Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Internationale Schulleistungsstudien am Beispiel von PISA und IGLU
2.1 PISA
2.2 IGLU
3. Institutionelle Diskriminierung
3.1 Institutionelle Diskriminierung in der Schule
3.2 Selektion in der Schule
4. Mögliche Gründe für die Benachteiligung von Migrantenkindem
5. Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungschancen
6. Kritische Würdigung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Diese Arbeit behandelt das Thema „Die Benachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem“. Dabei wird „Ist es gerechtfertigt, von Benachteiligung von oder Ungerechtigkeit gegenüber den Migrantenkindem zu sprechen?“ eine leitende Fragestellung sein.
Die Autorin befasst sich mit den Themenbereichen der Internationalen Schulleistungsstudien am Beispiel von PISA und IGLU, der institutionellen Diskriminierung in Bezug auf die Schule und den Verbesserungsmöglichkeiten der Bildungschancen.
Somit gliedert sich die Arbeit in drei Teilbereiche, die nachfolgend erläutert werden.
Zum Einstieg schreibt die Autorin etwas Allgemeines über die internationalen Schulleistungsstudien, da sie dazu beigetragen haben, dass die Diskriminierungen des Bildungssystems gegenüber Migrantenkinder Achtsamkeit gewonnen haben. Als Beispiele für diese Studien nennt die Autorin als erstes die PISA-Studie, die im Jahre 2000 erstmals stattgefunden hat. Diese hat die Schüler im Alter von 15 Jahren über die Kompetenzbereiche der Lesekompetenz, der mathematischen Grundbildung und der naturwissenschaftlichen Grundbildung getestet. Als zweites Beispiel erläutert die Autorin die IGLU-Studie, welche die Kinder der vierten Klasse auf ihre Lesekompetenz getestet hat. In beiden Studien kam heraus, dass der schulische Erfolg eng an die soziale Herkunft geknüpft sei. Vor allem war damit die Gruppe der Schüler-/innen gemeint, die aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen mit nicht-deutscher Familiensprache stammen. Trotz, dass sie hier geboren sind oder ihre Bildungslaufbahn in Deutschland durchlaufen haben, konnten sie nur ungenügend lesen, schreiben und rechnen. Für die Bildungsbenachteiligung der Schüler mit Migrationshintergrund spielt außer dem Faktor der Herkunft aber auch die Subjektivität seitens der Lehrkräfte und die Schule als Institution eine große Rolle.
Der darauffolgende Teil bezieht sich auf die institutionelle Diskriminierung. Dort schreibt die Autorin über die Ungleichbehandlung von Personen durch das organisatorische Handeln gesellschaftlicher Institutionen. Anschließend bezieht sie sich auf die institutionelle Diskriminierung in der Institution Schule, da ihr als Institution die Zuteilung von Statuspositionen vorgeworfen wird. Das Thema der Selektion in der Schule soll diese Diskriminierungsthese der Schule näher erläutern.
Der letzte Themenbereich, also die Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungschancen, soll einen Einblick verschaffen, wie sich die genannten Probleme auflösen könnten. Dieses Thema soll dazu beitragen, in Zukunft auf die Bildungsbenachteiligung zu achten und den in dem Bildungssystem vorhandenen Diskriminierungen entgegenzuwirken.
Die Thematik der Bildungsungleichheit ist für die Bundesrepublik Deutschland daher bedeutend, da es als demokratisches Rechtstaat selbstverständlich sein sollte, dass „kein Mensch aufgrund seines Aussehens, seines Geschlechts, seiner Herkunft, seiner Sprache, seiner körperlichen Beschaffenheit, seiner Religion, seiner weltlichen Anschauung, seiner politischen Überzeugung oder aufgrund eines anderen Merkmals benachteiligt oder bevorzugt werden darf.“1
Aus diesem Artikel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland kann die Forderung nach gleichen Bildungschancen für alle Schüler-/innen abgeleitet werden.
Es gibt recht wenige empirische Studien, die den Zusammenhang vom Bildungserfolg allochthoner2 Schüler im deutschen Bildungssystem mit den schulischen Rahmenbedingungen erforschen. Auch aus bildungssoziologischer, pädagogischer und bildungspolitischer Perspektive besteht ein Mangel von Befunden. Dies ist wahrscheinlich der Unsichtbarkeit und der schweren Nachweisbarkeit der institutionellen Diskriminierung zuzuschreiben, da sie sich nur durch ihre Effekte kundgibt.
Die Autorin stellt die Situation von Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien im deutschen Schulsystem basierend auf bekannten Forschungen dar. Außerdem nimmt sie am Ende dieser Hausarbeit Stellung zu der Frage, ob es gerechtfertigt sei, von Benachteiligung von oder Ungerechtigkeit gegenüber den Migrantenkindem zu sprechen, und liefert aus ihrer Sicht eine eigene Meinung. Als Arbeitsmethode für die Hausarbeit hat die Autorin Sekundärquellen benutzt.
2. Internationale Schulleistungsstudien am Beispiel von PISA und IGLU
Die Bildungschancen von Migrantenkindem in Deutschland ist ein Thema, welches durch das öffentliche und bildungspolitische Interesse durch die Teilnahme Deutschlands an den internationalen Schulleistungsstudien PISA (Programme for International Student Assessment) und IGLU (Internationale Grundschuluntersuchung) in den Jahren 2000 und 2001 ausgelöst wurde, und im letzten Jahrzehnt besondere Achtsamkeit bekommen hat (vgl. Baur 2013, S. 9). In den letzten Jahren haben Leistungsvergleichsuntersuchungen wie zum Beispiel PISA und IGLU festgestellt, dass das Bildungssystem Kinder mit Migrationshintergrund diskriminiert. Diese These findet ihre Ursache in den Kompetenzunterschieden zwischen den deutschstämmigen und nicht-deutschstämmigen Kindern. Nach den Befunden der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) beruhen die Leistungsunterschiede nicht auf der Grundlage der eigenen Leistungsfähigkeit der Schüler, sondern sind auf die Funktionsweise der Schulen bzw. des Schulsystems zurück zu führen (vgl. Fereidooni 2011, S. 24-25).
2,1 PISA
Die PISA-Studie hat ihre Berühmtheit in der Öffentlichkeit in Deutschland aufgrund ihrer Ergebnisse erreicht. An der im Jahr 2000 durchgeführten Studie haben die 28 OECD-Länder und Brasilien, Lettland, Lichtenstein und Russland teilgenommen. Die Schüleranzahl der Teilgenommenen liegt bei mehr als 500.000 Schülern, die im Alter von 15 Jahren waren. In Deutschland wurden an 219 Schulen insgesamt 5.073 Schüler getestet. Das Ziel dieser Studie war es, die alltags- und berufsrelevanten Kenntnisse und Fähigkeiten fünfzehnjähriger Schüler zu messen (vgl. Diefenbach 2007, S. 30). Die Finanzierung der PISA-Studie wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geleistet. Der PISA-Studie hegen die folgenden drei Kompetenzbereiche zugrunde: einmal die Lesekompetenz, die mathematische Grundbildung und die naturwissenschaftliche Grundbildung. Im Drei-Jahres-Takt wurde jeweils eines dieser Bereiche als Schwerpunkt bei der Durchführung der Studie ausgewählt. Im Jahre 2000 stand im Vordergrund des Interesses bei der PISA-Studie das Konzept der ‘literacy also die Lese- und Schreibkompetenz der Schüler. Zur Messung dieser Kompetenz wurden spezielle Testaufgaben entwickelt, die in jedem Land denselben Inhalt haben sollten. Die Aufgaben, die die Schüler bearbeiten sollten, wurden mit Hilfe von multiple-choice-Fragen und offene Fragen in Mathe, Lesen und Naturwissenschaften erhoben. 2003 stand dann die mathematische Grundbildung im Mittelpunkt und im Jahr 2006 die naturwissenschaftliche Grundbildung (vgl. Steinbach 2009, S. 40). Außerdem sollten die Schüler Angaben über den „sozioökonomischen Status ihrer Eltern, zu deren Beruf und Bildungsniveau, zum elterlichen Erziehungs- und Unterstützungsverhalten, zur Anzahl der Geschwister, zu Lemstrategien und zur Lesezeit der Schüler“ (Diefenbach 2007, S.31) machen. Um die PISA-Datensätze der Schüler mit Migrationshintergmnd identifizieren zu können, wurde nach dem Geburtsland der Schüler und ihrer Eltern gefragt. Außerdem wurde auch gefragt, welches die zu Hause am häufigsten gesprochene Sprache ist. In diesen Fragen fehlt die Angabe, in welchem Jahr die Schüler in das Land migriert sind, in dem sie befragt wurden (vgl. Diefenbach 2007, S.32). Die Sonderauswertung hat bewiesen, dass Schüler(inne)n mit Migrationshintergmnd in der zweiten Generation zwar drei Schuljahre hinter ihren Mitschüler(inne)n ohne Migrationshintergmnd zurückliegen, sie aber dennoch besonders positive Lerneinstellungen aufweisen (vgl. Steinbach 2009, S. 43).
2,2 IGLU
Die IGLU-Studie ist der deutsche Teil der internationalen Gmndschul-Lese-Untersuchung „Progress in International Reading Literacy Study“ (PIRLS) (vgl. Diefenbach 2007, S. 33). Ähnlich wie die PISA-Studie, dient die IGLU-Studie (2001) dazu, die Schwachstellen in den nationalen Bildungssystemen zu identifizieren (vgl. Fereidooni 2011, S. 53).
Die Schüleranzahl der Teilnehmer liegt in den 35 Teilnehmerstaaten bei 147.000 Gmndschülem. Untersucht werden die Kinder der vierten Klasse, unabhängig wie alt sie zu dem Zeitpunkt sind. Im Gegensatz zur PISA-Studie spiegeln die Ergebnisse des IGLU-Test 2001 auf den ersten Blick eine gute Beschulungssituation. Die Ergebnisse der bundesdeutschen Gmndschüler liegen auf der Ebene des oberen Leistungsdrittels. Jedoch muss dabei die Tatsache vor Augen gehalten werden, dass die beiden Studien aufgmnd ihrer differenten methodischen Vorgehensweisen und der unterschiedlichen Messverfahren nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. Fereidooni 2011, S. 53). Zudem kann bei einer näheren Betrachtung der Ergebnisse festgestellt werden, dass es den Lehrkräften nicht gelungen ist, die Schüler mit Migrationshintergmnd zu fördern. Die allochthonen Schüler haben deutlich schlechtere Ergebnisse im Lesen erzielt, als deutschstämmige Kinder. Um differenziertere Kriterien zur Feststellung der Migrationsgeschichte der bundesdeutschen Kriterien zu entwickeln, sollten die teilnehmenden Kinder angeben, welche Sprachen sie gelernt haben und ob ihre Eltern in Deutschland oder Ausland geboren sind (vgl. Fereidooni 2011 S. 55).
Die Internationale Gmndschul-Lese-Untersuchung hat dazu beigetragen, Erklämngen für den Bildungs(miss)erfolg der allochthonen Schüler im deutschen Bildungswesen herauszufinden (vgl. Fereidooni 2011, S. 62).
3. Institutioneile Diskriminierung
Diskriminierung bezeichnet die Unterscheidung der einen Seite gegenüber der anderen bevorzugten Seite. Es bedeutet, Unterscheidungen treffen und bewerten zu können. Hierzu können als Beispiele „oben“ und „unten“ oder „schwarz“ und „weiß“ genannt werden, die zur Unterscheidung dienen. Diese Unterscheidungen beinhalten eine leichte Asymmetrie, welche zwischen dem positiven Wert als Maßstab von der Abweichung differenziert. Von dieser muss jedoch unterschieden werden, wenn es um die soziale Diskriminierung geht. Diese hat die Funktion des Bewertens vom Unterschiedenen (vgl. Gomolla/Radtke 2009, S. 15).
„Wenn Unterschiede zwischen Menschen(-gruppen) absichtsvoll gemacht werden und explizit oder implizit eine soziale Bewertung der Unterschiedenen mitkommuniziert wird, geschieht dies mit dem Ziel, eigene Vorrechte oder Vorteile zu behaupten, und meist mit der Folge, Rechte zu Verweigern und Hierarchien zu begründen. Dafür werden Rechtfertigungen gebracht.“ (Gomolla/Radtke (2009): S. 15).
Soziale Diskriminierung reicht von unbedachten, kränkenden und bösartigen Äußerungen bzw. Handlungen, über körperliche Angriffe bis zur Ungleichbehandlung von ganzen Bevölkerungsgruppen. In den meisten Fällen sind die Zielpersonen solcher diskriminierender Handlungen Minderheiten, die unterschiedliche Merkmale aufweisen. In Europa sind davon aktuell Zuwanderer betroffen, die sich in ihren Nationalitäten, Hautfarben, Religionen und Sprachen voneinander unterscheiden.
Die institutionelle Diskriminierung bezeichnet die Ungleichbehandlung von Personen durch das organisatorische Handeln gesellschaftlicher Institutionen. Sie stellt das Ergebnis sozialer Prozesse dar. Es ist nicht notwendig, diese in Form von Missachtung auszudrücken, oder gar gewalttätig zu werden. Meist sind sie nämlich in benachteiligenden Verhaltensweisen zu sehen. Die institutionelle Diskriminierung lässt sich in mehreren Punkten von der direkten Diskriminierung differenzieren. Ein Unterschied ist zum Beispiel, dass sie sich in ihrer Entstehungs- und Wirkungsform unterscheiden, da bei der institutionellen Diskriminierung die resultierenden Benachteiligungen nicht mutwillig und absichtlich von den diskriminierenden Personen ausgehen (vgl. Fereidooni 2011, S. 23). Noch ein Gegensatz ist, dass die Ungleichbehandlung bei der institutionellen Diskriminierung nicht von dem einzelnen Lehrer ausgeht, sondern die Faktoren wie das Netz von Institutionen aus und ihre Maßnahmen in der Erziehung mitwirken, und somit die Folge von rassistischer oder ethischer Diskriminierung mit sich trägt. Aufgrund der Benachteiligung durch Organisationsprozesse innerhalb von Bildungsinstitutionen, statt seitens diskriminierender Einzelhandlungen, bezeichnet man die
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1 Artikel 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Grundrechte).
2 allochthon: Personen und Gemeinschaften mit einer gebietsfremden sozialen Herkunft oder Abstammung.