Produktentwicklung mit Design for Six Sigma. Welche Chancen und Risiken bietet Six Sigma für Unternehmen wirklich?


Fachbuch, 2019

112 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Gender Erklärung

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis / Glossar

Kurzfassung

Executive Summary

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau
1.3 Methodik
1.4 Begriffsdefinitionen

2 Six Sigma
2.1 Die Ursprünge von Six Sigma
2.2 Definition Six Sigma
2.3 Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz von Six Sigma
2.4 DMAIC

3 Design for Six Sigma
3.1 Gründe und Ziele von Design for Six Sigma
3.2 Definition von Design for Six Sigma
3.3 Methoden von Design for Six Sigma
3.4 DMADV

4 Zwischenresümee

5 Erfolgsfaktor Produktinnovation
5.1 Grundlagen der Innovation
5.2 Begriffsdefinition Innovation
5.3 Innovationsarten
5.4 Erfolgsfaktoren für Produktinnovationen
5.5 Kritischer Vergleich der Grundprinzipien von Design for Six Sigma und den Erfolgsfaktoren für Produktinnovationen

6 Erfinderisches Problemlösen mit TRIZ
6.1 Geschichte, Philosophie und Inhalte von TRIZ
6.2 Methoden und Werkzeuge von TRIZ
6.3 Integration von TRIZ in DMADV Projekte
6.4 Chancen und Risiken von TRIZ in Six Sigma Unternehmen

7 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Danksagung

Zu Beginn dieser Arbeit möchte ich mich bei allen Personen bedanken, welche mir während der Entstehung meiner Masterarbeit zur Seite gestanden sind.

Mein Dank gilt vor allem Herrn Dipl.-Ing.(FH) Reinhard Blasl, der nicht nur als Betreuer dieser Masterarbeit, sondern auch als Dozent und Mentor in einem erfolgreich umgesetzten Six Sigma Projekt viele fachliche Aspekte einbrachte und somit meine Arbeit unterstützt und geprägt hat.

Des Weiteren gilt mein Dank Bret Kauffman, MBA der durch seine kritische Sichtweise zum Thema Design for Six Sigma die Konzeptgestaltung dieser Masterarbeit beeinflusste.

Großer Dank gilt meiner Cousine Mag. Leonie Paischer, sowie meinen Freunden, Felix Auinger, MA und Stephan Ziegler, MSc, welche die nachfolgende Arbeit auf Rechtschreibung und Grammatik überprüft haben.

Vor allem möchte mich ich bei meiner Familie, meinen Studienkollegen sowie Freunden bedanken, die mir während der Zeit meines Studiums Rückhalt und Kraft schenkten und Beistand leisteten.

Gender Erklärung

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Personenbezeichnung verzichtet. Geschlechtsneutrale Formulierungen werden angestrebt, sie sind aber nicht immer möglich. Die Verwendung der männlichen Form bedeutet keine Herabsetzung des weiblichen Geschlechts, sondern schließt die weibliche Form mit ein.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Six Sigma Umsatztreiber

Abbildung 2: DMAIC als Six Sigma Prozess im Projekt

Abbildung 3: Darstellung SIPOC

Abbildung 4: Kano Modell

Abbildung 5: Ishikawa-Diagramm

Abbildung 6: Statistische Datenanalyse unter Berücksichtigung der Datenart

Abbildung 7: Trichtermodell DMAIC

Abbildung 8: Überblick Kosten-Nutzen-Analyse

Abbildung 9: Vorher-Nachher-Vergleich in einem Control Chart

Abbildung 10: Zehnerregel der Fehlerkosten „Rule of ten“

Abbildung 11: Die „Badewannenkurve“ der Produktzuverlässigkeit

Abbildung 12: Überwindung der 5 Sigma Wand anhand DFSS

Abbildung 13: House of Quality / QFD 1 Darstellung Ablauf in elf Schritten

Abbildung 14: Vorgehensmodell von QFD in DMADV

Abbildung 15: FMEA - Überblick Ablauf

Abbildung 16: Vergleich der DMAIC-Tools und DMADV -Tools

Abbildung 17: Anteil der Innovationsausgaben am Umsatz ausgewählter Branchen in Deutschland im Jahr 2016

Abbildung 18: Magisches Zieldreieck

Abbildung 19: Dimensionen des Neuheitsgrads von Innovationen

Abbildung 20: Abgrenzung Produktinnovation / Strategien der Produktenwicklung

Abbildung 21: Der Innovations-Diamant

Abbildung 22: Erfolgsfaktoren Produktinnovation

Abbildung 23: Prozess systematischer Innovation mit TRIZ

Abbildung 24: Die vier Säulen von TRIZ und die ihnen zugeordneten TRIZ-Werkzeuge 84

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Prozess-Sigma als Beurteilung der Prozessqualität und Leistung

Tabelle 2: Vergleich gängiger DFSS-Roadmaps und ihre Phasen

Tabelle 3: Effekt der Erfolgsfaktoren auf Profitabilität und Rechtzeitigkeit

Abkürzungsverzeichnis / Glossar

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kurzfassung

Der aus der Statistik entlehnte Begriff Six Sigma beschreibt eine Projektmanagementmethode mit dem Ziel, Kundenbedürfnisse vollständig und profitabel zu erfüllen. Der Stellenwert von Design for Six Sigma als gezielte Adaption des Six Sigma Konzept nimmt in der Forschung und Entwicklung aufgrund der Relevanz von Innovationen zu. Steigender globaler Wettbewerbsdruck resultiert in kürzeren Entwicklungszeiten, anwachsenden Preiskampf und steigendem Qualitätsanspruch. Dies fordert Unternehmen auf innovative, qualitativ hochwertige Produkte, welche die Anforderungen des Kunden bestmöglichst erfüllen, zu entwickeln.

Diese Arbeit stellt die Design for Six Sigma-Entwicklungsmethodik DMADV vor und vergleicht diese mit dem klassischen Six Sigma-Prozess DMAIC. Während DMAIC darauf abzielt bestehende Prozesse, die nicht oder nicht in gewünschtem Maße die Kundenanforderungen erfüllen, zu verbessern, dient der Einsatz von DMADV um neue Produkte, Dienstleistungen und Prozesse zu entwickeln bzw. konstruieren, so dass möglichst wenige Abweichungen in Form von Fehlern und daraus folgenden Kosten resultieren.

Dynamische Marktstrukturen erfordern kreative und proaktive Unternehmen, die in der Lage sind neue Produkte, Dienstleistungen und Prozesse mit hohen Innovationsgrad zu entwickeln. Ein Fokus dieser Arbeit liegt in der Analyse von kritischen Erfolgsfaktoren für Produktinnovationen. Der Abgleich der mittels Literaturanalyse erarbeiten Einflussfaktoren mit den Prinzipien von DMADV zeigt, dass das Streben nach Perfektion negative Einflüsse auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen einnehmen kann. Ausgehend davon widmet sich das abschließende Kapitel der Integration der Theorie des erfinderischen Problemlösens TRIZ in die Entwicklungsmethodik DMADV. Die Kombination der Entwicklungsmethode DMADV und der Theorie des erfinderischen Problemlösens ermöglicht Unternehmen zuverlässige, fehlerfreie, innovative Produkte durch gezieltes systematisches Vorgehen hervorzurufen und somit die Wettbewerbsfähigkeit langfristig sicherzustellen.

Executive Summary

The term Six Sigma, which is borrowed from statistics, describes a project management method with the aim of satisfying customer needs completely and profitably. The importance of Design for Six Sigma as a targeted adaptation of the Six Sigma concept is increasing in the area of research and development due to the relevance of innovations. Increasing global competitive pressure results in shorter development times, increasing price competition and rising quality standards. This requires companies to develop innovative, high-quality products which meet customer requirements.

This thesis introduces the Design for Six Sigma development methodology DMADV and compares it with the classic Six Sigma process DMAIC. While DMAIC aims to improve existing processes that do not or can not meet customer requirements to the desired extent, DMADV is used to develop or construct new products, services and processes, with the aim of minimizing errors and resulting costs.

Dynamic market structures require creative and proactive companies that are able to develop new products, services and processes with a high level of innovation. This thesis includes an analysis of critical success factors for product innovations. The comparison of the analyzed critical factors for product innovations with the principles of DMADV shows that the pursuit of perfection can have a negative influence on the ability of companies to create innovation. Based on this, the concluding chapter is devoted to the theory of inventive problem solving and the integration of TRIZ into the development methodology DMADV. The combination of the development method DMADV and the theory of inventive problem solving TRIZ allows companies to produce reliable, error-free, innovative products through systematic procedures. Thus, the competitiveness of companies can be ensured in the long term.

1 Einleitung

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen für innovationsorientierte Unternehmen unterliegen permanenten Veränderungen. Unternehmen sind heute mit den Auswirkungen einer zunehmenden Globalisierung konfrontiert. Wertschöpfungsketten galten noch vor einigen Jahren als stabil und regional orientiert. Der technische Fortschritt, insbesondere in Kommunikations- und Transporttechnologien, ermöglicht nun, dass selbst kleinere Aufträge international abgewickelt und höchst technologische Produkte nicht nur in sogenannten „Billiglohnländern“ produziert, sondern teilweise dort auch entwickelt werden. Dies hat zur Folge, dass die Anzahl der unmittelbaren Mitbewerber am immer transparenter werdenden Wettbewerbsmarkt einen wesentlichen Anstieg verbucht. (Gamweger, Jöbstl, Strohrmann, & Suchowerskyl, 2009, S. 1)

Der steigende Wettbewerbsdruck spiegelt sich dabei in einer Verkürzung von Produktlebenszyklen und Entwicklungszeiten, einem kontinuierlich anwachsenden Preiskampf, der daraus einhergehenden Forderung nach Kostenreduzierungen sowie einem steigenden Qualitätsanspruch der Kunden wider. Unternehmen sind demnach gefordert, immer hochwertigere und komplexere Produkte, welche die Anforderungen des Kunden bestmöglichst erfüllen, zu erstellen. Gleichzeitig ist die Beherrschung der dadurch hervorgerufenen, steigenden Komplexität sowie die Zuverlässigkeit der Produkte sicherzustellen. (Günther, 2010, S. 1)

Einzig Unternehmen, die mit der Dynamik des globalen Wettbewerbsmarkts Schritt halten und innovative, qualitativ hochwertige Leistungen mit konkurrenzfähiger Kostenstruktur in kurzer Zeit entwickeln, werden aus langfristiger Sicht am Markt bestehen. (Gamweger, Jöbstl, Strohrmann, & Suchowerskyl, 2009, S. 1)

Eine Möglichkeit, diesen Herausforderungen auf strategischer wie auch auf operativer Ebene entgegenzuwirken, stellt die aus Six Sigma entspringende Entwicklungsmethodik Design for Six Sigma (DFSS) dar.

1.1 Problemstellung

Das Zentrum des Six Sigma-Denkens widmet sich dem Erreichen einer Null-Fehler-Qualität bzw. der ständigen Verbesserung in diese Richtung. Six Sigma stellt dabei den Kunden an die erste Stelle und nutzt Daten und Fakten, um bessere Lösungen zu entwickeln. (Pande & Holpp, 2002, S. 14)

Während sich der klassische Six Sigma-Ansatz der Verbesserung von Herstellungsprozessen widmet, liegt der Fokus von Design for Six Sigma in der Erreichung eines Null-Fehler-Niveaus bereits in der Entwicklung von robusten Produkten, Dienstleistungen und Prozessen. Unter einem robusten Produkt versteht man dabei eine Leistung, welche auch unter widrigen Anwendungs- und Herstellungsbedingungen in der Lage ist, eine optimale Erfüllung der Spezifikationen zu gewährleisten und somit am Markt durch überlegene Qualität und Zuverlässigkeit Wettbewerbsvorteile zu erzielen. (Gamweger, Jöbstl, Strohrmann, & Suchowerskyl, 2009, S. 2)

Design for Six Sigma spiegelt einen rigorosen Ansatz wider, um Produkte, Dienstleistungen und deren Prozesse von Beginn an so zu gestalten, dass sie mit den Kundenerwartungen übereinstimmen. (Harry & Schroeder, 2000, S. 174)

Über die Jahre wurden allerdings immer wieder Stimmen von Six-Sigma Kritikern laut, welche der Meinung sind, dass das Streben nach Perfektion negative Einflüsse auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen hat. Als erster bekannter Kritiker äußerte sich Tom Peters über die potentiellen negativen Einflüsse von Six Sigma auf die Innovation in Unternehmen mit dem Statement: “Reduce to zero the odds of nothing going wrong and you'll also reduce to zero the odds of anything interesting happening. My Sunday past was a fine, six sigma day - error-free, that is. Another 1,500 Sundays like that and, actuarially speaking, I'll be perfectly dead.” (Peters, 1990)

Mit dieser Aussage verweist Peters indirekt auf die Bedeutung von Innovation und die Gefahr, dass das Streben nach Perfektion hinsichtlich Qualität die Innovationsfähigkeit von Organisationen schwächen kann.

Während die Fähigkeit der kurzfristigen Effizienzsteigerung von Six Sigma als unumstritten gilt, weist beispielsweise Smith darauf hin, dass Six Sigma die Gefahr birgt, negative Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit und das Wachstum zu nehmen.(Smith, 2014)

Die Wichtigkeit von Innnovationen als treibende Kraft im Wettbewerb gilt als unumstritten. „Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über unser Schicksal.“(Herzog, 1997)

Dieser Satz aus der Rede „Aufbruch in das 21. Jahrhundert“ des ehemaligen Bundespräsidenten von Deutschland Roman Herzog untermauert dabei die Relevanz von Innovationen. Mit der Wiederaufnahme dieses Statements von Angela Merkel und Verbindung mit dem Titel ihrer Rede „Mut zur Zukunft“ weist Merkel maßgeblich darauf hin, dass die Innovationsfähigkeit von Organisationen, damals wie heute, eine treibende Kraft im Wettbewerb darstellt. (Merkel, 2017)

1.2 Zielsetzung und Aufbau

Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, den Einsatz von Design von Six Sigma in der Produktentwicklung kritisch zu analysieren. Dafür sollen im ersten Schritt der Arbeit die Philosophie, Voraussetzungen und Ausprägungen von Six Sigma aufgezeigt werden. Ebenfalls wird dem Leser ein Einblick in die Toolbox von Six Sigma gewährt und Praktiken aufgezeigt, die reaktive Gewohnheiten durch einen dynamischen, reaktionsfähigen, proaktiven Managementstil ersetzen. Mit der Beantwortung der ersten leitenden Fragestellung „Worin liegen die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der Six Sigma-Verbesserungszyklen DMAIC und DMADV?“ sollen die zwei meist verbreiteten Six Sigma-Zyklen DMAIC (Define, Measure, Analyze, Improve, Control) und DMADV (Define, Measure, Analyze, Design, Verify) kritisch miteinander verglichen werden. Dabei soll neben den angewendeten Werkzeugen vor allem ein Augenmerk auf den Vergleich hinsichtlich Zweckmäßigkeit, Anwendungsfall, Methodeneinsatz, Wirtschaftlichkeit und Zielerreichungsgrad erfolgen.

Neben den Stärken von DFSS, welche unter anderem in der Entwicklung von fehlerfreien, robusten und zuverlässigen Produkten, in der Erzielung von Marktvorteilen durch konsequente Kundenorientierung sowie hoher Ressourceneffizienz in Entwicklungsprozessdurchläufen liegen, soll diese Arbeit auch potentielle Schwächen und Risiken von DFSS aufzeigen. Hierzu soll der Einfluss der Entwicklungsmethodik DMADV auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen kritisch beleuchtet werden. Folglich liegt ein wesentlicher Fokus dieser Arbeit auf den Bereich der Innovation. Neben der Definition sowie der Klassifizierung der Innovation, soll dabei vor allem ein Augenmerk auf Produktinnovationen gelegt werden. Mittels Literaturanalyse soll die zweite leitende Fragestellung: „Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg von Produktinnovationen?“ beantwortet werden, um so zu bewerten, ob der bei DFSS standardmäßig eingesetzte Problemlösungszyklus (DMADV) den F&E-spezifischen Anforderungen gerecht wird.

Das letzte inhaltliche Kapitel der Arbeit veranschaulicht die in der Sowjetunion entwickelte Theorie des erfinderischen Problemlösens (TRIZ). TRIZ gilt als hochsystematischer Innovationsansatz, welcher das Ziel verfolgt, Denkblockaden aufzulösen und den Kopf „frei“ zu machen für kreative Ideen. Durch das Lösen von Widersprüchen in der abstrakten Ebene wird TRIZ ein hohes Potential nachgesagt, um radikale Innovation zu ermöglichen. In dieser Arbeit soll geprüft werden, welche Vorteile und mögliche Nachteile eine Integration von TRIZ in den Entwicklungsprozess DMADV mit sich bringt. Hierfür soll abschließend die Beantwortung der Frage: „Welche Chancen und Risiken ergeben sich durch die Integration von TRIZ in den DMADV Prozess?“ Klarheit schaffen.

1.3 Methodik

Als Methodik für diese akademische Arbeit wurde die Literaturanalyse gewählt. Durch methodisches Vorgehen im Zuge der Literaturanalyse kann sichergestellt werden, dass ein umfangreicher Blick auf bereits vorhandene, relevante, wissenschaftliche Werke gewährleistet wird und dadurch die erstellte Arbeit auf den Meinungen unterschiedlicher Wissenschaftler basiert. Die Vorgehensweise zur Ermittlung der relevanten Literatur wurde dabei an (Galvan & Galvan, 2017) angelehnt.

Im ersten Schritt der Analyse erfolgte die Klärung der generellen Grundbegriffe der Thematik sowie die Auswahl der relevanten Forschungskanäle. Hierfür wurden der von der FH-Steyr bereitgestellte OPAC Onlinekatalog sowie die Bibliothekskataloge der FH-Salzburg und der WU Wien gewählt. Zusätzlich erfolgte eine Auswahl der relevanten Datenbanken für die Recherche nach wissenschaftlichen Artikeln. Als priorisierte Datenbanken wurden dabei EBSCOhost, ACM und die Datenbanken von Springer Link gewählt.

Im Zuge der Recherche wurde eine Mind-Map angefertigt, welche die wesentlichen Suchbegriffe sowie deren Zusammenhänge graphisch visualisiert. Diese Mind-Map wurde während der Anfertigung der Arbeit kontinuierlich um relevante Suchbegriffe erweitert bzw. gegebenenfalls adaptiert. Die definierten Schlagwörter und die Kombination dieser stellten die Suchkriterien der Rechercheläufe dar. Die jeweiligen Quellen der in den erhobenen und für relevant befundenen Beiträge aus Journalen und Literaturwerken bildeten die Basis für das weitere Vorgehen. So wurden die zitierten Quellen ebenfalls auf ihre Relevanz untersucht, wodurch ein umfassender Überblick über die vorherrschende Literatur erzielt werden konnte. Im Zuge der Auswahl der Journale wurde auf das Rating sowie das Datum der Veröffentlichung des jeweiligen Journals ein Augenmerk gelegt, um so die Aktualität wie auch die Plausibilität sicherzustellen. Bei den verwendeten Journalen handelt es sich ausschließlich um englischsprachige Werke. Dementsprechend erfolgte die Recherche von Artikeln innerhalb der Datenbanken anhand englischsprachiger Begriffe. Die Basis der Arbeit stellen deutsch- sowie englischsprachige Literaturwerke dar, wodurch für die Suche in Bibliothekskatalogen auch deutsche Suchbegriffe Anwendung fanden: „Six Sigma“, „Design for Six Sigma“, „DFSS“, „DMAIC“, „DMADV“, „Quality Function Deployment“, „QFD“, „Product Developement“, „Produktentwicklung“, „Product Innovation“, „Produktinnovation“, „Innovation“, „Innovation Management“, „TRIZ“ und „Creativity“.

Die aufgrund der Suchbegriffe vorgeschlagenen Bücher, Fachartikel oder Conference Paper wurden hinsichtlich ihrer Relevanz geprüft. Hierbei wurde ein wesentlicher Unterschied zwischen den angezeigten Artikeln und den als relevant befundenen erkannt. Der Grund dafür liegt darin, dass viele Ergebnisse zwar aufgrund relevanter Schlagworte empfohlen wurden, jedoch diese in einem anderen Kontext oder mit diversen anderen Forschungsthemen in Verbindung standen und somit nicht als relevant für diese Arbeit betrachtet werden konnten. Zur Beantwortung der zweiten und dritten leitenden Fragestellung erfolgte zudem die Entwicklung einer Konzeptmatrix zur Analyse der wesentlichen Erfolgsfaktoren von Produktinnovationen, beziehungsweise zur Analyse der Chancen und Risiken einer Integration von TRIZ in den DFSS-Prozess.

1.4 Begriffsdefinitionen

Bei der Entwicklung von Produkten und Prozessen stellt die Generierung von Innovation und die Sicherstellung einer hohen Qualität eine herausragende Rolle für viele Unternehmen dar. (Günther, 2010, S. 92)

Für ein einheitliches Verständnis werden in diesem Kapitel vier wesentliche Grundbegriffe dieser Arbeit, Qualität, Innovation, Produktentwicklung und Prozess, definiert.

Qualität: Die Begriffsbedeutung von Qualität lässt sich von dem lateinischen Wort „Qualitas“ ableiten, welches wörtlich übersetzt für die Beschaffenheit, Eigenschaft, Güte oder den Zustand von Stoffen oder Objekten steht. Qualität ist ein mit Wertung verbundener Begriff. So differenziert man im allgemeinen Sprachgebrauch zwischen guter und schlechter Qualität.(Günther, 2010, S. 93)

Unter Qualität versteht man entsprechend der DIN EN ISO 8402:1995 „die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.“ (DIN EN ISO 8402:1995-04)

Innovation: Die wörtliche Übersetzung des Begriffs Innovation lautet „Neuerung“ oder „Erneuerung“. Das Wort leitet sich dabei aus den lateinischen Begriffen novus (deutsch: neu) und innovatio (deutsch: „etwas neu Geschaffenes“, „Erneuerung“, „sich Neuem hingeben“) ab. (Noé, 2013, S. 1)

In dieser Arbeit wird der Begriff Innovation nach der Definition von Barnett beschrieben. „An innovation is [..]. any tough, behavior or thing that is new because it is qualitatively different from existing forms.“(Barnett, 1953, S. 7)

Prozess: Unter einem Prozess versteht man die Abfolge von unternehmerischen Aktivitäten um bestimmte Ereignisse zu generieren. Als Prozess können demnach Tätigkeiten betrachtet werden, welche aus einem definierten Beginn und Ende bestehen und eine Abfolge von Tätigkeiten beinhalten, die zu einer wertschöpfenden Veränderung führen. (Rehbehn & Zafer, 2005, S. 25)

Ein Prozess beschreibt „die zielgerichtete Erstellung und Leistung durch eine Folge logisch zusammenhängender Aktivitäten zu verstehen.“ (Vahs & Burmester, 2005, S. 76)

Produktentwicklung: „Die Produktentwicklung ist die Tätigkeit der optimalen Kombination der Produktionsfaktoren eines Unternehmens, um bei den relevanten Kundensegmenten eine optimale Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.“(Wobser, 2003, S. 7)

2 Six Sigma

Six Sigma stellt den Kunden an die erste Stelle und nutzt Daten und Fakten, um bessere Lösungen zu entwickeln. Die Bemühungen von Six Sigma konzentrieren sich auf die Reduktion von Abweichungen und Durchlaufzeiten bei Prozessen, Produkten und Transaktionen, die Verbesserung der Kundenzufriedenheit sowie auf eine nachhaltige Erhöhung des Wirkungsgrades aller Einsatzfaktoren zur langfristigen Wertsteigerung von Unternehmen. (Pande & Holpp, 2002, S. 3f) (Töpfer & Günther, 2007a, S. 7)

Die Frage „Was ist Six Sigma?“ kann auf unterschiedlichen Wegen beantwortet werden. Dieses Kapitel widmet sich dem Aufzeigen der verschiedenen Bedeutungen, Betrachtungsweisen und Ursprünge sowie der Definition des Begriffs Six Sigma.

2.1 Die Ursprünge von Six Sigma

Einen wesentlichen Grundstein zur Entwicklung von Six Sigma hat der deutsche Physiker Johann Carl Friedrich Gauß (30.04.1777 - 23.02.1855) mit der Entwicklung der Grundlagen der modernen Statistik gelegt. Unter anderem ist auf ihn das Konzept der Normalverteilung und die Methode der kleinsten Quadrate zurückzuführen.(Töpfer & Günther, 2007a, S. 5)

Als Erfinder der SPC-Regelkarte (Statistical Process Control) gilt Walter A. Shewhart (18.03.1891 - 11.03.1967)als Vater der modernen Qualitätskontrolle und besitzt einen ebenso bedeutenden Anteil an der Entwicklung von Six Sigma. Die Regelkarte gilt als primäres Werkzeug zur Überprüfung, ob ein Prozess hinsichtlich seiner Leistung vorhersagbar ist. (Magnusson, Kroslid, & Bergmann, 2004, S. 243f)

Der damalige Schüler von Walter A. Shewhart, Wiliam Edwards Deming (14.10.1900 - 12.12.1993) ist aufgrund der Entwicklung des PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act) fest verankert in diversen Qualitätsnormen und Qualitätsmanagementlehren. Mit der Entwicklung des PDCA-Zyklus zeigt Deming die Relevanz derprozessortientierten Sichtauf Tätigkeiten und Aufgaben in einem Unternehmen auf. (Günther, Design for Six Sigma, 2010, S. 116f)

Six Sigma Projekte folgen standardisierten Vorgehensweisen, welche auf PDCA basieren. Sowohl der DMAIC-Zyklus (Define, Measure, Analyse, Improve, Control), welcher bei der Verbesserung von bestehenden Prozessen im Unternehmen zum Einsatz kommt, als auch der für die Neuproduktplanung eingesetzte DMADV-Zyklus (Define, Mesure, Analyse, Design, Verify) gelten als Ableitungen des Deming-Zyklus. (Töpfer, 2007a, S. 80)

Geboren wurde die Idee von Six Sigma im Jahre 1979 bei dem amerikanischen Unternehmen Motorola aus der Not heraus, als Art Sundry bei einem Managementmeeting aufstand und erklärte: „Das eigentliche Problem bei Motorola ist, dass unsere Qualität zum Himmel stinkt!“ (Harry & Schroeder, 2000, S. 24)

Enormer Qualitätsvorsprung, welchen sich die japanische Elektroindustrie in den 1980er und frühen 1990er Jahren gegenüber der amerikanischen Elektroindustrie erarbeitet hatte, bewegte Motorola zu den Bestrebungen, die Qualität bei gleichzeitiger Verminderung der Produktionszeit und -kosten zu verbessern. (Magnusson, Kroslid, & Bergmann, 2004, S. 9)

Als Bob Galvin 1981 CEO von Motorola wurde, forderte er sein Unternehmen auf, die Leistung in einem Zeitraum von fünf Jahren um das Zehnfache zu steigern. 1985 schrieb Bill Smith, ein erfahrener Ingenieur von Motorola, einen internen Qualitätsforschungsbericht, der die Aufmerksamkeit von Bob Galvin auf sich zog. Smith entdeckte die Korrelation zwischen der Qualität eines Produkts in seiner Lebensdauer und der Menge an Nacharbeit, die während des Herstellungsprozesses erforderlich war. Er stellte auch fest, dass Produkte, welche mit weniger Fehlern gebaut wurden, diejenigen waren, die nach der Lieferung an den Kunden die besten Ergebnisse erzielten. Basierend auf diese Erkenntnisse entwickelte Mikel Harry zusammen mit Bill Smith einen vierstufigen Problemlösungsansatz: Messen, Analysieren, Verbessern, Kontrollieren (MAIC), welcher später um die Phase Define erweitert wurde und als DMAIC-Zyklus weltweite Bekanntschaft erreichen sollte. (Pande, Neuman, & Cavanagh, 2000, S. 32) (Motorola, Inc. and Consolidated Subsidiaries, 1989)

Im Januar 1987 startete Bob Galvin im Unternehmen Motorola das langfristige Qualitätsprogramm mit dem Namen "The Six Sigma Quality Program" und formte damit erstmalig den Begriff Six Sigma. Galvin forderte dabei sein Unternehmen auf, die Produkt- und Servicequalität bis 1989 um das Zehnfache und bis 1991 um das Hundertfache zu verbessern. Als langfristiges Ziel verlangte er die Erreichung eines Prozess Sigma Niveau von 6 bis 1992. (6σ = 3,4 Defects per Million Opportunities) (Pande, Neuman, & Cavanagh, 2000, S. 77)

Das laut Motorola jährlich investierte Kapital von mehr als 45 Millionen Dollar für Schulungen, wovon 40 Prozent für Qualitätsbemühungen anfielen, führte zu Prozessverbesserungen vom Auftragseingang bis hin zur Auslieferung. Diese Ver­besserungen trugen wesentlich an der Steigerung des Gewinns vor Steuern von 194 Mio. US Dollar bei (Vergleich 1988 zu 1987). Zusätzlich wurde die damals führende Rolle von Motorola bei der Verwaltung eines unternehmensweiten Qualitätsprozesses 1988 mit der Auszeichnung des Malcolm Baldrige National Quality Award gewürdigt. (Motorola, Inc. and Consolidated Subsidiaries, 1989)

Nach den Erfolgen von Motorola erlebt die Six Sigma Methode einen Boom. In den frühen 1990er Jahren folgten Unternehmen wie IBM, Allied Signal, ABB, Kodak und Texas Instrument mit der Einführung von Six Sigma.(Töpfer & Günther, 2007a, S. 21)

Letztlich weltberühmt wurde Six Sigma durch die Einführung bei GE (Generel Electric) unter der Leitung von Jack Welch. Dazu trug unter anderem jenes Statement auf der Jahreshauptversammlung 1996 von General Electric bei: „Six Sigma – GE Qualität 2000 – wird das größte, persönlich lohnendste und am Ende rentabelste Unternehmen unserer Geschichte sein. Wir haben uns selbst das Ziel gesetzt, ein Six-Sigma-Qualitätsunternehmen zu werden, das heißt: ein Unternehmen, das quasi fehlerfreie Produkte herstellt, Dienstleistungen erbringt und Transaktionen tätigt.“ (Harry & Schroeder, 2000, S. 57)

Allein im Jahr 1997 investierte GE rund 250 Mio. Euro in die Ausbildung von knapp 4000 Black Belts und Master-Black-Belts und mehr als 60.000 Green Belts, was sich aufgrund der enormen Kostenersparnisse im Herstellungsprozess bereits ab dem Jahr 1998 als erfolgreiche Entscheidung entpuppte. (Harry & Schroeder, 2000, S. 61)

Die Leitung von Six Sigma Projekten erfolgt durch speziell ausgebildete Mitarbeiter. Abhängig von der Dauer und dem Umfang der Ausbildung, welche die praktische Anwendung von Six Sigma in Projekten beinhalten, können Mitarbeiter die Zertifizierung zum Green-, Black- oder Master-Black Belt erlangen. (Bergbauer, Kleemann, & Raake, 2008, S. 13)

Ebenso wie General Electric entschieden sich in den Folgejahren viele Unternehmen rund um den Globus aus diversesten Branchen für den Einsatz von Six Sigma. Neben der weltweiten Anwendung in Fertigungsunternehmen findet sich Six Sigma heutzutage auch im Dienstleistungsbereich wieder. (Töpfer & Günther, 2007a, S. 21)

Auch wenn Six Sigma als „Durchbruchstrategie“ betrachtet wird, sei anzumerken, dass die Entwicklung von Six Sigma kein völlig neues Instrumentarium darstellte. Six Sigma basiert auf dem Einsatz von Qualitätsmanagementmethoden wie zum Beispiel Quality Function Deployment (QFD), Design of Expirement (DOE), Failure Mode and Effects Analysis (FMEA), Statistical Process Control (SPC) und dem Ishikawa Diagramm, welche bereits vor den 1980er als bekannt und bewährt galten. (Töpfer, 2009, S. 43)

2.2 Definition Six Sigma

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Begriff Six Sigma zu definieren. Six Sigma (6σ) kann als statistische Messgröße, Qualitätsziel oder Projektmanagement-Methode des Qualitätsmanagements verstanden werden.

2.2.1 Six Sigma als statistische Messgröße

Der griechische Kleinbuchstabe Sigma (σ) beschreibt in der Mathematik die Streuung oder Varianz (quadrierte Standardabweichung) um den Mittelwert eines Prozesses oder einer Produktcharakteristik. Die Standardabweichung gilt dabei als ein statistisches Maß, um zu beschreiben, wie viel Variation in einer Gruppe von Daten, einer Gruppe von Elementen oder einem Prozess existiert. (Pande & Holpp, 2002, S. 6f)

Six Sigma zielt auf eine Verringerung dieser Prozessvariation sowie einer Zentrierung um den Sollwert innerhalb von Spezifikationsgrenzen ab. Die Spezifikationsgrenzen stellen den für ein bestimmtes Merkmal auf Kundenanforderungen basierenden erlaubten Minimum- und Maximumwert dar.(Magnusson, Kroslid, & Bergmann, 2004, S. 244f)

Wie gut ein Prozess und vor allem dessen Ergebnis (Output) mit der Anforderung (Kundenwunsch) übereinstimmt, kann mit der Prozessfähigkeit ausgedrückt werden. Die Prozessfähigkeit ermöglicht es nicht nur, die Leistungsfähigkeit eines Prozesses zu beschreiben, sondern ihn dadurch auch vergleichbar zu machen und Verbesserungen aufzuzeigen. Dargestellt wird die Prozessfähigkeit mittels den mathematischen Kennzahlen Cp (Streuungsindex) und Cpk (Lage-/Niveauindex) oder dem Sigma Niveau. Während der Cp-Wert Auskunft über die Prozessstreubreite im Vergleich zu den Toleranzvorgaben gibt (Streuung), beschreibt der Cpk-Wert zusätzlich den Abstand des Sollwerts vom Prozessmittelwert. Das Sigma-Niveau, auch als (Prozess-)Sigma-Wert bezeichnet, gibt Auskunft darüber, wie viele Standardabweichungen zwischen dem Mittelwert und der nächstgelegenen Spezifikationsgrenze liegen. Es beschreibt damit nicht nur, wie hoch die Streuung im Vergleich zur Spezifikationsgrenze ist, sondern gibt auch Auskunft darüber, wie oft ein Defekt zu erwarten ist. (Rehbehn & Zafer, 2005, S. 57ff)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Prozess-Sigma als Beurteilung der Prozessqualität und Leistung1

Unter einem Defekt oder Fehler versteht man dabei alles, was sich negativ auf die Kundenzufriedenheit auswirken kann oder alles, was außerhalb der Spezifikationsgrenzen liegt. Six Sigma als statistische Messgröße gibt demnach Auskunft über die Fähigkeit eines Prozesses, fehlerfreie Ergebnisse zu erbringen. Wie in Tabelle 1 erkennbar, erbringt ein Prozess mit einem Sigma Niveau von sechs und einer Fehlermöglichkeit von eins (OFD, Opportunities For Defects = 1), 99,9997% der Ergebnisse fehlerfrei. Dies entspricht im Mittel 3,4 Defekte in 1 Million Fehlermöglichkeiten. (Rehbehn & Zafer, 2005, S. 60f)

2.2.2 Six Sigma als Leistungsziel

Eine weitere Definition von Six Sigma ist, dass es ein Ziel von nahezu perfekter Erfüllung von Kundenanforderungen ist. Hierbei ist anzumerken, dass das Leistungsziel Six Sigma auf ein einzelnes ausgewähltes Qualitätskriterium (CTQ = critical to quality characteristic) eines Produktes oder Prozesses zutrifft und nicht auf die Vielzahl von Merkmalen eines Produktes oder Prozesses. Als CTQ‘s werden jene Faktoren bezeichnet, die die Zufriedenheit eines Kunden wesentlich bestimmen. Wenn demnach ein Produkt als Six Sigma beschrieben wird, bedeutet das nicht, dass nur 3,4 Produkte aus einer Million fehlerhaft sind. Hingegen sagt es aus, dass die durchschnittliche Möglichkeit, dass bei einem Produkt ein Fehler bei einem Qualitätskriterium erfolgt, bei 3,4 Fehlern pro Million Möglichkeiten liegt.(Rehbehn & Zafer, 2005, S. 61f)(Harry & Schroeder, 2000, S. 28f)

2.2.3 Six Sigma als Durchbruchsstrategie

Hinter dem Begriff Six Sigma versteckt sich deutlich mehr als nur eine statistische Messgröße oder ein Qualitätsziel. Harry & Schroeder (2000) und Tüchler (2007) erklären Six Sigma als eine Durchbruchstrategie, die darauf abzielt, die Kundenzufriedenheit, Wettbewerbsfähigkeit und den Gewinn eines Unternehmens zu verbessern. Die Verbesserungen werden dabei vom Kundennutzen ausgehend über interne Prozess und Marktleistungen bis hin zur Steigerung der Unternehmensergebnisse in einer mehrstufigen Wirkungskette erzielt.(Töpfer, 2007a, S. 45)

Harry und Schroeder definieren Six Sigma wie folgt: „The Six Sigma Breakthrough Strategy is a disciplined method of using extremely rigorous data-gathering and statistical analysis to pinpoint sources of errors and ways of eliminating them.“(Harry & Schroeder, 2000, S. 23)

Six Sigma beschreibt demnach die systematische und stringente Anwendung einer Projektmanagement-Methode. Diese Methode beruht auf der konsequenten Nutzung von Daten und statistischen Analysen, um nicht nur die Leistungen in Unternehmen konsequent zu messen und zu analysieren, sondern diese auch nachhaltig zu verbessern, um damit das Ziel einer praktizierten Null-Fehler-Qualität zu erreichen. (Töpfer, 2007a, S. 45)

Im Gegensatz zu anderen Qualitätsprogrammen, strebt Six Sigma Qualitätsverbesserungen - sofern diese einen Mehrwert für den Kunden und das Unternehmen liefern – nicht einzig dem Qualitätswillen nach an. (Harry & Schroeder, 2000, S. 40)

Das zentrale Streben von Six Sigma besteht in der Erfüllung aller aus Kundensicht relevanten Critical to Quality Characteristics (CTQs) in allen wichtigen Prozessen unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens. (Töpfer, 2007a, S. 46f)

Als CTQs werden jene Merkmale bezeichnet, die sich qualitätskritisch auf ein Produkt, einen Prozess oder ein System auswirken. Man unterscheidet dabei zwischen kundenkritischen, prozesskritischen und vorgabenkritischen Qualitätsmerkmalen. (Magnusson, Kroslid, & Bergmann, 2004, S. 32f)

Das Bestreben, die CTQs als wesentliche Kundenanforderungen vollständig zu erfüllen, hat zur Folge, dass alle wichtigen Wertschöpfungsprozesse nach ihren zentralen Werttreibern untersucht und diese konsequent verbessert werden. Der Fokus liegt dabei auf der Optimierung von Prozessen, die den Nutzen und Wert für den Kunden erhöhen und neben Kosteneinsparungen und Umsatzsteigerungen zu nachhaltigen Ergebnisverbesserungen führen. Die „Stimme des Kunden“ (Voice of Customer, VOC) als Grundlage für Six Sigma Prozessanalysen und Verbesserungsmaßnahmen verhindert, dass für den Kunden oder das Unternehmen unbedeutende Prozesse optimiert werden. (Töpfer, 2007b, S. 371f)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Six Sigma Umsatztreiber2

Um Six Sigma zu verstehen, ist es wichtig, dass man sich vor Augen hält, dass es sich hierbei nicht um ein reines Kostensenkungsprogramm zur Gewinnsteigerung und Eliminierung von Arbeitsplätzen handelt. Vielmehr liegt die Absicht von Six Sigma in der Steigerung der Kundenzufriedenheit, der Erhöhung des Gewinnes und der Sicherung von Arbeitsplätzen, welche sich aufgrund einer Erhöhung der Wirtschaftlichkeit ergibt. (Töpfer, 2007a, S. 46)

Dazu werden Instrumente verwendet, die darauf abzielen, Fertigungskosten zu minimieren, Kapazitäten und Gewinnspannen zu verbessern, Durchlaufzeiten zu verkürzen, Bestände zu minimieren sowie Transaktionen effizienter und fehlerresistenter zu gestalten. (Harry & Schroeder, 2000, S. 40)

2.3 Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz von Six Sigma

2.3.1 Absolute Kundenorientierung

Bei Six Sigma gilt die Kundenorientierung als oberste Priorität. Die Ausrichtung von Six Sigma ist eindeutig marktorientiert, so kommen dem Kunden und seinen zentralen Anforderungen (CTQs) die entscheidenden Funktionen zu. Die Grundlage für Six-Sigma-Maßnahmen bildet die Stimme des Kunden (VOC). Die daraus resultierenden kritischen Qualitätsmerkmale zeigen die geforderten Prozessergebnisse aus Kundensicht auf, woraus die Erfolgsfaktoren des Unternehmens resultieren. Zudem wird der Erfolg von Six-Sigma-Maßnahmen unter anderem basierend auf den Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit bestimmt. (Pande & Holpp, 2002, S. 14)(Töpfer, 2007b, S. 372)

2.3.2 Prozessgedanke

Unter einem Prozess versteht man die Abfolge von unternehmerischen Aktivitäten um bestimmte Ereignisse zu generieren. Als Prozess können demnach Tätigkeiten betrachtet werden, welche aus einem definierten Beginn und Ende bestehen und eine Abfolge von Tätigkeiten beinhalten, die zu einer wertschöpfenden Veränderung führen. (Rehbehn & Zafer, 2005, S. 25)

Egal ob es darum geht, Produkte zu entwerfen, Dienstleistungen durchzuführen, Leistung zu messen, die Effizienz und Kundenzufriedenheit zu verbessern oder sogar das Unternehmen zu führen, Six Sigma positioniert den Prozess als Schlüssel zum Erfolg. Einer der bemerkenswertesten Durchbrüche in Six Sigma Bemühungen ist es, Führungskräfte und Manager davon zu überzeugen, dass die Beherrschung von Prozessen einen Wettbewerbsvorteil bringt, um letztlich den Kunden einen Mehrwert zu liefern. (Harry & Schroeder, 2000, S. 15)

Aus ressourcenorientierter Sicht liefert der Prozess im Six-Sigma-Konzept den maßgeblichen Hebel für die Wertsteigerung. Six Sigma fordert einen zweiseitigen Fokus auf die Prozesslandkarte. Einerseits wird aus Sicht einer extern gerichteten Analyse, der so genannten Outside-in Analyse, untersucht, ob zentrale Kundenanforderungen als kritische Erfolgsfaktoren im IST-Prozess erfolgreich erfüllt werden oder ob es einer zukünftigen Optimierung bedarf (marktorientierter Ansatz). Zum anderen beschäftigt sich die Inside-out-Analyse, also die intern ausgerichtete Analyse, mit der Untersuchung der entscheidenden Werttreiber und die hierfür erforderlichen Kernkompetenzen (ressourcenorientierter Ansatz). (Töpfer, 2007a, S. 373f)

2.3.3 Daten und Fakten getriebenes Management

Six Sigma bringt das Konzept "Management by fact" auf eine neue, leistungsfähigere Ebene. Trotz der Aufmerksamkeit, die in den letzten Jahren auf verbesserte Informationssysteme und Wissensmanagement gelegt wurde, basieren viele Geschäftsentscheidungen immer noch auf Meinungen und Annahmen. Die Six Sigma-Disziplin beginnt damit, zu klären, welche Maßnahmen für die Messung der Geschäftsleistung wichtig sind, und sammelt anschließend Daten und analysiert Schlüsselvariablen. Probleme können somit effektiver definiert, analysiert und gelöst werden. (Harry & Schroeder, 2000, S. 14)

Die Erhebung einer Vielzahl von Kennzahlen führt nicht zwangsläufig zu mehr Sicherheit im Entscheidungsprozess. Die Skalierung und Relevanz von Kennzahlen stellt eine wesentliche Herausforderung in Six Sigma Bemühungen dar, da viele Kennzahlen den Blick für die wesentlichen relevanten Kennzahlen und Messgrößen zur Prozessteuerung und Verbesserung des Prozessergebnisses erschweren. (Rehbehn & Zafer, 2005, S. 31f)

2.3.4 Proaktives Management

Proaktiv zu sein bedeutet, vor Ereignissen zu handeln, anstatt auf sie zu reagieren. In der Unternehmenswelt versteht man unter proaktivem Management, Gewohnheiten aus zu oft vernachlässigten Geschäftspraktiken zu machen, ehrgeizige Ziele zu definieren und sie häufig zu überprüfen, klare Prioritäten zu setzen, sich auf Problemprävention anstatt auf „Brandbekämpfung“ zu konzentrieren und zu hinterfragen, warum etwas getan wird anstatt es blind zu verteidigen. (Pande & Holpp, 2002, S. 15)

Six Sigma strebt zum Beispiel bei der Absicherung der Produktqualität anstatt des Einsatzes reiner Produktüberprüfung vielmehr die präventive Absicherung der Qualität durch Prozessbeherrschung sowie der Erstellung eines robusten Designs bereits in der Produktentwicklung. Um in einem Unternehmen erfolgreich präventives Qualitätsmanagement durchzuführen, um das Leistungsziel Six Sigma zu erreichen, bedarf es je nach Startposition des Unternehmens einen mehr oder weniger weitreichenden Kulturwandel. Ohne Leistungsdruck ist die Bereitschaft in Organisationen einen Wandel mit zu vollziehen oft nur sehr gering. Daher sind neben externem Druck vom Markt und der Konkurrenz vor allem auch interne Zielsetzungen und das Commitment des Managements und der Unternehmensleitung von großer Relevanz.(Rehbehn & Zafer, 2005, S. 64)

2.3.5 Grenzenlose Zusammenarbeit: Commitment der Unternehmensleitung und Einbeziehung der Stakeholder

Die Einführung von Six Sigma in einem Unternehmen ist eine strategische Entscheidung, die durch die Unternehmensleitung getroffen wird. Abhängig vom Umfang der Six Sigma Initiative (unternehmensweit, abteilungsbezogen oder bereichsbezogen) ist unbedingt das Commitment der höchsten Führungsebene erforderlich. Der Erfolg von Six Sigma Bemühungen ist in hohem Maße von der Fähigkeit und der Unterstützung der Unternehmensleitung abhängig. Die Unternehmensleitung hat nicht nur aufgrund der persönlichen Überzeugung und Engagement erheblichen Einfluss am Ergebnis von Six Sigma Bemühungen. Ebenso erweist sich die Bereitstellung der Ressourcen sowie die Auswahl und Besetzung der Six Sigma Verantwortlichen (Black Belts und Green Belts) als wichtige Aufgabe. (Magnusson, Kroslid, & Bergmann, 2004, S. 20f)

Damit Six Sigma zu einem integralen Bestandteil der Gesamtorganisation wird, stellt die Einbeziehung der Stakeholder, vor allem der Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden, ein wichtiges Kriterium dar. Die Zusammenarbeit mit internen sowie externen Stakeholdern ermöglicht es, Geschäftsabläufe effizienter zu gestalten und somit Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu erzielen. Die Mitarbeiter des Unternehmens repräsentieren in Six-Sigma-Initiativen dabei eine sehr wichtige Rolle, da sie die Mehrzahl der Verbesserungsprojekte durchführen. Eine aktive Einbindung der Mitarbeiter ist unumgänglich. Attraktive Ausbildungskurse, Verantwortlichkeiten und Rollen sowie Rückmeldungen zu Prozessleistungen und Verbesserungsraten sind Beispiele für die Einbindung von Mitarbeitern in Six-Sigma-Vorhaben. Speziell im Bereich von Six Sigma können motivierte, ausgebildete Mitarbeiter mit Verantwortungsgefühl, Begeisterung und Engagement, enorme Verbesserungen erarbeiten. (Magnusson, Kroslid, & Bergmann, 2004, S. 22)

Positive Anreize, wie zum Beispiel ein konstruktiver Wettbewerb innerhalb des Unternehmens mit Beurteilungs- und Belohnungssystemen, kann dazu beitragen, die Motivation von Mitarbeitern hinsichtlich ihrer Verbesserungsbemühungen zu steigern und somit am Erreichen der hochgesteckten Ziele maßgeblich teilzuhaben. Wichtig ist hierbei, dass eine „Gewinner-Verlierer Situation“ vermieden wird. Anreizsysteme können vor allem in den ersten beiden Jahren nach der Einführung von Six Sigma die zielgerichtete Bewegung und eine klare Fokussierung der Initiative maßgeblich antreiben. Die Möglichkeiten, die sich durch eine verbesserte Zusammenarbeit innerhalb von Unternehmen sowie mit Lieferanten und Kunden ergeben, sind enorm. (Bulk & Faulhaber, 2007, S. 408ff)

2.4 DMAIC

Um das geforderte Ziel eines 6-Sigma-Niveaus zu erreichen und zu halten, konkretisiert die projektorientierte Ausrichtung von Six Sigma zwei standardisierte Vorgehensweisen. Die bekanntere und häufigere Vorgehensweise ist dabei eine bestimmte Prozessverbesserungsmethode, die systematisch, einfach anwendbar und formalisiert ist: der DMAIC-Zyklus. Die Prozessverbesserungsmethode DMAIC beginnt mit einer Definitionsphase, in welcher das zu verbessernde Erzeugnis beziehungsweise der zu verbessernde Prozess identifiziert wird. Anschließend folgen die Phasen Measure, Analyze, Improve und Control. Der Name der Verbesserungsmethode DMAIC bildet sich dabei aus den jeweiligen Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnungen der fünf Phasen. (Magnusson, Kroslid, & Bergmann, 2004, S. 41)

Der DMAIC-Zyklus basiert dabei auf dem klassischen PDCA-Zyklus von Deming (Plan, Do, Check, Act). Die Phasen, deren wesentliche Inhalte sowie grundlegende Denkweisen in Six Sigma-Projekten werden in Abbildung 2 dargestellt. Das Ziel von DMAIC Projekten liegt darin, bereits zu Beginn des Projektes ein gravierendes Problem zu einem konkreten Projekt zu definieren, welches im Projekt Charter möglichst exakt niedergeschrieben wird. In der Measure-Phase liegt der Fokus darin, auf Basis von Outputmessgrößen, ein reales Problem in ein statistisches Problem zu konvertieren. Die ermittelten Daten bilden die Grundlage für die Analyse-Phase, in welcher die Hauptursachen für das Problem statistisch gefiltert, empirisch geprüft und bestmöglich erarbeitet werden. Während in der Improve-Phase eine statistische Lösung erarbeitet, gegebenenfalls simuliert sowie getestet wird, dient die Control-Phase dazu, die gefundene Lösung in die reale Anwendung zu überführen sowie anschließend den Prozess qualitätssicher zu gestalten, kontinuierlich zu überwachen und gegebenenfalls zu verbessern.(Töpfer, 2009, S. 45f)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: DMAIC als Six Sigma Prozess im Projekt3

2.4.1 Define-Phase

Die Define-Phase gilt als der grundlegende Schritt im DMAIC-Prozess, in welchem das Verständnis für die Projektinhalte und deren Auswirkungen entsteht. Oftmals werden Probleme zunächst sehr qualitativ ohne viel Detail identifiziert, wie das folgende Beispiel illustriert: „Der Kunde beschwert sich, dass sich die Qualität unserer Erzeugnisse verschlechtert hat.". Bevor man überhaupt über mögliche Lösungen nachdenken kann, muss das Problem genauer definiert werden. Nur dann können aussagekräftige Messungen oder Daten gesammelt werden. Demnach ist die klare und richtige Problemdefinition ein wichtiger Bestandteil in Six-Sigma Bemühungen. Eine klare Problemdefinition erfordert meist mehr Aufwand als gedacht. (Brussee, 2010, S. 9)

Die Bedeutung der Define-Phase ist folglich nicht zu unterschätzen - was hier unberücksichtigt bleibt, falsch definiert oder verstanden wird, kann im Anschluss nur schwer zweckmäßig gemessen, analysiert, verbessert und kontrolliert werden. (Toutenburg & Knöfel, 2009, S. 43)

Um sicher zu sein, welches Problem vorliegt, bedarf es oftmals vorläufiger Messungen. Es kann erforderlich sein, Messungen zu überprüfen und Stichprobengrößen zu berechnen, um sicherzustellen, dass gültige und ausreichende Daten verfügbar sind, um eine sorgfältige und vollständige Definition des Problems zu ermöglichen.(Brussee, 2010, S. 10)

Zur eindeutigen Definition des Projektauftrags dient der Einsatz des Projekt Charters. Neben Kennzeichnungen und Daten eines Projektes umfasst der Projekt Charter insbesondere den Problemhintergrund, also die Beschreibung der aktuellen Geschäftssituation anhand der Kriterien Qualität, Zeit und Kosten, welche die Notwendigkeit des Six-Sigma Projekts aufzeigt. Ebenso werden neben den Problemen, Zielen und Nutzen auch der Umfang, Rahmen, Rollen, Verantwortlichkeiten und Meilensteine des Projekts definiert.(Günther & Garzinsky, 2009, S. 120)

Zur Präzisierung der Problemformulierung von Six Sigma Projekten werden gewöhnlich zwei Analysesysteme eingesetzt. Zum einen dient SIPOC (Supplier, Input, Process, Output, Customer) zur Identifizierung und Eingrenzung des zu analysierenden, mehrstufigen Wertschöpfungsprozesses. Die SIPOC Analyse veranschaulicht einen Wertschöpfungsprozess in seine Input-Output-Beziehungen vom Lieferanten bis zum Kunden. Hierzu wird der Prozess auf einer Makroebene aus Kundensicht betrachtet und anschließend im Zusammenhang mit seinen Vorbedingungen, Beteiligten und Ergebnissen als strukturierte Übersichtsdarstellung visualisiert. Dies ermöglicht es, sich rasch einen übergeordneten Blick über alle Hauptelemente eines zu untersuchenden Prozesses zu verschaffen. (Töpfer, 2007a, S. 80f)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Darstellung SIPOC4

Die zweite Analysemethode, die VOC-CTQ-Analyse, baut auf die SIPOC-Analyse auf und dient zur Ableitung der entscheidenden Kundenanforderungen. Die Abkürzung VOC (Voice of Customer) steht dabei für die ungefilterte Stimme des Kunden. Ausgehend von dieser werden die zentralen und messbaren Kriterien des zu verbessernden Wertschöpfungsprozesses abgeleitet. Diese Kriterien werden auch als CTQ’s bezeichnet (Critical to Quality Characteristics). Die spezifizierten CTQ’s bilden den Ausgangspunkt für die Ermittlung der Referenzleistung des Prozesses in der anschließenden Measure-Phase. (Günther & Garzinsky, 2009, S. 120f)

Eine umfassende Methode zur Untersuchung des Zusammenhangs von Wichtigkeit einer Anforderung und Kundenzufriedenheit bietet das Kano-Modell. Das 1978 in Tokio von Dr. Noriako Kano entwickelte Modell stellt ein Werkzeug zur Verfügung, mit dessen Hilfe Kundenbedürfnisse in Kategorien unterteilt und deren Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit erklärt werden können. Das Modell basiert dabei auf der Annahme, dass sich die Gesamtzufriedenheit des Kunden aus seinen Teilurteilen (über die einzelnen CTQs) ergibt. Zudem unterstellt das Modell, dass der Einfluss einzelner Anforderungen keiner Linearität unterliegt. Kano unterteilt dabei die Anforderungen in die Kategorien Grundanforderungen, Leistungsanforderungen und Begeisterungsfaktoren: (Toutenburg & Knöfel, 2009, S. 50f)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Kano Modell5

- Grundanforderungen, oder auch Basisanforderungen genannt, verkörpern Merkmale, die ein Produkt, ein Prozess oder eine Dienstleistung aus Kundensicht unbedingt erfüllen muss. Die alleinige Erfüllung führt allerdings noch nicht zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit, das Nichtvorhandensein des Merkmals führt allerdings zu einer wesentlichen Verschlechterung dieser.
- Bei linearen Leistungsanforderungen, auch als Qualitätsanforderungen bekannt, verhält sich der Zufriedenheitsgrad direkt proportional zum Erfüllungsgrad der Anforderung. Leistungsanforderungen können demnach Unzufriedenheit beseitigen und Zufriedenheit schaffen.
- Sogenannte „Delighter“ stehen für Begeisterungsanforderungen, die Merkmale verkörpern, welche der Kunde nicht fordert oder erwartet. Demnach erzeugt ihr Ausbleiben kein Gefühl der Unzufriedenheit. Ihr Vorhandensein kann sich allerdings äußerst positiv auf die Kundenzufriedenheit auswirken.

Bei der Gewichtung der Kundenanforderungen gilt in der Regel: Je grundlegender die Anforderung ist, desto höher sollte die Priorität des CTQs gewählt werden. Dies liegt dem Prinzip der Bedürfnishierarchie von Maslow zu Grunde. Begeisterungsfaktoren erzielen beim Kunden nur dann Zufriedenheit, wenn die Grundanforderungen erfüllt sind sowie die Leistungsanforderungen mindestens seinen Erwartungen entsprechen. Es empfiehlt sich daraus, für das bevorstehende Projekt vorerst die Grundanforderungen sicherzustellen, bevor man sich um Leistungs- oder gar Begeisterungsfaktoren kümmert. Dient ein Projekt der ausschließlichen Verbesserung von Begeisterungsfaktoren, so ist die Notwendigkeit des Vorhabens zu prüfen. In Six Sigma Projekten werden Begeisterungsfaktoren oftmals als „Quick Wins“ quasi nebenbei erfüllt. Abschließend sei zu erwähnen, dass sich im zeitlichen Verlauf die Erwartungshaltung eines Kunden ändert und somit ein Begeisterungsmerkmal zu einem Leistungs- oder gar Basismerkmal konvertieren kann.(Toutenburg & Knöfel, 2009, S. 51f)

2.4.2 Measure-Phase

Die Messphase dient zur Aufnahme und Bewertung des Ist-Zustandes eines Prozesses. Um das vorrangige Ziel von Six Sigma Projekten zu erreichen, nämlich die Ursachen-Wirkungs-Beziehungen zwischen Input, Prozess und Output aufzudecken und optimal einzustellen, ist es notwendig, auf Grundlage der ermittelten CTQs die elementaren Output-, Prozess- und Inputgrößen abzuleiten. Hierfür wird die zahlenorientierte Systematik CTQ-Outputmessgrößen-Analyse zu Beginn der Measure-Phase eingesetzt. Sie unterstützt die Bestimmung der Outputmessgrößen, an welchen folglich die Referenzleistung des Prozesses, also die Ausgangssituation vor Verbesserungsaktivitäten, bestimmt wird.(Günther & Garzinsky, 2009, S. 121)

Es soll ebenfalls versucht werden, alle möglichen auf den Prozess wirkenden Einflussgrößen zu erfassen. Wichtig dabei ist es, die Ist-Situation des tatsächlichen Prozesses zu erheben und nicht jenes laut Arbeitsanweisungen beschriebenen und definierten Prozesses. Grund dafür ist die oftmalige Unterscheidung zwischen dem geplanten und dem tatsächlich umgesetzten Prozess. Den Prozess abzulaufen und zu hinterfragen, welche Arbeitsschritte durchgeführt werden, warum diese durchgeführt werden und welche Zusatzaufwände auftreten sofern der Ablauf nicht reibungslos von statten geht, kann wesentlich dazu beitragen, den Prozess detaillierter kennen zu lernen und ein Verständnis über die tatsächliche Ist-Situation zu kreieren.(Melzer, 2015, S. 23f)

Um falsche Schlussfolgerungen aufgrund von Messfehlern zu verhindern, wird in der Measure-Phase die Genauigkeit der Messsysteme mit einer sogenannten Gage R&R, oder auch Messsystemanalyse, überprüft. Ziel der Messsystemanalyse ist es, Messsystemvariationen gegenüber der Gesamtvariation oder gegenüber einer vorgegebenen Toleranz zu identifizieren, quantifizieren und gegebenenfalls zu minimieren. (Töpfer, Günther, & Garzinsky, 2007, S. 261f)

Ein gutes Messsystem muss dabei den Anforderungen Genauigkeit, Wiederholbarkeit, Reproduzierbarkeit, Stabilität, Linearität und Granularität gerecht werden. (Lunau, Roenpage, Meran, John, & Beernaert, 2007, S. 67ff)

Erst im Anschluss einer Validierung des eingesetzten Messsystems, also wenn Klarheit darüber besteht, dass das Messsystem für die zu erhebenden Daten basierend auf den zuvor erwähnten Anforderungen geeignet ist, soll mit der Erfassung der Daten begonnen werden, um unnötigen Arbeitsaufwand, oder sogar mögliche falsche Schlussfolgerungen zu vermeiden. (Melzer, 2015, S. 24)

Bedeutsame Messgrößen, um Aussage über die Prozesseffektivität und -effizienz zu treffen, sind für diskrete Merkmale unter anderem die Fehlerrate als ppm (parts per million) und die Fehlerquote als DPMO (Defects per Million Opportunities). Im Gegensatz zur Fehlerrate wird bei der Berechnung der DPMO die Fehlermöglichkeit und somit die Komplexität eines betrachteten Prozesses ebenfalls berücksichtigt. Wird die Outputqualität von stetigen Merkmalen beschrieben, so eignen sich der Cp-Wert, welcher Aussagen über die Prozessstreung liefert, und der Cpk-Wert als Maß für die Prozessfähigkeit. Im Gegensatz zum Cp-Wert berücksichtigt der Cpk-Wert nicht nur die Prozessstreuung, sondern auch die Lage des Prozesses. (Günther & Garzinsky, 2009, S. 121)

Allgemein beschreibt die Prozessfähigkeit das Verhältnis der spezifizierten Toleranz zur natürlichen Streubreite des Prozesses. Anders ausgedrückt gibt sie das Verhältnis der Stimme des Kunden zur „Stimme des Prozesses“ wieder. Vorausgesetzt es handelt sich um einen stabilen Prozess, wessen Merkmalswerte einer Normalverteilung unterliegen. (Rehbehn & Zafer, 2005, S. 120f)

Um das Skalenniveau von stetigen und diskreten Merkmalsausprägungen und somit unterschiedlichen Messansätzen zur Bestimmung von Fehlerhäufigkeiten vergleichen zu können, kann das Qualitätsniveau mittels einer zentralen statistischen Kennzahl beschrieben werden: dem Sigma-Wert. (Günther & Garzinsky, 2009, S. 121f)

Obwohl die Measure-Phase im Wesentlichen zur Aufnahme des Ist-Zustandes dienen soll, erfolgen oftmals bereits in dieser Phase Verbesserungen. Bei sogenannten „Quick Hits“ handelt es sich um simple und eindeutige Verbesserungsmöglichkeiten, die keiner weiteren Analyse bedürfen und an vielen Stellen des Prozessverlaufs plötzlich sichtbar werden. Häufig werden diese „Quick Hits“ erst bei der gemeinsamen, sorgfältigen Erstellung der Process Map erkannt. Während zuvor im Tagesgeschäft Prozessschritte als gegeben hingenommen wurden, ermöglicht das genaue Hinschauen und Hinterfragen von Prozessschritten oftmals erhebliche Verbesserungspotenziale. (Melzer, 2015, S. 42f)

2.4.3 Analyze-Phase

Die Analyze-Phase gilt auch als die „Kernphase“ des DMAIC-Zyklus. Der Fokus von Analyze liegt in der Erstellung einer tiefgehenden und aussagekräftigen Ursachenanalyse für die jeweilige(n) Fehlerart(en). (Günther & Garzinsky, 2009, S. 122)

Während in der Measure-Phase Variablen identifiziert und priorisiert wurden, liegt das Ziel der Analyze-Phase in der Verifizierung, Validierung und Quantifizierung der wenigen wichtigen Variablen oder Ursachen, die den Prozess-Output beeinflussen können.(Rehbehn & Zafer, 2005, S. 134)

Um das Ziel eines optimalen Prozessverständnisses zu erreichen, ist zu klären, in welchem funktionalen Zusammenhang sich die Beziehung zwischen der jeweiligen Outputgröße y und den Prozess- und Inputgrößen xi beschreiben lassen. Dieser funktionale Zusammenhang soll in der Form y= f (x1, x2, ..., xn) beschrieben werden. (Günther & Garzinsky, 2009, S. 122)

Während die Ursachen eines Problems oftmals offensichtlich und schnell erkennbar sind und die Analysephase demnach nur kurz andauert, bedarf es bei komplexeren Fällen dem Einsatz einer Reihe analytischer und statistischer Instrumente, um die Problemursache zu erheben. (Pande & Holpp, 2002, S. 36) Hierbei gilt, dass die Betrachtung in folgender Reihenfolge abgehalten werden soll – zuerst die Outputs, dann die Inputs und erst im Anschluss die Beziehungen untereinander.(Melzer, 2015, S. 52)

[...]


1 Eigene Tabelle in Anlehnung an (Rehbehn und Zafer 2005, 61)

2 (Töpfer 2007a, 372)

3 (Töpfer 2007a, 80)

4 (Lunau, Staudter, et al. 2013, 95)

5 (Microtool 2015)

Ende der Leseprobe aus 112 Seiten

Details

Titel
Produktentwicklung mit Design for Six Sigma. Welche Chancen und Risiken bietet Six Sigma für Unternehmen wirklich?
Autor
Jahr
2019
Seiten
112
Katalognummer
V449067
ISBN (eBook)
9783960955160
ISBN (Buch)
9783960955177
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Six Sigma, Design for Six Sigma, DFSS, DMAIC, DMADV, Produktinnovation, Innovation, Prozess, TRIZ, Produktentwicklung
Arbeit zitieren
Maximilian Allstorfer (Autor:in), 2019, Produktentwicklung mit Design for Six Sigma. Welche Chancen und Risiken bietet Six Sigma für Unternehmen wirklich?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/449067

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