Failure as a Chance. Managing Organizational Change after Corporate Scandals


Bachelorarbeit, 2014

39 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund und aktueller Forschungsstand 7v
2.1 Die GLOBE Studie und die Impliziten Führungstheorien
2.2 McClelland's Motivtheorie und explizite Motive
2.2.1 Definition des Affiliationsmotivs
2.2.2 Definition des Machtmotivs
2.3 Motive und Führung
2.4 Hypothesen

3 Methoden
3.1 Teilnehmer
3.2 Verwendete Fragebögen
3.2.1 UMS-
3.2.2 GLV/GLOBAL6-FB
3.2.3 Fragebogen zur Akzeptanz von Führungsverhalten
3.3 Aufbau und Durchführung der Befragung

4 Resultate

5 Diskussion
5.1 Theoretische Bedeutung
5.2 Praktische Bedeutung
5.3 Limitationen

6 Conclusio

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Deskriptive Statistik, Cronbach's α und Pearson-Korrelation

Tabelle 2 Präferenz kulturspezifischer Führungsdimensionen bei

Ausprägung des Machtmotivs

Tabelle 3 Präferenz der humanorientierten Führungsdimension

bei Ausprägung des Affiliationsmotivs

Tabelle 4 Analyse der Präferenz der partizipativen Führungsdimension

bei Ausprägung des expliziten Machtmotivs ohne Ausreißerwerte

Tabelle 5 Analyse des Zusammenhangs zwischen der Präferenz der

partizipativen Führungsdimension und der Berufserfahrung

Tabelle 6 Präferenz der partizipativen Führungsdimension bei Ausprägung des expliziten Machtmotivs der deutschen Teilnehmer ohne Ausreißerwerte

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Darstellung der Hypothese 1 im Pfadmodell

Abbildung 2 Darstellung der Hypothese 2 im Pfadmodell

Abbildung 3 Darstellung der Hypothese 3 im Pfadmodell

Abbildung 4 Q-Q-Plot zu Hypothese 1

Abbildung 5 Q-Q-Plot zu Hypothese 3

Abbildung 6 Q-Q-Plot zu Hypothese 2

Abbildung 7 Streudiagramm zur Identifikation der Ausreißerwerte bei Hypothese 2

Abstract

Der Ansatz der Führungskraft-Kategorisierung nimmt an, dass Führungsmaßnahmen umso effektiver sind, je stärker Führungskräfte mit den impliziten Vorstellungen ihrer Mitarbeiter über Führung (Führungsprototypen) übereinstimmen. Bekannt ist, dass Führungsprototypen stark kulturell geprägt sind. Es stellt sich dabei die Frage, ob noch andere Einflüsse auf die Impliziten Führungstheorien einwirken. Im vorliegenden Beitrag wurde deshalb im Rahmen eines Pilotexperiments untersucht, ob die Ausprägung einer Person auf ihrem expliziten Macht- und Affiliationsmotiv eine Auswirkung auf die Präferenz bestimmter kulturspezifischer Führungsdimensionen hat. Dafür wurde einer Stichprobe (N = 113, M (Alter) = 25.08, 81.4% weiblich), die zu 90.3% aus deutschen Teilnehmern bestand, die UMS-6 zur Erhebung der expliziten Motive und die Kurzfassung des GLV/GLOBAL6-FB zur Erfassung der Impliziten Führungstheorien in der jeweils deutschsprachigen Version vorgelegt. Die Untersuchung stützt die Annahme, dass die Ausprägung auf dem expliziten Machtmotiv in einem negativen Zusammenhang mit der Präferenz der partizipativen Führungsdimension steht (b = -.32, p < .01). Das Ergebnis wird nicht durch kulturelle Einflüsse verzerrt. Die Studie erweitert die gegenwärtige mitarbeiterzentrierte Perspektive auf Führung um einen motivationalen Aspekt.

Schlüsselwörter: Implizite Führungstheorien, explizite Motive

1 Einleitung

"Alles, was irgend zur Welt gehört und gehören kann, ist unausweichbar mit diesem Bedingtsein durch das Subjekt behaftet und ist nur für das Subjekt da. Die Welt ist Vorstellung." In diesem Zitat von Arthur Schopenhauer (2014) wird deutlich, welche Kraft, welche Intensität die Vorstellung eines Menschen hat. Doch nicht nur die Philosophie hat sich mit der Vorstellung des Menschen beschäftigt, sondern auch die Psychologie. Empirische Forschung stützt folgende Thesen:

Jede Person hat Implizite Führungstheorien, also eine genaue Vorstellung davon, welche Eigenschaften die ideale Führungskraft hat (Lord & Maher, 1991). Verwendet werden die Impliziten Führungstheorien, um effektive Führung zu verstehen und zu erkennen. Als Führungskraft wahrgenommen zu werden, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Führungsmethoden (Lord & Maher, 1991). Die Impliziten Führungstheorien wurden im Rahmen des "Global Leadership and Organizational Effectiveness (GLOBE) Research Program" von House, Hanges, Javidan, Dorfman und Gupta (2004) in sechs Führungsdimensionen kategorisiert, wovon die charismatische und die teamorientierte Dimension universaler Natur und die hierarchische, die autonome, die humanorientierte und die partizipative kulturspezifisch sind (Brodbeck, Frese, Akerblom, Audia, Bakacsi, ... Wunderer, 2000).

Doch was beeinflusst die Impliziten Führungstheorien einer Person neben der kulturellen Prägung noch? Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wurde in einem Pilotexperiment untersucht, ob die Ausprägung einer Person auf dem Machtmotiv und dem Affiliationsmotiv eine Auswirkung auf die Präferenz bestimmter kulturspezifischer Führungsdimensionen hat.

2 Theoretischer Hintergrund und aktueller Forschungsstand

2.1 Die GLOBE Studie und die Impliziten Führungstheorien

"Gruppen sind der Kontext, in welchem Führung stattfindet." (Northouse, 2010). Umso wichtiger ist es diesen Kontext bei der Führungsforschung zu berücksichtigen. Dazu gehören zum Beispiel gesellschaftskulturelle und geschäftliche Faktoren, die eine Gruppe wesentlich beeinflussen können. Untersuchungen im Rahmen der GLOBE-Studie unterstützen die Annahme, dass effektive Führung erheblich stärker von gesellschaftskulturellen als von geschäftlichen Faktoren abhängt (Brodbeck, 2008). Das heißt, kulturell generierte Unterschiede in Führungskonzepten können die Reaktionen von Mitarbeitern auf zum Beispiel ausländische Manager so beeinflussen, dass kulturübergreifende Führung in ihrem Erfolg behindert wird (Brodbeck et al., 2000). Möchte man als Führungsperson in einem anderen Kulturraum effektiv sein, ist es notwendig bestimmte kulturspezifische Überzeugungs- und Wertsysteme zu verstehen (Brodbeck & Breuninger, 2010).

Das GLOBE-Projekt (House et al., 2004) ist eines der umfangreichsten Projekte der Führungsforschung. Es wurde 1994 von Robert House, Wharton School of Management, veranlasst (Brodbeck & Breuninger, 2010). Dieses multinationale (N = 62), sich über drei verschiedene Industriezweige (Telekommunikation, Lebensmittel, Finanzservice) (Brodbeck, Hanges, Dickson, Gupta & Dorfman, 2004) und über mehr als 900 Organisationen erstreckende, aus mehreren Phasen bestehende Projekt beschäftigt sich mit Gesellschafts- und Organisationskultur sowie mit Führung und Leistung (Brodbeck & Eisenbeiss, 2012; House et al., 2004; Spieß & von Rosenstiel, 2010). Mehr als 170 Wissenschaftler engagieren sich innerhalb des gesamten Programms und versuchen die Charakteristika zu erfassen, die in den 62 verschiedenen Kulturen erfolgreichen Führungspersonen zugeschrieben werden (House et al., 2004; Spieß & von Rosenstiel, 2010).

Ursprung der GLOBE Untersuchung ist folgende Überlegung zu kognitiven Schemata: Diese geht davon aus, dass eine Führungskraft dann erfolgreich ist, wenn sie der Vorstellung, dem subjektiven, kognitiven Schema entspricht, das ein Mitarbeiter von einer herausragenden Führungspersönlichkeit hat (Brodbeck, 2006; Lord & Maher, 1991; Shondrick, Dinh & Lord, 2010). Ein Schema ist definiert als eine Zusammenstellung von Attributen oder charakteristischen Eigenschaften einer Person (Brodbeck et al., 2000). Diese Vorstellungen werden im Rahmen der Arbeits- und Organisationspsychologie durch den Ansatz der Impliziten Führungstheorien beschrieben. Um diesen Ansatz besser verstehen zu können, wird zunächst die Rolle des Einflusses im Rahmen von Führung genauer erläutert.

Denn ohne Einfluss existiert keine Führung (Nothouse, 2010). Das bedeutet, dass Führungskräfte in der Lage sein sollen, ihre Mitarbeiter beeinflussen zu können (Yukl, 2002). Führung baut daher auf mindestens zwei Parteien auf: Einer lenkenden Führungskraft und Mitarbeitern, die offen für den Einfluss von Seiten der Führungskraft sein sollten (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008). Wenn Führung nicht mittels Repression und Druck geschehen soll, stellt sich unweigerlich die Frage, wie sich Mitarbeiter aus freien Stücken führen lassen. Der Ansatz der Impliziten Führungstheorien (im Englischen Implicit Leadership Theories, ILTs; Lord & Maher, 1991) stellt hierfür eine mögliche Antwort dar. Dieser Ansatz richtet sich nach folgender Definition: "Die wichtigste Qualität einer Führungskraft ist, als solche anerkannt zu werden." (Bass & Bass, 2008).

Individuen werden den ILTs zufolge auf der Basis der wahrgenommenen Übereinstimmung zwischen ihrem Verhalten oder ihren Charaktereigenschaften und den Attributen des subjektiven, kognitiven Schemas einer Führungskraft als solche kategorisiert (Epitropaki & Martin, 2005). Das bedeutet, dass sich ein Mitarbeiter eher durch eine Führungskraft führen lässt, die er auch als solche betrachten bzw. kategorisieren kann. Entspricht eine Führungsperson in etwa den prototypischen Vorstellungen seiner Mitarbeiter, lassen diese sich von der Führungskraft beeinflussen (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008), respektieren die Führungsperson mehr (van Quaquebeke, van Knippenberg & Brodbeck, 2011) und erkennen und verstehen effektive Führung (Epitropaki & Martin, 2004; Lord & Maher, 1991). Das heißt, wenn das Schema der idealen Führungskraft bei einer Person unbewusst aktiviert wird, dann verhält sich diese Person konsistent zum aktivierten Schema (Brodbeck et al., 2000). Die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ist bei einer prototypischen Übereinstimmung zwischen den Eigenschaften der Führungskraft und den impliziten Vorstellungen des Mitarbeiters durch Vertrauen, Motivation und hoher Leistungsbereitschaft charakterisiert (Brodbeck et al., 2000).

Der Ansatz der Impliziten Führungstheorien geht von Folgendem aus: Personen entwickeln aufgrund ihrer Sozialisation in Gruppen implizite Vorstellungen sowohl über Führungsprozesse als auch über Führungskräfte. Diese Annahmen werden als Interpretationshintergrund verwendet, vor dem Personen ihre Beurteilungen von und ihr Verhalten gegenüber Führungskräften vornehmen (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008). Implizite Führungstheorien sind sozial konstruierte Vorstellungen von effektiver und ineffektiver Führung (Bullough & Sully de Luque, 2015).

Zunächst erklärte der von Rush, Thomas und Lord (1977) entwickelte ILT-Ansatz Messfehler und andere Verzerrungen in der Führungsforschung. Erst im Laufe der Zeit erkannte man die unmittelbare Bedeutung kognitiver Wahrnehmungs- und Interpretationsprozesse für Führungsprozesse (Schyns & Meindl, 2005; Shamir, Pillai, Bligh & Uhl-Bien, 2006). Experimentelle Studien im Bereich der ILTs untermauern die These, dass Menschen Kategorisierungsprozesse nutzen, wenn sie Vorstellungen bezüglich Führung bilden (Brodbeck et al., 2000).

Zwei kognitive Verarbeitungsmechanismen üben einen Einfluss auf die Einschätzung der Führungsqualitäten anderer Personen aus (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008): Zum einen werden auf der Basis von impliziten Annahmen über den Führungsprozess beispielsweise Arbeits(miss)erfolge bestimmten Führungsqualitäten zugeschrieben. Auf der andern Seite setzen Personen implizite Vorstellungen über eine herausragende Führungskraft als kognitiven Maßstab an ihre Führungspersonen (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008).

Mit dem ersten kognitiven Verarbeitungsmechanismus wird das Phänomen erfasst, dass Mitarbeiter vor allem Führungskräften die Verantwortung für besondere Erfolge, aber auch für besondere Misserfolge zuschreiben. Bei durchschnittlichen Leistungen werden hingegen vermehrt auch andere Faktoren hinzugezogen. Dieses Zuschreibungsmuster tritt auch dann auf, wenn eine direkte Beziehung zwischen Führung und Erfolg objektiv nicht vorliegt (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008). Das kann zu Problemen führen, wenn Führungskräfte fälschlicherweise alleine für den (Miss)Erfolg ihres Teams verantwortlich gemacht werden (Brown, Scott & Lewis, 2004).

Der zweite Mechanismus zeigt zum Beispiel, dass Führungsprototypen größtenteils auch kulturspezifisch geprägt sind. Hierauf baut die Forschung zu Führungskraft-Kategorisierung auf. Von hauptsächlichem Interesse sind dabei die zu erwartenden Konsequenzen, wenn Eigenschaften einer tatsächlichen Führungsperson denjenigen des Führungsprototypen eines Mitarbeiters mehr oder weniger entsprechen (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008). Eine weitreichende Übereinstimmung zwischen Prototyp und Führungskraft bewirkt eine bessere Beziehungsqualität zwischen Mitarbeiter und Führungspersonal, ein erhöhtes organisationales Commitment sowie ein gesteigertes Wohlbefinden des Mitarbeiters (Epitropaki & Martin, 2005). Diskrepanzen rufen hingegen schlechtere Aktivierung von Führungsschemata bei Geführten und schlechtere Enkodierung der Handlungen ihrer Führungskräfte als Führungsverhalten hervor (Scott & Brown, 2006). Deshalb ist eine Passung zwischen Vorstellung und Realität für beide, Mitarbeiter und Führungskraft, von eindeutig praktischer Relevanz und Wichtigkeit.

Innerhalb der Führungskraft-Kategorisierung können zwei Arten von Prototypen unterschieden werden: Die allgemeine Tendenz von Führungskraft-Prototypen, also die typischen Prototypen einer Führungskraft und die idealen Führungskraft-Prototypen (van Quaquebeke, Graf & Eckloff, 2014). Die typische und die ideale Vorstellung einer Führungskraft sind nicht identisch (Junker & van Dick, 2014), hängen aber positiv zusammen (van Quaquebeke et al., 2014). Beide beeinflussen die Impliziten Führungstheorien einer Person. Der ideale Führungskraft-Prototyp ist jedoch prädiktiver für die Reaktionen des Mitarbeiters gegenüber der tatsächlichen Führungsperson (van Quaquebeke et al., 2014).

Die Kategorisierungstheorie ist nicht nur eine Theorie über Führungswahrnehmung, sondern erklärt auch viele andere Aspekte der sozialen Informationsverarbeitung in der Führungsdomäne, wie zum Beispiel soziales Wissensmanagement und Erinnerung an bisherige Führungserfahrung (Shondrick et al., 2010). Auf diese Aspekte wird hier jedoch nicht weiter eingegangen, da sie für die hier durchgeführte Untersuchung nicht relevant sind.

Zwar werden prototypische Vorstellungen von Führungskräften über verschiedene Personen einer Gruppe beispielsweise über einen gemeinsamen gesellschaftskulturellen Hintergrund sozial geteilt, dennoch bleiben sie im Kern stets individuell entwickelte, idiosynkratische Konzeptionen (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008). Interindividuelle Abweichung ergibt sich unter anderem durch persönliche Erlebnisse mit Führung, verschiedene Ausbildungs- und Berufshintergründe oder organisationale Faktoren (Lord, Brown, Harvey & Hall, 2001). Die unterschiedlichen Prototypen einer idealen Führungskraft werden außerdem in Abhängigkeit von der Situation aktiviert. Die Situation selbst wird durch Kultur, Organisation, Führung, Mitarbeiter und Aufgabe bestimmt (Junker & van Dick, 2014).

Das GLOBE-Programm hat sich mit der Untersuchung und Kategorisierung von universalen und kulturspezifischen Führungsdimensionen, also den sozial geteilten, prototypischen Konzepten von Führungskräften befasst. Denn Studien haben gezeigt, dass Personen, die über einen längeren Zeitraum Mitglieder einer Gemeinschaft, Gesellschaft oder Organisation sind, ähnliche Führungsprototypen teilen (Brodbeck et al., 2000; Dorfman, Hanges & Brodbeck, 2004). Das rührt daher, dass ihre Impliziten Führungstheorien mit den Werten, Überzeugungen und Normen ihrer Gemeinschaft verbunden sind (Ruderman, Brodbeck, Eckert, Gentry & Braddy, 2011).

Projekt GLOBE hat sechs globale Führungsdimensionen ermittelt (Dorfman et al., 2004), indem das Konzept der ILTs um ein kulturelles Theorielevel erweitert wurde: Die kulturell geprägten Impliziten Führungstheorien (im Englischen Culturally Endorsed Implicit Theories of Leaders, CLT; Dorfman et al., 2004). Die Forschung im Rahmen des GLOBE Projekts stützt dabei die These, dass Personen innerhalb einer kulturellen Gruppe in ihren Vorstellungen über Führung so übereinstimmen, dass es statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Kulturen bezüglich der Vorstellung von effektiver Führung gibt (Dorfman et al., 2004). Führungsprototypen weisen demnach eine starke kulturelle Prägung auf (van Quaquebeke & Brodbeck, 2008). Die sechs Führungsdimensionen wurden folgendermaßen kategorisiert: Die charismatische und die teamorientierte Dimension sind universal, also kulturunabhängig. Die hierarchische, die autonome, die humanorientierte und die partizipative sind hingegen kulturspezifisch (Brodbeck et al., 2000).

Die hierarchische Führungsdimension zeichnet sich durch den Grad aus, inwieweit eine Führungsperson andere durch formalen Status, Autorität oder positionsbedingte Macht beeinflusst (Ruderman et al., 2011). Das Ausmaß, in welchem eine Führungskraft unabhängig, individualistisch oder selbstständig ist, wird durch die autonome Dimension beschrieben. Die charismatische Dimension erfasst den Grad, inwieweit die Führungskraft andere durch Vision oder Werte inspiriert, die Mitarbeiter motiviert und hohe Leistungserwartungen setzt (Ruderman et al., 2011). Im Rahmen der humanorientierten Führungsdimension wird dargestellt, in welchem Umfang eine Führungsperson sich unterstützend, mitfühlend, aufmerksam und selbstlos verhält. Das Wohlfühlen der Mitarbeiter liegt einer solchen Führungskraft am Herzen (Ruderman et al., 2011). Die partizipative Dimension beschreibt das Ausmaß, in dem eine Führungskraft Macht teilt, anderen erlaubt bei Entscheidungen mitzuwirken und ihr Handeln an diesen gemeinsam getroffenen Entscheidungen ausrichtet (Ruderman et al., 2011). Inwieweit sich eine Führungskraft effektiv für die Teambildung einbringt und das Team in Richtung eines gemeinsamen Ziels lenkt, Loyalität, Stolz und Kohäsion zwischen den einzelnen Teammitgliedern vermittelt, wird in der teamorientierten Dimension erfasst (Ruderman et al., 2011).

Mehr als 30 Jahre Forschungsarbeit unterstützen die grundlegenden Theoreme der Impliziten Führungstheorien und der kulturell geprägten Impliziten Führungstheorien (van Quaquebeke et al., 2011). Die mitarbeiterzentrierte Perspektive auf Führung hat einen enormen Beitrag zum Forschungsfeld im Bereich der Arbeits- und Organisationspsychologie geleistet: Sie zeigt, wie kognitive Repräsentationen von Führung bei Personen ihre Reaktionen gegenüber tatsächlichen Führungskräften beeinflussen (van Quaquebeke et al., 2011).

Neuere Untersuchungen unterstützen zum Beispiel die Annahme, dass das Selbstbild einer Person eine moderierende Rolle in den Führungskraft-Kategorisierungs-Prozessen spielt (van Quaquebeke et al., 2011). Das Selbstbild von Personen in Referenz zu ihrem Prototypen einer idealen Führungskraft beeinflusst das Ausmaß, in dem sie den Führungsprototypen verwenden, um tatsächliche Führungspersonen zu beurteilen (van Quaquebeke et al., 2011). Das heißt, je repräsentativer sich eine Person bezüglich einer bestimmten Kategorie fühlt, desto wichtiger sind die Kriterien dieser Kategorie. Sie werden zu einem Standard für die Strukturierung und das Reaktionsverhalten gegenüber der sozialen Welt (van Quaquebeke et al., 2011).

Eine weitere aktuelle Studie (Ruderman et al., 2011) untermauert die Annahme, dass bei den kulturspezifischen Führungsdimensionen, insbesondere bei der autonomen und hierarchischen Dimension durch eine Kongruenz zwischen den Erwartungen der Mitarbeiter und dem tatsächlichen Verhalten der Führungsperson die Effektivität der Führungsmaßnahmen gesteigert wird. Bei den beiden universalen Führungsdimensionen hat hingegen nur die Wahrnehmung des tatsächlichen Verhaltens einer Führungskraft auf der charismatischen und teamorientierten Dimension eine direkte Auswirkung die Effektivität der Führung (Ruderman et al., 2011). Dies stellt einen interessanten, neuen Aspekt im Rahmen der ILTs dar. Denn dadurch wird die These gestützt, dass die beiden universalen Führungsdimensionen zentrale Aspekte der ILTs von Individuen sind (Ruderman et al., 2011).

Aber auch in anderen Gebieten bietet das Projekt GLOBE mögliche Antworten: Im Bereich des kulturübergreifenden Wissenstransfers, der im globalen Zeitalter immer wichtiger wird, zeigt GLOBE Möglichkeiten auf, wie die hier auftretenden kulturellen Hürden und Herausforderungen gemeistert werden können (Javidan, Stahl, Brodbeck & Wilderom, 2005). Bei einem effektiven Management können kulturelle Unterschiede eine Quelle von Synergie und Stimulus für gegenseitige Lernprozesse sein (Javidan et al., 2005). GLOBE bietet dabei ein präzises Werkzeug, um Managern zu helfen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen verschiedenen Kulturen weltweit zu verstehen und ermöglicht einen proaktiven und konstruktiven Zugang zur Lösung kulturübergreifender Aspekte (Javidan et al., 2005).

Die nach wie vor aktive Forschung in diesem Bereich und die kontinuierliche Fortführung von GLOBE demonstriert, dass es immer noch einen hohen Bedarf an empirischen Untersuchungen gibt, um neue Erkenntnisse zu generieren. Die Forschung hat sich aber bisher weitgehend auf die kulturellen Unterschiede der ILTs konzentriert (Epitropaki, Sy, Martin, Tram-Quon & Topakas, 2013).

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wurde ein anderer Aspekt als mögliche Einflussquelle auf die ILTs erforscht: Haben die Motive eines Individuums einen Einfluss auf seine Impliziten Führungstheorien? Mithilfe eines Pilotexperiments wurde untersucht, ob das individuelle, explizite Affiliationsmotiv eine Auswirkung auf die Präferenz der humanorientieren Führungsdimension und das individuelle, explizite Machtmotiv einen Einfluss auf die Bevorzugung der autonomen und partizipativen Führungsdimension hat. Die Untersuchung deutet darauf hin, dass auch motivationale Aspekte einen signifikanten Einfluss auf die Präferenz der partizipativen Führungsdimension haben.

2.2 McClelland's Motivtheorie und explizite Motive

"Man liebt das, wofür man sich müht, und man müht sich für das, was man liebt." (Fromm, 2001). Weniger poetisch definiert McClelland (1980, 1987) ein Motiv folgendermaßen: Es erfasst, vorausgesetzt es ist durch Aufforderungsgehalte in der Umwelt hervorgerufen worden, drei Funktionen: Das Motiv energetisiert, orientiert und wählt Verhaltensweisen aus, die für seine Befriedigung wesentlich sind. Motive sind demnach die Antriebsfedern hinter individuellen Handlungen.

Eine entscheidende Revolution innerhalb der Motivforschung stellte die Entdeckung der impliziten und expliziten Motive von McClelland dar. Durch sie konnten die unterschiedlichen Ergebnisse, die bei zwei verschiedenen Testmethoden über Motive derselben Versuchsperson auftraten, geklärt werden (Heckhausen & Heckhausen, 2010).

Implizite oder auch unbewusste (Lang, Zettler, Ewen & Hülsheger, 2012) Motive, die operantes Verhalten vorbestimmen, rühren von Assoziationen zwischen motivthematischen Handlungen und Emotionen her, die in vorsprachlicher Kindheit gebildet wurden. Frühste Interaktionsmuster prägen diese Motive, wobei sie vor allem spontane Verhaltenstendenzen vorhersagen (McClelland, Koestner & Weinberger, 1989). Typischerweise werden implizite Motive als "Wünsche und Sehnsüchte" beschrieben (Lang et al., 2012).

Implizite oder auch latente Motive werden mit projektiven Tests gemessen (Heckhausen und Heckhausen, 2010; Lang et al., 2012), da sie sich weitgehend der Introspektion entziehen und aus diesem Grund nicht direkt gemessen werden können (Kehr, 2004). Ein solcher ist der TAT, der Thematische Apperzeptionstest (Murray, 1943).

Explizite Motive sind bewusste, vorsätzliche, verbalisierbare Ziele (Heckhausen und Heckhausen, 2010). Sie beruhen auf dem bewussten Selbstbild der Probanden und den Ansprüchen und Bewertungen anderer. Zum Ausdruck kommen sie unter anderem bei der Rechtfertigung von Entscheidungen. Erfasst werden die expliziten Motive in Fragebögen zum Selbstbild der Probanden und mithilfe von Selbstberichten (Heckhausen & Heckhausen, 2010, Lang et al., 2012).

DeCharms, Morrison, Reitman und McClelland (1955) zählen zu den ersten Autoren, die darlegten, dass zwischen impliziten (TAT) und expliziten Motiven (Fragebogen) mehrfach auffallende Abweichungen bestehen. McClelland's Idee, implizite Motive von expliziten Motiven zu unterscheiden, hat zu einer größeren Klarheit bei der Interpretation empirischer Befunde der Motivationspsychologie geführt: Beide Motivtypen sind mit charakteristischen und klar voneinander unterscheidbaren Verhaltensmerkmalen verbunden. Sie sprechen auf unterschiedliche Anreize an und reflektieren verschiedene Arten von Bedürfnissen (Heckhausen & Heckhausen, 2010).

Bei McClelland's Modell dualer Motive handelt es sich aber um eine nachträgliche Interpretation von Studien, bei welchen nur selten beide Arten von Motiven in ein und derselben Studie untersucht und erfasst wurden, da nur in den wenigsten Fällen eine Unterscheidung von impliziten und expliziten Handlungsmotiven intendiert war. Dennoch spricht vieles für McClelland's Unterscheidung in explizite und implizite Motive (Heckhausen & Heckhausen, 2010). Auch regt McClelland's Analyse stets neue Forschung an, welche dabei sowohl die Formen des Zusammenwirkens der beiden Motivarten als auch die spezifischen Effekte von expliziten und impliziten Motiven betrachtet, wie unter anderem in dieser Arbeit ersichtlich ist.

McClelland (1971) argumentiert, dass es drei allgemeine, motivationale Einflussfaktoren auf die Einstellung und Verhaltensweisen von Arbeitnehmern gibt: Das Bedürfnis nach Leistung, nach Anschluss und nach Macht. Dementsprechend unterscheidet man drei Motive: Das Affiliations-, das Macht- und das Leistungsmotiv. Das Affiliationsmotiv und das Machtmotiv wurden im Rahmen des hier durchgeführten Pilotexperiments in ihrer expliziten Form mithilfe des deutschsprachigen Fragebogens UMS-6 (Schönbrodt & Gerstenberg, 2012) gemessen, da sich die expliziten Motive einer Person im respondenten Verhalten dieser zeigen. Dieses Verhalten wird durch deutlich identifizierbare Konstellationen der Situation ausgelöst, sorgfältig erwogen und reflektiert und kann durch eine Person bewusst beeinflusst werden. Dies gilt z. B. für von der Person wohl überlegte Entscheidungen und Bewertungen (Heckhausen & Heckhausen, 2010; McClelland et al., 1989). Die expliziten Motive stellen hierbei einen interessanten Aspekt dar, da Personen sich bewusst für bestimmte Führungsmerkmale aussprechen, die ihren Zielen und Wünschen innerhalb der Organisation entsprechen. Es handelt sich um eine konkrete Bewertung und Entscheidung für oder gegen die Bevorzugung einer Führungsdimension, da diese Dimension den expliziten Motiven der geführten Personen entgegen kommt und so effektives Verhalten innerhalb der Organisation fördert.

Aus diesen Gründen ist es sinnvoll, das Affiliations- und das Machtmotiv hier explizit zu erfassen. Was nun eine macht- oder anschlussmotivierte Person auszeichnet, wird in den folgenden Gliederungspunkten definiert.

2.2.1 Definition des Affiliationsmotivs.

"Bekanntschaften machen und Beziehungen eingehen. Andere grüßen und mit anderen Menschen zusammenleben. Mit anderen kooperieren und einvernehmend umgehen. Menschen zu lieben. Sich Gruppen oder Gemeinschaften anzuschließen" (Murray, 1938, S. 83); (Übersetzung des Autors, Heckhausen & Heckhausen, 2010). Nach dieser Definition ziehen Personen mit einem stark ausgeprägten Affiliationsmotiv viel Zufriedenheit aus ihren sozialen Beziehungen und investieren konsequent viel Zeit und Energie in den Aufbau, die Aufrechterhaltung und Pflege dieser (Lang et al., 2012; McClelland, 1985). Murray (1938) führt als denkbare Ziele des Anschlussbedürfnisses folgende auf: Anderen nahe zu sein, zusammenzuarbeiten, zu konferieren, Freundschaften zu knüpfen und zu pflegen. Anschlussthematische Handlungen sind: Bekanntschaften zu machen, anderen Freude zu bereiten, von Beleidigungen anderer abzusehen sowie guten Willen und Sympathie zu zeigen (Heckhausen & Heckhausen, 2010). Das Affiliationsmotiv (Streben nach Kontakt und Geselligkeit) erhält im deutschsprachigen Raum auch die Bezeichnung Anschlussmotiv.

Ursprünglich wurde das Affiliationsmotiv gemeinsam mit dem Intimitätsmotiv betrachtet. Heutzutage fassen viele Autoren diese beiden Motive als verschieden auf (z. B. Sokolowski, 2008). Denn das Affiliationsmotiv befasst sich mit der Etablierung von freundschaftlichen Beziehungen zu eher unbekannten Personen und flüchtigen Bekannten. Hingegen fokussiert das Intimitätsmotiv das Ziel, anderen sehr nahe zu sein, positive, tiefgehende Interaktionen mit diesen Personen zu pflegen sowie Selbstoffenbarung und gegenseitigen Austausch mit anderen zu praktizieren (Sokolowski, 2008). Diese Interaktionsmuster treten normalerweise nur in wenigen engen Beziehungen mit wenigen besonderen Individuen auf (Schönbrodt & Gerstenberg, 2012). Gestützt wird diese Annahme von empirischen Daten (z. B. McAdams & Constantian, 1983; McAdams & Powers, 1981).

Das Intimitätsmotiv bezieht sich demnach auf den vertraulichen und engen Kontakt mit wenigen sehr nahe stehenden Personen und wird deshalb auch als Bindungs-, Nähe- oder Begegnungsmotiv bezeichnet (Heckhausen & Heckhausen, 2010). Deshalb wurde im Rahmen dieser Untersuchung das Affiliationsmotiv getrennt vom Intimitätsmotiv erhoben und nur das Affiliationsmotiv bei der statistischen Analyse betrachtet.

2.2.2 Definition des Machtmotivs

Personen mit einem stark ausgeprägten Machtmotiv haben hingegen ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle und Selbstwirksamkeit (Djeriouat & Mullet 2013; Heckhausen & Heckhausen, 2010). Auf andere Personen oder Gruppen Einfluss zu nehmen und gleichzeitig den Einfluss anderer auf sich selbst zu minimieren, befriedigt dieses Motiv (Djeriouat & Mullet 2013; Schultheiss, 2008). Bei einem stark ausgeprägten Machtmotiv besteht eine hohe Tendenz Verhalten zu wiederholen, das dabei geholfen hat, andere zu dominieren (Lang et al., 2012).

In einer Definition, die sich an psychologischen Merkmalen ausrichtet, kann man zusammenfassend festhalten, dass Macht eine bereichsspezifische, asymmetrische, dyadische Beziehung charakterisiert, die in einer Gefällestruktur auf den Dimensionen "soziale Kompetenz", "Zugang zu Ressourcen" und "Statusposition" verläuft und sich in einer einseitig verlaufenden Verhaltenskontrolle zeigt (Heckhausen & Heckhausen, 2010).

Eine Machtkonstellation bekommt ihre motivationspsychologische Orientierung durch die Besetzung der Erfahrung realisierter Kontrolle. Dies sind Emotionen beim Kontrollerlebnis, die selbst zum Objekt von Antizipationen werden können und damit fundamental für einen motivationspsychologisch relevanten Anreizmechanismus sind (Heckhausen & Heckhausen, 2010).

[...]

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Failure as a Chance. Managing Organizational Change after Corporate Scandals
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1.0
Autor
Jahr
2014
Seiten
39
Katalognummer
V450747
ISBN (eBook)
9783668860711
ISBN (Buch)
9783668860728
Sprache
Englisch
Schlagworte
corporate scandals, scandals, Korruption, Siemens, Korruptionsskandal, organizational change, Unternehmenswandel, Change Management, Unternehmensskandal, organizational crisis, Unternehmenskrise, crisis management, Krisenmanagement, stakeholder management, corporate credibility
Arbeit zitieren
Vanessa Ostertag (Autor:in), 2014, Failure as a Chance. Managing Organizational Change after Corporate Scandals, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450747

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