wichtigkeit der Anpassungsfähigkeit des Vernehmenden an die Person des Zeugen, sowie die Bedeutung von Freundlichkeit und Interesse.
Kapitel IV untersucht die Verständlichkeit der Vernehmungssprache und die Berücksichtigung von sprachlichen Besonderheiten wie Regionalfärbungen, Dialekt und Jargon. Kapitel V widmet sich den Aspekten der Aufschließung und Enthemmung des Zeugen und behandelt Gründe für Gehemmtheit sowie die Gestaltung der Vernehmungssituation. Schließlich beschäftigt sich Kapitel VI mit dem Umgang mit aufgeregten Zeugen, erläutert verschiedene Verhaltensstile und die Vermeidung von Konfrontation.
Schlüsselwörter
Vernehmungspsychologie, Vernehmungstechnik, Zeugenbelehrung, Verständlichkeit der Vernehmungssprache, Aufschließung und Enthemmung des Zeugen, Verhalten gegenüber aufgeregten Zeugen, gesteuerte Befragung, Suggestivfragen, Praxisbeobachtungen, Vergleichsbefragungen, Zivilprozess, Aussagepsychologie, Zeugenaussage, Zeugenbeweis.
- Quote paper
- ass. jur. Matthias Höreth (Author), 1997, Vernehmungspsychologie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4442