Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich mich mit der Verwendung ovidischer Elemente in Veldekes Eneasroman und Meister Ottes Eraclius beschäftigen. Der Schwerpunkt soll auf der Liebesdarstellung, sowie einem Vergleich der Darstellungsweisen der Hauptfiguren liegen. Ich hoffe, daß sich aus diesem Vergleich Aufschlüsse über die eventuell unterschiedlichen Funktionen der ovidisch geprägten Darstellungsweisen, zum einen für die Handlungsebene, zum anderen für die Werkebene, ergeben.
Auf den ersten Blick scheint ein Vergleich nicht besonders sinnvoll: Auf der einen Seite ein Antikenroman, dem die Forschung das Prädikat „frühhöfisch“ angeheftet hat, auf der anderen Seite ein Werk, das sich durch die Vielzahl der verwendeten Stoffe einer eindeutigen gattungsspezifischen Zuordnung entzieht und aufgrund der Thematik und Bearbeitung der geistlich bzw. religiös geprägten Dichtung zuzuordnen ist. Dennoch bietet sich der Vergleich aus mehreren Gründen an. Zum einen bedienen sich beide Autoren ovidischer Elemente und zwar auf stofflicher wie auf poetologischer Ebene. Dies soll anhand der Monologe, insbesondere ihrer Liebesdarstellung, aufgezeigt werden. Zum anderen ist die Ausgangsbasis beider Dichter ähnlich, da sowohl Veldeke als auch Otte nach einer französischen Vorlage arbeiten, so daß im Einzelfall entschieden werden muß, ob der Autor nur Vorgegebenes übernimmt, gegebenenfalls verändert oder selbständig auf antike Quellen zurückgreift.
Die Ovidrezeption in Veldekes Eneasroman ist schon seit geraumer Zeit Gegenstandder germanistischen Forschung. Dem entsprechend steht hier eine Fülle von Untersuchungen zur Verfügung. Im Gegensatz dazu führt Ottes Eraclius in der Germanistik eine Art Schattendasein, so daß sich die Sekundärliteratur auf wenige Einzeluntersuchungen beschränkt. Aus diesem Grund werde ich mit meinem Vergleich auf gesichertem Terrain, d. h. bei Veldeke, beginnen und dann versuchen, die gewonnenen Erkenntnisse für eine Untersuchung der Athanaisepisode im Eraclius nutzbringend anzuwenden.
Einleitend möchte ich mit einem kurzen Abriß der Ovidrezeption im 12. Jahrhundert, der sogenannten aetas ovidiana, beginnen.
Inhaltsverzeichnis
- I. 1. Einleitung
- I. 2. Die Ovidrezeption im Mittelalter
- II.1. Die Darstellung der Liebe bei Ovid
- II. 1. 1. Die Entstehung der Liebe
- II. 1. 2. Die Liebe
- II. 1. 2. 1. Der Liebeskrieg
- II. 1. 2. 2. Liebe als Verwundung und Krankheit
- II. 2. Die Liebeskonzeptionen in den Werken Ovids
- III. 1. Die Darstellung der Minne in der Laviniaepisode des Eneasromans
- III. 1. 1. Die Entstehung der Minne
- III. 1. 2. Das Wesen der Minne – impetus oder ars
- III. 2. Die Monologe und ihre ovidischen Vorbilder
- III. 3. Die Scyllaepisode der Metamorphosen als szenisches Vorbild
- III. 4. Die Liebenden
- III. 5. 1. Lavinia
- III. 5. 2. Eneas
- III. 6. Die Minne
- III. 2. Zwischenergebnis
- IV. 1. Der Eraclius des Meister Otte
- IV. 2. Die Minnedarstellung in der Athanaisepisode
- IV. 3. Die Minne im Eraclius und im Eneasroman - ein Vergleich
- V. Abschluß
- VI. Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Verwendung ovidischer Elemente in Veldekes Eneasroman und Meister Ottes Eraclius. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der Liebe und einem Vergleich der Darstellungsweisen der Hauptfiguren. Ziel ist es, die Funktionen der ovidisch geprägten Darstellungsweisen in Bezug auf die Handlungsebene und die Werkebene zu analysieren.
- Die Rezeption ovidischer Elemente in beiden Werken
- Die Darstellung der Liebe in der Antike und im Mittelalter
- Vergleich der Liebesdarstellung in den Monologen
- Die Bedeutung der ovidischen Vorbilder für die Handlung und die Gestaltung der Figuren
- Unterschiede in den Darstellungsweisen und ihren Funktionen
Zusammenfassung der Kapitel
- I. 1. Einleitung: Die Arbeit stellt den Vergleich zwischen Veldekes Eneasroman und Meister Ottes Eraclius in Bezug auf die Ovidrezeption vor und skizziert die Zielsetzung.
- I. 2. Die Ovidrezeption im Mittelalter: Dieses Kapitel beleuchtet die Rezeption Ovids im Mittelalter, einschließlich der unterschiedlichen Bewertungen seiner Werke und seiner Einordnung in den Schulkanon.
- II.1. Die Darstellung der Liebe bei Ovid: Dieser Abschnitt behandelt die Darstellung der Liebe bei Ovid, insbesondere die Entstehung der Liebe, die verschiedenen Facetten der Liebe sowie die Konzepte des Liebeskriegs und der Liebe als Verwundung und Krankheit.
- III. 1. Die Darstellung der Minne in der Laviniaepisode des Eneasromans: Hier werden die ovidischen Elemente in Veldekes Eneasroman untersucht, insbesondere die Entstehung und das Wesen der Minne.
- IV. 1. Der Eraclius des Meister Otte: Dieses Kapitel gibt einen kurzen Einblick in das Werk des Meister Otte, den Eraclius.
- IV. 2. Die Minnedarstellung in der Athanaisepisode: Dieser Abschnitt befasst sich mit der Darstellung der Minne in der Athanaisepisode des Eraclius.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Ovidrezeption im Mittelalter, der Darstellung der Liebe in der Antike und im Mittelalter, den ovidischen Elementen in den Monologen, der Analyse der Liebesdarstellung in Veldekes Eneasroman und Meister Ottes Eraclius sowie dem Vergleich der Darstellungsweisen der Hauptfiguren.
- Quote paper
- Sabine Ley (Author), 1999, Ovidisches im Eneasroman Heinrichs von Veldeke und im Eraclius des Meister Otte - ein Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44663