Die Gestaltung von gruppendynamischen Prozessen in Strategieprojekten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

51 Seiten, Note: 92 Punkte, Note 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Anlagenverzeichnis

Fachwortverzeichnis

Vorwort

Erster Teil: Strategie, Projekte und Prozesse
1. Definition von Strategien
2. Ablauf von Strategieprojekten
2.1. Strategiemodell der Harvard Business School (HBS) als Basismodell vieler Strategien
2.2. Strategische Planung und modernes
Projektmanagement

Zweiter Teil: Gruppen und Gruppendynamik in Strategieprojekten
3. Grundlagen zur Führung und Gestaltung von Gruppen
4. Optimierte Gruppenzusammenstellung in Strategieprojekten
5. Notwendigkeit der Gruppenbildung für Strategieprojekte
6. Gruppendynamische Prozesse
6.1. Beginn und Steuerungsmöglichkeit eines gruppen- dynamischen Prozesses
6.2. Phasen von gruppendynamischen Prozessen in Strategieprojekten
6.3. Folgerungen für die Führung von Gruppen
7. Gestaltung von gruppendynamischen, leistungsfähigen Teams in Strategieprojekten

Dritter Teil: Verhaltenstheoretischer Ansatz im Change Management
8. Grundverständnis von Veränderungs- und Prozessmanagement
9. Gruppendynamische Erfolgsfaktoren im Strategieprojekt
9.1. Abbau von Change Blockaden
9.1.1. Formale Blockaden
9.1.2. Psychische Blockaden
9.1.3. Soziale Blockaden
9.1.4. Die individuelle Fieberkurve (Schockkurve) der Mitarbeiter
9.2. Information und Kommunikation
9.3. Vorbildfunktion der Führungskräfte
10. Gruppendynamik als zündendes Element im Change-Management der Strategie
11. Optimierung des Horizonts der Strategie durch Gruppendynamik

Vierter Teil: Resümee
12. Strategie versus Gruppendynamik

Literaturverzeichnis

Anlagen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anlagenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fachwortverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Die Veränderungen im Bankgewerbe sind markant. Kreditinstitute werden zunehmend unter Druck gesetzt, ihre alten Strukturen aufzubrechen und Neuland zu betreten. Veränderungen betreffen dabei alle Bereiche der Kreditinstitute. Institute, die sich mit geeigneten Maßnahmen auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen und ihre Ertragslage stabilisieren, werden zukünftig erfolgreich sein. Ein verändertes Wettbewerbsumfeld, die zunehmende Dynamisierung, eine Globalisierung des Wettbewerbes und das Auftreten von Non- und Nearbanks, die in die klassischen Geschäftsfelder der Kreditinstitute eindringen, machen eine veränderte Strategie der Banken notwendig. Welche Kunden will eine Bank zukünftig betreuen? Welchen Preis will und kann sie noch verlangen? Welche Dienstleistungen will eine Bank zukünftig anbieten? Das sind nur einige Fragen, die sich ein Kreditinstitut zukünftig stellen muss. Eine komplett neue strategische Ausrichtung ist oft erforderlich. Wer sich nicht verändert, wird verändert! Der entscheidende Parameter einer Unternehmensstrategie ist der Faktor Mensch. Nur der Mitarbeiter kann die gesetzten Ziele und Visionen in die Tat umsetzen. Aus diesem Grund, macht es sehr viel Sinn, sich als Unternehmen darüber Gedanken zu machen, wie Prozesse gestaltet werden können, damit strategische Impulse zustande kommen und umgesetzt werden können. In der folgenden Arbeit wird geklärt, wie wichtig dabei gruppendynamische Prozesse sind und wie sie gestaltet werden können. Die Arbeit ist in vier Teile gegliedert. Im ersten Teil, werden sehr ausführlich Strategien erklärt und die Bedeutung, die sie für ein Unternehmen haben, dargelegt. Dabei wird als Beispiel, das Strategiemodell der Harvard Business School genauer erläutert, weil es eines der ältesten Strategiemodelle ist, dabei einfach aufgebaut und schnell zugänglich. Dieser Erste Teil ist notwendig, um zu verstehen, was an der Gestaltung von gruppendynamischen Prozessen in Strategieprojekten so besonders ist. Im zweiten Teil wird dann auf Gruppen und Gruppendynamik in Strategieprojekten genau eingegangen und schließlich im dritten Teil, das Change-Management beleuchtet. Im letzten Teil dieser Arbeit wird ein Resümee gezogen, ob Gruppendynamik und eine Unternehmensstrategie immer zusammenpassen, ob Gruppendynamik immer gestaltet werden kann und was ein Unternehmen aufgibt, wenn es auf gruppendynamische Prozesse verzichtet.

1. Definitionen von Strategien

Unternehmenstrategien setzen sich nach Hinterhuber [1] aus vier Komponenten zusammen:

(1) „die Analyse der strategischen Ausgangssituation, (Ist-Analyse)

(2) die Bestimmung der zukünftigen Stellung (...), (Soll-Situation)

(3) die Auswahl der Technologien und Entwicklungen der Fähigkeiten und Ressourcen, mit denen sich die Unternehmung von der Konkurrenz abheben kann sowie die Zuteilung der Ressourcen (...) (Soll-Situation)

(4) die Festlegung von Kriterien und Standards, die kommunizierbar sind und anhand derer der Erfolg der Strategien und die erwarteten Zielerfüllungsgrade gemessen werden .“(Implementierung)

„Eine Strategie kennzeichnet letztlich das Endergebnis der entscheidungsvorbereitenden Planungsprozesse“[2].

Strategien und strategische Entscheidungen sind dadurch gekennzeichnet, „dass sie im Unterschied zu operativen Entscheidungen nicht auf die Erreichung eines bestimmten Zieles, sondern auf die Suche nach einer optimalen Ziel-Position gerichtet sind, von der aus spezifische – nach Wegfall bestimmter Unsicherheitselemente -, präzisierbare Ziele erreicht werden können.“[3] Die Zielerreichung kann auf unterschiedliche Weise gestaltet werden.

2. Der Ablauf von Strategieprojekten

Bevor man sich mit der Gestaltung strategischer Initiativen beschäftigt, ist es notwendig, ein Verständnis darüber zu gewinnen, wie eine Strategie eines Unternehmens zustande kommen kann. Da es für dieses Phänomen nicht nur einen, sondern mehrere Erklärungsansätze gibt, werden aufgrund der Seitenbegrenzung nur präskriptive Strategieprozessmodelle angesprochen und in diesem Zusammenhang auf die 10 Denkschulen Mintzberg´s[4] verwiesen. Im Folgenden wird das Strategiemodell der Harvard Business School dargestellt, da es auf sehr einfache Weise erklärt, was „Strategie“ ist und welche Bedeutung sie für ein Unternehmen hat. Das Modell ist sehr häufig Basis für andere Strategiemodelle.

2.1. Strategiemodell der Harvard Business School (HBS) als Basismodell vieler Strategien

Kernstück des Modells ist die Differenzierung des Strategieprozesses in zwei zeitlich aufeinander folgende Phasen. (Siehe hierzu Anlage 1)

In der Formulierungsphase (Formulation) steht das Treffen strategisch wichtiger Entscheidungen im Vordergrund. Bedeutend ist das „Deciding what to do“. Die Umweltanalyse und die Unternehmensanalyse, persönliche Wertvorstellungen des Top-Managements sowie die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft beeinflussen dabei die zu fällenden Grundsatzentscheidungen. In ihrer Gesamtheit bilden sie die Unternehmensstrategie, die nach Andrews[5] definiert wird als „pattern of decicions in a company that determines and reveals its objectives, proposes or goals, produces the principal policies and plans for achieving those goals, and defines the range of business the company is to pursue, the kind of economic and human organization it is or intends to be, and the nature of economic and noneconomic contribution it intends to make to its shareholders, employees, customers and communities.“ Ist die Formulierung der Strategie erfolgt, kommt der Implementierung (Implementation) die wichtige Aufgabe zu, die Entscheidungen in administrative Teilaktivitäten zu überführen und Ergebnisse zu produzieren („ achieving results “). Um dies zu erreichen, hat man die organisatorischen Strukturen und Prozesse im Unternehmen, das Verhalten der Mitarbeiter sowie den Führungsstil adäquat anzupassen. Je besser dies getan wird, desto höher sind die Chancen, dass die Strategie erfolgreich umgesetzt wird.

2.2. Strategische Planung und modernes Projektmanagement

Der Schritt vom Strategiemodell der HBS zur einer modernen strategischen Planung ist nicht mehr groß. Eine konkretere Ausformulierung der beiden Phasen Formulierung und Implementierung, die Zerlegung und Formalisierung in eine Vielzahl von Arbeitsschritten und deren Unterlegung mit ausführlichen Frage- und Checklisten, folgen.[6] Die meisten Planungsmodelle gehen folgender Maßen vor: Man setzt die unternehmerischen Ziele fest, analysiert systematisch die Umwelt und das Unternehmen, generiert Strategiealternativen

(siehe Anlage 2), evaluiert sie, wählt eine aus, plant mit Hilfe von Maßnahmenplänen, Budgets und Zeitplänen ihre Umsetzung und kontrolliert den Fortschritt und die Ergebnisse. Die strategische Planung wird dabei zu einem formal dokumentierten Prozess, der die Formulierung, Implementierung und Kontrolle von Strategien systematischen Kriterien und einer rigorosen Prüfung unterwirft. Hohe Rationalität ist dabei entscheidend. Mit diesem Vorgehen entfernt sich die praxisorientierte strategische Planung vom Modell der HBS, da diese von einem einfachen, informellen Vorgehen bei Strategieprojekten ausgeht, bei dem das Top-Management die Strategie entwirft. Heutzutage wird der Strategieprozess von Beginn an umfassend formalisiert, in detaillierte Einzelschritte zerlegt und in den Zuständigkeitsbereich strategischer Planer und ausgefeilter Planungssysteme verlagert. Unterschiedliche Abteilungen und Gruppen, sind mit dem Strategieprojekt betraut. Einmalige, häufig erstmalige und funktionsübergreifende Aufgaben müssen erfüllt werden. Die Art der Probleme verlangt besondere Fähigkeiten und Arbeitsmethoden der Gruppenmitglieder. Soziale Kompetenz, Innovationsbereitsschaft, Kreativität und Gruppendynamik sind im Projekt gefordert. In der heutigen Praxis sind vornehmlich drei Projekttypen dabei zu unterscheiden. Explorationsprojekte analysieren ein schwieriges Problem, bei dem sich der gewünschte Endzustand nur sehr allgemein beschreiben lässt (Ist Analyse). Bei Evaluierungsprojekten, steht das Ziel in groben Zügen bereits fest. Die Gruppe entwickelt konkrete Modelle, überprüft die Wirksamkeit durch Analysen der Auswirkungen auf das Ziel, bewertet sie und gibt konkrete Vorschläge zur weiteren Vorgehensweise (Soll Situation). In Transferprojekten, werden Maßnahmenpläne mit allen Vernetzungen konkret ausgearbeitet und umgesetzt (Implementierung) [7] . Alle diese drei unterschiedlichen Projekttypen, werden im Strategieprojekt benötigt (siehe Abschnitt 1., Hinterhuber). Dabei können/werden unterschiedliche Strategiegruppen gebildet, die die Strategie ausarbeiten, implementieren und kontrollieren. Gruppendynamische Prozesse entstehen! Im Folgenden wird nun gezeigt wie unterschiedliche Gruppenmitglieder in diese Strategieprojekte und Strategiegruppen eingebunden werden können, um somit einen höheren Nutzenzustand für das Unternehmen zu erreichen und Synergien dabei auszuschöpfen.

3. Grundlagen zur Führung und Gestaltung von Gruppen

Wenn eine Gruppe Erfolg haben soll, dann muss sie von ihrem Leiter entsprechend geführt werden. Gruppenführung bedeutet, ein Gruppenmitglied bzw. eine Gruppe unter Berücksichtigung der jeweiligen Gruppensituation und unter Einsatz von Führungsinstrumenten – auf einen gemeinsamen zu erzielenden Gruppenerfolg hin – zu beeinflussen.[8]

Der Erfolg einer Gruppe bzw. ihrer Gruppenmitglieder wird dabei bestimmt von

a) der Persönlichkeit der Führungskraft,

b) den Gruppenmitgliedern und deren Persönlichkeitsmerkmalen,

c) der Gruppe als Ganzes und der Wirkung der Gruppendynamik,

d) den Bestimmungsfaktoren der Situation,

e) den Einflüssen von Führungsinstrumenten.[9]

In jeder Gruppe gibt es bestimmte Rollen, die von den einzelnen Mitgliedern der Gruppe wahrgenommen werden. Jede Rolle trägt dabei einen anderen Anteil am Gruppenerfolg. Man kann zwischen gruppenzielorientierten , gruppenerhaltungsorientierten und Individual-Rollen differenzieren. Die Träger dieser Rollen sollen dazu beitragen, das Fortbestehen der Gruppe zu sichern.

(Siehe hierzu Anlage 3)

Ob eine Gruppe als gut oder schlecht beurteilt wird, hängt davon ab, ob und wie

die obigen drei Rollen in der Gruppe übernommen werden, ob die Gruppe harmonisch zusammenarbeitet und inwieweit positive gruppendynamische Prozesse entstehen.[10]

4. Optimierte Gruppenzusammenstellung in Strategieprojekten

Innovativ sein oder zurückfallen – so einfach lautet heute der Wettbewerbsimperativ für alle Unternehmen. Innovationen entstehen durch das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Ideen, Wahrnehmungen und Informationen, die von Mitarbeitern verarbeitet und beurteilt werden müssen. Dabei prallen Menschen aufeinander, die nicht nur abweichende Standpunkte vertre- ten, sondern auch unterschiedlich denken und fühlen können. Werden solche Meinungskonflikte persönlich, kommt die Suche nach neuen Lösungen ins Stocken. Menschen sind individuell geprägt und besitzen unterschiedliche kognitive Präferenzen, was sich Führungskräfte stets vor Augen halten sollten.[11] Prof. Henry Mintzberg stellte sich die Frage: „ Wie kommt es, dass die meisten Menschen gleichzeitig so dumm und so klug sind?[12] Mintzberg konstatierte, dass manche Menschen brillant mit Zahlen umgehen, logisch und analytisch denken und dennoch große Schwierigkeiten haben, sich in andere Menschen hineinzudenken oder deren Gefühle zu interpretieren. Das Herrmann Dominanz Instrument H.D.I . geht davon aus, dass die unterschiedlichen Denk- und Verhaltensweisen von Menschen abhängig sind von der jeweils bevorzugten Gehirnhemishäre. Die meisten Menschen sind dabei multidominant, das heißt, sie sind zwar geprägt von einem dominanten Gehirnquadranten, dennoch werden sie auch von den drei übrigen Quadranten beeinflusst.[13] (Siehe Anlage 4 und 5)

Nach Rolf Berth sind diejenigen Firmen die erfolgreichsten, die die Unterschiedlichkeiten und Einzigartigkeiten ihrer Mitarbeiter anerkennen und sie entsprechend einsetzen.[14] Bei Meinungskonflikten werden Ideen im Wege kreativer Reibung höchst produktiv. Jeder Mensch neigt zu einem Denkstil, der Einfluss darauf hat, wie wir Entscheidungen treffen und mit anderen Menschen umgehen. Damit der Kreativität freien Lauf gelassen wird, sollten Führungskräfte auf allzu viel Steuerung verzichten. Um mit Erfolg innovativ zu sein, muss ein Manager mit Menschen zusammenarbeiten und die fördern, die anders sind als er selbst. Erfolgreiche Manager sind bemüht, die verschiedenen Mitglieder der Gruppen dahin zu bewegen, dass sie sich ihre Verschiedenheit eingestehen. Den Prozess kreativer Reibung zu meistern bedeutet auch sicherzustellen, dass sich jeder in der Gruppe zu Wort meldet und somit ein gruppendynamischer Prozess ausgelöst wird[15]. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit bringt einem Unternehmen mehr als Einzelarbeit. Wissen, das sonst weit verstreut im Unternehmen wäre, kann fokussiert und produktiv eingesetzt werden.[16] Wie schon in Abschnitt 2.2. festgehalten, werden besonders in Strategieprojekten unterschiedliche

Denkansätze und Impulse von Mitarbeitern gefordert, deshalb sind auch unterschiedliche Mitarbeiter in den Projekten einzusetzen. Siehe Anhang 6. Unternehmen werden erfolgreicher sein, wenn sie sich auf die unterschiedlichen Denk- und Verhaltensweisen ihrer Mitarbeiter einstellen und diese geschickt nutzen, denn damit kann gezielt Kreativität und Kooperation entwickelt werden.

5. Notwendigkeit der Gruppenbildung für Strategieprojekte

Eine Gruppe vermittelt dem Einzelnen eine emotionale Verbundenheit. Durch das Gefühl der Geborgenheit in der Gruppe werden Misserfolge und Beanstandungen von einzelnen Gruppenmitgliedern leichter ertragen und Erfolge können gemeinsam genossen werden. Eine positive Gruppendynamik kann entstehen. Ein „Wir-Gefühl“ wirkt sich vorteilhaft auf die Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe aus. Oft ist die Gesamtleistung einer besonders gut zusammenarbeitenden Gruppe größer als die Summe der Einzelleistungen der Teammitglieder. Maximale Gruppenleistungen sind jedoch die Ausnahme. In der Regel besteht in einer Gruppe die Tendenz zur Nivellierung der Leistungshöhe und zur gegenseitigen Angleichung des Arbeitsverhaltens. Hieraus bilden sich die unausgesprochenen Gruppennormen in Bezug auf Arbeitsdisziplin, Arbeitstempo, Umgang etc. Wer von ihnen abweicht, wird als Außenseiter behandelt.[17] Andererseits bringen Einzelpersonen häufig nicht die notwendige vernetzte Sichtweise in Strategieprojekten mit, um fokussiert zu arbeiten. Gruppen sind bei der Sammlung der relevanten Informationen i.d.R. schneller und vielschichtiger. Besonders bei Strategieprojekten, die häufig sehr komplexe, dynamische Aspekte haben und auf den ersten Blick nicht transparent sind, sind Gruppen und deren kreative Energie, zur Lösung von Problemen besser geeignet, als Einzelpersonen. Durch Diskussionen stoßen Gruppen häufig auf schöpferische oder neuartige Lösungsansätze. Ziel- und Rollenkonflikte in Gruppen sind zwar zeitaufwendig, aber wichtig für kreative Lösungen. Konflikte fördern dabei gruppendynamische Prozesse.[18]

6. Gruppendynamische Prozesse

Im Folgenden wird geklärt, was gruppendynamische Prozesse sind, wann und wie sie entstehen, welche Phasen sie durchlaufen und welche Gestaltungsmöglichkeiten in Strategieprojekten bestehen.

6.1. Beginn und Steuerungsmöglichkeit eines gruppendynamischen Prozesses

Gruppendynamik ist ein sich ständig verändernder Prozess der innerhalb von Gruppen bzw. Teams abläuft.[19] Ein Team ist eine kleine Gruppe von Personen, die sich in ihren Fähigkeiten ergänzen, für eine gemeinsame Sache eintreten, dabei ein Leistungsziel anstreben und sich gegenseitig zur Verantwortung ziehen.[20] Die Interaktion der Gruppenmitglieder beschränkt sich nicht alleine auf das Verhalten, das für die individuelle Aufgabenerfüllung und die Erreichung des Organisationszwecks notwendig ist. Vielmehr werden die Interaktionen der Gruppenmitglieder auch durch deren persönliche Wünsche und Werthaltungen, gegenseitige Sympathien und Antipathien, durch ihren Status sowie durch ihre Kommunikationsmög-lichkeiten- und fähigkeiten beeinflusst.

Gruppendynamik und deren Prozesse können nach Frey durch:

(1) persönliche Eigenschaften,

(2) persönliche Einstellungen,

(3) individuelle Wünsche,

(4) die Zahl der Mitglieder,

(5) Kommunikationsverhalten der Gruppenmitglieder,

(6) die Attraktivität der Gruppenzugehörigkeit,

(7) dem organisatorischen Kontext, in dem sich die Gruppe bewegt,

entstehen .

Durch direkte und häufige Interaktionen unter den Gruppenmitgliedern, kann ein Zusammengehörigkeitsgefühl und eine Gruppenstruktur entstehen mit festen Normen in der Gruppe.[21] Gruppendynamik spielt eine fundamentale Rolle im Aufbau und Erhalt der Gruppe. Im Folgenden soll nun geklärt werden, welche Rolle Gruppendynamik spielt, wenn es um Veränderungen z.B. einer neuen Strategie geht.

Mit dieser Frage beschäftigte sich auch Klaus Doppler. Sein Resümee:

„Niemand, der in und mit Gruppen zu tun hat, kann sozusagen autark entscheiden, ob Gruppendynamik stattfinden soll oder nicht. Gruppendynamik ist wie das Wetter oder andere Naturelemente: grundsätzlich immer vorhanden und in ihrer elementaren Wirkung nicht steuerbar !“[22]

6.2. Phasen von gruppendynamischen Prozessen in Strategieprojekten

Da gruppendynamische Prozesse, in Anlehnung an Doppler, nicht vorhersehbar, planbar und steuerbar sind, wird im Folgenden untersucht, inwieweit Rahmenbedingungen für eine Gruppenbildung und Teamentwicklung gestaltet werden können, so dass ein positives Umfeld entsteht und Gruppendynamik im Strategieprojekt wahrscheinlich wird. Um die Komplexität der Gruppendynamik soweit wie möglich zu vereinfachen, so dass handfeste Empfehlungen zur Teamentwicklung abgeleitet werden können, wird im Folgenden auf ein Model von Tuckman [23] zurückgegriffen. Die Grundidee des Modells, basiert auf diesen vier aufeinander folgenden Teamentwicklungsschritten für Gruppen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neuere Literatur[24] führt als weitere Teamentwicklungsphase das Re-Forming auf, welche als Bilanz- bzw. Kontrollphase gedeutet wird. Wenn die Bilanzphase abgeschlossen ist, können vordringliche Zielkonflikte erneut im Stroming ausgetragen werden, allerdings auf einem höheren Leistungsniveau der Gruppe, denn diese hat sich weiterentwickelt. Wann immer die Gruppe den Kreislauf bricht, verliert sie ihre Anpassungsfähigkeit und gefährdet damit über kurz oder lang ihre Arbeitsfähigkeit. Entscheidend ist die Frage, ob die Unternehmensstrategie als eine strategische Planung, oder als ein kontinuierlicher Planungsprozess institutionalisiert wird, denn dann beginnt die Teamentwicklung als ein dynamischer Kreislauf erneut und endet nicht, wie dies z.B. Langmaack und Braune-Krickau beschreiben[25]. Dass Strategieprojekte ein typisches Gebiet für Teamarbeit sind, wird aus den folgenden Gründen ersichtlich:

- Projekte sind interdisziplinäre Planungsaufgaben, die auf die Zusammenarbeit verschiedener Fachleute und Spezialisten angewiesen sind.
- Umfangreiche Planungsaufgaben können durch eine Person nicht in angemessener Zeit bearbeitet werden.
- Die Durchführung eines Projektes steht i.d.R. unter einem gewissen Zeitdruck.
- Gewisse Mechanismen der Projektplanung erfordern eine Rollenteilung.[26]

6.3. Folgerungen für die Führung von Gruppen

Entsprechend der sich verändernden Situation in der Gruppe werden unterschiedliche Anforderungen an das Verhalten des Gruppen- bzw. Projektleiters gestellt. In der Formingphase einer Gruppe, führt die Unsicherheit der Gruppenmitglieder dazu, dass die Autorität des Leiters nicht angezweifelt wird. Der Leiter sollte diese Gelegenheit nutzen, um den Entwicklungsprozess einzuleiten. Er sollte jedoch bemüht sein, die Verantwortung für

den weiteren Fortgang der sozialen Integration und den Anstieg der Arbeitsproduktivität so früh wie möglich an die Gruppe zu übertragen. In der Normingphase wird der Leiter mit mehr Aggressivität gegen sich, aber auch der Mitglieder untereinander, konfrontiert. Je nach Temperament und Selbstvertrauen wünschen sich einige Mitglieder bereits eine weitgehende Unabhängigkeit vom Gruppenleiter, während andere noch eigene Verantwortung scheuen. Der Leiter muss Verantwortung delegieren, ohne zu früh die hierarchischen Strukturen zu verfestigen. Gleichzeitig muss er versuchen, den Konflikt innerhalb der Gruppe zu entspannen, um Produktivität zu erzeugen. Er sollte in dieser Phase einen sachlichen Diskussionsstil einfordern, darf dabei aber nicht verhindern, dass emotionale Probleme im Zuge der Versachlichung angesprochen werden. Latente Auseinandersetzungen über den Status einzelner Mitglieder oder über arbeitstechnische Probleme verschlechtern das Gruppenklima dauerhaft und behindern einen Produktivitätsanstieg. „Negative Gruppendynamik“ entsteht. Erreicht die Gruppe die Phase Norming wechselt der Interaktionsstil von Konflikt auf Harmonie. Der Leiter muss darauf bedacht sein, sich nicht von der vorübergehenden Aversion gegenüber Konflikten innerhalb der Gruppe anstecken zu lassen. Suboptimale Lösungen aus einem falsch verstandenen Harmoniezwang sind häufig zu erkennen. Eine betonte Führung der Gruppe, die Gegensätze in Erinnerung ruft, scheint angebracht. In der Performingphase existiert ein stabiles Arbeitsklima innerhalb der Gruppe. Der Leiter kann in gewissen Grenzen die Gruppe sich selbst überlassen. Er muss sich dabei allerdings regelmäßig vergewissern, ob die vorhandenen Gruppenstrukturen und Arbeitsbedingungen noch adäquat sind, falls nicht, muss er gegensteuern[27]. Wie leistungsfähige Teams in Strategieprojekten geformt werden können, wird im folgenden Abschnitt behandelt.

7. Gestaltung von gruppendynamischen, leistungsfähigen Teams in Strategieprojekten

Strategieprojekte sind von Natur aus fokussiert. Für das Erreichen von gesetzten Zielen sind vor allem leistungsfähige Teams notwendig. Gruppendynamische Prozesse können die Teamproduktivität erhöhen. Da Gruppendynamik sowohl positive wie negative Wirkungen auf das Gruppenverhalten hat, muss nun geklärt werden, wie Gruppendynamik gestaltet

werden muss, damit Leistungsfähigkeit optimiert werden kann. Gruppendynamische, leistungsfähige Teams weisen folgende 6 Kennzeichen auf.

(1) Hochmotivierte Einzelpersonen, è Bekenntnis zur Gruppe ,

(Die Gruppenmitglieder des Strategieprojektes bzw. die Abteilungen verstehen sich nicht als Individuen, die unabhängig voneinander arbeiten, sondern als eine Einheit. Die persönlichen Ziele werden zugunsten der Gruppenziele zurückgestellt.)

(2) die einander vertrauen, è Vertrauen ,

(Jedes Mitglied vertraut darauf, dass die anderen ihre Verpflichtungen erfüllen, Freundschaften nicht missbraucht werden, ihre Hilfe anbieten und akzeptieren, sowie sich allgemein berechenbar und angemessen verhalten.)

(3) zielgerichtet arbeiten, è Zielbewusstsein ,

(Der Gruppe ist bekannt, wie sie in die Gesamtstruktur des Unternehmens hineinpasst. Die Gruppenmitglieder fühlen sich als Eigentümer ihrer Arbeiten und erfassen den Beitrag, den sie zum Unternehmenserfolg leisten.)

(4) wirkungsvoll kommunizieren, è Kommunikation ,

(Die Kommunikation ist durch die Qualität und Menge der Interaktionen, die von den Gruppenmitgliedern sowohl untereinander als auch mit Außenstehenden gepflegt werden, bestimmt. Die Interaktion kann auf der Gesprächsebene und der Handlungsebene stattfinden und umfaßt im weiteren Sinn auch den Umgang mit Konflikten und Entscheidungen.)

(5) gemeinsam entscheiden, è Kooperation

(Jeder im Team erfüllt seine Rolle. Es wird trotz aller Verschiedenheit partnerschaftlich miteinander umgegangen. Ebenso wird jeder Beitrag respektiert und in der Gruppe besprochen – das Team entscheidet im Konsens.)

(6) und ihre Planung, Entscheidungsfindung und Qualitätsbewußtsein systematisch verfolgen. è leistungsorientierte Methodik .[28]

(Zur Methodik, die notwendig ist, um zum Zielbewusstsein, das eine

Gruppe entwickelt hat, zu gelangen, zählen Instrumente der Problemlösung, Planungsverfahren sowie die regelmäßigen Besprechungen mit Tagesordnung und schriftlicher Zusammenfassung.[29] )

In einem Team müssen die oben genannten Kennzeichen herrschen, wenn ein Leistungsprimat besteht, was bei Strategieprojekten der Fall ist. Die erzeugten Gruppendynamischen Prozesse führen dazu, dass positive Effekte aus der Gruppenzusammenarbeit aufkommen und eine überproportionale Produktivität entsteht.

Diese sechs Kennzeichen treten in den vier Phasen der Teamentwicklung, (Abschnitt 6.2.) in unterschiedlichen Formen auf. Siehe ein Beispiel in Anlange 7.

Rosenkranz[30] fasste das Verhalten von Gruppenmitgliedern in einer Verhaltensspirale zusammen, die in Anlage 8 dargestellt ist. Die einzelnen Gruppenmitglieder beeinflussen, hemmen und unterstützen sich gegenseitig in ihrem Verhalten (è Gruppendynamik). Dabei bewegt sich jeder Einzelne auf einem bestimmten Verhaltensniveau, wobei er immer wieder vor der Entscheidung steht, entweder passiv zu bleiben, kein Risiko einzugehen oder die Angst zu überwinden und sich auf Neues einzulassen. Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter dabei unterstützen und begleiten, denn nur Veränderung bringt Wissen und Know-how. Ausgehend von einem Niveau ergibt sich, durch Überlagerung der einzelnen Verhaltensspiralen, eine Gruppenspirale. Siehe Anlage 9. Das erreichte Verhaltens- und Leistungsniveau (Fortschritt und Know-how) spiegelt dabei die Dynamik der Gruppe wieder. Voraussetzung für das Zustandekommen solcher Gruppenprozesse ist die Kommunikation der Individuen. Die Aufgabe von Führungskräften und Projektleitern in Strategieprojekten ist es, die Aktivität und Kommunikation in der Gruppe zu fördern, um Situationen zu schaffen, in denen Einzelne, die Gruppe und ganze Abteilungen entscheiden können, wie sie die Qualität ihrer Kontakte bewusst und geplant verändern können, um so, die Strategie besser planen und umsetzen zu können.[31]

[...]


[1] Hinterhuber, H., Strategische Unternehmensführung, Strategisches Denken, 5.Aufl., Berlin/New York, S.7f.

[2] Vollmer, Th., Kritische Analyse und Weiterentwicklung ausgewählter Portfolio-Konzepte im Rahmen der strategischen Planung, Frankfurt 1983, S.17

[3] Hinterhuber, H., Strategische Unternehmensführung, I. Strategisches Denken, 5.Aufl., Berlin/New York 1992, S.11f.

[4] siehe hierzu Mintzberg, H./Ahlstrand, B./Lampel, J., Strategy safari, Prentice Hall, Hertfordshire, 1998

[5] Andrews, K.R., The concept of corporate strategy, 3.Auflage, Homewood (Ill.), 1987

[6] vgl. Ansoff, H.I., Corporate strategy: An analytical approach to business policy for growth and expansion, New York 1965

[7] vgl. Bierend, W., Projektmanagement in Unternehmensführung in Genossenschaftsbanken, 2.Auflage 2002

[8] vgl. Rahn,H.J.: Betriebliche Führung, 3.Auflage, Ludwigshafen, 1996, S.24

[9] vgl, Rahn H.J.: Führung von Gruppen, Band 16, 4.Auflage, 1998, S.9

[10] ebd. S.23

[11] vgl. Leonard, D., Straus, S., Im Widerstreit der Ideen zur Innovation, Harvard Business Manager 2/1998

[12] Prof. Mintzberg, H., Das Herrmann Dominaz Instrument – H.D.I., 1997, Sonderausdruck aus Sales Profi

[13] vgl. Spinola, R., Das Herrmann Dominanz Instrument-H.D.I., 1997,

[14] vgl. Berth, R., Erfolg, 1997

[15] vgl. Leonard, D., Straus, S., Im Widerstreit der Ideen zur Innovation, Harvard Business Manager, Sonderdruck für Herrmann Institut Deutschland GmbH, 2/98

[16] vgl. ebd. S. 9

[17] vgl. Schaber,G., Betriebspsychologie in der Praxis, Ludwigshafen; Krehl 1987, S.137f

[18] vgl. Bierend, W., Projektmanagement, Unternehmensführung in Genossenschaftsbanken, 2 Auflage, S.158

[19] vgl. Cohen, D., Lexikon der Psychologie. Namen- Daten- Begriffe. München, Heyne 1995, S.126f.

[20] vgl. Katzenbach, J.R., Smith, D.K., Teams. Der Schlüssel zur Hochleistungsorganisation, Wien, 1993. S.70

[21] vgl. Frey, D., Hoyos, C.G.,Stahlberg, D., Angewandte Psychologie. München Weinheim, Psychologie-Verlags-Union 1988, S.54

[22] Doppler, K., Fuhrmann, H., Lebbe-Waschke, B., Voigt, B., Unternehmenswandel gegen Widerstände –Change-Management mit den Menschen, Frankfurt/New York, 2002, S.122f

[23] nach Tuckman, B.W., Development Sequence in Small Groups, Psychological Bulletin (63,6), S.384f,1965

[24] Stahl, E., Dynamik in Gruppen, 1. Auflage, 2002

[25] siehe hierzu Langmaack, B.& Braune-Krickau, M., Wie die Gruppe laufen lernt, 6.Auflage, Psychologie-Verlags-Union, Weinheim, 2000

[26] Aggteleky,B.,Bajna,N.,Projektplanung. Ein Handbuch für Führungskräfte München 1992, S.70

[27] Kieser, A., Handbuch der Führung, 2.Auflage, Stuttgart, S.129ff.

[28] Winkelhofer, G., Methoden für Management und Projekte, Berlin/New York, 2.Auflage, 1999, S.433

[29] ebd. S. 433f.

[30] Rosenkranz, H., Breuel, R., Von der Gruppendynamik zur Organisationsentwicklung. Wiesbaden, 1982, S.87

[31] ebd. S.80ff.

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Details

Titel
Die Gestaltung von gruppendynamischen Prozessen in Strategieprojekten
Hochschule
Akademie Deutscher Genossenschaften ADG e.V.
Note
92 Punkte, Note 1
Autor
Jahr
2003
Seiten
51
Katalognummer
V445043
ISBN (eBook)
9783668819320
ISBN (Buch)
9783668819337
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Strategie, Gruppendynamik
Arbeit zitieren
Michael Menrad (Autor:in), 2003, Die Gestaltung von gruppendynamischen Prozessen in Strategieprojekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/445043

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