Nach siebenjähriger gemeinsamer Regierungszeit scheint das „rot-grüne Projekt“ sich dem Ende zuzuneigen, wenn man den Umfragen im Frühsommer des Jahres 2005 glauben soll. Bündnis 90/Die Grünen scheinen sehr viel gelassener als der große Koalitionspartner in den Wahlkampf und in die sich abzeichnende Opposition zu gehen. Als sie in diese Regierung eintraten, waren die Erwartungen an die Grünen groß. Aber auch wurde die Frage oft gestellt, ob sie überhaupt in der Lage und Willens seien, Verantwortung zu übernehmen. Das Auftreten der früheren Grünen in den Parlamenten, die endlosen Debatten auf den Parteitagen, der Kampf der Flügel um die Vorherrschaft, die hartnäckigen Grundsatzdiskussionen in den Koalitionen auf Landesebene, alles ließ die Zweifel berechtigt erscheinen. Und dann die einvernehmlich mit der Energiewirtschaft herbeigeführte Kompromisslösung beim Atomausstieg und die Entscheidung für den Eintritt in den Kosovo-Krieg. Hat man die Grünen vor 1998 falsch eingeschätzt oder haben sie sich verändert?
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob sich die Grünen – insbesondere in der ersten Regierungsperiode von 1998 bis 2002 – unter dem direkten Einfluss der Regierungsbeteiligung gewandelt haben – sowohl programmatisch als auch organisatorisch.
Die Grünen entstanden aus ökologischen Gruppierungen des ländlichen Raumes und großstädtisch geprägten linkssozialistischen Radikalreformern sowie Bürgerrechtsaktivisten. Sie schlossen sich trotz aller inhaltlichen Unterschiede zur gemeinsamen Durchsetzung ihrer Interessen zu einer Partei zusammen, obwohl sie keine sein wollten. Konsequent bezeichneten sie sich als „Antiparteien-Partei“. Diese Gruppierungen bestimmten die Gründungsphase, die 1980 mit dem Grundsatzprogramm abgeschlossen wurde. Die Gründungsphase bildet die Basis für die Klärung der Frage, ob und wie die Grünen sich gewandelt haben. Das Grundsatzprogramm spiegelt die gemeinsamen Vorstellungen wider, die Geschichte des Zusammenschlusses gibt ein Bild über die möglichen Ursachen des später folgenden Richtungsstreits. Dieser Zeitraum wird im zweiten Teil der Arbeit betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Erkenntnisinteresse und Aufbau
1.2 Stand der Forschung
2. Historische Grundlagen und Entwicklung „grüner“ Politik
2.1 Die Ursprünge der grünen Bewegung
2.1.1 Entstehung der ökologischen Bewegung in Niedersachsen
2.1.2 Bunte und alternative Liste in Hamburg
2.2 Die Umbildung der Bewegungen zu einer Partei
2.3 Erste Regierungsverantwortung in Hessen
2.4 Diskussion über Weg und Ziel – Flügelkämpfe
3. Parteistrukturen der Grünen und Rahmenbedingungen
3.1 Fusion von „Bündnis 90“ und „Die Grünen“
3.2 Die Parteistrukturen von Bündnis 90/Die Grünen bis 1998
3.2.1 Inhaltliche Strukturen
3.2.2 Organisatorische Strukturen
3.2.3 Änderungen in den Parteistrukturen im Zeitraum der Regierungsverantwortung
3.3 Der Grundkonsens von Bündnis 90/Die Grünen 1993
3.4 Die Mitgliederstruktur der Grünen und ihr Einfluss auf die Programmatik
3.5 Struktur der Wählerschaft und deren Erwartungshaltung
3.5.1 Wanderungsbewegungen bei Bundestagswahlen 1998 und
3.6 Verhältnis zum späteren Koalitionspartner SPD
3.7 Verhältnis zu None Governmental Organisations (NGO´s) und anderen Bewegungen
4. Entwicklung der „grünen“ Programmatik
4.1 Parteiprogrammatik von 1980
4.1.1 Wirtschafts- und Arbeitswelt
4.1.2 Außen- und Friedenspolitik
4.1.3 Umwelt- und Natur
4.1.4 Mensch und Gesellschaft
4.2 Wahlprogramm 1998 – Umsetzung des Parteiprogramms in einen Entwurf für eine Regierungspolitik oder neuer Ansatz?
4.2.1 Wirtschafts- und Finanzpolitik
4.2.2 Umwelt- und Naturschutz
4.2.3 Sozialpolitik für eine solidarischere Gesellschaft
4.2.4 Außenpolitik
4.2.5 Zusammenfassung und Einordnung des Wahlprogramms von 1998
4.3 Renaissance „grüner Werte“? Der „5-Mark-Beschluss“ und die Ablehnung von Friedenseinsätzen der Bundeswehr
4.4 Koalitionsvertrag 1998 – Wie viel ist von „grüner“ Programmatik übrig geblieben?
4.5 Wahlprogramm 2002 – Lehren aus den ersten Regierungsjahren?
4.5.1 Ökologische Modernisierung
4.5.2 Gerechte Globalisierung und Europäische Demokratie
4.6 Koalitionsvertrag 2002 – Fortsetzung der rot-grünen Koalition unter anderen Vorzeichen?
4.6.1 Ökologische Modernisierung und Verbraucherschutz
4.6.2 Gerechte Globalisierung – Deutschland in Europa und in der Welt
4.6.3 Einordnung der Koalitionsvereinbarung von
4.7 Das Spannungsverhältnis zwischen Parteiprogramm und Regierungsverantwortung – Ist die Partei eine Programmpartei?
5. Maßstäbe für einen Wandel
5.1 Der Atomausstieg
5.1.1 Der Verlauf der Verhandlungen um den Atomausstieg
5.1.2 Fazit: Die Grünen und der Atomausstieg
5.2 Der Kosovo-Krieg
5.2.1 Verlauf des Kosovo-Krieges
5.2.2 Besondere Problemstellung für die Grünen
5.2.3 Fazit: Die Grünen und der Kosovo-Krieg
6. Schluss
6.1 Fazit: Welche Wirkung hatte die Regierungsbeteiligung zwischen 1998 und 2002 auf die Entwicklung von Bündnis 90/Die Grünen ?
6.2 Ausblick – Quo vadis, Grüne?
7. Anhang
Literaturverzeichnis
Literatur von Bündnis 90/Die Grünen (Primärliteratur)
Sekundärliteratur
Monographien
Zeitungen und Zeitschriften
Beiträge in Sammelbänden
Internetquellen
Informationsgespräche
Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anhang
Abbildung 1:
Wählerstromkonto Bündnis 90/Die Grünen bei der Bundestagswahl 2002
Abbildung 2:
Wahlergebnisse Bündnis 90/Die Grünen 1998 – 2002 bei Landtags- Bundestags- und Europawahlen
Abbildung 2.1:
Wahlergebnisse der Grünen bei Bundestags- und Europawahlen seit Bestehen der Grünen
Abbildung 2.2:
Wahlergebnisse der Grünen bei Parlamentswahlen in Stadtstaaten seit Bestehen der Grünen
Abbildung 2.3:
Beste und schlechteste Ergebnisse bei Landtagswahlen West
Abbildung 2.4:
Beste und schlechteste Ergebnisse bei Landtagswahlen Ost
Abbildung 3a und 3b
Entwicklung des Programmpunktes „Ausstieg aus der Atomenergie“ in den Partei- und Wahlprogrammen 1980 bis 2002
Abbildung 4a und 4b
Entwicklung des Programmpunktes „Pazifismus“ in den Partei- und Wahlprogrammen 1980 bis 2002
1. Einleitung
1.1 Erkenntnisinteresse und Aufbau
Nach siebenjähriger gemeinsamer Regierungszeit scheint das „rot-grüne Projekt“ sich dem Ende zuzuneigen, wenn man den Umfragen im Frühsommer des Jahres 2005 glauben soll. Bündnis 90/Die Grünen scheinen sehr viel gelassener als der große Koalitionspartner in den Wahlkampf und in die sich abzeichnende Opposition zu gehen. Als sie in diese Regierung eintraten, waren die Erwartungen an die Grünen groß. Aber auch wurde die Frage oft gestellt, ob sie überhaupt in der Lage und Willens seien, Verantwortung zu übernehmen. Das Auftreten der früheren Grünen in den Parlamenten, die endlosen Debatten auf den Parteitagen, der Kampf der Flügel um die Vorherrschaft, die hartnäckigen Grundsatzdiskussionen in den Koalitionen auf Landesebene, alles ließ die Zweifel berechtigt erscheinen. Und dann die einvernehmlich mit der Energiewirtschaft herbeigeführte Kompromisslösung beim Atomausstieg und die Entscheidung für den Eintritt in den Kosovo-Krieg. Hat man die Grünen vor 1998 falsch eingeschätzt oder haben sie sich verändert?
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob sich die Grünen – insbesondere in der ersten Regierungsperiode von 1998 bis 2002 – unter dem direkten Einfluss der Regierungsbeteiligung gewandelt haben – sowohl programmatisch als auch organisatorisch.
Die Grünen entstanden aus ökologischen Gruppierungen des ländlichen Raumes und großstädtisch geprägten linkssozialistischen Radikalreformern sowie Bürgerrechtsaktivisten. Sie schlossen sich trotz aller inhaltlichen Unterschiede zur gemeinsamen Durchsetzung ihrer Interessen zu einer Partei zusammen, obwohl sie keine sein wollten. Konsequent bezeichneten sie sich als „Antiparteien-Partei“. Diese Gruppierungen bestimmten die Gründungsphase, die 1980 mit dem Grundsatzprogramm abgeschlossen wurde. Die Gründungsphase bildet die Basis für die Klärung der Frage, ob und wie die Grünen sich gewandelt haben. Das Grundsatzprogramm spiegelt die gemeinsamen Vorstellungen wider, die Geschichte des Zusammenschlusses gibt ein Bild über die möglichen Ursachen des später folgenden Richtungsstreits. Dieser Zeitraum wird im zweiten Teil der Arbeit betrachtet.
Die 80er Jahre werden bei den Grünen das „Goldene Zeitalter“ genannt, weil sie bei den Wahlen stetig steigende Stimmenanteile erreichten. In die erste Hälfte fällt auch die erste kurze Regierungsbeteiligung in Hessen, die die Grünen durch unnachgiebiges Beharren auf ihren Standpunkten platzen ließen. Dieses Verhalten nährte die Meinung, dass die Grünen zum Regieren nicht fähig seien. Man könnte diese Zeit auch als Konsolidierungsphase bezeichnen: Die Grünen waren in der Opposition erfolgreich. Einen Grund zur Anpassung der Programmatik an geänderte Rahmenbedingungen gab es nicht. Diese Phase wird in einem weiteren Abschnitt dargestellt.
1990 wurde die Vereinigung der beiden deutschen Staaten mit der Bundestagswahl abgeschlossen, die für die Grünen in einem Desaster endete. Sie hatten grobe strategische Fehler gemacht und sich, anders als die anderen Westparteien, nicht mit den ostdeutschen „Schwestern“ verbunden. Lediglich der ostdeutsche Zusammenschluss von Bürgerrechtsbewegungen „Bündnis 90“ (daher stammt der Name und nicht vom Bündnis mit den Grünen) war im Bundestag vertreten. Die West-Grünen standen dagegen vor der Tür. Erst 1993 wurde die Verbindung Bündnis 90/Die Grünen hergestellt. Man könnte von einer Vereinigungsphase sprechen, jedoch fand ein Abschluss und Neuanfang durch ein gemeinsames Programm nicht statt. Lediglich ein Katalog über gemeinsame Grundsätze wurde als Basis für die gemeinsame Arbeit veröffentlicht. Bis zu diesem Zeitpunkt manifestierte sich ein Wandel also nicht in programmatischen Festlegungen.
Die Zeit von der zweiten Hälfte der 80er Jahre bis hinein in die erste Hälfte der 90er Jahre war gekennzeichnet durch Flügelkämpfe der „Fundis“ gegen die „Realos“. Sie ist für das Thema der Arbeit von Bedeutung, weil dadurch die weitere Entwicklung der Partei wesentlich beeinflusst wurde. Durch Grundsatzentscheidungen der Partei und die Streitschriften der die Diskussion bestimmenden Gruppen werden auch programmatische Vorentscheidungen getroffen. Mit Jutta Ditfurth, Rainer Trampert und Thomas Ebermann hätte es kein „rot-grünes Projekt“ ab 1998 gegeben, mit Hubert Kleinert, Joschka Fischer, den weniger doktrinär eingestellten Bündnis-Vertretern, schon. Daher wird auch dieser Klärungsphase, dem Wegbrechen eines Flügels der Grünen und einem damit verbundenen Obsiegen des anderen Flügels, ein Abschnitt der Arbeit gewidmet.
Die erste Zeit der rot-grünen Bundesregierung war geprägt durch den „Atomausstieg“ und den „Kosovo-Krieg“, zwei Ereignisse, die wesentliche Eckpunkte des Selbstverständnisses der Partei berührten. An diesen beiden Fallbeispielen als Maßstab wird exemplarisch untersucht, ob und wie sich die Grünen durch die Regierungsbeteiligung gewandelt haben. Diese Betrachtung wird im Fazit der Arbeit abgeschlossen. Auf Basis der bestehenden programmatischen Situation und die von der Partei getragene Regierungsarbeit wird ein Ausblick auf die künftige politische Perspektive der Grünen versucht.
Die Frage, ob und wie ein Wandel stattgefunden hat, lässt sich anhand der Beschlüsse wie auch des konkreten und uneingeschränkten politischen Handelns der Regierungsvertreter beantworten. Häufig jedoch wird die Antwort mit einer Bewertung versehen. Jemand, der feststellt, die Grünen hätten sich geändert, kann damit ebenso eine positive oder negative Meinung ausdrücken, wie mit dem Gegenteil. Es kommt auf den Standpunkt dessen an, der die Aussage macht. Nicht einmal innerhalb der Partei wäre die eine oder andere Position einzuordnen. Man kann die Änderung feststellen, aber nicht objektiv, sondern nur subjektiv bewerten. Hier sei an Bertold Brecht erinnert: „Ein Mann sagte zu Herrn Keuner: ‚Sie haben sich gar nicht verändert.’ ‚Oh!’ sagte Herr K. und erbleichte.“[1]
1.2 Stand der Forschung
Publikationen, die sich mit dem Wandel der Grünen und den Problemen, mit denen sich die grüne Partei konfrontiert sieht, auseinandersetzen, sind zahlreich vorhanden.
Zur generellen Literatur über Bündnis 90/Die Grünen zählt eine der aktuellsten Publikationen aus dem Jahr 2001 und ist gleichsam als Standard-Werk zum Thema anzusehen, „Die Zukunft der Grünen – So kann man nicht regieren“ vom Hamburger Parteienforscher Joachim Raschke. Die Formulierungen in diesem Werk erscheinen zugespitzt – der Untertitel „So kann man nicht regieren“ deutet schon darauf hin. Raschkes Urteil über die Grünen fällt sehr negativ aus, obwohl er den Grünen offensichtlich sehr nahe steht[2]. Laut Raschke haben die Grünen die Oppositionszeit nicht genutzt, um sich programmatisch, konzeptionell und organisatorisch auf eine mögliche Regierungsbeteiligung vorzubereiten. Er geht sogar noch weiter, wenn er schreibt: „Die Grünen haben in der Bevölkerung das ‚Vorurteil’ bestätigt, sie seien nicht regierungsfähig.“[3] Er stützt sich dabei auf eigene Wahrnehmungen und auf (subjektive) Einschätzungen von führenden Vertretern der Grünen.
Zum neueren Stand der grünen-spezifischen Wahlforschung haben vor allem Markus Klein und Kai Arzheimer in zahlreichen gemeinsamen Publikationen[4], die sich oftmals mit Ulrich Kohler[5] inhaltlich ergänzend, maßgeblich beigetragen.
Als zentrale Literatur zum Politikstil und den Inhalten des grünen Regierungshandelns im Zeitraum der Regierungsbeteiligung von 1998 bis 2002 gibt das Werk „Das rot-grüne Projekt“ in gemeinsamer Herausgeberschaft von Christoph Egle, Tobias Ostheim und Reimut Zohlnhöfer Aufschluss. In zahlreichen Beiträgen, u.a. von namhaften Forschern wie Klaus von Beyme, Wolfgang Merkel oder auch Manfred G. Schmidt wird hier das Wirken der rot-grünen Bundesregierung seit 1998 analysiert, wobei am Rande auch der Wandel der Grünen behandelt wird, insbesondere in für die Grünen so sensiblen Bereichen wie dem Atomausstieg und dem Pazifismus. Mit Stil und Inhalt grüner Politik beschäftigt sich auch das Buch von Jörn Lamla „Grüne Politik zwischen Macht und Moral“.[6] Lamla analysiert, fokussiert auf sozialpolitische Fragen der Reformpolitik, welches Potenzial diesbezüglich innerhalb der Partei vorhanden ist. Dabei stellt er die Problematik heraus, die Regierungshandeln vor dem Hintergrund der Moral insbesondere bei den Grünen mit sich bringt und berücksichtigt auch die möglicherweise vorhandenen strukturellen Probleme, mit denen sich die Grünen konfrontiert sehen. Leider klammert er dabei den Wandel, den die grüne Partei während der Regierungsverantwortung seit 1998 oder auf dem Weg dorthin durchlebt, fast vollständig aus, weshalb das Buch für diese Arbeit auch keine Verwendung finden kann.
Interessante subjektive Innenansichten der Grünen, wenn auch nicht unbedingt zum Bereich der wissenschaftlichen Literatur gehörend, liefern Jutta Ditfurth´s „Das waren die Grünen – Abschied von einer Hoffnung“ oder auch das das Werk von Antje Radcke, „Das Ideal und die Macht – Das Dilemma der Grünen“. Beide Autorinnen kommen zu völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Ditfurth hat offensichtlich mit den Grünen abgeschlossen und zeichnet eine düstere Zukunftsprognose der Partei (Schlusssatz ihres Buches: „Joseph Fischer wurde zum Flakhelfer dieser inhumanen ‚neuen Weltordnung’, und mit ihm Bündnis 90/Die Grünen)“[7]. Radcke dagegen kommt zu einem deutlich milderen Ergebnis bei der Schilderung der jüngeren Geschichte der Grünen, z.B. dem Kosovo-Krieg oder dem Atomausstieg: „Auf beiden Seiten (dem linken und dem Realo-Flügel, Anm. d. Aut.) haben Lernprozesse stattgefunden, die berechtigte Hoffnung machen, dass die Partei langsam aber sicher zu ihrer ureigenen Stärke zurückfinden könnte.“[8] Neutralere und distanziertere, dabei detailreiche Literatur zur Innenansicht der Grünen lieferte auch Hubert Kleinert in zahlreichen Werken[9], die an dieser Stelle trotz der fehlenden Aktualität erwähnt werden sollten. Denn immerhin liefert Kleinert in seinen Arbeiten Aufschluss über die historischen und ideologischen Ursprünge der Grünen, ohne deren Kenntnis sich aktuelle Ereignisse, nur schwer bewerten und analysieren ließen.
2. Historische Grundlagen „grüner“ Politik
2.1 Die Ursprünge der grünen Bewegung
Die Grünen[10] entstanden in der Bundesrepublik in den ´70er Jahren als ein Zusammenschluss verschiedener gesellschaftlicher Bewegungen, den so genannten Neuen Sozialen Bewegungen oder auch Alternativbewegungen. Diese wiederum entstanden in Deutschland vor allem mit dem Abflauen der studentischen ´68er-Bewegung. Bedeutende Teile dieser Alternativbewegungen waren die Ökologie-Bewegung, die Anti-Atomkraft-Bewegung, die Friedensbewegung, die Bürgerinitiativ- oder auch Bürgerrechtsbewegung sowie die Frauen- Lesben- und Schwulenbewegung. „Als gegen Ende der siebziger Jahre die reformpolitische Ausstrahlungskraft der sozialliberalen Koalition endgültig verblasste und immer weniger übersehen werden konnte, dass die etablierten Parteien weder die politischen Impulse der neu entstandenen Umweltbewegung noch die gewachsenen Bürgerbeteiligungswünsche (…) aufzunehmen verstanden, begann in den immer stärker werdenden ‚neuen sozialen Bewegungen’ bald auch die Diskussion über eine eigenständige parteipolitische Organisierung.“[11]
Erstmals traten die oben genannten Bewegungen im Kollektiv bei der Europawahl 1979 unter dem Namen „Sonstige politische Vereinigung – Die Grünen“ an (zuvor beteiligten sich vergleichsweise unorganisierte grüne und alternative Listen 1978/79 mit mäßigem Erfolg an Kommunal- und Landtagswahlen[12] ), woraus dann am 13. Januar 1980 in Karlsruhe die Bundespartei „Die Grünen“ gegründet wurden. Das Selbstverständnis dieser neuen Partei kann mit den Begriffen „sozial“, „ökologisch“, und „pazifistisch“ zusammengefasst werden. Alles in allem begriffen sich Die Grünen als eine Anti-Parteien-Partei,[13] waren aber auch vom Anfang ihrer Konstitution als Partei eine Programm-Partei, so stellten es jedenfalls Detlef Murphy und Roland Roth 1991 fest[14]. Allerdings wird die Begrifflichkeit einer Anti-Parteien-Partei als Ausdruck des Selbstverständnisses eines Teils der Grünen[15] in dem Moment der Parteigründung, die sie mittrugen, widersprüchlich. So bemerkte Raschke vollkommen zutreffend: „Man regiert mit, weil man Partei ist. Den relativ größten Einfluss im parlamentarischen System gewinnt man über Mit-Regieren. Natürlich gibt es außerhalb des Parlaments relevanten Einfluss – dafür braucht man aber keine Partei. Wer eine Partei gründet, muss nach dem Gesetz an Wahlen teilnehmen und will sich an Regierungen beteiligen.“[16]
Besonders deutlich wurde dieses Spannungsverhältnis in der noch jungen Partei bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im Mai 1981, wo die Alternative Liste in das Landesparlament einzog. Von den Mehrheitsverhältnissen her wäre hier eine Ablösung der christlich-liberalen Koalition unter Führung Richard von Weizsäckers durch eine „Ampelkoalition“, eine Koalition aus SPD, FDP und der Alternativen Liste, möglich gewesen. Doch als es erkennbare Bestrebungen in diese Richtung gab, wurden sie durch die AL im Keim erstickt. Mehrheitlich entschied man sich für die Fundamentalopposition.[17] „Die ‚Bewegung’ vereinte vom Straßenkampf ermüdete Sozialisten und Kommunisten mit eher unpolitischen, oft christlich inspirierten Naturschützern. Mit großem ideologischem Ernst stemmten sich die Grünen der ersten Stunde gegen die politischen Grundlagen der Bonner Republik: gegen die Marktwirtschaft, gegen den Parteienstaat, gegen das staatliche Gewaltmonopol, gegen die Westbindung. Der ‚ausbeuterischen Wettbewerbsgesellschaft’ setzten sie ein dezentrales System ‚selbstbestimmter und selbstversorgender Wirtschafts- und Verwaltungseinheiten’ entgegen.“[18]
Exemplarisch für die Frühzeit der grünen Bewegung werde ich im Folgenden einerseits kurz die Entstehung der ökologischen Bewegung in Niedersachsen beschreiben, anschließend die Entstehung der systemkritischen bunten und alternativen Listen am Beispiel der Bunten Liste in Hamburg. Damit werden gleichzeitig Grundlagen späterer programmatischer Eckpunkte der Grünen dargestellt.
2.1.1 Entstehung der ökologischen Bewegung in Niedersachsen
Eine der größten Gruppen in der „Findungsphase“ der grünen Partei waren die Bewegung für Umweltschutz und die Bewegung der Atomkraft-Gegner. Beide waren zuerst parteiähnlich, zunächst auf kommunaler Ebene, organisiert.
Am 11. Mai 1977 wurde in Schwarmstedt durch Carl Beddermann die „Umweltschutzpartei Niedersachsen“ (USP) gegründet. Die Gründungsmitglieder kamen aus verschiedenen Umweltschutz-Bürgerinitiativen. Die Kreisverbände der USP entstanden vor allem im ländlichen Raum, beispielsweise in Fallingbostel, Uelzen, Hannover-Land, Osterholz-Scharmbeck, Hildesheim, Wilhelmshaven und Hameln. Bei genauerem Hinsehen wird ersichtlich, dass die Gründungen häufig im Umfeld von geplanten oder bereits existenten Atomkraftwerken erfolgten.
Der Kreisverband der USP in Hildesheim wollte sich an den vorgezogenen Kreistagswahlen am 23. Oktober 1977 beteiligen. Als Beddermann ihnen untersagte, dabei den Namen USP zu führen, kam es zur Spaltung. Der Kreisverband Hildesheim beschloss, als eigene kommunale Wählergruppe mit dem Namen „Grüne Liste Umweltschutz“ (GLU) anzutreten . Die GLU erreichte 1,2% der Stimmen. Erstmals zog ein Kandidat der GLU in ein Parlament ein. In Hameln kandidierte die Wählergemeinschaft „Atomkraft – Nein Danke“ und bekam mit 2,3% der Stimmen ein Mandat im Kreistag.
Nach diesen Wahlerfolgen in Hildesheim beschloss die USP, wieder mit der GLU zusammenzugehen und sich nun auch GLU zu nennen. Am 16. November 1977 wurde in einer ersten gemeinsamen Konferenz die Vereinigung zu einer Partei unter dem Namen GLU beschlossen. Geplant war eine Partei mit single-issue-Profil, nämlich dem Umweltschutz im weiteren Sinne.[19] Im Hinblick auf die Landtagswahl in Niedersachsen 1978 meldete Beddermann die Partei im Dezember 1977 beim niedersächsischen Wahlleiter und beim Bundeswahlleiter an. Die GLU wollte ihre Tätigkeit zwar zunächst auf die Landesebene beschränken, schloss jedoch eine bundesweite Organisation nicht aus. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt wohl den wenigsten Beteiligten klar, „dass hier die Geburtsstunde für die vierte politisch-parlamentarische Kraft in der Bundesrepublik Deutschland“[20] war. Als Resultat eines organisierten Gründungsprozesses im Vorfeld der Landtagswahlen verfügte die GLU 1978 bereits über 1500 Mitglieder und war in allen Landkreisen vertreten. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 4. Juni 1978 erreichte die GLU 3,9% der Stimmen, während die restlichen acht Kleinparteien zusammen nur 1,2% der Stimmen erhielten.
In Lüchow-Dannenberg – dem Landkreis der geplanten Wiederaufbereitungsanlage für atomaren Abfall in Gorleben - kam die GLU sogar auf 17,8% der Stimmen! Nach diesem Wahlerfolg entstand, wohl wegen des überraschenden Erfolgs bei Wahlen, ein scharfer Streit um den Kurs der GLU. Im Juli 1978 trat Beddermann als Vorsitzender zurück, weil die Partei sich seiner Meinung nach nicht ausreichend von den bunten und alternativen Listen distanzierte. Sein Nachfolger wurde Georg Otto. Im September erklärte Beddermann dann seinen Austritt aus der GLU. In der Folgezeit wurde die GLU Niedersachsen Schritt für Schritt zur wichtigsten Vorgängerorganisation einer sich andeutenden neuen Bundespartei auf breiter Basis umgebaut.
Die GLU beteiligte sich nun zusammen mit den in Niedersachsen aktiven Parteien „Grüne Aktion Zukunft“ (GAZ) und „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher“ (AUD) an der Europawahl 1979. Man gründete zunächst keine Partei, sondern die „Sonstige Politische Vereinigung – Die Grünen“ (SPV), um zu zeigen, dass der Verschmelzungsprozess der beteiligten Parteien nicht abgeschlossen war. Die Gründungsversammlung fand am 17. März 1979 in Frankfurt statt. Hier wurde erstmals der Grundkonsens "ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei" formuliert. Bei der Europawahl am 10. Juni 1979 erhielt die SPV 3,2% der Stimmen. Da dies offensichtlich für den baldigen Einzug in den Bundestag nicht ausreichen würde, verhandelte man von nun an verstärkt mit den bunten Listen über die Gründung einer Bundespartei mit breiterer Akzeptanz. Anders als die erwähnten grünen Parteien, die vor allem im ländlichen Raum aktiv und vergleichsweise erfolgreich waren, waren die bunt-alternativen Listen seit Mitte der 70er Jahre hauptsächlich in den Großstädten Nord- und Westdeutschlands sowie in höher gebildeten Bevölkerungsschichten beheimatet.[21]
2.1.2 Bunte und alternative Liste in Hamburg
Einen Unterschied zu den oben dargestellten grünen single-issue-Organisationen mit ökologischem Aktionsschwerpunkt stellten die bunten und alternativen Organisationen mit ihren im Vordergrund stehenden ideologischen Ansätzen der Systemkritik und -opposition dar. Das Thema Ökologie war in diesem Fall lediglich ein Thema, das als eines unter anderen ohne besondere Gewichtung behandelt wurde. Darüber hinaus waren die bunten und alternativen Listen aber auch darauf bedacht, sich von den etablierten Parteien dahingehend abzusetzen, dass bislang von diesen unberücksichtigte Interessen ins Hauptaugenmerk genommen wurden. „Das reichte dann von den Anliegen der Antiatomkraftgruppen über Mieter- und Stadtteilinitiativen bis zu den Forderungen von Lesbenvereinigungen.“[22]
Es lässt sich in diesem frühen Entwicklungsstadium der späteren grünen Partei also durchaus trennen zwischen dem bürgerlich-ökologischen Lager auf der einen Seite, das sich hauptsächlich mit ökologischen Fragen und Belangen der Antiatomkraft-Bewegung auseinandersetzte, und dem eher ideologisch geprägten links-alternativen Lager der bunten und alternativen Listen. „Die im Umfeld der akademischen Linkskultur seit den späten sechziger Jahren entstandene linkspolitische und ‚gegenkulturelle’ Infrastruktur vor allem in den Groß- und Universitätsstädten ermöglichte im Zuge der Transformation der neuen Linken weg von dogmatisierter Kaderpolitik hin zu praxisorientierter ‚Projektarbeit’ eine beachtliche Verbreitung.“[23] Die bunten und alternativen Listen rekrutierten sich also durchaus aus kommunistischen Gruppierungen wie beispielsweise dem Kommunistischen Bund (KB) in Hamburg oder auch der KPD in West-Berlin. Die Ursprünge dieser grünen Bewegung sind auch heute noch in der aktuellen Bundesregierung zu erkennen: der Bundesumweltminister Jürgen Trittin[24] war Mitglied des Kommunistischen Bundes in Göttingen.
So fand auch eine der ersten Gründungen einer bunt-alternativen Organisation mit dem Ziel, an einer Wahl teilzunehmen, im März 1978 in Hamburg statt. Führungspersönlichkeiten dieser neuen Partei-Organisation waren das ehemalige SPD-Parteimitglied Holger Strohm und der vom KB kommende Rainer Trampert. Auch hier wurde das Thema „Ökologie“ nicht schwerpunktmäßig, sondern eher am Rande behandelt. Hauptsächlich wurden Themen aufgegriffen wie die Kritik am Abbau demokratischer Rechte, der Kampf gegen die Diskriminierung von Minderheiten sowie die Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft. „Der allgemeinpolitische Teil des Programms glich einer Addition aller möglichen in der ‚undogmatischen Linken’ zu dieser Zeit vertretenen Forderungen und Überzeugungen.“[25] Bezeichnenderweise lautete der Wahl-Slogan der Bunten Liste Hamburg (BuLi) „Wir wollen alles“. Bei der Wahl in Hamburg 1978 reichte der Zuspruch der Wähler mit 3,5% der Stimmen dennoch nicht aus, um die 5%-Hürde zu überspringen und in die Bürgerschaft einzuziehen. Allerdings wurden immerhin zwei Sitze in der Bezirksversammlung in Hamburg-Eimsbüttel erreicht.
Eine Parteigründung ähnlicher Art gab es auch 1978 in West-Berlin. Hier war allerdings der Einfluss der maoistischen KPD auf die neu gegründete Alternative Liste schon kurz nach ihrer Gründung derartig stark, „dass sich prominente Gründungmitglieder wie der Rechtsanwalt Otto Schily schon im Oktober 1978 wieder zurückzogen.“[26] Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus erzielte die Alternative Liste auf Anhieb 3,7%.
Zur Vorgeschichte der grünen Parteigründung kann zusammenfassend festgehalten werden, dass die Vorstellungen der grünen Bewegung alles andere als homogen waren. Es standen sich Personen und Organisationen gegenüber, die einerseits eine ökologische Politik im Rahmen des vorhandenen Systems wollten, andere wiederum waren systemkritisch eingestellt und wollten allen eine parteipolitische Heimat geben, die sich durch die etablierten Parteien nicht mehr hinreichend vertreten fühlten. Man wollte schlicht alles, wie der oben erwähnte Wahlkampf-Slogan der Bunten Liste in Hamburg belegt. Doch mit den vorhandenen zahlreichen Organisationen und Interessengruppen der grünen Bewegung konnte man diesem Ziel (noch) keinen Nachdruck verleihen.
2.2 Die Umbildung der Bewegungen zu einer Partei
Obwohl die verschiedenen Gruppen der grünen Bewegung nur grundsätzliche Gemeinsamkeiten verbanden, entschloss man sich dennoch dazu, zusammenzuarbeiten. Auch der Zuspruch durch den Wähler wurde stärker. So schafften es Grüne erstmals, am 7. Oktober 1979 in Bremen mit 5,1% in ein Landesparlament einzuziehen. Und das, obwohl sie im grünen Spektrum nicht konkurrenzlos bei dieser Wahl waren: die „Alternative Liste für Demokratie und Umweltschutz“ trat ebenfalls bei den Wahlen zur Bremer Bürgerschaft an und holte 1,4% der Stimmen.
Im unmittelbaren Vorfeld der Parteigründung galt es allerdings, ein Problem zu lösen, nämlich die – aus Sicht von Teilen der kommunistischen Organisationen – Unvereinbarkeit der Programmatik ihrer jeweiligen Organisation und dem Grundsatzprogramm der zu gründenden grünen Partei. So war beispielsweise der Klassenkampf etwas Essentielles für den Kommunismus, der wiederum wurde aber von dem überwiegenden Teil der anderen nicht-kommunistischen Organisationen abgelehnt. Die Kommunisten wiederum trugen ihrerseits nicht gerade zu einer Entspannung der Problematik bei, indem sie forderten: „Das Programm der Grünen darf die Tatsache des Klassenkampfes nicht leugnen.“[27] Dennoch traten immer mehr Kommunisten den Grünen im Vorfeld des Gründungsparteitages bei und entschieden sich offensichtlich dafür, diesen Konflikt innerhalb der Grünen weiter auszutragen. Auch aus diesem Grunde stieg die Mitgliederzahl bald von 2.500 auf 10.000.[28]
Schließlich kam es im Januar 1980 zum Gründungsparteitag der Grünen. Die dort anzutreffenden Gegensätzlichkeiten beschreibt die Mitbegründerin und spätere Bundesvorsitzende der Grünen, Jutta Ditfurth: „Am Wochenende, dem 12. und 13. Januar 1980, barst die Stadthalle von Karlsruhe fast aus den Fugen: 1004 Delegierte wollten eine ganz neue Partei gründen. Rund 300 JournalistInnen beobachteten staunend oder hämisch einen Parteitag, wie sie ihn noch nie zuvor gesehen hatten: Bäuerliche BauplatzbesetzerInnen vom Kaiserstuhl begegneten radikalen FeministInnen aus Köln. Militante Brockdorf-DemonstrantInnen aus Hamburg und Hessen diskutierten mit christlichen PazifistInnen aus Bayern oder VogelschützerInnen aus Niedersachsen. Punks mit Schlipsträgern. KommunistInnen mit AnthroposophInnen. (…) Herbert Gruhl eröffnete den Kongress, was Petra Kelly gern gemacht hätte.“[29]
Der Gründungsparteitag verlief, angesichts der oben beschriebenen Zustände, recht turbulent. Der „bunte Haufen“ diskutiert insbesondere die Frage der Gewaltlosigkeit. Ein Antrag, der das „Recht auf Widerstand und soziale Notwehr“ gegen staatliche „Gewaltmaßnahmen und Unterdrückung“ fordert, wird allerdings vom Plenum abgelehnt. Dieses spricht sich schließlich für eine Gewaltfreiheit im Rahmen des Grundgesetzes aus, streicht aber die Ablehnung von Revolutionen. Damit wird die Voraussetzung für das später im Bundesprogramm von den Grünen beschriebene „Notwehrrecht“ geschaffen, das ausdrücklich "sozialen Widerstand" mit einbezieht. Dieser Punkt der Gewaltfreiheit sollte später im Zuge des Kosovo-Krieges erneut kontrovers innerhalb der Partei diskutiert werden.
Die andere große Diskussion ging um die Frage der Doppelmitgliedschaft: Sollen Mitglieder von kommunistischen Parteien und sonstigen Organisationen und Splittergruppen, den so genannten K-Gruppen, auch Mitglied der Grünen sein dürfen? Dies wird mit knapper Mehrheit abgelehnt, was jedoch kein erneutes Aufflammen der Diskussion in dieser Frage verhindert. Da für eine Parteigründung die Satzung mit zwei Dritteln der Delegierten-Stimmen beschlossen werden muss, kommt es zu einem Kompromiss, um eine Verabschiedung der Satzung mit einer entsprechenden Mehrheit zu ermöglichen. Schließlich stimmt eine Mehrheit dafür, dass die Landesverbände selbstständig Übergangsregelungen treffen können. Damit wird der ursprünglich verabschiedete Unvereinbarkeitsbeschluss ausgehebelt. Die Vorstandswahlen und die Verabschiedung des Parteiprogramms werden auf die zweite Bundesversammlung der Grünen im März 1980 in Saarbrücken verschoben, die vom 21. bis 23. März 1980 findet in Saarbrücken stattfand. Auf dieser Versammlung wurden Petra Kelly, August Haußleiter und Norbert Mann zu Vorsitzenden der neuen Partei gewählt. Ferner wurde in Saarbrücken auch das Bundesprogramm der Partei entwickelt und beschlossen. Hierbei werden bereits in der Präambel zum Parteiprogramm die grundsätzlichen Positionen der Grünen (Ökologisch, sozial, basisdemokratisch, gewaltfrei) dargelegt und jeweils kurz erläutert.
Demnach bedeutet die ökologische Ausrichtung der Grünen, dass man eine Politik „der aktiven Partnerschaft mit der Natur und dem Menschen“[30] betreiben wolle, da der Mensch ein Bestandteil des Ökosystems und auf dieses gleichsam angewiesen sei, weshalb man die Stabilität des Ökosystems nicht zerstören dürfe. Ein ökologisches Element schimmert auch im zweiten Merkmal „sozial“ durch. Die Vernichtung der Umwelt führe „dazu, dass trotz steigender Einkommen eine reale Verarmung stattfindet, deren Opfer neben den Einkommensschwachen vor allem Kinder, Jugendliche, Alte und Behinderte sind. (…) Offensichtlich wird dieser gesellschaftliche Zustand auch durch die Tatsache, dass die Frauen in fast allen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt und unterdrückt werden.“[31]
Das basisdemokratische Prinzip wiederum impliziert verstärkt den Willen, direktdemokratische Elemente im Sinne der Subsidiarität durchzusetzen und zu etablieren. „Der basisdemokratische Katalog stellt sich (…) als Flickenteppich zahlreicher Regelungen dar, die in zwei Richtungen zielten. Zum einen sollten die Regelungen innerparteiliche Dezentralität und Autonomie der einzelnen Ebenen und Gliederungen sichern, zum anderen wurde versucht, FunktionsträgerInnen an den ‚Basiswillen’ der jeweiligen Organisationsebene anzubinden. Der Widerspruch zwischen einem dezentral-autonomen und einem rätedemokratisch-zentralistischen Element im Konzept der Basisdemokratie blieb bestehen.“[32]
Insbesondere im Prinzip der Basisdemokratie erfolgt eine deutliche Abgrenzung zu den bereits etablierten Parteien: „Unser inneres organisatorisches Leben (…) ist das genaue Gegenbild zu den in Bonn etablierten Parteien. Diese sind unfähig und nicht willens, neue Ansätze und Gedanken und die Interessen der demokratischen Bewegung aufzunehmen“[33], womit auch gleichzeitig die zukünftig zu erwartenden Konflikte mit den Altparteien aufgezeigt werden, mit denen man bei programmatischen Übereinstimmungen durchaus zusammenarbeiten wolle.
Auch wolle man eine gewaltfreie Politik fördern, die jedoch nicht das Recht auf Notwehr berühren solle. Vielmehr bedeute der Grundsatz der Gewaltfreiheit, in den internationalen Beziehungen eine aktive Friedenspolitik zu etablieren, die allerdings ohne den Einsatz von Waffengewalt erfolgen solle. Denn „weltweit müssen die Atom-, biologischen und chemischen Waffen vernichtet werden, fremde Truppen müssen von fremden Territorien abgezogen werden.“[34]
Dem offensichtlichen Anliegen großer Teile der grünen Bewegung, dem Ausstieg aus der Atomenergie, wird jedoch interessanterweise kein gesonderter Raum gewidmet. Vielmehr wird dieser Punkt lediglich in der Einleitung der Präambel unter anderen Punkten abgehandelt: „Es bildeten sich Tausende von Bürgerinitiativen, die in machtvollen Demonstrationen gegen den Bau von Atomkraftwerken antreten, weil deren Risiken nicht zu bewältigen sind und weil deren strahlende Abfälle nirgends deponiert werden können (…).“[35]
Mit diesem Programm wollten die Grünen nun bei den kommenden Bundestagswahlen 1980 antreten. Diese erste Teilnahme war im Ergebnis „für die Parteiaktivisten eine herbe Enttäuschung. Sie erhielten nur 1,5 Prozent der Wählerstimmen. Die Wahlerfolge der Landesverbände von 1981 und 1982[36] hatten jedoch einen mobilisierenden Effekt auf die Bundespartei.“[37] Dies äußerte sich dann schon bei den vorgezogenen Bundestagswahlen 1983 mit 5,6%[38] der Stimmen und es gelang mit 27 Sitzen der Einzug in den Deutschen Bundestag. Dies ist zweifelsohne, drei Jahre nach der Parteigründung, als großer Erfolg zu werten. Doch der erste wahre Höhepunkt, die erste Beteiligung an einer Regierung, stand den Grünen noch bevor.
Allerdings, das lässt sich hier bereits herausstellen, standen die Grünen symbolisch für einen bis dahin nicht abzusehenden Wandel in der Parteienlandschaft in der BRD. Bei der Bundestagswahl 1976 wurden die drei bereits etablierten Parteien noch von 99,7% der teilnehmenden Wähler gewählt. „Seit dieser Zeit haben sich zunehmend Erosionsprozesse bemerkbar gemacht, die durch die fortschreitende soziale Differenzierung und einen partiellen gesellschaftlichen Wertewandel mit verursacht wurden. Seit Ende der 70er Jahre manifestierten sich diese zuerst in der dauerhaften Etablierung der Grünen als neuem Typus einer basisdemokratischen grün-alternativen bzw. links-libertären Partei.“[39] Allgemein aber war die Entstehung der Grünen eines der markantesten Merkmale der Transformationsphase im bundesrepublikanischen Parteinspektrum, nicht auch zuletzt, weil sie „mit ihren basisdemokratischen Ansprüchen viele Positionen und Rituale des eingeschliffenen Parlamentarismus“[40] nachhaltig veränderten. Mit dem Parteiprogramm von 1980 jedenfalls ist die Gründungsphase abgeschlossen.
2.3 Erste Regierungsverantwortung in Hessen
In Hessen gelang 1982 der Sprung in den Landtag noch deutlicher, als es ein Jahr später auf Bundesebene geschah. Nachdem Die Grünen bei den Landtagswahlen 1978 lediglich 2% der Stimmen auf sich vereinigen konnte, gelang 1982 eine Vervierfachung des vorherigen Wahlergebnisses und Die Grünen zogen mit 8% der Stimmen in den hessischen Landtag ein.
Nachdem die Koalition aus SPD und FDP auf Bundesebene im selben Jahr scheiterte, entschloss man sich kurz darauf, diese auch auf Landesebene in Hessen nicht weiter fortzusetzen, weshalb es am 1. Dezember 1982 zum Bruch kam. Vom 2. Dezember 1982 an kam es nun zu einer Minderheitsregierung der SPD unter Tolerierung durch Die Grünen, denn von Seiten der SPD wollte man (noch) keine Koalition mit der neuen Partei. Grund hierfür waren die Proteste, hauptsächlich von Mitgliedern und Sympathisanten der Grünen, gegen die neue Startbahn West des Frankfurter Flughafens im Frühjahr desselben Jahres. Fast schon legendär die Reaktion des Ministerpräsidenten Börner auf diese Vorgänge: „Ich bedauere, dass es mir mein hohes Staatsamt verbietet, den Kerlen eins in die Fresse zu hauen. Früher auf dem Bau hat man solche Dinge mit Dachlatten erledigt.“[41] Angesichts dieser Töne wird die Abneigung der SPD gegen eine Koalition mit den Grünen und die Wahl der Option „Minderheitsregierung“ mehr als nachvollziehbar. Dittberner machte gar eine allgemeine anfängliche Abneigung aller Parteien gegen die Grünen aus.[42]
Da Minderheitsregierungen aber (zumindest in Deutschland, weniger beispielsweise in Skandinavien) latent instabile Verhältnisse darstellen[43], kam es bereits 1983 zu Neuwahlen in Hessen, in deren Folge Die Grünen auf 5,9% der Stimmen absanken. Doch auch jetzt war eine rot-grüne Koalition nicht gewünscht und es kam erneut zunächst zu einer Minderheitsregierung, bevor sich 1985 eine feste Koalition aus SPD und den Grünen entwickelte. Eine Neuauflage der sozial-liberalen Koalition von Anfang der ´80er war keine wirkliche Option, zu tief saß offensichtlich der Stachel des einstmaligen Bruches. So hatten es Die Grünen also vorerst geschafft: sie waren an der Regierung (beteiligt). Doch war dies überhaupt das genuine Ziel der Grünen in ihren Anfängen gewesen? Hatten sich die Grünen nicht erst als Reaktion auf die ihrer Meinung nach Missachtung der Interessen breiter Massen der Bevölkerung durch die „etablierten Parteien“ gegründet? „Ob ein solches widersprüchliches Bündnis den einzig gangbaren Weg weist, auf dem grüne Politik realisiert werden kann, oder ob es umgekehrt den Verrat an den grünen Überzeugungen einleitet – diese Frage sollte die Partei über Jahre hinweg beherrschen.“[44] Letztlich mündete dieser Weg bekanntermaßen in der Koalition mit der SPD zur gemeinsamen Bundesregierung ab 1998.
Eingangs erwähnte ich bereits, dass Die Grünen (zumindest anfänglich) eine Fundamentalopposition wollten, und die systemkritischen Stimmen durchaus zahlreich vorhanden waren. Zu diesem Wandel, der letztlich in der Regierungskoalition in Hessen kulminierte, bemerkte Buchsteiner in der ZEIT zutreffend: „Diese fundamentale Opposition verlor sich in dem Maße, in dem Grüne in die Kommunal- und Länderparlamente einzogen und die ‚bestehenden Herrschaftsverhältnisse’ (Bundesprogramm) mit Fahrradwegen oder Frauenbeauftragten stabilisieren halfen. Über die Jahre versöhnten sich die Grünen mit dem ‚System’. Aus der Bewegung wurde eine Partei, aus außerparlamentarischer Opposition wurde parlamentarische und schließlich, 1985 in Hessen, Regierungsbeteiligung. Utopien schmolzen zu Projekten, dann zu Gesetzen.“[45]
Die Grünen stellten mit Joseph Fischer den Umweltminister; er war deutschlandweit das erste Mitglied der Grünen in einer Regierung. „Seine Vereidigung am 12. Dezember 1985 in Turnschuhen, Jeans und Sportsakko sorgt für Aufsehen. Grundlegende politische Forderungen in der Umweltpolitik kann er nicht durchsetzen. So bleiben der Ausstieg aus der Kernenergie und ein Sofortprogramm in Sachen Müllentsorgung aus. Die Verlegung von Umweltgiften des Chemiekonzerns Hoechst auf die Sondermülldeponie Schönberg in der DDR während seiner Amtszeit zieht eine Verwaltungsklage der Stadt Lübeck und die erste Demonstration von Grünen gegen den eigenen Minister nach sich.“[46] Neben Fischer wurde Marita Haibach als Staatssekretärin für Frauenfragen unmittelbar an der Regierung beteiligt. Als Die Grünen am 8. Februar 1987 androhen, die Koalition unter Führung von Holger Börner zu verlassen, sollte er die Genehmigung des Hanauer Nuklearunternehmens Alkem aufrechterhalten, entlässt dieser Fischer einen Tag später als Umweltminister des Landes Hessen. Die Koalition bricht auseinander und es kommt am 5. April 1987 zu Neuwahlen. Die neuen Konstellationen lassen nun keine Neuauflage der rot-grünen Koalition mehr zu und es gibt eine Koalition aus CDU und FDP. Der ehemalige Umweltminister Fischer übernimmt von nun an die Funktion des Fraktionsvorsitzenden der Grünen.
Es schien fast so, als ob Teile der Spitze der Grünen in Hessen das Agieren in einer Regierung erst noch erlernen mussten. Stellten sie doch das eigene Parteiprogramm stark erhöht über die Koalition. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Grünen den hessischen Ministerpräsidenten Börner erpressen wollten, um ihr eigenes Programm des Atomausstieges zu verwirklichen. Hintergrund war das Genehmigungsverfahren für das Atom-Unternehmen Alkem, das die Grünen lieber heute als morgen gestoppt sehen wollten. Börner sollte daher diesem Unternehmen keine Betriebserlaubnis erteilen, andernfalls wolle man die Koalition verlassen. Dass dies zwangsläufig einen Bruch der Koalition nach sich ziehen würde, konnte man auch ohne jegliche Regierungserfahrung wissen. Das Stilmittel der Erpressung ist keines, was in einer Koalition angewendet werden sollte, die man fortsetzen will. Zu diesem Zeitpunkt scheinen die Grünen also nicht Willens, ihre Programmatik dem Machterhalt zu opfern. Ihrem Zuspruch durch den Wähler tat diese Haltung indes keinen Abbruch, wie die Wahlergebnisse von 1983 mit 5,9% und dem Zuwachs auf 9,4% in 1987 belegen.
Die Epoche vom Frühjahr 1984 bis zur Bundestagswahl 1987 wird in der Literatur auch stets als das so genannte goldene Zeitalter, die erfolgreichste Zeit der Grünen bezeichnet,[47] was durchaus als zutreffend zu bezeichnen ist, wenn man die Wahlergebnisse in dieser Zeit zugrunde legt[48]. Immerhin war man in dieser Zeitspanne in sieben Landtagen vertreten, sowie im Bundestag nach zweimaligem Einzug in denselben als vierte politische Kraft auf Bundesebene fast schon etabliert. Im Übrigen war das Phänomen des Auftretens grüner Parteien kein spezifisch deutsches Phänomen, sondern erstreckte sich in dieser Epoche über große Teile Westeuropas, wie Müller-Rommel in seiner Arbeit belegen konnte. „Neu gegründete Grüne (Klein-) Parteien sind über einen relativ kurzen Zeitraum in nahezu allen westeuropäischen Ländern entstanden und elektoral relativ stabil geblieben. (…) Politiktheoretisch deutet dieser Befund darauf hin, dass die von Lipset und Rokkan prognostizierten langfristig stabilen Parteiensysteme gegenwärtig einem Erosionsprozess unterliegen, der (…) die nationale Ebene der Parteiensysteme erreicht.“[49]
Auffällig zu beobachten war in dieser Phase, dass die Partei offensichtlich „Lust am Untergang“ zeigte. Auf das „goldene Zeitalter“ der stetig steigenden Wahlerfolge folgten direkt heftige innerparteiliche Diskussionen, ausgetragen in Flügelkämpfen. Dies verwischte das Bild, das die Grünen in der Öffentlichkeit abgaben – genaue Zielsetzung und der Weg dorthin bleiben unklar.
2.4 Diskussion über Weg und Ziel – Flügelkämpfe
Doch die Auseinandersetzung zwischen den „Realos“ und den „Fundis“ der Partei schien bereits absehbar, als am 25. Januar 1986 in Frankfurt das erste bundesweite Realo-Treffen stattfand, dem im März 1986 ein bundesweites Treffen der „Linken in den Grünen“ folgte.[50] Jene „Polarisierung der Gruppenkämpfe erschien den Parteiakteuren und einer zunehmend irritierten Öffentlichkeit als unaufhebbares Kennzeichen der innerparteilichen Gruppenkonflikte. Alle, wenn auch halbherzigen Versuche, ‚die Mitte’ zur organisieren, scheiterten. (…) Der Vorstand war Kampfplatz der Gruppierungen, unfähig zur Integration; die Appelle von Akteuren, die nicht mit den Hauptgegnern der ‚Realos’ und ‚Fundis’ identifiziert wurden, gingen ins Leere.“[51]
Vor diesem Hintergrund erschien es fast schon logisch, dass sich der parteiinterne Streit um den zukünftigen Kurs der Partei nach der Bundestagswahl 1987 verschärfte. Otto Schily, eines der Gründungsmitglieder der Grünen, gab bekannt, dass er über seine weitere Mitarbeit in der Fraktion nachdenke. 1989 trat er schließlich aus der Partei aus und wechselte zur SPD. Die Gruppe „Aufbruch“ um die heutige Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer trat Ende der achtziger Jahre als Mediator zwischen den verschiedenen rivalisierenden parteiinternen Flügeln auf. Mit mäßigem Erfolg.
Die Auseinandersetzungen zwischen den „Realos“ und den „Fundis“ drohte zu eskalieren. „Auf der Seite der Radikaleren hatten sich die Kontrahenten früherer Jahre, Trampert und Bahro, zur gemeinsamen Abwehr der Realos zusammengefunden. Bahro selbst trat in messianistischer Pose vor die Delegierten, kündigte den Realos ‚feindliches Hinterland’ an, wenn sie von ihrem Weg nicht abließen und meinte, allein der Volksaufstand, nicht aber parlamentarische Reformpolitik könne gegen die ‚Megamaschine’ etwas ausrichten. In seiner Rede verglich er den Aufstieg der Grünen sogar mit dem der Nationalsozialisten, was ihm ein Pfeifkonzert der Delegierten eintrug.“[52] /[53] Die angesprochenen Realos aber – Wortführer waren hier Joseph Fischer, Hubert Kleinert, Waltraud Schoppe und Otto Schily – sahen die Notwendigkeit einer Annäherung an die SPD, bei deren Programmatik offensichtlich noch am meisten Übereinstimmungen ausgemacht wurden. Nach Auffassung der Realos sei ein angedachter ökologischer Umbau der Gesellschaft sowie der Politik ohne parlamentarische Mehrheiten von vornherein zum Scheitern verurteilt. Und für eben solche parlamentarische Mehrheiten galt es, sich programmatisch zu positionieren.
Problematisch hierbei war nur, dass sich die Partei der Grünen ohnehin nur in grundsätzlichen Fragen wie den oben erwähnten Prädikaten „ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei“ einig war. „Die Menge an darüber hinausreichenden Gemeinsamkeiten war zunächst verschwindend gering.“[54] Wie der Name schon erahnen lässt, strebten die „Fundis“ eine Rückbesinnung auf die einstmaligen, die fundamentalen Werte der grünen Bewegung an. Eine Beteiligung an einer Regierung etwa, wie in Hessen, stellte für sie einen eklatanten Bruch des Grundwertekonsenses der Partei dar. Was war aus dem Vorhaben einer „Fundamentalopposition“ und dem einer „Anti-Parteien-Partei“ geworden? Die „Fundis“ wollten diesen Wandel des Selbstverständnisses der Partei nicht mitgehen. Die „Realos“ hingen „akzeptierten die grundlegenden Spielregeln der Mehrheitsdemokratie und sahen in einem Kurs des ökologischen Reformismus die einzige Chance, mit der neuen Partei politisch auch längerfristig etwas bewegen zu können.“[55]
Die oben dargelegte parteiinterne Diskussion erinnerte manchen Beobachter an die Anfänge und die Grundsatzdebatten in der SPD, worin es um „Einsteigen oder Draußenbleiben“[56] ging. Sollte man „das System“ außerparlamentarisch bekämpfen, oder parlamentsintern helfen, es nach eigenen Grundsätzen zu verändern und ggf. zu reparieren?
Letztlich sollte der Realo-Flügel bei zukünftigen sensiblen Entscheidungen (z.B. die Anwendung militärischer Gewalt o.ä.), dies kann ich an dieser Stelle bereits vorwegnehmen, stets die Oberhand in der Partei behalten, was sich schon Mitte der ´80er Jahre andeutete. Legt man Ditfurths – zur damaligen Zeit eine prominente und medienpräsente Vertreterin des linken Spektrums der Grünen – „Feuer in die Herzen“[57] zugrunde, muss man fast zwangsläufig den Schluss ziehen, dass ein Obsiegen der „Realos“ unausweichlich war. Zu unkonkret, teilweise fast schon paranoid, waren die Ideologiegebilde der „Fundis“. So werden Parteien, die ebenfalls ökologische Politikinhalte vertreten, kurzerhand als „Ökofaschisten“[58] bezeichnet, Pränataldiagnostik mit Gen- und Reproduktionstechnologien gleichgesetzt[59] (was biologisch gesehen, vorsichtig ausgedrückt, Unsinn ist) sowie eine Verschwörungstheorie aus Genforschung und Atomtechnologie bzw. -industrie gesponnen[60]. Ausdruck dieses innerparteilichen Zwistes zwischen dem „Realo-Flügel“ und dem „Fundi-Flügel“ spiegelte sich am deutlichsten bei einem Streitgespräch zwischen dem Realo Fischer und dem Fundi Milan Horaček (enger Vertrauter Jutta Ditfurths) wider, das am 1. Oktober 1982 bzgl. der Tolerierung einer SPD-Minderheitsregierung in Hessen stattfand:
„Horaček: Wenn wir über eine politische Verantwortung für die Zukunft sprechen müssen, dann auf der Grundlage einer anderen SPD.
Fischer: Du willst das ja überhaupt nicht. Du bist doch hybrid. (…)
Horaček: Mit dieser SPD und diesem Börner sicher nicht…
Fischer: Wieso geht das nicht? Was geht denn dann noch? Wozu wählt man dich denn? Ich frage mich ehrlich, wozu habe ich grün gewählt?
Horaček: Nicht für das, dass ich mit Börner ins Bett gehe, das ist doch logisch.
Fischer: Ja für was denn?
Horaček: Dass wir ihn unterstützen, in einer Minderheitsregierung, oder was?
Fischer: Was willst du denn machen?
Horaček: Ja bist du bescheuert oder was? Wenn du nichts anderes meinst, dann hast du da was falsch gemacht, dann solltest du dein Kreuz sofort bei der SPD machen.“[61]
Aus einem Streit dieser Natur heraus lässt sich vieles vermuten – eine friedliche und stille Beilegung jedenfalls nicht. Es deutete sich schon an, dass mittelfristig eine der beiden parteiinternen Gruppen die Partei würde verlassen müssen.
Als Konsequenz sollten die Realos den innerparteilichen Machtkampf gewinnen. Dies bereitete den Weg hin zu einer Regierungsbeteiligung, die die Fundis nie wirklich gewollt haben. Es wurde also eine Grundlage geschaffen für einen ersten Wandel der Grünen: War sich die Partei bislang womöglich unklar über Weg und Ziel, so wurde dies mit dem Obsiegen der Realos klarer. Ein erster Wandel also, der noch weit vor der ersten Regierungsbeteiligung auf Bundesebene stattfand. Eine weitere Grundlage für einen möglicherweise später folgenden Wandel stellte die Vereinigung mit dem realistischeren oder pragmatischeren ostdeutschen Bündnis 90 dar.
Die Auseinandersetzung zwischen den Realos und den „Fundis“ überdeckte eine allmähliche Abkehr vom Schwerpunktthema der Grünen, der Umweltpolitik. Für eine Partei ist eine Veränderung ihrer Themenschwerpunkte an sich ein gewöhnlicher Vorgang. Nicht so bei den Grünen, war doch eine ökologische Politik einer der Gründe, aus der grünen Bewegung heraus überhaupt erst eine Partei entstehen zu lassen. Beobachtet man das Wirken der Partei in den ´80ern, so muss man feststellen, „dass die Grünen offensichtlich mit Umweltpolitik nichts mehr im Sinne haben“[62], was u.a. an den Inhalten der Parteitage, z.B. dem in Hamburg im Dezember 1984, zu entnehmen war, wo ökologisch relevante Tagesordnungspunkte deutlich in der Unterzahl waren.
Die Anteile der jeweiligen Flügel sind in der Literatur allerdings nur mit neuerem Datum zu finden und auch nicht hinreichend belegt – es bleibt bei subjektiven Schätzungen.[63] Nachvollziehbar ist hingegen, dass diese Strömungen „vor allem ein Phänomen der Bundesebene“ sind, „in Orts- und Kreisverbänden sind sie marginal“.[64] Obwohl zum Flügel der „Realos“ gehörend und damit der parlamentarischen Demokratie gegenüber spätestens seit dem Einzug in den Bundestag eigentlich wohl gesonnen, machte auch Fischer herabsetzende Bemerkungen über den Parlamentarismus, indem er den Bundestag als „eine unglaubliche Alkoholikerversammlung“ bezeichnete.[65] Weithin bekannt auch seine Beschimpfung des Vize-Präsidenten des Bundestages, Stücklen, nach einem Sitzungsausschluss („Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch, mit Verlaub!“[66] ). Letztlich war es aber wohl so, wie Fischer in einer Biographie zitiert wird: „‚Wenn man Tag und Nacht und sieben Tage in der Woche hinter der Revolution herackert, dann weiß man nach sieben Jahren nicht mehr, was Wahn und was Wirklichkeit ist, und man beginnt sich selbst zu verlieren.’“[67]
Trotz der fortwährend mit großer Heftigkeit ausgetragenen Flügelkämpfe, in denen sich die nicht „beseitigte“ innere politische Differenziertheit der Partei offenbarte, gelang es den Grünen bei der Bundestagswahl 1987, die Anzahl ihrer Mandate von 28 auf 44 zu erhöhen.
Bei der ersten Bundestagswahl nach der deutschen Wiedervereinigung im Dezember 1990 erlitten Die Grünen dann allerdings eine schwere Wahlniederlage. Mit 4,8 % scheiterten sie auf dem westdeutschen Wahlgebiet an der 5%-Hürde. Offensichtlich hatten Die Grünen bei ihrer Wahlkampfkonzeption das Thema der deutschen Einheit unterschätzt und, gemäß ihrer ökologischen Grundausrichtung, die drohende Klimakatastrophe zum Hauptthema erkoren. Im Geiste der Wiedervereinigung war dies wohl ein Thema, das ihre Wählerklientel, die sie knapp vier Jahre zuvor in den Bundestag gebracht hatte, nicht als maßgeblich genug empfanden, um Die Grünen auch zu wählen.
Allerdings veränderte sich im Zuge der Wiedervereinigung auch der bisherige Ost-West-Gegensatz, die makropolitischen Parameter verschoben sich. Nachdem gleichsam mit dem Fallen des „eisernen Vorhangs“ der Sozialismus im Osten von der Weltbühne weitgehend verschwand, gab es nur die einzig verbliebene Supermacht USA. Diese Vorgänge machten eine programmatische Neuorientierung der Grünen unumgänglich.
Parallel zur einsetzenden Debatte verließen, was zu erwarten war, viele der „Fundis“ zu Beginn der ´90er Die Grünen. Nach Auffassung der Parteilinken hätte die Partei „den Parlamentsbetrieb mit einem weiteren etablierten Exemplar angereichert und sich dadurch überflüssig gemacht“.[68] Teile der ausgetretenen ehemaligen Grünen um die „Galionsfigur“ Jutta Ditfurth gründeten 1991 die Partei „Ökologische Linke“, sie blieben aber im weiteren Verlauf im Parteienspektrum der Bundesrepublik bedeutungslos.
Allerdings brach mit den Austritten das äußere linke Spektrum innerhalb der Grünen, das in der Gründungsphase eine durchaus dominante Rolle spielte, weitgehend weg. Als Folge rückten die im Vergleich zu den ehemaligen „Fundis“ gemäßigten linken Gruppen, die im Gegensatz zu diesen tendenziell eher auf Konsens denn auf Konfrontation mit den „Realos“ ausgerichtet waren, automatisch an den freigewordenen linken Rand der Partei, wodurch die gesamte Partei etwas mehr in die politische Mitte rückte. Innerparteilich aber änderte sich nichts Grundsätzliches. „Einem linken Lager stand, auf das Richtungszentrum der Partei bezogen, ein rechtes gegenüber. Dabei erreichten die organisierten Strömungskerne nicht mehr als ein gutes Drittel der Parteitagsdelegierten“[69].
Durch den Wegfall der „Fundis“ als politisches Korrektiv rückte die Partei allerdings nicht nur weiter in die Mitte, innerparteilich entstand auch eine neue Situation: gab es zuvor eine Konkurrenzsituation zwischen den „Realos“ und den „Fundis“ im Kampf um die Parteilinie (was Olzog / Liese als „Strömungsdualismus“ bezeichnet), musste man sich nun programmatisch und organisatorisch neu aufstellen. „Die Überwindung des Strömungsdualismus führte zunächst in eine unprofilierte Beliebigkeit. Bis zur Bundestagswahl (1990, Anm. d. Aut.) vermochten die Grünen nicht, die sich ergebenden Probleme in der Partei in den Griff zu bekommen. (…) Es folgte (…) nach dem Zusammenschluss von Ost- und Westgrünen zur Bundespartei die Vorbereitung des Zusammenschlusses mit dem aus der Bürgerbewegung stammenden Bündnis 90 und die Konstituierung als Gesamtpartei Bündnis 90/Die Grünen (…).“[70]
[...]
[1] Brecht, Bertold: Geschichten vom Herrn Keuner. Frankfurt am Main 1971, S. 26
[2] Vgl. Riecker, Joachim: Angst vor falsch verstandenen Zitaten. Am 20.4.2005 unter: http://www.frankfurter-hefte.de/ausschnitt/kultur_6.html
[3] Raschke, Joachim: Die Zukunft der Grünen – So kann man nicht regieren. Frankfurt am Main/New York, 2001, S. 440
[4] Klein, Markus / Arzheimer, Kai: Grau in Grau – Die Grünen und ihre Wähler nach eineinhalb Jahrzehnten; in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Nr. 49, 1997, S. 650 – 673; oder auch Klein, Markus / Arzheimer, Kai: ist der Apfel faul, wenn die Birne riecht? Eine Erwiderung auf Ulrich Kohler, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Nr. 50, 1998, S. 742 – 749
[5] Kohler, Ulrich: zur Attraktivität der Grünen bei älteren Wählern; in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Nr. 50, 1998, S. 536 – 559; oder auch Kohler, Ulrich: Zur Untersuchung von Parteiidentifikation, Wahlabsicht und Wahlverhalten – Antwort auf Markus Klein und Kai Arzheimer, in: : Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Nr. 50, 1998, S. 750 – 754
[6] Lamla, Jörn: Grüne Politik zwischen Macht und Moral. Campus Verlag, Frankfurt / New York 2002
[7] Ditfurth, Jutta: Das waren die Grünen – Abschied von einer Hoffnung. München 2000, S. 325
[8] Radcke, Antje: Das Ideal und die Macht – Das Dilemma der Grünen. Berlin 2001, S. 262f.
[9] Exemplarisch sei hier erwähnt Kleinert, Hubert: Vom Protest zur Regierungspartei – Die Geschichte der Grünen. Frankfurt 1992
[10] Heutiger offizieller Name der Partei lautet „Bündnis 90/Die Grünen“. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werde ich sie allerdings der Vereinfachung halber mit „Die Grünen“ oder „Grüne“ bezeichnen.
[11] Kleinert, Hubert: Aufstieg und Fall der Grünen – Analyse einer alternativen Partei. Bonn 1992, S. 14
[12] Beispielweise trat bei den Bürgerschaftswahlen 1978 in Hamburg eine „Bunte Liste“ an, die 3,5 % der Stimmen erhielt. Ebenso wie die Westberliner Alternative Liste, die bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im März 1979 3,7 % der Stimmen erhielt, verstand man sich ganz ausdrücklich nicht als Partei, sondern als unverbindlicher Zusammenschluss so genannter nicht etablierter Initiativgruppen.
[13] Dieser Begriff wurde durch das Gründungsmitglied Petra Kelly geprägt und fortan auch in der vorliegenden wissenschaftlichen Literatur zur Charakterisierung dieser Entwicklungsphase von Die Grünen weiter verwendet.
[14] Murphy, Detlef / Roth, Roland: In (nicht mehr gar so) viele Richtungen. Die Grünen – Ein Artefakt der Fünf-Prozent-Klausel? In: Roth, Roland / Rucht, Dieter (Hrsg.): Neue soziale Bewegungen in der Bundesrepublik Deutschland. 2. Auflage, Bonn 1991, S. 415ff (S. 415 – 440)
[15] Das waren die so genannten „Fundis“, die die Grünen strikt außerparlamentarisch halten wollten und anfänglich keinerlei Regierungsverantwortung anstrebten, worauf später in der Arbeit noch eingegangen wird.
[16] Raschke, Joachim: Die Grünen – Wie sie wurden, was sie sind. Köln 1993, S. 769
[17] Näheres zu diesen Vorgängen vgl.: Ascheberg, R.: AL und SPD – radikal in der Ablehnung…? In: Informationsdienst Alternative Kommunalpolitik, Heft 1/2, Juli/August 1981, S. 38 ff.
[18] Buchsteiner, Jochen: Einmal Tschernobyl und zurück; in: Die Zeit Nr. 28, 1999, am 4.7.2005 unter: http://www.zeit.de/archiv/1999/28/199928.gruene_.xml
[19] Im weiteren Sinne bedeutet hier, dass das Hauptaugenmerk auf dem Umweltschutz lag, wobei aber insbesondere auch die Gewinnung von Energie aus Atomkraftwerken abgelehnt wurde.
[20] Kleinert, Hubert: Vom Protest zur Regierungspartei – Die Geschichte der Grünen. Frankfurt am Main 1992, S. 14f.
[21] Vgl. ebenda, S. 22
[22] Kleinert, Hubert (1992a): S. 25
[23] Ebenda, S. 23
[24] Vgl. Jürgen Trittin, unter: http://www.goest.de/trittin.htm am 30.3.2005
[25] Kleinert, Hubert: Vom Protest zur Regierungspartei – Die Geschichte der Grünen. Frankfurt am Main 1992, S.18
[26] Kleinert, Hubert: Vom Protest zur Regierungspartei – Die Geschichte der Grünen. Frankfurt am Main 1992, S.19
[27] Schroeren, Michael (Hrsg.): Die Grünen – 10 bewegte Jahre. Wien 1990, S. 218
[28] Vgl. Ditfurth, Jutta: Das waren die Grünen – Abschied von einer Hoffnung. 3. Auflage, München 2001, S. 69
[29] Ebenda, S. 71
[30] Archiv Grünes Gedächtnis. Die Präambel zum Parteiprogramm der Grünen.
[31] ebenda
[32] Heinrich, Gudrun: Basisdemokratie – Regelungen und Visionen; in: Raschke, Joachim: Die Grünen – Wie sie wurden, was sie sind. Bund Verlag, Köln 1993, S. 492
[33] ebenda
[34] ebenda
[35] ebenda
[36] Hier sind die Landtagswahlen in West-Berlin 1981 (7,2%), Hamburg 1982 (7,7% bzw. 6,8%), Hessen 1982 (8,0%) und Niedersachsen 1982 (6,5%) zu nennen, in denen Die Grünen jeweils in Fraktionsstärke in die Landtage einzogen.
[37] Müller-Rommel, Ferdinand: Grüne Parteien in Westeuropa. Opladen 1992, S. 63
[38] Als Quelle für dieses und folgende Wahlergebnisse auf Bundesebene und die damit verbundene Sitzverteilung diente: Bundestag, unter: http://www.wahlrecht.de/ergebnisse/bundestag.htm
[39] Poguntke, Thomas: Parteiorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland: Einheit in der Vielfalt? In: Gabriel, Oscar W. / Niedermayer, Oskar, Stoss, Richard (Hrsg.): Parteiendemokratie in Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung, 2. Auflage, Bonn 2001, S. 257
[40] Alemann, Ulrich von: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 2001, S. 63
[41] Nitzschke, Bernd: Goethe ist tot, es lebe die Kultur; in: Moebius, Paul J.: Über das Pathologische bei Goethe. Mattes & Seitz, München 1982, S. 19
[42] Vgl. Dittberner, Jürgen: Sind die Parteien noch zu retten? Berlin 2004, S. 223
[43] Bezeichnenderweise sprach man fortan bei politisch instabilen Verhältnissen stets von „hessischen Verhältnissen“ (vgl. Abendroth, Elisabeth / Böhme, Klaus: Drei Hessen unter einem Hut; in: Wehling, Hans-Georg (Hrsg.): Die deutschen Länder – Geschichte, Politik, Wirtschaft. Leske & Budrich, Opladen 2000, S. 137) Die Möglichkeit einer Minderheitsregierung war bislang in Deutschland noch terra incognita (bis sich eine Minderheitsregierung mit dem so genannten Magdeburger Modell wiederholte, als sich die SPD durch die PDS in Sachsen-Anhalt tolerieren ließ).
[44] Geis, Matthias / Ulrich, Bernd: Der Unvollendete – Das Leben des Joschka Fischer. Alexander Fest Verlag, Berlin 2002, S. 99
[45] Buchsteiner, Jochen: Einmal Tschernobyl und zurück, in: DIE ZEIT Nr. 28, 1999
[46] Joschka Fischer, unter: http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/FischerJoschka/ am 30.3.2005
[47] Vgl. Kleinert, Hubert: Aufstieg und Fall der Grünen. S. 46, oder auch Hoffmann, Jürgen: Die doppelte Vereinigung. Opladen 1998, S. 61
[48] 8% der Stimmen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg 1984, 10,6% 1985 in Berlin, 10,4% 1986 in Hamburg, 7,5% 1986 in Bayern, 7,1% 1986 in Niedersachsen, 5,9% 1987 in Rheinland-Pfalz, 9,4% 1987 in Hessen. Dazu noch das bis dato Rekordergebnis von 8,3% bei den Bundestagswahlen 1987.
[49] Vgl. Müller-Rommel, Ferdinand: Grüne Parteien in Westeuropa. Westdeutscher Verlag, Opladen 1993, S.199
[50] Es gab zwar auch Auseinandersetzungen zwischen anderen Gruppierungen der Grünen, diese waren jedoch im Vergleich zu der Auseinandersetzung Realos – Fundis unbedeutend.
[51] Rascke, Joachim: Die Grünen – Wie sie wurden, was sie sind. S. 161
[52] Kleinert, Hubert: Aufstieg und Fall der Grünen. S. 49
[53] Die Rede Bahros ist auch in voller Länge einsehbar unter: Sonderheft des Grünen Basisdienst, bgd 1/85, Bonn 1985
[54] Schnieder, Frank: Von der sozialen Bewegung zur Institution? Die Entstehung der Partei DIE GRÜNEN in den Jahren 1978 bis 1980. LIT, Münster 1998, S. 169
[55] Kleinert, Hubert: Vom Protest zur Regierungspartei. S. 112
[56] Zundel, Rolf.: Macht und Menschlichkeit – Zeit-Beiträge zur politischen Kultur der Deutschen. Rowohlt, Hamburg 1990, S. 363ff.
[57] Ditfurth, Jutta: Feuer in die Herzen – Plädoyer für eine ökologische linke Opposition. Carlsen Verlag, Hamburg 1992
[58] Ebenda, S. 151ff.
[59] Ebenda, S. 23ff.
[60] Ebenda, S. 61ff.
[61] Geis, Matthias / Ulrich, Bernd: Der Unvollendete – Das Leben des Joschka Fischer. Berlin 2002, S. 80f.
[62] Schrüfer, Gertrud: Die Grünen im Deutschen Bundestag – Anspruch und Wirklichkeit. Nürnberg 1985, S. 4
[63] Vgl. Raschke, Joachim: Die Zukunft der Grünen. Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 2001, S. 361f. (Raschke sieht 1999 das parteiinterne Potenzial des Kerns der „Fundis“ bei 15%, dass der „Realos“ bei 20% - jeweils werten beide Gruppe ihre relative Stärke durch Randgruppen auf)
[64] Ebenda, S. 361
[65] Vgl. Schmidt, Giselher: Die Grünen. Sinus Verlag, Krefeld 1986, S.
[66] Pursch, Günther (Hrsg.): Das parlamentarische Schimpf & Schmunzel Lexikon. F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München 1992, S. 19f
[67] Geis, Matthias / Ulrich, Bernd: Der Unvollendete – Das Leben des Joschka Fischer. Berlin 2002, S. 75
[68] Wir verlassen die Grüne Partei (Austrittserklärung), in: konkret. Hamburg 1990, Nr. 5, S. 22
[69] Raschke, Joachim: Die Zukunft der Grünen – So kann man nicht regieren, a.a.O., S. 336
[70] Olzog, Günter / Liese, Hand-J.: Die politischen Parteien in Deutschland. 25. Auflage, Olzog Verlag GmbH, München 1999, S. 191
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