Der Gebrauch französischer Varietäten in Marokko


Hausarbeit, 2016

21 Seiten, Note: 2,7

Anonym


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG

1. DIE MAROKKANISCHE MONARCHIE
1.1 Das Land der Kontraste
1.2 Historischer Abriss 1912-1956

2. DAS SPRACHTERRAIN
2.1 Schrift- und Standardsprachen
2.1.1 Hocharabisch
2.1.2 Französisch
2.2 Die Volkssprachen
2.2.1 Das Berberische
2.2.2 Marokkanisches Arabisch
2.2.3 Französische Varietäten

3. DIE SPRACHVERWENDUNG
3.1 Der Sprachkontakt
3.2 Bildungssystem
3.3 Literatur und Schauspiel

LITERATURVERZEICHNIS

EINLEITUNG

Vorliegende Arbeit soll bezüglich der Forschungsfrage historisch die Jahre 1912 bis 1956 näher betrachten. Sie befasst sich mit der Fragestellung, inwieweit das Französische ein Teil der Gesellschaft Marokkos ist. Darüber hinaus rückt die Frage, in welchem Ausmaß das Französische Marokkos Gesellschaft beeinflusst beziehungsweise geprägt hat, in den Mittelpunkt.

Das Ziel dieser Forschungsfrage ist es, zu untersuchen, inwiefern die französische Sprache oder vielmehr spezifische französische Varietäten im Untersuchungsgebiet verwendet werden. Schließlich wird der Frage nachgegangen, welche Verbindung in sprachlicher und kultureller Hinsicht zu Europa besteht.

Zu Beginn wird die Geschichte der Kolonialisierung Marokkos beleuchtet, da hierdurch das notwendige Verständnis zu den soziokulturellen und -linguistischen Gegebenheiten sowie den Anfängen der Kolonialisierung zur Verfügung gesteht und abschließend auch über die aktuelle Lage der dort herrschenden Sprachverhältnisse informiert werden. Nach Darstellung einiger grundlegender Aspekte, wird auf einer soziolinguistischen Ebene auf den Aspekt des Sprachkontakts eingegangen. Im Anschluss setzt sich Kapitel 4 mit der Verwendung der Sprachen mit Fokus auf die verschiedenen Varietäten des Französischen auseinander.

1. DIE MAROKKANISCHE MONARCHIE

Dieses Kapitel beschäftigt sich zunächst mit den wichtigsten grundlegenden Aspekten bezüglich der soziolinguistischen Besonderheiten und geografischen Lage Marokkos. Auch der historische Hintergrund ist bei der Betrachtung des marokkanischen Sprachgebiets von großer Bedeutung und soll deshalb in Folge näher betrachtet werden.

1.1 Das Land der Kontraste

Das Land Marokko (arab. Al-Maghreb) befindet sich im Nordwesten des afrikanischen Kontinents. Das Königreich grenzt im Norden an das Mittelmeer an, im Osten an Algerien, südlich an Mauretanien und wird im Westen vom Atlantischen Ozean begrenzt. Die Bevölkerung Marokkos ist jedoch nicht gleichmäßig verteilt. Denn die Wüste Sahara beansprucht über 50 Prozent der Landesfläche. Marokko gilt seit Ausruf der Monarchie im Jahr 1956 als konstitutionelle Monarchie mit königlicher Residenz sowie Regierungssitz in der Hauptstadt Rabat.

Pierre Vemieren beschreibt die dortige Gesellschaft des Königreichs als ״juxtaposition de régions, de peuples, de villes et de couches sociales qui coexistent sans toujours se rencontrer“ (Vemieren 2001, 10). Er erkennt in Marokko also als eine Nebeneinanderstellung von Völkern, Städten, Regionen und sozialer Schichten, die koexistieren, ohne sich zwangsläufig zu treffen oder zu sehen. In diesem Rahmen sind auf demografischer Ebene unterschiedliche Wohnorte wie Großstädte, Dörfer sowie auf geografischer Ebene Unterschiede wie Gebirge und die Wüste anzuführen. Festzuhalten bleibt, dass Marokko ein Land der Kontraste ist.

Vemieren findet für Marokko die Worte ״pays de pays“ und „pays des contraires “ (ebd.). Gemeint ist die Komplexität im Lande auf soziolinguistischer Ebene sowie bezüglich der ursprünglich großen Diversität der Ethnien (vgl. ders. 13). C.R. Pennell[1] assoziiert Marokko mit einem Mosaik. Für ihn steht es für das Nebeneinander verschiedenster Sprachen im informellen Gebrauch. Außerdem bezeichnet das Marokkanische als ״the spoken version of the written language“ (Pennell 2000, 382) und somit als hochliterarische Sprache, die ihre Verwendung im formalen Kontext findet. Einen großen Einfluss auf das Marokkanische haben die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla, die sich auf marokkanischem Gebiet befinden und durch eine jahrelange Koexistenz einen direkten und indirekten Einfluss auf die Berbersprache hatten.

1.2 Historischer Abriss 1912-1956

Eine tiefgreifende Verändemng erfahrt das nordafrikanische Königreich in der Zeit des Protektorats unter Frankreich (1912-1956) im Rahmen einer aktiven Interventionspolitik. Unter Frankreichs Vorherrschaft entwickeln sich die Großstädte und das damals bestehende Schulsystem. Dieses basierte bislang auf der Lehre des Islam und des Arabischen, erfuhr jedoch nun auch Verändemngen.

Als Folge der (bildungs-)politischen Umwälzungen rückten nun die französische Sprache und französische Werte in den Mittelpunkt der Vermittlung. Gleichzeitig versuchte die Kolonialmacht, Araber und Berber voneinander zu trennen, Die Folge waren Aufstände sowie das Münden dieser in der Unabhängigkeitserklärung. 1956 schließlich wird Unabhängigkeit des marokkanischen Staats und Mohamed V. zum König des Landes erklärt.

Frankreich fordert Sultan Moulay Hafid am 30. März 1912 zur Unterzeichnung des Protektorats Frankreichs auf. Diesem widersetzt er sich jedoch, worauf jahrzehntelange militärische und diplomatische Konflikte folgen, die in der Teilung Marokkos in zwei Zonen münden (Vermeren 2001,20). Währenddessen beginnt Spanien mit der Kolonialisierung.

Das Territorium Marokkos teilt sich daher in folgende Teile:

Die Sahara und der Norden des Landes werden von Spanien annektiert. Der restliche Teil Marokkos wird Frankreich ist zugehörig (ders. 171). Darüber hinaus wird Marokko in Zivil- und Militärzonen aufgebrochen, die von ״des controleurs civils“[2] (Mouilleau 2000, 278) und Oberoffizieren geleitet werden (vgl. dies. 22).

„Das Protektorat als Instrument französischer Kolonialpolitik und als Konzeption und Doktrin, die sich grundsätzlich von Integration und Assimilation unterscheidet, ja im Gegensatz zu diesen steht, ist unlösbar mit der Person und dem Einfluss Marschall Lyauteys verbunden, dem bedeutendsten Prokonsuln Frankreichs“ (Albertini 1966, 397).

Als Konsequenz der Forderung seitens Marschall Lyauteys das Königreich zu modernisieren, wird Sultan Moulay Hafid durch seinen Bruder Moulay Youssef ersetzt. Aufgrund der Aufstände in Fès 1911 entscheidet sich Lyautey später, die Hauptstadt zur atlantischen Küste nach Rabat zu verlagern. Durch diese Maßnahme wollte er mehr Sicherheit garantieren. Heute wird eher von der Schaffung des Friedens gesprochen.

Es soll jedoch über 20 Jahre dauern, bis jene Pazifizierung mit der nötigen Kapitulation der letzten Stämme im Hohen Atlas im Jahre 1934 endet (Vermeren 2001,20).

Die Unterzeichnung des Protektoratsvertrages provoziert weitere Aufstände innerhalb der marokkanischen Gesellschaft. Der bekannteste Aufstand äußert sich im

Rif-Krieg (1921-1926) unter der Leitung von Mohamed Ben Abdelkarim El Khattabi. Er gilt als Gründer der kurz aufblühenden ,République du Rif ‘ (ders. 21) und wird als die wohl bedeutendste Person der Geschichte Marokkos gesehen. Er kämpfte aus marokkanischer Sicht heldenhaft gegen die Spanier in Anoual (Marchai 1971, 84). Im Jahr 1925 ist Marokko nach dem Fall Lyauteys zeitweise von Instabilität gekennzeichnet. Unter zahlreichen Thronfolgern in der Zeit von 1925 bis 1956 bringt vor allem die Thronbesteigung durch Sidi Mohamed 1927 eine große Veränderung der Lage mit sich Seine offizielle Krönung zum König des Landes wird jedoch erst ein Jahr nach der Unabhängigkeitserklärung unter dem Namen Mohamed V. vollzogen (Vermeren 2001, 21).

2. DAS SPRACHTERRAIN

Im folgenden Kapitel geht es um die wichtigsten Sprachen Marokkos. Das Marokko des 19. Jahrhunderts ist bezüglich seiner Sprachsituation von einer ständigen Konfrontation zwischen der französischen Kolonialmacht und der marokkanischen Bevölkerung gekennzeichnet, die von einem politischen, kulturellen und sozialen Umbruch begleitet wird. Jener Zeit übt die französische Sprache politisch, wirtschaftlich sowie gesellschaftlich großen Einfluss auf Marokko aus. Die damit einhergehende Spaltung des Landes äußert sich noch bis heute in einer linguistischen Instabilität.

Im Anschluss soll geklärt werden, welche Volkssprachen beziehungsweise Hochsprachen in Marokko gesprochen werden. Dazu soll eine definitorische Trennung zwischen Volksprachen und Hochsprachen vorgenonmien werden.

2.1 Schrift- und Standardsprachen

Dieser Abschnitt rückt die Hochsprachen Marokkos sowie ihren Status und Gebrauch in den Fokus.

2.1.1 Hocharabisch

Das Hocharabische (heute auch als klassisches Arabisch bezeichnet) hat seinen Ursprung in religiösen Verbindungen. Das Arabische beinhaltet eine gottgegebene Norm, die auf Gottes (arabisch: Allah) Offenbarung des heiligen Korans an den letzten Propheten Mohamed fußt. Diese Tatsache macht das Arabische zu einer Sprache mit Prestigestatus. Fouzia Benzakour sieht darin eine Sprache der religiösen

Einheit, aber auch eine muslimische Kultursprache der arabischen Welt. Zwar wird die arabische Sprache in der Lehre oder zur Predigt verwendet. Sie ist jedoch als reine Schriftsprache zu sehen. Also fungiert das Arabische unter Ausnahme formeller Anliegen in Politik oder Religion ebenso wenig als Verkehrssprache. Des Weiteren wird es als klassisch bezeichnet, da es seit über vierzehn Jahrzenten unveränderte morphosyntaktische Strukturen aufweist (vgl. Benzakour/Gaadi/Quéffelec 2000, 67).

2.1.2 Französisch

Obwohl Frankreich bereits seit geraumer Zeit eine Kolonialmacht darstellt, wird das Französische erst 1912 im Königreich Marokko eingeführt und mit der dortigen Aufstellung des französischen Regimes zur offiziellen Sprache der Institutionen erhoben. Ihre Funktion als Bindeglied und Öffnung zum Abendland behält das Französische selbst nach der marokkanischen Unabhängigkeit und ist in der Gesellschaft durchaus präsent. Die französische Sprache genießt dabei einen besonderen Status. In der Konstitution ist sie weder als offizielle noch als eine rein ausländische Sprache verankert. Als erste fremdländische Sprache Marokkos und moderne Verkehrssprache wird sie formell wie auch informell verwendet. Sie findet sich in allen sozialen Schichten und erstreckt sich vom Bereich der Bildung und Kultur bis hin zur Agrarwirtschaft (vgl. dies. 70 ff.).

Auch wenn das Französische nach der Unabhängigkeit weiterhin als eine prestigeträchtige Sprachegilt, so ist in der marokkanischen Gesellschaft dennoch eine Verletzung der eigenen Identität zu verzeichnen. Aus diesem Grunde kommt es zu einer anianglichen Unterbrechung und späteren Ersetzung der Arabisierung. Diese wiederum hat ihre Ursache in politischen Schwankungen die vor der Kolonialisierung stattfanden.

2.2 Die Volkssprachen

In Folge der Darstellung der Hochsprachen sollen nun weitere Sprachen und Varietäten erläutert werden, um das Spektrum der dialektalen Subkategorien ergehender zu beleuchten. In den Vordergrund rückt dabei der Stellenwert der Sprachen. Genauso nimmt die Entwicklung von Mehrsprachigkeit auf gesellschaftlicher sowie auf individueller Ebene unter eingehender Betrachtung von Diglossien eine zentrale Stellung ein.

2.2.1 Das Berberische

Das Berberische, oder vor allem auch amazighe[3] genannt, bedeutet ״Sprache der freien Leute“ (Benzakour/Gaadi/Quéffelec 2000, 63). Das Berberische erfüllt zum einen die Funktion einer Verkehrssprache für ländliche Gemeinschaften. Zum anderen ist es von hoher Bedeutung, da es als eine Regionalsprache hohes Identifikationspotential bietet. Das amazighe, welches in den verschiedensten Teilen des Maghreb verwendet wird, ist die älteste Sprache Marokkos (vgl. Boukous 1995, zit. In: ebd.). Im außerfamiliären Umgang mit den Sprechern des Arabischen nutzen die Sprecher meist das Berberische und das Arabische. Sie agieren also zweisprachig (vgl. Benzakour 2007, 49). Man spricht in diesem Zusammenhang von Diglossie. Da in jeder Gesellschaftsschicht gleich gesprochen wird, lassen sich anhand der Sprache dennoch keine sozialen Schichten unterscheiden.

Das amazighe besitzt eine eigene Syntax, Phonologie und Vokabular, jedoch sind diese nicht mit einer expliziten Grammatik systematisch standardisiert. Das Schriftsystem namens tifmnagh wird nach langer Zeit wiederverwendet und steht in enger Verbindung zum Alphabet des Stammes der Touareg, die ihren Ursprung in der Sahara haben und Berberisch sprechen. Basierend auf Konsonanten und Phonemen, die sich weder im Arabischen noch im Romanischen finden lassen, gibt die Schrift als einziges Alphabet sämtliche in den Berbersprachen vorhandene Laute wieder. Das Berberische wird darüber hinaus in drei dialektale Bereiche unterteilt: das tarifite, das tamazighte und das tachelhite. Der genaue Ursprung der Sprache bleibt jedoch offen (vgl. Mokrim 2010, 92).

2.2.2 Marokkanisches Arabisch

Benzakour interpretiert das moderne Arabisch als eine grammatikalisch gelockerte Abwandlung des klassischen Arabischen. Als einzige arabische Varietät mit einem juristischen Status findet diese Form des Arabischen, wie auch das klassische Arabisch, Verwendung in Religion und Kultur. Im Dialektarabischen werden rein regionale Varietäten (Regiolekte), die sogenannten maghrebinischen Dialekte gesprochen. Die Namensgebung fasst alle gesprochenen Dialekte arabischen Ursprungs auf marokkanischem Gebiet zusammen (vgl. dies. 44 ff). Mokrim differenziert zwischen dem klassischem Arabisch und dem Dialektarabisch wie folgt:

[...]


[1] C.R. Pennell: Autor und Dozent für Geschichte im Nahost (Universität von Melbourne).

[2] Kontrolleure der Zivilbevölkerung waren, in der Zeit nach dem Protektorat, die administrative Einteilung der Regierung. Sie sind ״unsichtbar‘׳‘ und ermöglichen die Ausbreitung der französischen Zivilbevölkerung im Land.

[3] auch tamazight oder tamazighte

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Der Gebrauch französischer Varietäten in Marokko
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
2,7
Jahr
2016
Seiten
21
Katalognummer
V447303
ISBN (eBook)
9783668830103
ISBN (Buch)
9783668830110
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gebrauch, varietäten, marokko
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Der Gebrauch französischer Varietäten in Marokko, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/447303

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