Das Phänomen der unzuverlässigen Erzählung ist in einer Vielzahl an Texten vorzufinden, weshalb sich auch viele Arbeiten mit diesem Thema beschäftigen. Allerdings gibt es aber auch deutliche Inkongruenzen der verschiedenen wissenschaftlichen Ansätze, was durch die reine Menge an Texten bedingt ist, die sich durch einen unzuverlässigen Erzähler auszeichnen. Die in der Forschung herausgearbeiteten Mittel und Signale zur Analyse des unzuverlässigen Erzählers, sind oft leider nicht allgemein gültig oder anwendbar, sondern in vielen Fällen nur textgebunden zu verwenden. Häufig beziehen sich Analysekriterien nicht nur auf textinterne Signale, sie untersuchen auch die vom Autor bezweckte Funktion der Unzuverlässigkeit oder die Normen und Vorprägungen der Gesellschaft beziehungsweise der Personen, die den Text lesen. Diese, oftmals nur bedingt kompatiblen, Ansätze führen zu einem Arsenal an Merkmalen, unter denen man die entsprechend besten für den zu analysierenden Text auswählen muss.
Ziel der folgenden Arbeit ist es, unzuverlässiges Erzählen an zwei unterschiedlichen Erzählinstanzen zu analysieren und danach festzustellen, welche Unterschiede sich im Vergleich der beiden zeigen. Zu diesem Zweck wird die heterodiegetische Erzählinstanz, sowie die autodiegetische Erzählinstanz analysiert. Anfangs werden Theorien zur Analyse von Matias Martinez und Michael Scheffel aus ihrem Lehrbuch Einführung in die Erzähltheorie und aus dem Onlinehandbuch the living handbook of narratology von Dan Shen vorgestellt. Anschließend werden diese Theorien auf zwei Beispieltexte mit unterschiedlichen unzuverlässigen Erzählern angewandt, die später auch Hauptbestandteil der Herausarbeitung der Unterschiede sein werden. Zur Analyse der heterodiegetischen Erzählinstanz wird der Text Die Brücke über den Eulenfluß von Ambrose Bierce herangezogen. Zur Analyse der autodiegetischen Erzählsituation dient die Erzählung Der Horla von Guy de Maupassant. Im Anschluss werden im direkten Vergleich des unzuverlässigen Erzählens aus der heterodiegetischen Erzählperspektive sowie der autodiegetischen Erzählperspektive die Unterschiede der Erzähler anhand der Theorie und der Beispieltexte analysiert. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Schlussbetrachtung, die die Ergebnisse zusammenfasst.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Arten des unzuverlässigen Erzählens
- 2.1 Unzuverlässiges Erzählen nach Martinez/Scheffel
- 2.2 Unzuverlässiges Erzählen in the living handbook of narratology
- 2.2.1 Das rhetorische unzuverlässige Erzählen
- 2.2.2 Das kognitivistische unzuverlässige Erzählen
- 3. Unzuverlässige Erzählsituationen
- 3.1 Die heterodiegetische unzuverlässige Erzählsituation in Die Brücke über den Eulenfluß
- 3.2 Die autodiegetische unzuverlässige Erzählsituation in Der Horla
- 4. Unterschiede des unzuverlässigen Erzählens zwischen Die Brücke über den Eulenfluß und Der Horla
- 5. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht das Phänomen des unzuverlässigen Erzählens in zwei unterschiedlichen Erzählsituationen: der heterodiegetischen und der autodiegetischen. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede im unzuverlässigen Erzählen anhand von zwei Beispieltexten herauszuarbeiten.
- Analyse des unzuverlässigen Erzählens in der heterodiegetischen und autodiegetischen Erzählsituation
- Vergleich der Unterschiede im unzuverlässigen Erzählen zwischen beiden Erzählinstanzen
- Anwendung und Einordnung verschiedener Theorien zur Analyse des unzuverlässigen Erzählens
- Bedeutung des unzuverlässigen Erzählens in der Literaturwissenschaft
- Zusammenhang von Erzählerperspektive und erzählter Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 (Einleitung) stellt das Phänomen des unzuverlässigen Erzählens in der Literatur vor und beleuchtet die Komplexität der wissenschaftlichen Ansätze. Die Arbeit skizziert ihren Fokus auf die Analyse des unzuverlässigen Erzählens in heterodiegetischen und autodiegetischen Erzählsituationen.
Kapitel 2 (Arten des unzuverlässigen Erzählens) beleuchtet verschiedene Theorien zum unzuverlässigen Erzählen, darunter die Ansätze von Martinez/Scheffel und Shen. Die Kapitel geht auf die Unterscheidung von Erzählerrede und Figurenrede ein und beschreibt unterschiedliche Typen des unzuverlässigen Erzählens.
Kapitel 3 (Unzuverlässige Erzählsituationen) analysiert die unzuverlässige Erzählsituation in zwei Beispieltexten: „Die Brücke über den Eulenfluß“ von Ambrose Bierce (heterodiegetische Erzählsituation) und „Der Horla“ von Guy de Maupassant (autodiegetische Erzählsituation).
Kapitel 4 (Unterschiede des unzuverlässigen Erzählens zwischen Die Brücke über den Eulenfluß und Der Horla) stellt einen direkten Vergleich des unzuverlässigen Erzählens aus der heterodiegetischen und autodiegetischen Perspektive an. Die Unterschiede werden anhand der Theorie und der Beispieltexte analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf das unzuverlässige Erzählen in der Literatur und analysiert unterschiedliche Erzählinstanzen. Die zentralen Begriffe sind: heterodiegetische Erzählsituation, autodiegetische Erzählsituation, Erzählerrede, Figurenrede, Wahrheitsanspruch, impliziter Autor, rhetorische Unzuverlässigkeit, kognitivistische Unzuverlässigkeit, Erzähltheorie, Textanalyse, Literaturwissenschaft.
- Arbeit zitieren
- Karsten Klein (Autor:in), 2017, Unterschiede des unzuverlässigen Erzählens zwischen heterodiegetischer und autodiegetischer Erzählinstanz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/444814