Die weibliche Genitalverstümmelung. Arten, Gründe und Folgen mit zusätzlichem Fokus auf die Lage in Österreich


Facharbeit (Schule), 2018

21 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeine Begriffserklärungen
2.1. Beschneidung weiblicher Genitalien – Genitalverstümmelung

3. Geschichte und Ursprünge von FGM

4. Argumentationsgründe für FGM

5. Daten und Fakten

6. Verschiedene Typen der Genitalverstümmelung
6.1. Typ I: Klitoridektomie – „sunna“
6.2. Typ II: Exzision
6.3. Typ III: Infibulation/Pharaonische Inzision
6.4. Typ IV: Diverse

7. Folgen
7.1. Physische Folgen
7.2. Psychische Folgen

8. Lösungsansätze

9. Derzeitige Lage in Österreich
9.1. Rechtliche Situation
9.2. Beratungsstellen in Österreich

10. Resümee

11. Quellenverzeichnis

Abstract

Schon über viele Jahrhunderte wird die Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) in vielen Länder praktiziert. Früher war diese ‚Tradition‘ in nur einigen Gebieten präsent, doch im Laufe der Jahre und der Migrationsströme hat sich diese jedoch in so gut wie allen Kontinenten verbreitet. Diese Arbeit hat sich das Ziel gesetzt die Ursprungsgeschichte, Gründe, Arten, Folgen und Lösungsansätze der weiblichen Genitalverstümmelung darzustellen. Im letzten Teil der Arbeit wird der Fokus auf die allgemeine und rechtliche Lage in Österreich gelegt. Abschließend werden alle Beratungsstellen, die im Bereich FGM tätig sind, aufgelistet.

Vorwort

Viele Menschen schließen die Augen vor ernsten und oder unangenehmen Themen. Doch das ist genau das, was falsch läuft in unserer Gesellschaft. Das Buch und der Film „Die Wüstenblume“, welcher die Leidensgeschichte des somalischen Topmodels Waris Dirie widergibt, brachte mich erstmals dazu, den Begriff ‚FGM’ im Internet zu suchen. Nach einigen Recherchen ist mir aufgefallen, dass viele Mädchen und Frauen in Ägypten stark von FGM betroffen sind. Obwohl ich jedes Jahr zwei ganze Monate im Sommer dort verbringe, kam der Begriff FGM nie zur Sprache. Dies liegt an der Tabuisierung des Themas. Aus diesem Grund möchte ich so vielen wie möglich die Augen öffnen, damit umso mehr Menschen ein Teil der Lösung werden, um endlich ein Ende dieser grauenvollen Praktik zu setzen.

An dieser Stelle möchte ich mich recht herzlich bei meinen Freunden Florencia Kristen, Esta Tomic-Tunjic und Sophie Deutsch für die Unterstützung bedanken.

1. Einleitung

Weibliche Genitalverstümmelung, im Englischen Female Genital Mutilation (FGM), bezeichnet die vollständige oder teilweise Beschädigung der äußeren Geschlechtsorgane. Diese Praktiken sind in den meisten Fällen traditionell bedingt. In Ländern in denen Daten verfügbar sind, liegen die Hauptverbreitungsgebiete in West- und Nordostafrika, sowie im Jemen, Irak, Indonesien und Malaysia. Aufgrund der Tabuisierung des Themas, ist von einer weitaus größeren Verbreitung auszugehen. Es wird geschätzt, dass weltweit etwa 200 Millionen beschnittene Mädchen und Frauen leben und jährlich sind drei Millionen Mädchen der Gefahr ausgesetzt, auch Opfer von Genitalverstümmelung zu werden. Von Region zu Region unterscheiden sich die Art der Beschneidung und das Alter des Mädchens beziehungsweise der Frau in der sie beschnitten werden soll. Die Praktik wird ohne medizinische Begründung und zum Großteil unter unhygienischen Bedingungen, ohne Betäubung und von medizinisch nicht geschultem Personal oft mit Rasierklingen, Glasscherben und Ähnlichem durchgeführt. Deswegen kommt es zu ernsthaften physischen und psychischen Folgen für die Betroffen, die sogar zum Tod führen können und in vielen Fällen kommt es auch dazu. Deswegen steht FGM seit Langem in der Kritik von Menschen- und Frauenrechtsorganisationen vieler Länder. Sowohl internationale als auch nationale staatliche Organisationen versuchen gegen diese Praktik anzukämpfen. Die Vereinten Nationen, UNICEF, UNIFEM und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wären solche internationale staatliche Organisationen. Nichtstaatliche Organisationen wie Amnesty International, Terre des Femmes oder Plan International wenden sich gegen die Genitalbeschneidung und stufen sie als Verletzung des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit ein. Die weibliche Genitalverstümmelung ist weltweit in den meisten Staaten – unter anderem in allen Staaten der Europäischen Union – strafbar. Dennoch sind in vielen dieser Staaten junge Mädchen, so auch in Österreich, in Folge von verstärkter Zuwanderung zunehmend bedroht. In Österreich sind schätzungsweise bis zu 50 000 Frauen betroffen, und europaweit gibt es eine halbe Million Opfer; die meisten davon in Frankreich.

Das Ziel dieser Arbeit ist es einen Überblick über die ernsthaften Folgen von Genitalverstümmelung zu bieten. Außerdem werden intensiv auf die verschiedenen Techniken der weiblichen Beschneidung eingegangen und zusätzlich noch auf die bereits erwähnte Verbreitung und Lösungsansätze.

Der Hauptteil der Arbeit wird in sieben Großkapitel aufgeteilt, beginnend mit der allgemeinen Begriffserklärung von FGM/C und FC. In den darauf folgenden Kapiteln wird die Ursprungsgeschichte von FGM erzählt und es werden Argumentationsgründe für die Durchführung der weiblichen Genitalverstümmelung aufgelistet. Im Kapitel danach wird kurz auf die Hauptverbreitungsgebiete eingegangen und dann werden intensiv die verschiedenen Formen von FGM beschrieben. Anschließend werden sowohl auf die physischen als auch die psychischen Folgen der betroffen Mädchen und Frauen näher eingegangen. Außerdem geht man noch auf Lösungsvorschläge ein, um die weibliche Genitalverstümmelung zu stoppen beziehungsweise um weitere Verbreitungen zu verhindern. Im letzten Kapitel geht es um die derzeitige Lage in Österreich, wie die rechtliche Situation aussieht, und welche Beratungsstellen es gibt.

Die Arbeit ist reproduktiv verfasst worden.

2. Allgemeine Begriffserklärungen

2.1. Beschneidung weiblicher Genitalien – Genitalverstümmelung

„Bei der weiblichen Genitalverstümmelung handelt es sich um verschiedene

Formen operativer Eingriffe an den äußeren weiblichen Genitalien, die Traditionell hauptsächlich in etwa 28 afrikanischen Ländern praktiziert werden. qFGM existiert in erster Linie bei afrikanischen Musliminnen, aber beispielsweise auch bei koptischen Christinnen in Ägypten und dem Nordsudan sowie bei in Israel lebenden äthiopischen Jüdinnen.“[1]

Man unterscheidet generell zwischen:

- FC – Female Circumcision

Weibliche Beschneidung

- FGM – Female Genital Mutilation

Weibliche Genitalverstümmelung

- FGC – Female Genital Cutting

Weiblicher Genitalschnitt

Das Thema der weiblichen Genitalverstümmelung wird weltweit diskutiert und dokumentiert, wobei sich in den letzten Jahren der Begriff der ‚weiblichen Genitalverstümmelung‘ (FGM) gegenüber dem Begriff ‚weibliche Beschneidung‘ (FC) speziell auf politischer Ebene durchgesetzt hat. Der Grund dieser Transformation ist folgender: Der Begriff der ‚weiblichen Beschneidung‘ wurde in der Vergangenheit und wird auch leider teilweise noch heute mit der ‚männlichen Beschneidung‘ oder ‚Vorhaut-Beschneidung‘ fälschlicherweise gleichgesetzt. Wenn man die ‚weibliche Beschneidung‘ mit der ‚männlichen Beschneidung‘ gleichsetzte, so würde dies jedoch die komplette oder teilweise Amputation des Penis bedeuten. Das heißt also, dieser Begriff verharmlost die weibliche Genitalverstümmelung.

3. Geschichte und Ursprünge von FGM

Die Ursprünge dieser Tradition sind nicht klar festzulegen, sehr wahrscheinlich begann sie aber vor mehreren tausend Jahren. Herodot berichtete von der Beschneidung einer Frau in Ägypten ca. 500 vor Christus. Außerdem gibt es Nachweise, dass auch schon die frühgeschichtlichen römischen und arabischen Kulturen sich dieser Methode bedienten. Irgendwann im Laufe der Geschichte wurden dann die Beschneidungspraktiken mit der fast schon zwanghaften Verehrung der Jungfräulichkeit und Keuschheit, die man auch heute noch in vielen afrikanischen und arabischen Kulturen vorfindet, in Verbindung gebracht. Eine andere geschichtliche Begründung ist der Glaube der ägyptischen Pharaonen, dass ihre Götter bisexuell gewesen seien. Daraus folgte für sie, dass in jedem menschlichen Wesen eine männliche und weibliche Seele existieren müsste. Die weibliche Seele des Mannes wurde in der Vorhaut vermutet und die männliche Seele der Frau in der Klitoris. Das bedeutete, dass junge Männer, um vollständig in die männliche Gemeinschaft aufgenommen zu werden, die Entfernung ihrer Vorhaut über sich ergehen lassen mussten. Mädchen auf der anderen Seite, mussten sich die Klitoris und oft auch Teile ihrer Schamlippen beschneiden lassen, um in die weibliche Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Die Verstümmelungen beschränkten und beschränken sich aber keineswegs ausschließlich auf Afrika. Die Beschneidung der Klitoris war gerade im englischsprachigen Europa des 19. Jahrhunderts sehr weit verbreitet. Nach der damaligen Ansicht war die Masturbation einer der Hauptgründe für viele geistige Krankheiten von Frauen. Mit Hilfe der Beschneidung wollte man der Masturbation entgegenwirken und so die Geisteskrankheiten bekämpfen. Genauso versuchte man weibliche Homosexualität, Hyper-Sexualität und Hysterien mit klitoralen Beschneidungen zu „heilen“.[2]

4. Argumentationsgründe für FGM

„Den meisten wird glauben gemacht, daß FGM eine religiöse Pflicht ist. Obwohl es zutrifft, daß die Exzision und die Infibulation meist von Moslems praktiziert werden, während die Klitoridectomie teilweise bei den Christen vorkommt, erwähnen weder die Bibel noch der Koran derartige Rituale. Keine Form von FGM wird in den bekannten moslemischen Ländern wie Saudi-Arabien, Irak, Jordanien und Lybien praktiziert.“[3]

In vielen Ländern ist die Jungfräulichkeit eine Vorbedingung für die Heirat, aus diesem Grund soll mindestens die Klitoris entfernt werden, um die Frau vor ihrer sexuellen Natur zu schützen. Man soll die Frau von Versuchungen, Verdächtigungen und Schande schützen und ihre Keuschheit bewahren. Durch FGM/C glaubt man, das Problem lösen zu können – sogar, wenn es das Leben der Opfer kosten sollte. FGM/C reduziert jedoch nur die Empfindlichkeit und nicht das Verlangen.

Viele allerdings nutzen ‚Tradition‘ als Hauptbegründung für diese Praktik. Der kulturelle Druck, ist so groß, dass sogar die einsichtigsten und gebildetsten unter ihnen es nicht wagen, die Tradition fallen zu lassen – selbst, wenn sie im Prinzip dagegen sind.[4] Aus diesem Grund ist es schwer, die weibliche Genitalverstümmelung zu stoppen.

5. Daten und Fakten

„FGM/C ist weltweit verbreitet, am häufigsten auf dem afrikanischen Kontinent und auf der arabischen Halbinsel (Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Jemen), sowie in Asien (Indonesien, Malaysia, Indien).“[5] FGM/C konnte trotz gesetzlicher Verbote und zahlreichen internationalen Kampagnen die sich auf die Menschenrechte berufen, nicht eliminiert werden. Aufgrund der Migrationsströme im Laufe der Jahre, fand eine räumliche Verschiebung satt, die diese Praktik nach Europa, Nord-/Südamerika und Australien getragen hat. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass es weltweit 200 Millionen ‚beschnittene‘ Mädchen und Frauen gibt, und man spricht jährlich von drei Millionen von FGM/C bedrohten Mädchen.[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten [7]

Abbildung 1: Dunkelrot und Rot: Hauptverbreitungsgebiete von FGM/C Hellrot: Verbreitungsgebiete im Laufe der Zeit

6. Verschiedene Typen der Genitalverstümmelung

Es gibt drei Haupttypen der Genitalverstümmelung: Typ I oder Sunna Beschneidung; Typ II oder Exzision (Entfernung); Typ III oder Infibulation beziehungsweise Pharaonische Inzision. Zusätzlich werden alle restlichen Formen der weiblichen Genitalverstümmelung in eine vierte Gruppe zusammengefasst.

6.1. Typ I: Klitoridektomie – „sunna“

Die Klitoridektomie bezeichnet die teilweise oder komplette Entfernung der Klitoris. Diese Form der Genitalverstümmelung wird in weiten Teilen Afrikas, hauptsächlich in Ländern parallel zum Äquator, praktiziert. Vorzufinden ist die vor allem in Ägypten, Äthiopien, Somalia, Kenia und Tansania. Auf der westafrikanischen Küste ist diese Form zwischen Sierra Leone und Mauretanien in allen Ländern zu finden.

Unter Sunna wird die Gesamtheit der Überlieferungen und Verhaltensnormen, die auf Prophet Mohammed und seine Gefährten zurückzuführt werde, verstanden. Die Form der Beschneidung, die in der mündlichen Überlieferung Mohammeds vorkommt, sieht eine Entfernung der Vorhaut. Jedoch ist hier die männliche Beschneidung gemeint, dennoch beziehen viele Regionen dies auch für Mädchen und Frauen und entfernen mit der Vorhaut, die die Klitoris schützt, zusätzlich, teilweise oder ganz, die gesamte Klitoris. Diese Form wird in Ländern des mittleren Ostens praktiziert und hier vor allem in Oman, Jemen, Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. In diesen Ländern zählt sie aber nicht zu den dominanten Formen der Genitalverstümmelung.[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2:Genitalien nach Klitoridektomie[9]

[...]


[1] Schnüll: Weibliche Genitalverstümmelung, S. 24.

[2] Vgl. [o.A.]: Geschichte der weiblichen Genitalverstümmelung. [Internetseite].

[3] [o.A.]: Gründe für die Genitalverstümmelung. [Internetseite].

[4] Vgl. [o.A.]: Gründe für die Genitalverstümmelung. [Internetseite].

[5] Heinisch-Hosek: Tradition und Gewalt an Frauen, S. 14.

[6] Vgl. Heinisch-Hosek: Tradition und Gewalt an Frauen, S. 14.

[7] Verbreitungsgebiete von FGM: https://warisdirie.wordpress.com/2010/09/15/fgm-and-poverty-fgm-und-armut/, zuletzt eingesehen am 22.05.2018.

[8] Vgl. Sarkis: FGC. [Internetseite].

[9] Beschneidungsformen (nach WHO):, zuletzt eingesehen am 21.05.2018.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die weibliche Genitalverstümmelung. Arten, Gründe und Folgen mit zusätzlichem Fokus auf die Lage in Österreich
Note
1
Autor
Jahr
2018
Seiten
21
Katalognummer
V445372
ISBN (eBook)
9783668828889
ISBN (Buch)
9783668828896
Sprache
Deutsch
Schlagworte
genitalverstümmelung, arten, gründe, folgen, fokus, lage, österreich
Arbeit zitieren
Nada Osman (Autor:in), 2018, Die weibliche Genitalverstümmelung. Arten, Gründe und Folgen mit zusätzlichem Fokus auf die Lage in Österreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/445372

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