Seit ihren Ursprüngen sind Utopien, sei es in Form der schwärmerischen Träumereien von einer in allen Belangen besseren Gesellschaft oder aber als Schreckensdarstellung einer inhumanen Welt, immer ein Ausdruck der indirekten beziehungsweise direkten Kritik an den gegenwärtigen gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Umständen. Angefangen bei Platon über Thomas Morus – dem Namensgeber des Genres Utopie – hat beinahe jede Epoche und jedes Zeitalter seine eigenen Utopien und Dystopien hervorgebracht und dabei eindrucksvoll einen Blick auf die Gegenwart der jeweiligen Autoren eröffnet.
Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich mich den Utopien und Dystopien in der Literatur der DDR widmen. Ein Staat, der sich selbst als wahrgewordene Utopie im besten Sinne verstand und sich auch so in der Öffentlichkeit darstellte, jedoch von seinen Bürgern im Laufe der Jahrzehnte durchaus kritisch wahrgenommen wurde, erweist sich als eindrucksvoller Schauplatz und Ursprung für eine ganze Reihe utopischer und dystopischer Literatur. Es wurden bereits einige Versuche unternommen, die literarischen Utopien der DDR wissenschaftlich darzustellen. Die meisten dieser Auseinandersetzungen stammen aus den beginnenden 1990er Jahren und stellen bereits einen anschaulichen Überblick über Werkeigenschaften und literarische Entwicklungstendenzen bereit. Jedoch lassen sich die Zusammenhänge aus Literaturbetrieb, Politik und Zensurproblematik erst mit dem nötigen Abstand der zu untersuchenden Zeit umfassend überschauen. Ziel dieser Arbeit ist somit eine übersichtliche Darstellung der literarischen Utopie in der DDR, die ihre ersten Schritte bereits 1949 machen konnte und sich bis zum Ende sowohl inhaltlich und formal als auch intentional und qualitativ entwickelt und verändert hat.
Je nach Herkunft mit offenen Armen empfangen oder aber bei Strafe verboten, hatte auch die internationale utopische Literatur einen bedeutenden Einfluss auf die Werke der DDR. Autoren aus den Ostblockstaaten wurden mitunter als erstes in dem hier behandeltem Genre in der DDR veröffentlicht und hatten eine ausdrückliche Vorbildfunktion.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Utopieliteratur der DDR in der wissenschaftlichen Diskussion
- 2. Utopie, Dystopie und Science Fiction - Problematik der Begriffserklärung
- 3. Internationale Einflüsse auf die Utopieliteratur der DDR
- 3.1 Einflüsse des Ostens – Stanisław Lem als Vorbild für die Utopieliteratur der DDR
- 3.2 Einflüsse des Westens - Orwell und Huxley in der Utopieliteratur der DDR
- 4. Utopieliteratur der 50er Jahre
- 4.1 Die Etablierung einer Literatur nach 1945
- 4.2 Utopieliteratur zwischen politischer Ablehnung und Lesergunst…
- 4.3 Heinz Vieweg Ultrasymet bleibt geheim............
- 5. Utopieliteratur der 60er Jahre
- 5.1 Einflüsse der Politik auf die Literatur
- 5.2 Die Utopieliteratur im Kontext der Gesamtliteratur…
- 5.3 Eberhardt del'Antonio Die Heimkehr der Vorfahren...........
- 6. Utopieliteratur der 70er Jahre....
- 6.1 Jahre zwischen Lockerung der Ästhetik und Verschärfung der Zensur
- 6.2 Die Ablösung des Romans durch innovative Kurzprosa......
- 6.3 Christa Wolf Neue Lebensansichten eines Katers..
- 7. Utopieliteratur der 80er Jahre
- 7.1 Suche nach einer neuen Literatur
- 7.2 Ambivalenz in der Utopieliteratur…
- 7.3 Angela und Karlheinz Steinmüller Andymon
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Utopien und Dystopien in der Literatur der DDR. Sie untersucht, wie diese Werke die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen der DDR widerspiegelten und gleichzeitig Visionen für eine bessere Zukunft entwarfen. Der Fokus liegt auf der Entwicklung der Utopieliteratur in der DDR, den internationalen Einflüssen, sowie auf der Beziehung zwischen Literatur, Politik und Zensur.
- Die Entwicklung der Utopieliteratur in der DDR
- Internationale Einflüsse auf die Utopieliteratur der DDR
- Die Beziehung zwischen Literatur, Politik und Zensur
- Die Problematik der Begriffserklärung von Utopie, Dystopie und Science Fiction
- Die Rolle der Utopieliteratur im Kontext der Gesamtliteratur der DDR
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und skizziert die Relevanz von Utopien und Dystopien als Ausdruck von Kritik an gesellschaftlichen Bedingungen. Sie stellt die DDR als interessanten Fall dar, da sie sich selbst als Utopie sah, gleichzeitig aber auch von Bürgern kritisch wahrgenommen wurde. Die Einleitung befasst sich außerdem mit der wissenschaftlichen Diskussion um die Utopieliteratur der DDR und beschreibt den methodischen Ansatz der vorliegenden Arbeit.
Kapitel 1 analysiert die wissenschaftliche Diskussion zur Utopieliteratur der DDR und beleuchtet die wichtigsten Werke und Erkenntnisse aus den 1990er Jahren. Es betont, dass die Bedeutung von Literatur im Kontext von Politik und Zensur erst mit zeitlichem Abstand umfassend beurteilt werden kann.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Problematik der Begriffserklärung von Utopie, Dystopie und Science Fiction. Es stellt die spezifischen Herausforderungen im Kontext des sozialistischen Realismus in der DDR dar und analysiert den Zusammenhang zwischen Utopie und Science Fiction.
Kapitel 3 untersucht die internationalen Einflüsse auf die Utopieliteratur der DDR. Es widmet sich den Einflüssen aus dem Ostblock, insbesondere Stanisław Lem, und den Einflüssen aus dem Westen, wie Orwell und Huxley.
Kapitel 4 beleuchtet die Utopieliteratur der 1950er Jahre. Es beschreibt die Etablierung einer neuen Literaturlandschaft nach 1945, beleuchtet den Umgang mit politischer Ablehnung und Lesergunst und analysiert Heinz Viewegs Werk „Ultrasymet bleibt geheim.“
Kapitel 5 widmet sich der Utopieliteratur der 1960er Jahre. Es untersucht den Einfluss der Politik auf die Literatur, die Utopieliteratur im Kontext der Gesamtliteratur der DDR und Eberhardt del'Antonios Werk „Die Heimkehr der Vorfahren.“
Kapitel 6 analysiert die Utopieliteratur der 1970er Jahre. Es beleuchtet die Veränderungen in der Ästhetik und die Verschärfung der Zensur, die Ablösung des Romans durch innovative Kurzprosa und Christa Wolfs Werk „Neue Lebensansichten eines Katers.“
Schlüsselwörter
Utopieliteratur, Dystopieliteratur, Science Fiction, DDR, sozialistischer Realismus, Zensur, Politik, Literaturbetrieb, Internationale Einflüsse, Stanisław Lem, Orwell, Huxley, Heinz Vieweg, Eberhardt del'Antonio, Christa Wolf, Angela und Karlheinz Steinmüller.
- Arbeit zitieren
- Jana Mussik (Autor:in), 2014, Utopien und Dystopien in der Literatur der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/444971