Die Europäische Union zwischen Freihandel und Protektionismus


Bachelorarbeit, 2018

42 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ökonomische Begründung des Freihandels
2.1 Definition und Ursprung des Freihandels
2.2 Freihandel als institutionalisierter Grundwert
2.3 Gründe für den Freihandel
2.4 Zusammenfassung

3. Ökonomische Begründung des Protektionismus
3.1 Definition und Ursprung des Protektionismus
3.2 Formen und Instrumente des Protektionismus
3.3 Gründe für Protektionismus
3.4 Zusammenfassung

4. Die Europäische Union als Motor des Freihandels – Eine historische Entwicklung des Freihandels am Beispiel des Binnenmarktes
4.1. Der Europäische Binnenmarkt
4.1.1 Definition
4.1.2. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) und seine Grundfreiheiten
4.1.3. Wirtschafts- und Währungsunion (WWU)
4.2. Historische Entwicklung des Europäischen Binnenmarktes

5. Die Europäische Union als Motor des Protektionismus – Eine historische Entwicklung des Protektionismus am Beispiel der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
5.1. Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) - Definition und Aufgabenfelder
5.2. Ziele, Finanzierung und Entwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
5.3. Der Außenschutz der gemeinsamen Agrarpolitik

6. Resümee

Literaturverzeichnis

Schaubildanhang

1. Einleitung

Das 20. und 21. Jahrhundert ist vor allem durch die Globalisierung, die Industrialisierung, die immer stärkere Vernetzung von Transport und Kommunikationswegen, die Etablierung des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs, die Liberalisierung der Märkte und den immer stärker werdenden weltweiten Freihandel gekennzeichnet. Im 21. Jahrhundert ist der Freihandel und dessen Auswirkungen auf die Menschen stark spürbar. Im Alltag jedes Individuums ist Freihandel etwas Selbstverständliches geworden. So werden Mobilgeräte aus den USA oder Südkorea, Lebensmittel aus Afrika oder Lateinamerika oder Autos aus Japan, Frankreich oder den USA konsumiert. Diese Auflistung könnte noch viele Seiten umfassen, womit die Wichtigkeit des Freihandels und den damit verbundenen internationalen Wirtschaftsbeziehungen umso mehr verdeutlicht wird. Auch mit Blick auf die Zahlen ergibt sich die enorme Wichtigkeit des weltweiten Freihandels. So stieg allein in den letzten 50 Jahren der Gesamtumfang des Welthandels mit Waren von 59 Milliarden US-Dollar im Jahr 1948 auf 11873 Milliarden US–Dollar im Jahr 2006, was einen Anstieg um das 200-fache bedeutet (Kruber / Mees / Meyer 2008, S. 1; Yüksel 1995, S. 30f.).

Trotz der enormen Wichtigkeit des Freihandels hat dieser, auch einige negative Seiten an sich. So können beispielsweise im Fall eines weltweit freien Marktes Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden, um Kosten zu sparen oder gewisse Standards in Umwelt- und Sozialpolitik zu senken, um die Attraktivität des eigenen Standortes, gegenüber der Konkurrenz zu erhöhen (Sill 2014, o. S.).

Auch medial ist Freihandel immer wieder ein Thema. So rückte erst vor einer kurzen Weile das „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, kurz TTIP, den Freihandel in ein schlechtes Licht. TTIP wurde vor allem medial durch Massenproteste gegen das Freihandelsabkommen in der gesamten EU gekennzeichnet. So bemängeln Kritiker den geringeren Verbraucherschutz der USA, der somit auch auf die EU übertragen würde, wie bspw. im Bereich der Gentechnik. Aber auch die geringeren Umweltstandards der USA würden auf die EU übertragen werden. So wären bspw. Methoden wie das Fracking1 auch in der EU erlaubt (Sill 2014, o. S.).

Auch das Thema Protektionismus ist vor allem in der letzten Zeit stärker in den Medien vertreten. Zu den aktuell auffälligsten Befürwortern des Protektionismus gehört zweifelsohne Donald Trump, der durch Parolen wie bspw. „We make America great again“ oder „America first“ für großes Aufsehen, auf der gesamten Welt sorgte. Trump kündigte schon 2016 an, Handelsverträge neu zu verhandeln und gegebenenfalls zu kündigen, aber auch Zollerhöhungen vorzunehmen. Erst kürzlich drohte Trump der EU mit neuen, höheren Zöllen auf Stahl und Aluminium (Zeit 2018, o. S.; Nienhaus / Schieritz 2016, S. 2).

Obwohl Trump aktuell durch seine protektionistischen Pläne stark heraussticht und von allen Seiten unter Kritik steht, ist er und somit die USA nicht der einzige wirtschaftliche Akteur, der für protektionistische Maßnahmen einsteht. Jedes Land vertritt in bestimmten Branchen einen protektionistischen Standpunkt. Welche Gründe es dafür gibt, wird im Laufe dieser Arbeit erarbeitet. So sticht auch die EU mit protektionistischen Instrumenten wie bspw. der Agrarpolitik (GAP) heraus. Festzuhalten bleibt, dass trotz der extremen Zunahme des Welthandels in den letzten Jahrzehnten auch gegenläufige Tendenzen zugenommen haben. So nimmt die Regionalisierung durch die Bildung von Wirtschaftsblöcken und Freihandelszonen seit den 1990ern immer mehr zu. Insbesondere seit den letzten Jahrzehnten nehmen nicht tarifäre Handelshemmnisse trotz der Abnahme von Zöllen zu, womit sich vor allem Industrieländer von der billigeren Konkurrenz abschotten wollen. Dazu kommt die Zunahme an neu eingeführten Importrestriktionen, die im Verhältnis zu den abgeschafften Importrestriktionen immer stärker ansteigen (Kronberger 2007, S. 1f.; Lernhelfer 2010, o. S.; Yüksel 1995, S. 26; Schantz 2017, S. 16f.).

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Europäischen Union und ihrem Spannungsverhältnis zwischen dem Freihandel auf der einen Seite und dem Protektionismus auf der anderen Seite. Wird die EU näher betrachtet, lässt sich eine Inkonsequenz in ihrer Politik erkennen. So vertritt die EU in der Innenpolitik eine stark freihandelsorientierte Einstellung, indem sie für einen Binnenmarkt ohne jegliche Beschränkung steht. Nach außen hin vertritt die EU wiederrum in einigen Branchen wie bspw. in der Agrarpolitik eher eine protektionistische Einstellung. Um sich genauer mit dieser Thematik auseinandersetzen zu können, müssen zuerst einmal alle Grundlagen wie bspw. Begriffe und Theorien nachvollzogen werden. Dazu wird in dieser Arbeit der Begriff des Freihandels und des Protektionismus ausführlich vorgestellt. So wird zuerst in Kapitel zwei „ökonomische Begründung des Freihandels“ der Begriff Freihandel näher definiert.

Anschließend werden seine Ursprünge erarbeitet, die schon bis ins 18 / 19. Jahrhundert zurückreichen. Darauffolgend werden die Institutionen, die den weltweiten Freihandel repräsentieren, und ihre Funktionen vorgestellt. Daraufhin werden mögliche Gründe für eine freihandelsorientierte Politik näher erläutert. Abschließend werden die wichtigsten Inhalte dieses Kapitel in einer kurzen Zusammenfassung festgehalten. In Kapitel drei „ökonomische Begründung des Protektionismus“ geht es darum, den Protektionismus näher kennenzulernen und besser zu verstehen. Dazu wird auch hier zuerst einmal der Begriff Protektionismus näher definiert. Anschließend werden die Ursprünge des Protektionismus vorgestellt, die auf Jean-Baptiste Colbert, einem französischen Staatsmann, der im 17. Jahrhundert den Merkantilismus entwickelte, zurückzuführen sind. Im Anschluss daran werden die Formen des Protektionismus beschrieben, die grob in zwei Kategorien einzuteilen sind: zum einen in die nicht tarifären und zum anderen in die tarifären Handelshemmnisse. Darauffolgend werden im dritten Kapitel mögliche Gründe für protektionistische Maßnahmen vorgestellt. Auch am Ende dieses Kapitels werden die wichtigsten Inhalte in einer kurzen Zusammenfassung festgehalten.

Im vierten Kapitel wird durch den Binnenmarkt die nach innen freihandelsorientierte Einstellung der EU thematisiert. Dazu wird zuerst einmal der Begriff „Binnenmarkt“ definiert und dessen Wichtigkeit durch einige Fakten verdeutlicht. Im Anschluss daran werden der Europäische Wirtschaftsraum und die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, die zusammen den Europäischen Binnenmarkt bilden, präsentiert. Zu guter Letzt wird die Entwicklung Europas ab dem zweiten Weltkrieg bis zur Entstehung des Binnenmarktes betrachtet.

Im fünften Kapitel wird durch die EU-Agrarpolitik die gemeinsam nach außen protektionistisch orientiert ist, das Gegenstück des vierten Kapitels thematisiert. Dazu wird zuerst einmal der Begriff „Agrarpolitik“ und die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) definiert. Ebenfalls werden die Aufgabenfelder der GAP kurz präsentiert. Im Anschluss daran wird die Entwicklung der GAP, die wie die Entwicklung des Binnenmarktes schon auf die Römischen Verträge zurückführt, vorgestellt. Darauffolgend werden die Ziele und die Finanzierung der GAP behandelt. Abschließend werden die Instrumente des Außenschutzes der EU im Agrarsektor erarbeitet.

Im Resümee wird der gesamte Inhalt dieser Arbeit kurz zusammengefasst. Dazu wird abschließend auf das Spannungsverhältnis der EU zwischen Protektionismus und Freihandel, in Bezug auf die GAP und den gemeinsamen Binnenmarkt eingegangen.

2. Ökonomische Begründung des Freihandels

Das folgende Kapitel beschäftigt sich ausführlich mit den Facetten des Freihandels. Ziel ist es, nach diesem Kapitel den Begriff des Freihandels umfassend zu verstehen, dessen Ursprünge zu kennen und die Institutionen, die ihn vertreten, kennengelernt zu haben. Dies soll dazu dienen eine Grundlage für die folgenden Kapitel zu schaffen.

2.1 Definition und Ursprung des Freihandels

Den Handel gab es, bereits in der Antike. Schon damals florierte der Handel zwischen Großmächten wie bspw. Karthago und Rom im Mittelmeerraum. Der Begriff „Freihandel“ lässt sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen, denn schon dort wurden erste Freihandelsverträge, die einen gegenseitigen freien Handelsverkehr zwischen Staaten versicherten, geschlossen (von Schanz 1881, S. 283ff.; Yüksel 1995, S. 13).

Wie zu erkennen ist, ist Handel nicht nur ein Phänomen der letzten Jahrhunderte, sondern reicht schon Jahrtausende zurück. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema Freihandel, dessen Wichtigkeit vor allem durch Ökonomen im 18. Und 19. Jahrhundert stark zugenommen hat. Adam Smith und David Ricardo gehörten zu den bedeutendsten Autoren der Freihandelstheorie. Mit Werken wie „ An inquiry into the Nature and Causes“ von Adam Smith und „ On the Principles of Political Economy and Taxation“ von David Ricardo verfassten diese Autoren wichtige Schriften, die bei der Entwicklung, der Freihandelstheorie eine wichtige Rolle spielten.

Doch bevor die Ursprünge des Freihandels näher analysiert werden, muss zuerst einmal der Begriff Freihandel definiert werden.

Freihandel bildet den Grundsatz des Liberalismus, nach dem der Wohlstand aller Länder am größten ist, wenn staatliche Beschränkungen des internationalen Handels beseitigt sind. Nach dem Grundgedanken des Liberalismus beschränkt jede von außen kommende Barriere den natürlichen Wirtschaftsablauf. Nur ein komplett barrierefreier Handelsverkehr und Wettbewerb führe zu einer optimalen Arbeitsteilung zwischen den einzelnen Ländern. Dementsprechend steht Freihandel für den freien Export und Import von Gütern und Dienstleistungen zwischen verschiedenen Ländern (Adam 2017, o. S.; BpB 2016a, o. S.).

Frei meint hier den Verzicht auf jegliche Handelsbeschränkungen wie bspw. Zölle, nicht tarifäre Handelshemmnisse und Devisenbewirtschaftung, die den Handel zwischen Ländern erschweren könnten. Freihandel steht ebenfalls für den ungehinderten Kapitalverkehr über Landesgrenzen hinweg. Dementsprechend können Unternehmen ungehindert in andere Länder investieren, Produktionsstätten errichten oder Wertpapiere kaufen und verkaufen. Dazu bezeichnet der Begriff des Freihandels die ungehinderte Mobilität von Arbeitskräften über Landesgrenzen hinweg. In der Praxis werden diese Ideale des Freihandels in Freihandelsabkommen vereinbart (Adam 2017, o. S.; BpB 2016a, o. S.).

Nachdem nun klar wurde, was überhaupt Freihandel bedeutet, kann nun genauer auf die Theorien von Smith und Ricardo eingegangen werden.

Adam Smith und David Ricardo gehören zu den Vätern des kapitalistischen Liberalismus. Mit Werken wie „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ von Adam Smith und „On the Principles of Political Economy and Taxation“ von David Ricardo gestalteten sie den Liberalismus, wie er heute bekannt ist. Adam Smith beschrieb den freien Handel als die Voraussetzung für den Wohlstand des Individuums und der Gesellschaft. Auch David Ricardo, der einige Jahrzehnte später Smiths Theorie aufgriff und weiterentwickelte, beschrieb den Freihandel ohne jegliche Beschränkungen als Voraussetzung einer wohlständigen Gesellschaft. In seinem eigens entwickelten Modell des komparativen Kostenvorteils wies Ricardo nach, dass sich der Wohlstand zweier Länder durch die Spezialisierung auf Güter mit relativen Kostenvorteilen erhöht (Kruber, Klaus-Peter / Mees, Anna Lena / Meyer Christian 2008, o. S.; Krugmann / Obstfeld 2009, S. 57ff.; Weiler 1996, S. 23ff.).

Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: (Weiler 1996, S. 26): Konzept des komparativen Kostenvorteils

Das folgende Beispiel verdeutlicht Ricardos Modell. Ricardo geht von einem einfachen Zahlenbeispiel zwischen England und Portugal aus. In diesem Beispiel verfügt Portugal gegenüber England über einen komparativen Kostenvorteil bei der Weinproduktion, da Portugal statt einer Einheit Tuch, eine Einheit Wein produzieren kann und England nur 2/3 Einheiten Wein (Weiler 1996, S. 26f.).

Andersherum besitzt England gegenüber Portugal einen komparativen Kostenvorteil bei der Tuchproduktion, da England anstelle einer Einheit Wein 3/2 Einheiten Tuch produzieren kann und Portugal nur eine Einheit (siehe Abb. 1) (Weiler 1996, S. 26f.).

An dieser Stelle setzt Ricardo an. Mit Hilfe einer Produktionsverschiebung zwischen Portugal und England kann, so Ricardo, ein Effizienzgewinn erzielt werden. Produziert Portugal bspw. zwei Einheiten Wein mehr als in der Ausgangssituation PA und England zwei Einheiten Wein weniger als in der Ausgangsituation EA, sinkt die Tuchproduktion in Portugal um zwei Einheiten. Die Tuchproduktion in England würde jedoch um drei Einheiten steigen. Insgesamt würden also die gleiche Menge Wein und eine Einheit Tuch mehr produziert werden als in der Ausgangsituation. Hier zeigt sich die Wichtigkeit des Handels, die beiden Seiten Vorteile bringen würde (siehe Abb. 1) (Weiler 1996, S. 26f.).

Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: (Weiler 1996, S: 27): Komparativer Kostenvorteil im klassischen Außenhandelsmodell

Spezialisiert sich Portugal komplett auf die Weinproduktion und England auf die Tuchproduktion, kann Portugal die überschüssige Menge an Wein durch die in England überschüssige Menge an Tuch eintauschen. Womit Portugal den Konsumpunkt PC und England den Konsumpunkt EC erreichen würden. Im Handelsgleichgewicht muss das Preisverhältnis gerade so beschaffen sein, dass Portugals Weinexporte EXP den Weinimporten Englands IME entsprechen. Ebenso müssen die Tuchexporte Englands EXE den Tuchimporten Portugals IMP entsprechen. Der freie Handel würde zu einer gesteigerten Effizienz des Faktors Arbeit und damit zu einer höheren Gesamtproduktion führen (siehe Abb. 2) (Weiler 1996, S. 27f.).

Somit ergibt sich die Wichtigkeit des freien Handels. Beschränkungen durch jegliche Institutionen würden diesen gleichgewichtigen Kreislauf nur stören und die Preise der Güter künstlich verändern , wodurch beide Länder nicht mehr maximal von ihrer Spezialisierung profitieren würden (Kruber, Klaus-Peter / Mees, Anna Lena / Meyer Christian 2008, o. S.; Krugmann / Obstfeld 2009, S. 57ff.; Weiler 1996, S.23ff.).

Abschließend muss gesagt werden, dass die traditionelle Außenhandelstheorie Ricardos und Smiths auf einer Reihe von Annahmen basiert. So müssen eine ähnliche Wirtschaftsstruktur, gleiche Ausgangsbedingungen, eine Gleichberechtigung der Wirtschaftspartner, keinerlei Handelshemmnisse und vollkommene Konkurrenz existieren, damit der Freihandel, wie ihn Ricardo und Smith definieren, überhaupt möglich ist. In der Realität sind all diese Faktoren oft nicht gegeben, weshalb die traditionelle Außenhandelstheorie in der heutigen Zeit kaum anwendbar ist (Weiler 1996, S. 30ff.; Yüksel 2001, S. 15ff.).

2.2 Freihandel als institutionalisierter Grundwert

Nachdem im letzten Zwischenkapitel die Definition des Freihandels und dessen Ursprünge vorgestellt wurden, werden im folgenden Kapitel die heutigen Repräsentanten des Freihandels näher beschrieben. Diese Organisationen stützen sich in ihren Idealen und Zielen auf die von Smith und Ricardo entwickelten Freihandelstheorien. Sie bilden einen essenziellen Teil in der heutigen Weltwirtschaft und im Welthandel, da sie den Welthandel und die Weltwirtschaft organisieren. Zu den mächtigsten Repräsentanten des Freihandels gehören vor allem die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Welthandelsorganisation (WTO). Diese Organisationen sind vor allem darauf spezialisiert, den Welthandel zu ordnen, ihn zu regeln, die wirtschaftliche Kooperation zu fördern und den Abbau von Handelsbarrieren hinzuwirken. Dies dient dazu, dem wirtschaftlichen Handeln mehr Raum zu verschaffen (Münch 2011, S. 63ff.; Müller / Kornmeier 2001, S. 122ff.).

Die Weltbank ist eine Entwicklungsorganisation, die Kredite zur Durchführung von Entwicklungsprojekten zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums und zur Beseitigung von Armut vergibt. Sie wurde im Juli 1944 auf der Währungs- und Finanzkonferenz der Gründungsmitglieder der Vereinten Nationen in Bretton Woods (USA) zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds gegründet (BMZ o. J. a, o. S.; Münch 2011, S. 65f.).

Zu den Hauptaufgaben der Weltbank gehört die Bereitstellung von Finanzinstrumenten für langfristige Entwicklungs- und Aufbauprojekte im Bereich der Realwirtschaft, die Bekämpfung der Armut auf der Welt, die Förderung und der Aufbau von Unternehmen in Entwicklungsländern. Die Weltbank besteht aus fünf Organisationen: der internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), der internationalen Entwicklungsorganisation (IDA), der internationalen Finanz–Corporation (IFC), der multilateralen Investitions Garantie Agentur (MIGA) und dem internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID). Der Hauptsitzt der Weltbank liegt in Washington. Mit über 1800 Projekten agiert die Weltbank in nahezu jedem Bereich wie bspw. der Vergabe von Krediten, der Förderung von Schulbildung oder dem Wiederaufbau von durch Erdbeben zerstörten Gebieten (BMZ o. J. a, o. S.; Münch 2011, S. 65f.).

Der Internationale Währungsfons (IWF) wurde, wie kürzlich erwähnt, zusammen mit der Weltbank im Juli 1944 in Breton Woods (USA) gegründet. Ihm gehören 188 Länder an, unter anderem die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und China. Zu den Aufgaben des Internationalen Währungsfonds gehören die Förderung der internationalen Kooperation in Fragen der Währungspolitik, die Erleichterung der Ausbreitung des nachhaltigen Wachstums des internationalen Handels, der Stabilisierung der Währungsrelationen, der Schaffung eines Systems für den multilateralen Zahlungsverkehr zwischen den Mitgliedern und der Verringerung der Dauer und des Umfangs von Ungleichgewichten in der Zahlungsbilanz von Mitgliedern (BMZ o. J. b, o. S.; Münch 2011, S. 67f.).

Die Welthandelsorganisation (WTO) entstand nach siebenjähriger Verhandlungszeit als Resultat der achten Welthandelsrunde, auch bekannt als „Uruguay-Runde“, 1994 in Marrakesch, Marokko. Entstanden ist sie aus dem allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT). Der Welthandelsorganisation gehören aktuell 164 Mitglieder an und weitere 21 Länder befinden sich im laufenden Beitrittsverfahren. Dies bedeutet, dass über 80% der Staaten auf der Erde dieser Organisation angehören. Im Grunde verfolgt die WTO vier grundlegende Prinzipien. Diese sind das Prinzip der Reziprozität, welches jedes WTO-Mitglied dazu verpflichtet, sich an bestimmte Rahmenbedingungen zu halten wie bspw. einen bestimmten Zollsatz auf Produkte, das Prinzip der Liberalisierung des internationalen Handels, welches zu den zentralsten gehört, oder das Prinzip der Meistbegünstigung, welches alle Mitglieder der WTO dazu verpflichtet, alle Vorteile, die sie im Handel mit Waren einem Handelspartner zugestehen, bedingungslos allen WTO–Mitgliedern zu gewähren (Münch 2011, S. 69ff.; BMWI o. J. a, o. S.; BMWI o. J. b, o. S.; Yüksel 2001, S.30ff.).

Das Prinzip der Transparenz, welches vorsieht, Regelungen und Beschränkungen des Außenhandels öffentlich zu halten und Veränderungen mitzuteilen. Zu den wesentlichen Aufgaben der WTO gehören die Überwachung der WTO-Abkommen2 und der nationalen Handelspolitiken der WTO-Mitglieder, die Streitschlichtung im Falle der Verletzung von WTO-Abkommen und die Bildung von Foren für Verhandlungen zwischen Mitgliedsstaaten über den Abbau von Handelshemmnissen (Münch 2011, S. 69ff.; BMWI o. J. a, o. S.; BMWI o. J. b, o. S.; Yüksel 2001, S.30ff.).

2.3 Gründe für den Freihandel

Nachdem im letzten Zwischenkapitel die Organisationen, die den Freihandel heutzutage vertreten, vorgestellt worden sind, beschäftigt sich dieses Kapitel mit den Gründen, die für Freihandel sprechen. Wie schon Smith und Ricardo vor Jahrhunderten begründeten, bietet der Freihandel einige Vorteile für Staaten. Diese Vorteile wurden bereits in Kapitel 2.1 thematisiert, weshalb diese hier nicht noch einmal wiederholt werden.

Freihandel gehört zu den wichtigsten wirtschaftlichen Instrumenten im 21. Jahrhundert. Doch wieso hat vor allem in den letzten Jahrhunderten die Wichtigkeit des internationalen Freihandels so stark zugenommen? Um diese Zunahme nachvollziehen zu können, werden im Folgenden die Gründe, die für den Freihandel sprechen, vorgestellt.

Freihandel bringt Wachstum, Arbeitsplätze und Wohlstand. Aktuell sind bereits 31 Millionen Arbeitsplätze allein in der EU vom Export abhängig, was fast ein Siebtel der gesamten EU–Arbeitsplätze ausmacht. Werden die Prognosen der nächsten Jahre angeschaut, wird diese Zahl noch um einiges steigen, was zu mehr Arbeitsplätzen führen wird. Die OECD schätzt, dass ein Handelsanstieg um 10% zu einem Anstieg des Pro Kopf-Einkommens um ca. 4% führt, was einen Anstieg des Wohlstands Pro-Kopf bedeutet (Schantz 2017, S. 8f.; Weiler 1996, S. 31ff.; Schmüser 1998, S. 54ff.; EU-Kommission 2018, o. S.).

Dazu kommen die Vielfalt, die Qualität und die günstigeren Preise der Produkte, die dem Konsumenten durch den freien Handel bereitgestellt werden. Dies hat zur Folge, dass sich Konsumenten mehr Produkte leisten können und somit ebenfalls mehr Wohlstand generieren (Schantz 2017, S. 8f.; Weiler 1996, S. 31ff.; Schmüser 1998, S. 54ff.; EU-Kommission 2018, o. S.).

Freihandel sorgt für Fortschritt. Damit ein Land langfristig wettbewerbs- und innovationsfähig bleibt, muss es sich stätig weiterentwickeln. Die zunehmend offenen Märkte und die zunehmende Anzahl an neuen Marktteilnehmern fördern den Austausch von Ideen und Produkten und erhöhen den unternehmerischen Wettbewerb. Auch hier profitiert der Verbraucher vom freien Handel, da ihn schneller innovative Produkte erreichen (Schantz 2017, S. 10f.; Weiler 1996, S. 31ff.; Dieckheuer 2001, S. 48ff.).

Freihandel bringt internationale Sicherheit und Stabilität. Freihandel stärkt die internationale Arbeitsteilung, was dazu führt, dass Handelspartner immer stärker voneinander abhängig werden. Diese Abhängigkeit zwingt die Handelspartner zu mehr Kooperation, was zu mehr Stabilität und Frieden, auf internationaler Ebene führt. Ein Grund dafür ist, dass die Nicht-Kooperation zwischen den Handelspartner zu risikoreich wird (Schantz 2017, S. 12f.).

Freihandel sorgt für Spezialisierung und Effizienz. Durch den immer stärker steigenden Wettbewerb sind Unternehmen dazu gezwungen, effizienter und billiger zu produzieren, was dazu führt, dass ineffiziente Produzenten aus dem Markt verdrängt werden. Durch den Druck, immer am kostengünstigsten zu produzieren, werden die Produkte in Regionen verlagert, in denen sie am effektivsten produziert werden. Dies sorgt dafür, dass sich diese Regionen stärker auf dieses Gut spezialisieren (Broll 2001, S. 8ff.).

2.4 Zusammenfassung

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Freihandel den Grundsatz des Liberalismus bildet. Dieser Grundsatz besagt, dass der Wohlstand aller Länder am größten ist, wenn staatliche Beschränkungen des internationalen Handels beseitigt sind. Freihandel ist kein Phänomen des 20. oder 21. Jahrhunderts, seine Ursprünge reichen schon ins 18. Jahrhundert zurück (Adam 2017, o. S.; BpB 2016a, o. S.).

Schon David Ricardo wies in seinem relativen Kostenvorteilsmodell nach, dass freier Handel ohne jegliche staatliche Beschränkungen zwischen Nationen zum Wohlstand einer Gesellschaft und dessen Individuen führt. Auch heute vertreten mächtige Organisationen wie die Weltbank, der IWF und die WTO die Freihandelstheorie, wie sie damals Ricardo beschrieb. Diese Organisationen zielen darauf, Handelsbarrieren abzubauen, den Freihandel zu fördern und den Welthandel zu ordnen (Weiler 1996, S. 26ff.; Münch 2011, S. 65ff.).

Der Freihandel bringt viele Vorteile wie bspw. Wachstum Arbeitsplätze, Wohlstand, Fortschritt, Sicherheit und Frieden mit sich, von denen Handelspartner profitieren können. Insbesondere diese Vorteile sorgen dafür, dass die meisten Staaten dieser Welt Freihandel anstreben.

[...]


1 Fracking ist eine Methode, die es ermöglicht, Gas- und Ölvorkommen zu fördern, die in Gesteinsschichten gebunden sind. Dafür wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und chemischen Zusätzen unter hohem Druck in die Gesteinsschicht gepresst. Diese Methode wird von Umweltschützern stark kritisiert, da die chemischen Zusätze das Grundwasser verunreinigen können (Heinritzi 2013, o. S.).

2 Grundsätzlich basiert die WTO auf drei Hauptabkommen und einigen Nebenabkommen. Zu den Hauptabkommen gehören das GATS, welches sich die Liberalisierung des Dienstleistungssektors zur Aufgabe genommen hat. Das TRIPS, welches sich mit den Rechten des geistigen Eigentums von Urhebern und dem Schutz der Geschäftsgeheimnisse beschäftigt und das GATT, welches sich mit der Lockerung des internationalen Handels und dem Prozess zur Beseitigung von Konflikten zur Aufgaben genommen hat (BMWI o. J.c, o. S.; Dieckheuer 2001, S. 225ff.; Yüksel 2001, S.62ff.).

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Die Europäische Union zwischen Freihandel und Protektionismus
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Sozialökonomie)
Note
1.3
Autor
Jahr
2018
Seiten
42
Katalognummer
V452467
ISBN (eBook)
9783668863422
ISBN (Buch)
9783668863439
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Freihandel, Protektionismus, EU, Europa, Defintion Freihandel, komparativer Kostenvorteil, Adam Smith, David Ricardo, europäischer Binnenmarkt, europäischer Wirtschaftsraum, Wirtschafts- und Währungsunion, gemeinsame Agrarpolitik, GAP
Arbeit zitieren
Anes Ridha (Autor:in), 2018, Die Europäische Union zwischen Freihandel und Protektionismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/452467

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