Die Kunst des Sterbens galt im Spätmittelalter als einzig wahre Vorstellung des guten Todes. Seit dem ersten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts zeigte die Ars moriendi einen bestimmten Weg auf, wie ein gelingender Tod für mittelalterliche Verhältnisse aussah. Einige beabsichtigten auf Grund dessen das Sterben mithilfe des Sterbebüchleins zu erlernen. Folgendes Zitat aus einem Kirchenlied: „Media vita in morte sumus: Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen“ verdeutlicht die Rolle des Todes als steter Gast im Mittelalter. Nach dem Tod eröffneten sich drei Perspektiven: Himmel, Hölle oder Fegefeuer, dem allen ein „iudicium particulare“ vorausging, das über die Lebensführung des einzelnen Menschen entschied. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Wirkung die Ars moriendi auf die Frömmigkeit der spätmittelalterlichen Gesellschaft hatte.
Neben den Blockbüchern und Gedichten stellte der Totentanz eine Möglichkeit dar, die mittelalterliche Sterbekultur wie auch die Volksfrömmigkeit im historischen Wandel aufzuzeigen. Die verheerenden Auswirkungen der Pest hatten sowohl erheblichen Einfluss als auch den entscheidenden Impuls zu den Totentänzen. Der Totentanz gibt sich als bildliche Darstellung der Macht des Todes über das Menschenleben aus. Hierbei werden die Menschen in einer Reihe von allegorischen Gruppen, vereint unter dem Bild des Tanzes gezeigt. Durch den Totentanz kam es zu einem emotionalen Nachdenken eines sinnerfüllten Lebens. Dies stand im Gegensatz zur rational-theoretischen Erklärung der gesellschaftlichen Ständelehre. Im Zuge dessen entwickelte sich die sogenannte Repräsentationsfrömmigkeit, welche in erster Linie durch die kirchliche Anweisung, die Sterbebüchlein zur Vorbereitung auf den christlichen Tod zu lesen maßgeblich geprägt worden ist. Es gilt diese neuartige Form von Frömmigkeit anhand einzelner Elemente der Ars moriendi sowie einer quellenbasierten Analyse des Lübecker Totentanzes von 1489 näher zu untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ars moriendi-Tradition
- Entstehung, Bedeutung und Funktion des Totentanzes
- Eine quellenbasierte Analyse des Lübecker Totentanzes von 1489
- Die Wirkung der Ars moriendi auf die Frömmigkeit der spätmittelalterlichen Gesellschaft
- Zu den Versen
- Zu der musikalischen Darstellung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Wirkung der Ars moriendi auf die Frömmigkeit der spätmittelalterlichen Gesellschaft. Anhand einer quellenbasierten Analyse des Lübecker Totentanzes von 1489 soll die Hypothese aufgestellt werden, dass der Totentanz als eine Form der Ars moriendi im Spätmittelalter eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Frömmigkeitsidealen spielte.
- Die Entwicklung der Ars moriendi-Tradition im Spätmittelalter.
- Die Entstehung, Bedeutung und Funktion des Totentanzes.
- Die Wirkung des Totentanzes auf die Frömmigkeit der spätmittelalterlichen Gesellschaft.
- Eine quellenbasierte Analyse des Lübecker Totentanzes von 1489.
- Die musikalische Darstellung des Totentanzes.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit und die Forschungsfrage vor. Sie beleuchtet die Rolle des Todes im Spätmittelalter und die Jenseitsvorstellungen, die in diesem Zusammenhang relevant sind. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Ars moriendi-Tradition und deren Bedeutung für die mittelalterliche Sterbekultur. Es werden wichtige Werke der Ars moriendi-Literatur vorgestellt und deren Einfluss auf die spätere Entwicklung der Sterbehilfe diskutiert.
Das dritte Kapitel widmet sich der Entstehung, Bedeutung und Funktion des Totentanzes. Es werden die möglichen Ursachen für die Entstehung des Totentanzmotivs beleuchtet, sowie die künstlerische Gestaltung und die verschiedenen Funktionen dieser Darstellungsform diskutiert. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit einer quellenbasierten Analyse des Lübecker Totentanzes von 1489. Es wird die Wirkung der Ars moriendi auf die Frömmigkeit der spätmittelalterlichen Gesellschaft anhand der schriftlichen und musikalischen Darstellung des Totentanzes untersucht. Die schriftliche Analyse konzentriert sich auf den Dialog zwischen den Ständevertretern und dem Tod, während die musikalische Analyse die Werke von Hugo Distler und Walter Kraft behandelt.
Schlüsselwörter
Ars moriendi, Totentanz, Lübecker Totentanz, Frömmigkeit, spätmittelalterliche Gesellschaft, Jenseitsvorstellungen, Todeskultur, Musik, Literatur, Kunst, Bild, Text, Sprachgebrauch, Standesordnung, Sündenspiegel, musikalische Darstellung.
- Arbeit zitieren
- Laura Sophie Kersch (Autor:in), 2018, Zur Wirkung der Ars moriendi auf die Frömmigkeit der spätmittelalterlichen Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/444955