Stieffamilien. Strukturen, Beziehungen, Aussichten


Hausarbeit, 2004

16 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist eine Stieffamilie
2.1. Sekundäre und primäre Stieffamilien
2.2. Die Unterschiede zur Kernfamilie
2.3. Die Entwicklung einer Stieffamilie

3. Stieffamilien als Problem

4. Stieffamilie als Gewinn

5. Die Beziehung zwischen Kindern und ihren Stiefeltern
5.1. Die Stiefmutter
5.2. Der Stiefvater
5.2.1. Die Position des Stiefvaters in der Familie
5.3. Das Stiefkind

6. Der leibliche Elternteil
6.1. Der externale Elternteil
6.2. Der internale Elternteil

7. Fazit

8. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Im Jahr 2001 wurden in Deutschland 389 429 Ehen geschlossen und 197 498 geschieden, dabei waren 153 000 minderjährige Kinder betroffen (Pressemitteilung statistisches Bundesamt, 27.08.2002, auf www.stieffamilien.de). Von den minderjährigen Kindern leben aktuell 6% mit einem Stiefelternteil zusammen, wobei Ostdeutschland mit etwas mehr als 10% einen doppelt so hohen Anteil an Stiefkindern wie Westdeutschland aufweist. Dabei leben Zwei Drittel der Kinder in ehelichen Stieffamilien, der Rest in Lebensgemeinschaften (www.cgi.dji.de).

In der vorliegenden Arbeit wird es hauptsächlich um die Form der primären Stieffamilie (Erklärung hierzu im zweiten Teil) gehen, da diese die Hauptform in Deutschland darstellt und ich selber in solch einer aufgewachsen bin. Ich werde erläutern was eine Stieffamilie ist, wie sie sich entwickelt, ihre „Vor- und Nachteile“, die einzelnen Mitglieder sowie deren Positionen und Beziehungen zueinander und welche Rolle der außerhalb lebende Elternteil spielt.

2. Was ist eine Stieffamilie?

Um auf das Thema der Stieffamilie einzugehen, muss erst einmal klar sein, was eine Stieffamilie überhaupt ist, was sie ausmacht und was sie kennzeichnet.

„Stief“ ist abgeleitet aus der althochdeutschen Vorsilbe „stiof“ und bedeutet soviel wie „hinterblieben“, „verwaist“ und „beraubt“ (vgl. Ritzenfeld 1998, S.26).

Visher und Visher (1987, S. 27) definieren Stieffamilien als jene Familien „in der mindestens ein Erwachsener ein Stiefelternteil ist“ (vgl. Walper/Wild in Hofer u. a., 2002, S.354). Ein weiteres Merkmal ist nach Friedl/Meier-Aichen (1991), das ein leiblicher Elternteil des Kindes außerhalb der Stieffamilie lebt und das neben der schon bestehenden Eltern- Kind- Beziehung der Stiefelternteil eine eigenständige Beziehung zu seinem Stiefkind aufbauen muss (vgl. Friedl/Meier-Aichen 1991, S.30). Die Stieffamilie ist eine „familiäre Lebensgemeinschaft, die in einer Phase des Wandels für sich eine neue Struktur suchen und neue Formen der Alltagsorganisation entwickeln muss“ (vgl. Friedl/Meier- Aichen 1991, S. 45).

Zentrale Themen der meisten Stieffamilien sind die Übernahme der Stiefelternrolle sowie die Gestaltung der Stiefelternteil- Stiefkind- Beziehung. Stiefelternteile haben Schwierigkeiten, ein stabiles Muster dafür zu entwickeln, wie sie für ihre Stiefkinder fühlen, wie sie über sie denken und wie sie sich ihnen gegenüber verhalten sollen. Häufig sind beide Parteien nicht bereit, eine enge Beziehung zueinander aufzubauen. Gute oder schlechte Rollenerfüllung hängt im Wesentlichen davon ab, ob Stiefkind und Ehepartner diese Rollenübernahme akzeptieren (vgl. Friedl/Meier- Aichen 1991, S. 31).

2.1. Sekundäre und primäre Stieffamilien

Man unterscheidet in sekundäre und primäre Stieffamilien. Während in der sekundären Stieffamilie die leiblichen Kinder eines Partners nicht dauerhaft mit ihm zusammenleben sondern nur zeitweise, lebt in der primären Stieffamilie eine Person dauerhaft mit den Kindern des Partners zusammen. In der Form der sekundären Stieffamilien leben etwa 13% der Familien in Westdeutschland, während es etwa 18% der Familien in Ostdeutschland sind.

Ca. 50% der Scheidungskinder erhalten durch Wiederheirat des Elternteils bei dem sie bleiben, meistens einen neuen Vater, eher seltener eine neue Mutter. Die verbleibenden 25% (alte Bundesländer) und 40% (neue Bundesländer) leben in einer nichtehelichen Partnerschaft der Mutter bzw. des Vaters (vgl. Walper/Wild in Hofer u. a., 2002, S.336).

2.2. Die Unterschiede zur Kernfamilie

Eine Kernfamilie wird als „eine soziale Gruppe von zwei Eltern (Erwachsenen) mit ihren leiblichen, minderjährigen Kindern“ beschrieben (vgl. Schoeck in Ritzenfeld 1998, S. 25). Die Unterschiede zur Stieffamilie liegen nach Walper/Wild in einem geringeren Zusammenhalt, weniger förderliche Kommunikation und Problemlösestrategien, einem höherem Maß an Konflikten sowie in einer Distanz zwischen den Geschwistern.

Weiterhin blicken nicht alle Familienmitglieder auf eine gemeinsame Familiengeschichte zurück. Mit der Gründung einer Stieffamilie setzt ein neuer Familienzyklus ein, welcher neben den alten tritt und mit diesem synchronisiert wird. Die Partner bauen die neue Partnerschaft auf und festigen sie, einer wird die Rolle als leiblicher Elternteil weiterführen, während der andere die Rolle als Stiefelternteil finden muss. Dieses Zusammenwachsen findet in einem Zeitraum von etwa fünf Jahren statt (vgl. Walper/Wild in Hofer u. a., 2002, S.345ff).

2.3. Die Entwicklung einer Stieffamilie

Krähenbühl u. a. (1986) unterteilen die Entwicklung einer Stieffamilie in drei Phasen:

- Die Phase des Abschieds von der bisherigen Partnerschaft und der bisherigen Familienform (nach der Trennung bleibt das Kind bei einem Elternteil, während das andere den Haushalt verlässt).
- Die Phase der Teilfamilie.
- Die Phase der neuen Partnerschaft und der Stieffamilienbildung.

Jede Phase bedeutet eine spezifische Veränderung des Familiensystems und die Übergänge sind vor allem durch das Hinzukommen und Ausscheiden von Familienmitgliedern gekennzeichnet (vgl. Krähenbühl u. a. 1986, S.56).

Die Besonderheiten der Stieffamilie verstehen sich vor dem Hintergrund der vorangegangenen Familiengeschichte der neuen Partner, ihren Erfahrungen in der ersten Ehe, die Trennungs- und Nachscheidungsphase sowie die Zeit der Einelternschaft (vgl. Friedl/Meier- Aichen 1991, S.30).

Coleman und Ganong (1990) fassen das Entstehen einer Stieffamilie als „normatives Lebensereignis auf, das mit einer Systemerweiterung, dem Aufbau und der Umstrukturierung von Rollen und Beziehungen sowie entsprechend mit einer (zumindest vorübergehenden) Destabilisierung des familialen Gleichgewichts einhergeht“. Nachteilige Auswirkungen werden nur dann erwartet, wenn sich die Bewältigung der hierbei entstehenden Entwicklungsaufgaben aufgrund personen- oder umweltbezogener Faktoren misslingt. Zu diesen Faktoren gehören die emotionale Bewältigung der Verluste, der Aufbau einer Beziehung zwischen dem Stiefelternteil und dem Kind, die Konsolidierung der neuen Partnerschaft, die Sicherung zum getrennt lebenden Elternteil sowie ein Aufbau einer positiven Beziehung zwischen den biologisch nicht verwandten Geschwistern und die Bewältigung der einhergehenden Probleme bei der Geburt eines Geschwisterchens in der neuen Partnerschaft.

3. Stieffamilien als Problem

Walper/Wild (in Hofer u. a., 2002) unterteilen diese Problematik in drei verschiedene Erklärungsansätze:

Der problem- oder defizitorientierte Ansatz vermutet bestimmte Entwicklungsrisiken für Stiefkinder im Vergleich zu Kindern aus „biologisch intakten“ Familien. Dies wird begründet durch die „Abweichung vom gesellschaftlich- normativem Modell der Normalfamilie und dem fehlenden >biologischen Band< zwischen Stiefeltern und –Kindern, welches sich nachteilig auf das stiefelterliche Erziehungsverhalten und darüber hinaus sich auf die Entwicklung des Stiefkindes auswirke“ (vgl. Walper/Wild in Hofer u. a., 2002, S.337).

In der sozio- biologischen Perspektive geht man von einem höheren Risiko von Kindesmisshandlungen und -vernachlässigungen aus, was als „Ausdruck geringerer Bereitschaft zu elterlichen Investitionen in nicht genetisch verwandtem Nachwuchs“ gedeutet wird (vgl. Walper/Wild in Hofer u. a., 2002, S.337ff).

Von der Stieffamilie als unvollständige Institution geht Cherlin (1978) in seiner incomplete institution hypothesis aus, „da für sie keine gesellschaftlich anerkannten Rollen und Normen existieren“ (vgl. Walper/Wild in Hofer u. a., 2002, S.338). So müsse „Stieffamilien für viele Funktionen und Problembereiche, in denen sie sich nicht an vorgegebenen Handlungsmustern orientieren können, individuelle Lösungen erarbeiten, was zu einer Vielzahl von Konflikten führen kann“ (vgl. Friedl/Meier-Aichen 1991, S.31). Um die Angemessenheit der eigenen Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen einzuschätzen fehle es den Stiefeltern dadurch an Richtlinien.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Stieffamilien. Strukturen, Beziehungen, Aussichten
Hochschule
Universität Erfurt
Note
1,2
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V44795
ISBN (eBook)
9783638423243
Dateigröße
460 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stieffamilien, Strukturen, Beziehungen, Aussichten
Arbeit zitieren
Nicole Burghardt (Autor:in), 2004, Stieffamilien. Strukturen, Beziehungen, Aussichten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44795

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