Kaum eine Verbrechensart beschäftigt die öffentliche Meinung so sehr, wie Sexualstraftaten. 1995 gingen die schrecklichen Missbrauchs- und Mordtaten von Marc Dutroux um die Welt. Auch die Verbrechen von Mark Hoffmann in Niedersachsen in der jüngsten Vergangenheit sind hier keine Ausnahme. In Deutschland bewegten und erregten die Vergewaltigungen und Morde an Natalie Astner, Kim Kerkow oder Christiane Evers die Öffentlichkeit. Als Konsequenz dieser scheinbar gestiegen Anzahl von Sexualstraftaten hat der Gesetzgeber reagiert und am 26. Januar 1998 das „Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen schweren Straftaten“ erlassen. In diesem Gesetz ist u.a geregelt worden, dass Sexualstraftäter, die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden sind, auch ohne ihr Einverständnis zu einer psychotherapeutischen Behandlung mittels einer Weisung gezwungen werden können. Diese veränderte Gesetzeslage stellt die Arbeit der Bewährungshilfe vor gänzlich neue Herausforderungen. Die, aufgrund von Sexualstraftaten verurteilten Probanden der Bewährungshilfe benötigen oftmals wegen der besonderen Umstände der Sexualdelinquenz und einer unter Umständen höheren Rückfallgefahr eine weitaus intensivere Betreuung als andere Probanden. Hinzu kommt das viele Bewährungshelfer aufgrund unterschiedlicher Faktoren (Ausbildung, praktisches Wissen, hohe Fallbelastung oder auch Vorbehalte gegen den Täterkreis) mit dieser Arbeit überfordert sind. Ich möchte mit dieser Arbeit zeigen, dass das System der Bewährungshilfe im Rahmen der gestellten Aufgabenstellung, nämlich Hilfe anzubieten und Kontrolle auszuüben, gerade aufgrund seiner besonderen Einbindung in den justiziellen und sozialarbeiterischen Kontext in der Lage ist, einen substantiellen Beitrag zur Verringerung der Sexualdelinquenz zu leisten. Dabei wird von der Grundannahme ausgegangen, dass die Beschäftigung mit Sexualstraftätern im sozialarbeiterischen Kontext in erster Linie ein Beitrag ist, um weitere Sexualdelinquenz zu verhindern und zukünftige Opfer zu schützen. Verkürzt ausgedrückt bedeutet dies, ergeben. Im Weiteren soll gezeigt werden, welche Schritte zu unternehmen sind bzw. von Beteiligten schon unternommen worden sind, um diesem Auftrag gerecht zu werden. Dazu wird gezeigt, wie sich der Hilfe und Kontrollauftrag in Zusammenarbeit mit dem Probanden genutzt werden kann, um dem Probanden die „erfolgreiche“ Erfüllung der Bewährungszeit mit ihren Auflagen und Weisungen zu ermöglichen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bewährungshilfe: Entwicklung, institutioneller Rahmen und Aufgaben
- Die geschichtliche Entwicklung bis 1949
- Die geschichtliche Entwicklung ab 1949 bis heute
- Der Auftrag der Bewährungshilfe
- Der Hilfe- und Kontrollauftrag
- Der Hilfe- und Betreuungsauftrag
- Der Kontroll- und Überwachungsauftrag
- Die gesetzlichen Grundlagen der Bewährungshilfe und ihre organisatorische Umsetzung am Beispiel der Sozialen Dienste der Justiz im Land Bremen
- Sexueller Missbrauch: Begriffe, rechtlicher Rahmen, Ausmaß und Rückfallforschung
- Sexualstraftaten in verschiedenen Kontexten
- Sexueller Missbrauch – Begriffe und Definitionen
- Der strafrechtliche Rahmen
- Das Ausmaß von Sexualstraftaten und das Rückfallrisiko
- Das Hellfeld
- Das Dunkelfeld
- Die Rückfallgefahr von Sexualstraftätern
- Sexualstraftaten: Erklärungsansätze und Möglichkeiten der Therapie
- Die Sexualstraftäter
- Die Täterstrategien
- Die Kontaktaufnahme
- Der Beziehungsaufbau
- Die Verpflichtung des Opfers zum Schweigen
- Theoretische Erklärungsansätze und -modelle für sexuellen Missbrauch
- Der Psychoanalytische Ansatz
- Der Familiendynamische Ansatz
- Der Sozialisationstheoretische Ansatz
- Das Modell der vier Voraussetzungen von Finkelhor
- Das Drei-Perspektiven Modell sexueller Gewalt
- Die Folgen des sexuellen Missbrauchs
- Methodische Probleme der Folgenforschung
- Einteilung der Missbrauchsfolgen
- Therapie von Sexualstraftätern
- Erfolg von Therapie
- Divergierende Therapiekonzepte
- Ambulante Therapiemodelle für Sexualstraftäter am Beispiel des „Rotterdamer Modells“
- Arbeit mit Sexualstraftätern: Hilfe und Kontrolle durch die Bewährungshilfe
- Die Zusammenarbeit auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages
- Problemlagen bei der ambulanten Behandlung von Sexualstraftätern
- Die Kostenfrage
- Die Therapiemotivation
- Die Zusammenarbeit mit der Justiz
- Mögliche Lösungsansätze
- Die Stuttgarter Psychotherapie-Ambulanz
- Die Kooperation der Beratungsstelle im Packhaus mit der Bewährungshilfe in Schleswig Holstein
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Hilfe- und Kontrollauftrag der Bewährungshilfe im Umgang mit Sexualstraftätern. Sie analysiert die Herausforderungen, die sich aus der Gesetzeslage und der spezifischen Problematik der Sexualdelinquenz ergeben. Ziel ist es aufzuzeigen, wie die Bewährungshilfe trotz dieser Herausforderungen einen Beitrag zur Verringerung von Sexualstraftaten leisten kann.
- Der Hilfe- und Kontrollauftrag der Bewährungshilfe
- Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die gesetzliche Entwicklung
- Die Herausforderungen bei der Arbeit mit Sexualstraftätern
- Möglichkeiten und Grenzen der Therapie von Sexualstraftätern
- Lösungsansätze für eine effektive Zusammenarbeit zwischen Bewährungshilfe und Justiz
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die gesellschaftliche Relevanz des Themas Sexualstraftaten und die damit verbundenen Herausforderungen für die Bewährungshilfe, insbesondere im Kontext der Gesetzesänderungen von 1998. Sie führt die Forschungsfrage und die Grundannahmen der Arbeit ein und begründet die Notwendigkeit der Untersuchung.
Bewährungshilfe: Entwicklung, institutioneller Rahmen und Aufgaben: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der Bewährungshilfe in Deutschland, sowohl vor als auch nach 1949. Es beschreibt den institutionellen Rahmen und die Aufgaben der Bewährungshilfe, insbesondere den dualen Auftrag von Hilfe und Kontrolle. Es wird detailliert auf die gesetzlichen Grundlagen eingegangen und deren Umsetzung in den Sozialen Diensten der Justiz in Bremen erläutert. Der Fokus liegt auf der Entwicklung des Verständnisses des Bewährungsauftrags und seiner Anpassung an gesellschaftliche und rechtliche Veränderungen.
Sexueller Missbrauch: Begriffe, rechtlicher Rahmen, Ausmaß und Rückfallforschung: Dieses Kapitel definiert den Begriff des sexuellen Missbrauchs und beschreibt den rechtlichen Rahmen für Sexualstraftaten. Es untersucht das Ausmaß von Sexualstraftaten, sowohl im Hellfeld als auch im Dunkelfeld, und analysiert das Rückfallrisiko. Es werden verschiedene Kontexte sexueller Gewalt beleuchtet und die Schwierigkeiten bei der Erfassung der tatsächlichen Zahlen diskutiert, um ein umfassendes Bild der Problematik zu zeichnen.
Sexualstraftaten: Erklärungsansätze und Möglichkeiten der Therapie: Dieses Kapitel befasst sich mit verschiedenen Erklärungsansätzen für sexuellen Missbrauch, darunter psychoanalytische, familiendynamische und sozialisationstheoretische Perspektiven. Es präsentiert verschiedene Modelle wie das Modell der vier Voraussetzungen von Finkelhor und das Drei-Perspektiven Modell sexueller Gewalt. Die Folgen sexuellen Missbrauchs werden ebenso diskutiert wie verschiedene Therapieansätze für Sexualstraftäter, einschließlich der Herausforderungen und des Erfolgs von Therapien. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der Ursachen und der Möglichkeiten der Intervention.
Arbeit mit Sexualstraftätern: Hilfe und Kontrolle durch die Bewährungshilfe: Dieses Kapitel analysiert die praktische Arbeit der Bewährungshilfe mit Sexualstraftätern. Es beschreibt die Zusammenarbeit auf der Grundlage von Arbeitsverträgen und beleuchtet die spezifischen Problemlagen der ambulanten Behandlung, wie die Kostenfrage, die Therapiemotivation und die Zusammenarbeit mit der Justiz. Es werden exemplarisch Lösungsansätze, wie die Stuttgarter Psychotherapie-Ambulanz und die Kooperation in Schleswig-Holstein, vorgestellt. Die Kapitel fasst die zentralen Herausforderungen und erfolgreichen Ansätze der Praxis zusammen.
Schlüsselwörter
Bewährungshilfe, Sexualstraftäter, Hilfe- und Kontrollauftrag, Rückfallprophylaxe, Sexualdelikte, Therapie, Justiz, ambulante Behandlung, Gesetzeslage, Risikomanagement, Soziale Arbeit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Bewährungshilfe und Sexualstraftäter
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den Hilfe- und Kontrollauftrag der Bewährungshilfe im Umgang mit Sexualstraftätern. Sie untersucht die Herausforderungen, die sich aus der Gesetzeslage und der spezifischen Problematik der Sexualdelinquenz ergeben, und zeigt auf, wie die Bewährungshilfe trotz dieser Herausforderungen einen Beitrag zur Verringerung von Sexualstraftaten leisten kann. Die Arbeit umfasst eine Einleitung, Kapitel zur Entwicklung der Bewährungshilfe, zu sexuellen Missbrauch (Begriffe, rechtlicher Rahmen, Ausmaß und Rückfallforschung), zu Erklärungsansätzen und Therapieoptionen für Sexualstraftäter, und schließlich zur konkreten Arbeit der Bewährungshilfe mit dieser Klientel, inklusive Herausforderungen und Lösungsansätzen.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit fokussiert auf den dualen Auftrag der Bewährungshilfe (Hilfe und Kontrolle), die rechtlichen Rahmenbedingungen und deren geschichtliche Entwicklung, die Herausforderungen bei der Arbeit mit Sexualstraftätern, Möglichkeiten und Grenzen der Therapie, sowie Lösungsansätze für eine effektive Zusammenarbeit zwischen Bewährungshilfe und Justiz.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert: Einleitung, Bewährungshilfe (Entwicklung, institutioneller Rahmen und Aufgaben), Sexueller Missbrauch (Begriffe, rechtlicher Rahmen, Ausmaß und Rückfallforschung), Sexualstraftaten (Erklärungsansätze und Therapieoptionen), und Arbeit mit Sexualstraftätern (Hilfe und Kontrolle durch die Bewährungshilfe). Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Zusammenfassung im Text.
Welche Erklärungsansätze für sexuellen Missbrauch werden diskutiert?
Die Arbeit beleuchtet verschiedene Erklärungsansätze, darunter psychoanalytische, familiendynamische und sozialisationstheoretische Perspektiven. Zusätzlich werden das Modell der vier Voraussetzungen von Finkelhor und das Drei-Perspektiven-Modell sexueller Gewalt vorgestellt.
Welche Therapieansätze für Sexualstraftäter werden behandelt?
Die Arbeit diskutiert verschiedene Therapieansätze für Sexualstraftäter, einschließlich der Herausforderungen und des Erfolgs von Therapien. Es wird beispielsweise das „Rotterdamer Modell“ als Beispiel für ein ambulantes Therapiemodell genannt.
Welche Herausforderungen bei der Arbeit mit Sexualstraftätern werden angesprochen?
Die Arbeit beschreibt spezifische Problemlagen der ambulanten Behandlung, wie die Kostenfrage, die Therapiemotivation und die Zusammenarbeit mit der Justiz.
Welche Lösungsansätze werden vorgestellt?
Als Lösungsansätze werden exemplarisch die Stuttgarter Psychotherapie-Ambulanz und die Kooperation der Beratungsstelle im Packhaus mit der Bewährungshilfe in Schleswig-Holstein vorgestellt.
Welche gesetzlichen Grundlagen werden behandelt?
Die Arbeit geht detailliert auf die gesetzlichen Grundlagen der Bewährungshilfe ein und erläutert deren Umsetzung in den Sozialen Diensten der Justiz, am Beispiel des Landes Bremen.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es aufzuzeigen, wie die Bewährungshilfe trotz der Herausforderungen einen Beitrag zur Verringerung von Sexualstraftaten leisten kann.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Bewährungshilfe, Sexualstraftäter, Hilfe- und Kontrollauftrag, Rückfallprophylaxe, Sexualdelikte, Therapie, Justiz, ambulante Behandlung, Gesetzeslage, Risikomanagement, Soziale Arbeit.
- Arbeit zitieren
- Stefan Maschack (Autor:in), 2005, Der Hilfe- und Kontrollauftrag der Bewährungshilfe in der Arbeit mit Sexualstraftätern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44724