Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Geschichte der ökologischen IENGOs. Der Fokus liegt dabei auf drei Phasen der Entwicklung, die jeweils für sich charakteristische IENGOs hervorbrachten. Die erste Phase und damit der Beginn der Geschichte von IENGOs ist in die Jahre von 1895 bis vor den Ersten Weltkrieg zu datieren. Sie wird bestimmt von IENGOs, die meist innerhalb des Commonwealth oder nur zwischen wenigen Staaten aktiv sind. Die ökologischen Organisationen dieser Zeit sind auf Konservation der Schönheit der Natur fixiert. IENGOs wie der National Trust sehen die Industrialisierung als eine die Schönheit der Natur zerstörende Kraft und halten mit Naturschutz dagegen. Die zweite Phase begann kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und ging gegen Ende der 70er, Anfang der 80er in die dritte Phase über. Die zweite Phase war geprägt von einer wissenschaftskritische n Bewegung in der Gesellschaft, die in der Gründung einer neuen Generation von IENGOs Resonanz fand, wie zum Beispiel Greenpeace. Ein nicht nur von IENGOs vorangetriebenes, sondern allgemein diskutiertes Thema war zu dieser Zeit auch die allgemeine Feststellung, dass die Ressourcen auf der Erde begrenzt sind und dem Wachstum Grenzen setzen könnten. In der sich daran anschließenden dritten Phase gab es eine Verwissenschaftlichung der ökologischen Themen wodurch sich die IENGOs auch zunehmend als Wissensakteure herausbildeten. Gleichzeitig ist die Zeit der dritten Phase durch das Phänomen der Globalisierung der ökologischen Risiken und Gefahren gekennzeichnet, weshalb IENGOs zunehmend nach der Doktrin think and act globally handeln. Die Wandlung von bestehenden IENGOs wie Greenpeace hin zu globalen und Wissensakteuren zeigt sich in dieser Phase ebenso, wie die Neugründung von speziellen Netzwerken und Wissensakteuren wie Forest Monitor.
Inhalt
Einleitung
1. Erste Umweltbewegungen im 19. Jahrhundert – Die erste Phase
2. Die Entwicklung von IENGOs nach 1945 – Die zweite Phase
3. Die Entwicklung der 80er und frühen 90er Jahre - Die dritte Phase
Schluss
Literatur
Zwischen Industrialisierung und Globalisierung. Die Entwicklung internationaler ökologischer Nichtregierungsorganisationen (IENGOs) im 19. und 20. Jahrhundert.
Einleitung
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Geschichte der ökologischen IENGOs. Der Fokus liegt dabei auf drei Phasen der Entwicklung, die jeweils für sich charakteristische IENGOs hervorbrachten. Die erste Phase und damit der Beginn der Geschichte von IENGOs ist in die Jahre von 1895 bis vor den Ersten Weltkrieg zu datieren. Sie wird bestimmt von IENGOs, die meist innerhalb des Commonwealth oder nur zwischen wenigen Staaten aktiv sind. Die ökologischen Organisationen dieser Zeit sind auf Konservation der Schönheit der Natur fixiert. IENGOs wie der National Trust sehen die Industrialisierung als eine die Schönheit der Natur zerstörende Kraft und halten mit Naturschutz dagegen. Die zweite Phase begann kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und ging gegen Ende der 70er, Anfang der 80er in die dritte Phase über. Die zweite Phase war geprägt von einer wissenschaftskritischen Bewegung in der Gesellschaft, die in der Gründung einer neuen Generation von IENGOs Resonanz fand, wie zum Beispiel Greenpeace. Ein nicht nur von IENGOs vorangetriebenes, sondern allgemein diskutiertes Thema war zu dieser Zeit auch die allgemeine Feststellung, dass die Ressourcen auf der Erde begrenzt sind und dem Wachstum Grenzen setzen könnten. In der sich daran anschließenden dritten Phase gab es eine Verwissenschaftlichung der ökologischen Themen wodurch sich die IENGOs auch zunehmend als Wissensakteure herausbildeten. Gleichzeitig ist die Zeit der dritten Phase durch das Phänomen der Globalisierung der ökologischen Risiken und Gefahren gekennzeichnet, weshalb IENGOs zunehmend nach der Doktrin think and act globally handeln. Die Wandlung von bestehenden IENGOs wie Greenpeace hin zu globalen und Wissensakteuren zeigt sich in dieser Phase ebenso, wie die Neugründung von speziellen Netzwerken und Wissensakteuren wie Forest Monitor.
1. Erste Umweltbewegungen im 19. Jahrhundert – Die erste Phase
Umweltprobleme sind historisch gesehen kein neues Phänomen. In der menschlichen Geschichte gibt es sogar einige ökologische Katastrophen, die beispielsweise durch Ausbeutung von Ressourcen und Verschmutzung hervorgerufen wurden. Man kann hier Ereignisse nennen wie beispielsweise die Verseuchung von Flüssen in den Alpen durch das Auswaschen von Metallen. Jedoch waren diese Ereignisse jeweils lokal bzw. regional, so dass sich einerseits die Umwelt regenerieren und andererseits die Gemeinschaft sich einen neuen Ort suchen konnte. Urbanisierung, Ressourcen- und Landverbrauch in der industriellen Revolution sind jedoch Kräfte einer umfassenderen Dimension, die ähnlich einer schnaubenden, holzfressenden und rauchenden Dampflok die Natur veränderte. Die durch die Industrialisierung veränderte Natur gibt Anlass zu einem neuen Bewusstsein. Natur wird zum Thema dadurch, dass ihr anscheinend unbegrenztes Vorhandensein und Regenerationsvermögen mit der Industrialisierung auf einmal Grenzen zeigt. Die humanisierte Natur wird, wenn nicht gleich zum Problem, so doch zu einer technisierten und vom Menschen abhängigen und zugleich endlichen Natur.
Die Industrialisierung schuf dadurch ein grundlegend neues Phänomen. Als Gegenbewegung zu den Zerstörungen entstanden Vereine und Organisationen, von denen einige sogar über die Landesgrenzen hinweg Politik für eine Konservierung der Natur machten. IENGOs zu dieser Zeit verstanden Natur als Inbegriff von Heimat, Schönheit und Unberührtheit. Diese Sichtweise ruht vor allem auf romantischen Vorstellungen. Die Natur stellt also die Unberührtheit und Schönheit im Gegensatz zu den erschreckenden technischen und ästhetischen Folgen der Industrialisierung dar. Und so wie die alten Philosophen Natur verklärten, so finden wir es auch im Duden mit der Beschreibung: „Natur bedeutet im allgemeinen Pflanzen, Tiere, Gewässer und Gesteine als Teil der Erdoberfläche oder eines bestimmten Gebietes, das nicht oder nur wenig von Menschen besiedelt oder umgestaltet ist.“[1]
Als Reaktion auf die Zerstörung der Umwelt entwickelte sich die Idee des Natur-Schutzes. Dieser, sagen wir ästhetische Ansatz des Naturschutzes, bedeutet in erster Linie den Schutz der Schönheit der Natur. Nicht zuletzt aus diesem Grund beruhen viele IENGOs des 19. Jahrhunderts auf der Konservierung „schöner Landschaften“, wie es der National Trust (Vereinigtes Königreich) in seiner Zielsetzung festlegt, oder dem Schutz des „lieblichen Gesangs unserer Singvögel“[2] wie man einem Zeitungsartikel über den Bund für Vogelschutz (heute NABU) aus dem Gründungsjahr des Bundes 1899 entnehmen kann. Die Entwicklung von IENGOs ist folglich als eine Gegenbewegung zum Prozess der Industrialisierung im 19. Jahrhundert bzw. als Gegenbewegung zur Natur-Zerstörung im Verlauf der Industrialisierung zu sehen. Der Naturschutzgedanke in den sich neu gründenden Vereinen oder Organisationen ist demnach eine Antwort (response) auf Folgeprobleme der durch die Industrialisierung hervorgerufenen Probleme.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es mit der Entstehung von Naturschutzbewegungen ein gänzlich neues Phänomen. Auch wenn es weniger als 20[3] IENGOs zu dieser Zeit gab, sich als Organisation transnational auszurichten und sich dabei mit ökologischen Belangen auseinandersetzen waren zwei neue Phänomene. Überdies kann man als bemerkenswert ansehen, dass die damals gegründeten IENGOs überwiegend noch heute existieren und praktisch als Relikt einer vergangenen Zeit auch weiterhin den Naturschutz als primäres Ziel haben, auch wenn in der zweiten und dritten Phase andere Paradigmen in der Ausrichtung galten. IENGOs der ersten Phase gelten bis heute als Institutionen des Naturschutzes in Europa. So zum Beispiel der National Trust und der Bund für Vogelschutz (heute Naturschutzbund). Mit Entstehung der ersten ökologischen Bewegungen wurden diese auch sogleich im Zuge der Globalisierungsprozesse des späten 19. Jahrhunderts international. IENGOs wurden besonders innerhalb des Commonwealth oder zwischen zwei bis drei aneinandergrenzende Staaten in Europa aktiv. Mehrere der untersuchten IENGOs beziehen sich in ihrer Gründung nachweislich auf die Folgen der Industrialisierung und auf eine transnationale Thematisierung des Naturschutzes. So zum Beispiel der National Trust, bestehend seit 1895, deren Gründer besorgt waren über „die Implikationen einer unkontrollierten Entwicklung und Industrialisierung.“[4] Der ebenfalls 1895 gegründete Verein „Naturfreunde international“ hat die Auffassung, dass „die Entwicklungschancen des Menschen untrennbar mit dem Schutz der Natur und der Erhaltung der natürlichen Ressourcen verbunden sind […].“ Des Weiteren sprechen die Naturfreunde in Zusammenhang mit dem Naturschutz für „Frieden und Völkerverständigung, für die sozialen und demokratischen Rechte aller Menschen […]“ was den transnationalen Charakter dieser Organisation unterstreicht.[5] Mit einer eher speziellen Ausrichtung entstand 1899 der Bund für Vogelschutz. Der besondere Schutz der Zugvögel bedurfte selbstverständlich einer grenzüberschreitenden Betrachtung dieser Spezies. Neben zahlreichen Flugblättern, die die Jagd nach Zugvögeln in südeuropäischen Ländern kritisieren, gibt es politische Forderungen an einen internationalen Vogelschutz in Form von „Eingaben an den Reichstag zum internationalen Vogelschutz“[6] Die 1903 gegründetem Fauna and Flora Preservation Society (heute Fauna & Flora International) sieht ihre Aufgabe darin, im gesamten Commonwealth Wildtiere zu schützen und ist in diesem Sinne ebenso wie der Bund für Vogelschutz sehr auf die ästhetische Konservierung der Natur fokussiert, indes mit einer besonders transnationalen Perspektive.
[...]
[1] Duden (2001)
[2] NABU (2004a)
[3] Frank et al. (1999)
[4] National Trust (2004) eigene Übersetzung
[5] Naturfreunde International (2004) eigene Hervorhebung
[6] NABU (2004)
- Arbeit zitieren
- Markus Kühbauch (Autor:in), 2004, Zwischen Industrialisierung und Globalisierung. Die Entwicklung internationaler ökologischer Nichtregierungsorganisationen (IENGOs) im 19. und 20. Jahrhundert., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44532
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