Kriegs- & Antikriegsfilme - Definitionen, Geschichte & Kontroversen


Hausarbeit, 2003

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Definitionen des Kriegs- und Antikriegsfilms

3. Die Geschichte des Kriegs- und Antikriegsfilms
3.1. Erste Kriegsfilme und der 1. Weltkrieg
3.2. Der 2. Weltkrieg
3.3. Der Kalte Krieg
3.4. Der Koreakrieg
3.5. Der Vietnamfilm

4. Hollywood und das Pentagon

5. Schluss

Quellen

Auswahlfilmographie

1. Einleitung

Kein anderes Medium wie der Film hat eine derart starke Suggestivkraft, um das Grauen des Kriegsgeschehens so sehr zu vermitteln, dass die Grenzen zwischen Realität und Fiktion fast verwischen. Das Gedächtnis der Völker an die Kriege, die sie berührt haben, ist so unterschiedlich, wie die Filme über die Kriege.

Der Kriegsfilm kann voller Nationalismus, Militarismus und Patriotismus sein. Er kann die Geschichte uminterpretieren, Niederlagen können zu Siegen werden, Verbrecher zu Helden. Der Kriegsfilm kann noch einmal die Menschenopfer rechtfertigen, die einem höheren Ziel dienten – für Volk und Vaterland, für König und Führer.

Der Antikriegsfilm kann dem Zuschauer den Schrecken des Krieges vor Augen halten und zeigen, dass die Toten und Krüppel umsonst und ohne Sinn waren, den Sinn des ganzen in Frage stellen.

Die folgende Abhandlung geht als Erstes auf die verschiedenen Definitionen des Kriegs- und insbesondere Antikriegsfilms ein. Der größte Teil ist der Geschichte des Kriegs- und Antikriegsfilms gewidmet, der exemplarisch, in Konflikte eingeteilte, erwähnenswerte Werke der Filmgeschichte behandelt. Hierbei sei auf die inhaltliche Beschränkung hingewiesen, dass es sich bis auf wenige Ausnahmen hauptsächlich um US-amerikanische Produktionen handelt, die dieses Filmgenre so sehr prägen und auch für die meisten Kontroversen des Genres bezeichnend sind. Abschließend erfolgt noch eine Betrachtung der Zusammenarbeit zwischen den Hollywoodstudios und dem US-amerikanischen Verteidigungsministerium.

2. Definitionen des Kriegs- und Antikriegsfilms

Es gibt verschiedene Ansätze, um Kriegsfilme zu interpretieren und zu bewerten, ob es sich um einen Kriegsfilm oder Antikriegsfilm handelt. Besonders die Frage „Was ist ein Antikriegsfilm“ wird viel diskutiert. Die Ansichten darüber sind zum Teil sehr verschieden, einige Filme sind auch so „umstritten“ und die Absicht des Filmemachers so uneindeutig, dass einige Film-Exemplare je nach Betrachtungsweise als patriotische, flaggenschwenkende Propaganda beschrieben werden, andere Kritiker sie wiederum als gutes Beispiel für einen kritischen Antikriegsfilm bezeichnen. Im Folgenden werden eine Reihe unterschiedlicher Interpretationsansätze beschrieben.

Nach Andrew Kellys Definition zeigen Antikriegsfilme die Wirkungen und Folgen des Krieges auf die Soldaten und deren Angehörigen sowie die Probleme der nach Hause gekehrten Veteranen. Zudem ist wichtig, wie der Feind im Film dargestellt wird. Ist er ein Mensch mit Personalität und Gesicht oder nur ein schemenhaftes, anonymes, austauschbares, entpersonalisiertes Objekt des Tötens? (Kelly, 1997: Cinema and the Great War)

Für Knut Hickethier sind Ästhetik und Dramaturgie sowohl im Kriegs- als auch im Antikriegsfilm gleich. Die Darstellung an sich dient dem Kriegsfilm jedoch als Selbstzweck. Der Antikriegsfilm soll die Akteure nicht nur objekthaft zum Material des Films, sondern die Entmenschlichung, Entgrenzung und Absurdität des Krieges nachvollziehbar machen. (Hickethier 1990: Fischer Filmgeschichte, Band III)

Das US-amerikanische Magazin für Medienbildung Media & Values bietet zur Bewertung von Kriegsfilmen eine Reihe Fragen an, die nicht nur klären helfen sollen, ob es sich um einen Film mit einer Pro- oder Contra-Krieg Einstellung handelt, sondern auch die kulturellen Ansichten bezüglich Heldentum, Politik, Militär, Autorität, Gerechtigkeit, Patriotismus, Familie und Geschlechterbeziehungen analysieren sollen:

1. Ist Hightech Ausrüstung der Star der Show? Wie stehen die Akteure dieser Ausrüstung entgegen?
2. Wie werden die Gegner gezeigt? Werden sie klischeehaft und verteufelt dargestellt?
3. Stellt der Film Gewalt und Aggression als einziges Mittel um Probleme zu lösen dar, oder werden alternative Lösungen gezeigt?
4. Wofür kämpfen die Protagonisten? Bekräftigt der Film das herrschende System und den Status Quo, oder stellt er es in Frage? Hat der Film eine Meinung über aktuelle soziale Fragen?
5. Welche Bedeutung spricht der Film dem Mann zu? Welche Bedeutung der Frau? Ist sie nur eine Kontrastfigur zu den Männlichen Charakteren oder eine echte Persönlichkeit?
6. Beinhaltet der Film ein System von Mythen, die eine bestimmte Gruppierung (z.B. Männer) charakterisiert?
7. Wird der Krieg als eine interessante Alternative zum alltäglichen Leben präsentiert?
8. Erzählt die Geschichte wirklich was „böse“ am Feind ist, oder soll man seine böse Natur einfach natürlich hinnehmen

Der Artikel benennt auch gleich eine Reihe Filme, die ihrer Meinung nach den Krieg befürworten oder ablehnen.

Pro-Krieg: Rambo: First Blood Part 2 (1985), Top Gun (1986), Red Dawn (1984), An Officer and a Gentleman (1982)

Anti-Krieg: Das Boot (1981), Apocalypse Now (1979), Platoon (1986), Full Metal Jacket (1987), Casualties of War (1989)

(Media & Values: How to Evaluate War Movies, Ausgabe 56/1991 & Questions Help Evaluate War Films, Ausgabe 39/1987)

Nancy Hollander sieht ein Problem in vielen für sie nur scheinbaren Antikriegsfilmen, wie zum Beispiel Platoon (1986), dass sie zwar den Horror des Krieges veranschaulichen, jedoch nicht den sozialen und politischen Zusammenhang analysieren, der zeigt, dass dieser Krieg wirklich schlecht war. Der Antikriegsfilm soll den Zuschauer zum Schluss nicht ohne Hoffnung stehen lassen, und ohne das Verantwortungsgefühl, etwas an der Außenpolitik des Landes ändern zu wollen (bezogen auf den US-amerikanischen Zuschauer). Under Fire (1983) sei ein Beispiel für einen Film, der ihren Ansprüchen gerecht wird. Zwei Journalisten im Bürgerkrieg in Nicaragua der 70er Jahre stehen vor der Wahl, ihre journalistische Objektivität zu erhalten oder den Rebellen zu helfen. Dem Zuschauer wird angeboten, sich mit dieser moralischen Wahl zu identifizieren. (Hollander in Media & Values: War is Hell... Pass the Popcorn, Ausgabe 39/1987)

Keine unterschiedlichen Ansichten gibt es bei Filmkritikern darüber, was ein Propagandafilm ist. Michael Strübel fast dessen Eigenschaften mit folgenden Merkmalen zusammen:

Propagandafilme vermitteln ein ausgeprägtes Schwarz-Weiß-Denken. Die eigenen Truppen sind nur mit Disziplin, Patriotismus, Kampfesmut und Tapferkeit ausgestattet. Der Feind wird bis zur Karikatur als feiger, ängstlicher unfairer Dummkopf, Schurke oder Trottel gezeichnet. Oftmals wird die eigene Höherwertigkeit durch rassistische Untertöne suggeriert. Das Volk unterstützt die Truppen bereitwillig, soziale und ethnische Barrieren gibt es nicht mehr.

Der Kriegsheld ist ein aktiver, kraftstrotzender, cleverer und omnipotenter Mann. Die Frau ist entweder Prostituierte oder die sich bis zur Selbstaufgabe um Haus und Kind kümmernde Mutter.

Demokratische gesellschaftliche Systeme werden durch hierarchische Befehls- und Ordnungsstrukturen ersetzt.

Es gibt keine Meutereien, Deserteure erhalten die „gerechte Strafe“. In der Schlacht gibt es keine Desorientierung, Depressionen oder Angst, keine Kontroversen in der Führung, keine Beschießung der eigenen Truppen. In den Pausen gibt es keine Saufgelage, Bordellbesuche oder Vergewaltigungen.

(Strübel 2002: Kriegsfilm und Antikriegsfilm in: Film und Krieg)

3. Die Geschichte des Kriegs- und Antikriegsfilms

Im Folgenden soll ein Abriss über die Geschichte der (Anti-)Kriegsfilme erfolgen, der auf wichtige, interessante respektive erwähnenswerte Filme näher eingeht, und die teilweise unterschiedlichen, teilweise eindeutigen Meinungen über sie darstellt.

Sowohl jede Ära in denen die Filme entstanden sind, als auch jeder Krieg, den die einzelnen Filme behandeln, brachte Filme hervor, die eine gewisse Tendenz zum eher Patriotischen, Heldenhaften oder Kritischen, Verurteilendem haben. Es erfolgt daher eine Aufteilung in Kriege. Die Filmgeschichte wird dann chronologisch abgehandelt.

3.1. Erste Kriegsfilme und der 1. Weltkrieg

Birth of a Nation (1915), ein Film über die Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges der Nordstaaten gegen die Südstaaten und anschließende Rekonstruktionszeit, gilt als ein Meilenstein der Filmgeschichte. Der 3-stündige Stummfilm ist das erste moderne Filmepos der amerikanischen Filmgeschichte, welches noch zwei Jahrzehnte lang bis zur Etablierung des Tonfilms der kommerziell erfolgreichste Film in den USA war. Regisseur D.W. Griffith führte Filmtechniken ein, die großen Einfluss auf folgende Filme haben sollte: Untertitel zur Erläuterung der Szenen, ein eigener für das Orchester geschriebene Soundtrack, Außenszenen, sich bewegende und zoomende Kameraeinstellungen, Szenenüberblendungen, Nahaufnahmen und viele weitere filmkünstlerische Techniken, die zum Standard für alle zukünftigen Filme werden sollten. Obwohl Griffith pazifistische Absichten hegte, wurde der Film immer stark kritisiert wegen des klar vorgeführten Rassismus. Der Film zeigt die Entstehung des Ku Klux Klan als heldenhafte ritterliche Gruppierung gegen die boshaften barbarischen Afroamerikaner. Die schwarzen Hauptrollen werden ironischerweise von schwarz angemalten Weißen gespielt. Auch diese damals anhaltenden Kontroversen sorgten dafür, dass Birth of a Nation zum Kassenschlager wurde.

Schon dieser erste Kriegsfilmklassiker beinhaltet den Widerspruch, mit dem viele spätere Antikriegsfilme zu kämpfen haben. Die eigentlich pazifistische Botschaft des Films, an dessen Ende der Gott des Krieges dem Prinzen des Friedens weichen muss, wird durch die malerischen Szenen der heldenhaft dargestellten Schlachten umgestürzt.

Als Antwort auf die vielen Kritiken schuf Griffith Intolerance (1916), ein weiteres Monumentalwerk der Stummfilmzeit, mit eindeutigeren pazifistischen Botschaften über Intoleranz, Unmenschlichkeit, Verfolgung, Diskriminierung und Ungerechtigkeit, eingebettet in vier Geschichten in der Moderne, der Zeit Christi, im Frankreich des 16. Jahrhunderts und Babylon 500 vor Christus. Er war mit ca. einer halben Million Dollar der damals teuerste Film, der wieder Techniken benutzte, die ihrer Zeit voraus waren, wie von Kränen gefilmte Szenen und Massenszenen. Dennoch war der Film ein kommerzieller Flop, wohl auch aufgrund des bevorstehenden Eintritts der USA in den 1. Weltkrieg, als pazifistischen Themen keinen Anklang fanden.

Griffith drehte noch eine Reihe weiterer Kriegsfilme, die jedoch keinerlei pazifistische Ansichten mehr darstellten, sondern reine Propagandafilme waren. Seine Beteiligung an diesen Werken bereute Griffith später jedoch.

Einer dieser Filme war Hearts of the World (1918), der tatsächliches Filmmaterial von Schlachten an der Front beinhaltet, und den Deutschen als barbarischen, kaltherzigen Mörder von Unschuldigen darstellt. Dieser Film wurde hauptsächlich zur Rekrutierung von Soldaten verwendet.

Die Filmindustrie stellte zu dieser Zeit noch weitere Filme her, die Deutschland dämonisch böse darstellten, wie The Kaiser, Beast of Berlin (1918) oder The Prussian Cur (1918).

Charles Spencer Chaplins Satire zum 1. Weltkrieg Shoulder Arms (1918) stellt den deutschen Gegner nicht so einseitig böse dar. Die Sinnlosigkeit und die Langeweile des Wartens auf den Fronteinsatz in den Schützengräben wurden tragikkomisch umgesetzt, was ihn für Strübel zum Antikriegsfilm macht. Er erhielt eine Reihe Aufführungsverbote und konnte erst 1968 in Deutschland gezeigt werden.

Nach Ende des 1. Weltkriegs verschwand zunächst das Interesse der Filmindustrie an Kriegsfilmen. The Big Parade (1925) war der erste Kriegsfilm nach dem Krieg. Er stellte die Grausamkeiten des Grabenkampfes sehr realistisch aus der Sicht eines einfachen GIs dar, ohne jedoch eine Contra-Haltung zum Krieg einzunehmen. Seine Stärken waren weder politischer noch psychologischer Natur, da die historische Grundlage des 1. Weltkrieges und der Krieg an sich nie in Frage gestellt werden. Stattdessen porträtiert der Film eher das Klischee, dass Krieg den Charakter formt und echte Männer schafft.

What Price Glory (1926) sollte eine pazifistische Antwort auf The Big Parade sein, die die Verschwendung jungen Lebens im Grabenkrieg vermittelt. Die als raue harte Kerle dargestellten Protagonisten haben beim Publikum jedoch oftmals eher nostalgische als pazifistische Gefühle zum Militärleben gehegt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Kriegs- & Antikriegsfilme - Definitionen, Geschichte & Kontroversen
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Veranstaltung
Kommunikationssoziologie und -psychologie
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V44838
ISBN (eBook)
9783638423564
ISBN (Buch)
9783640860425
Dateigröße
519 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kriegs-, Antikriegsfilme, Definitionen, Geschichte, Kontroversen, Kommunikationssoziologie
Arbeit zitieren
Tilman Thederan (Autor:in), 2003, Kriegs- & Antikriegsfilme - Definitionen, Geschichte & Kontroversen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44838

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