Über den Konjunktiv und seine Verwendung im Deutschen


Hausarbeit, 2017

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Bildung des Konjunktivs

3. Verwendung im Satz
3.1. Schwächen der Grammatiklehrwerke
3.2. Konjunktiv
3.3. Konjunktiv

4. Berührungspunkte in den Formen

5. Optativ und Potentiales

6. Kontrafaktische Vergleichssätze

7. Schlussbemerkung

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Konjunktiv erweist sich beim Schreiben von Texten noch immer als eines der größten Sorgenkinder. Ob bei der Erörterung in der Schule oder beim Verfassen von Magister- und Examensarbeiten an den Universitäten – der Konjunktiv bleibt eine schwer zu überwindende Hürde. Schüler und Studenten wissen oftmals nicht, ob und, wenn ja, welcher Konjunktiv wie angewendet wird. Schuld dafür ist neben den falschen Erklärungen in vielen veralteten Grammatiken die seltene Gebräuchlichkeit in der mündlichen Sprache, die daraus resultiert, dass wir anders als in der geschriebenen Sprache häufig mit kurzen Sätzen arbeiten und auf gestische Mittel zurückgreifen können. Heute wissen die wenigsten, wie der Konjunktiv im Deutschen gebildet geschweige denn angewendet wird. Dabei ist der Konjunktiv, hat man seine Stellung und Funktion im Satz einmal richtig verstanden, leicht zu erlernen und für jeden nachvollziehbar. Oft genug bringen wir die Konjunktive der Schriftsprache durcheinander und benutzen die Sprechkonjunktive beim Schreiben anders. Dadurch,

.dass wir den Konjunktiv verkomplizieren, entstehen Missverständnisse, die sich im Schreiben von Texten manifestieren. Die Hausgrammatik ist nicht in der Lage, die Missverständnisse zu beheben und Klarheit zu schaffen. So wird aus dem einfachen Konjunktiv ein schwieriges deutsches Phänomen. Man hält Abstand von ihm, weil er undurchdringlich und unüberwindbar erscheint. Zu allem Übel kennen wir im Deutschen auch noch zwei Konjunktive (Konjunktiv 1, Konjunktiv 2), die beide unter dem gleichen lateinischen Namen, Konjunktiv, zusammengefasst werden, obgleich sie sich in ihrer Funktion unterscheiden. Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, Klarheit über die syntaktische Anwendung des Konjunktivs zu schaffen. Zunächst wird erläutert, wie der Konjunktiv gebildet wird, warum wir im Deutschen zwei Konjunktive unterscheiden und woraus sie ihre Formen schöpfen. Ausgehend von diesem Resultat wird die Aufgabe des Konjunktivs in einem nächsten Kapitel beleuchtet. Es folgt eine Prüfung einer Konjunktiverklärung aus einem bekannten Grammatiklehrwerk. Dieser eingeschobene Abschnitt dient dazu, die vorhandenen Schwächen in den Grammatiken an einem echten Beispiel zu illustrieren. Im weiteren Verlauf folgt eine detaillierte Erklärung der syntaktischen Aufgabe der beiden Konjunktive in der deutschen Sprache. Die Funktionen werden an Beispielsätzen durchexerziert und dadurch verständlich gemacht. Die drei bisweilen sehr verwirrenden lateinischen Termini (Realis, Potentialis, Irrealis), die häufig im Zusammenhang (aber ebenso häufig ohne eine hinreichende Erklärung) mit dem Konjunktiv in Erscheinung treten, werden mit den zwei Konjunktivarten in Beziehung gesetzt und beleuchtet. Es wird versucht, Licht ins Dunkle zu bringen und die Bedeutungen der lateinischen Fachbegriffe für die deutsche Grammatiktheorie geordnet und verständlich darzulegen.

2. Bildung des Konjunktivs

Im Deutschen unterscheiden wir zwei Arten des Konjunktivs, die auf die unterschiedlichen Verbformen zurückgehen. Die Formen des Konjunktivs I werden vom Grundstamm der Grundform des Infinitivs abgeleitet. Die Konjunktivendungen werden an den Stamm angefügt. Nachstehende Tabelle zeigt die Personalendungen für den Konjunktiv I auf, abgeleitet vom Indikativ Präsens, sowie eine musterhafte Konjugation am Beispiel des Wortes sprechen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Tabelle ist zu entnehmen, dass zwei der sechs Formen genauso aussehen wie ihre Indikativformen. Benutzen wir in diesen Fällen den Konjunktiv I, kann der Leser nicht mehr unterscheiden, welche Verbalform gemeint ist. Folgendes Beispiel dient der Illustration:

„Paul und Martin sagen, dass sie kein Englisch sprechen. Sie sprechen Deutsch.“

Im ersten Satz können wir anhand der Semantik des Verbs und der Gesamtkonstellation schließen, wer die Äußerung tätigt. Der Autor lässt seine Protagonisten sprechen und spricht nicht selbst. Etwas anders ist es im zweiten Satz. Weder der Kontext noch das Verb erlauben einen Rückschluss darauf, ob es sich bei der Äußerung um die persönliche Meinung des Autors oder um eine Wiedergabe der Äußerungen beider Personen im Text handelt. Insgesamt unterscheiden sich die wenigsten Verben im Konjunktiv I von ihren Indikativformen im Präsens. Wörter wie reden verändern ihre Form beispielsweise nur in der 3. Person Singular. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, wird in den weiteren Kapiteln kenntlich gemacht. Mithilfe von einigen Hilfsverben können noch weitere Zeiten gebildet werden, wie das Futur I oder II.

Der Konjunktiv II wird vom Indikativ Präteritum abgeleitet und setzt das grundsprachliche Perfekt fort. Alle Verbformen bilden eine eigene Konjunktiv-II-Form. Im Falle der regelmäßigen Verben ist der Konjunktiv II aufgrund der fehlenden Umlautbildung mit dem Indikativ Präteritum identisch. Umlautfähige Verben verändern im Konjunktiv II ihre Form, sind also aufgrund des veränderten Stammvokals deutlich zu erkennen. In früheren Zeiten enthielt der Konjunktiv II in allen Personen den vorderen Vokal i in der Endung und ist inzwischen gänzlich umgelautet. Die Personalendungen des Konjunktivs II unterscheiden sich nicht von denen des Konjunktiv I. Folgende Beispielkonjugation zeigt die unterschiedlichen Formen am Beispiel des Wortes sprechen auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das starke Verb sprechen ist anhand der ä-Form vom Präteritum deutlich zu unterscheiden. Daneben kennen wir im Deutschen noch die ü-Formen bzw. ö-Formen. Während die ü-Formen schon älter sind, sind die ö-Formen, wenngleich sie uns altertümlich erscheinen, in der Neuzeit aus den ä-Formen entstanden.1 Der Konjunktiv II unterscheidet sich also aufgrund der ihm eigentümlichen Flexion deutlich von der Präteritumsform. Andere Verben hingegen entbehren des vokalischen Unterscheidungsmerkmals, weshalb zur deutlichen Markierung für gewöhnlich zum Hilfsverb werden gegriffen wird, um den Konjunktiv II zu bilden. Das Hilfsverb wird soweit modifiziert, bis der Konjunktiv II sichtbar wird. Aus dem werden wird wurden. Zusätzlich erhält die Präteritumsform noch einen Umlaut: würden. Mithilfe des Infinitivs des Vollverbs und der Würde -Form kann der Konjunktiv II schließlich gebildet werden. Es bestehen also zwei Möglichkeiten der Bildung:

1. Würde + Infinitiv des Vollverbs
2. Verbformen des Konjunktivs II

In den meisten Fällen wird der Konjunktiv II mithilfe der Würde -Form gebildet, obgleich alle Verben eine eigene Konjunktiv II-Form bilden, die ohne Hilfsverb auskommt. Das liegt, wie oben festgestellt, in der fehlenden Unterscheidung vom Indikativ Präteritum. Plusquamperfekt, Futur I und Futur II unterliegen sowohl im Aktiv als auch im Vorgangspassiv den Regeln des Indikativs.

Die Bezeichnung der Konjunktivformen als Konjunktiv 1 und Konjunktiv 2 geht laut Magnusson auf eine Kontroverse amerikanischer Germanisten zurück. Man fragte sich, ob es nicht angebrachter sei, die Ausdrücke Konjunktiv Präsens und Konjunktiv Präteritum durch first subjunctive und second subjunctive zu ersetzen. Dadurch sei es beispielsweise möglich, einen first present subjunctive (er sei) von einem second present subjunctive (er wäre) zu unterscheiden. Denn der erste und der zweite Konjunktiv hätten dieselbe zeitliche Bedeutung inne, während ihre Funktionen verschiedenartig seien.2 Das ausschlaggebende Argument für diese Annahme war also jenes, dass der Tempus bei den Konjunktiven scheinbar eine untergeordnete Rolle einnimmt. Es wurden die funktionalen Gemeinsamkeiten akzentuiert.

3. Verwendung im Satz

Der Konjunktiv wird sowohl in der gesprochenen als auch in der geschriebenen Sprache verwendet. Im Mündlichen schöpfen wir sein Repertoire jedoch nicht vollends aus, weil wir mit kürzeren Sätzen und mit der Mimik arbeiten, anhand derer nicht zu verkennen ist, ob wir andere widergeben und wie wir uns zum Bericht positionieren. Daher ist in den Schichten gesprochener Sprachen, die zur Umgangssprache und zu den Dialekten gehören, der Konjunktiv seltener zu hören, am ehesten noch in formelhaften Redewendungen. Die Probleme, die deutsche Muttersprachler oder Zweitsprachler mit dem Konjunktiv haben, resultieren aus den leider sehr verworrenen Erklärungen, die sich in jeder zweiten Hausgrammatik wiederfinden lassen. Wer die Werke der Grammatik aufschlägt, um Klarheit über die Verwendung des Konjunktivs zu erhalten, wird bisweilen noch stärker verunsichert.

3.1. Schwächen der Grammatiklehrwerke

Bevor wir die richtige Verwendung des Konjunktivs beleuchten, wird am Beispiel einer gängigen Grammatik aufgezeigt, wie versucht wird, das Problem des Konjunktivs anzugehen. Die folgende Erklärung stammt aus einem allgemein bekannten Grammatikwerk:

„Mit dem Konjunktiv verschieben wir Vorgänge und Handlungen in den Bereich des Möglichen, der Wünsche, der Nichtwirklichkeit, des Hörensagens und der indirekten Rede. Er wird deshalb auch Möglichkeitsform genannt.

(1) Es könnte sein, dass er [r]echt hat.
(Aber ich weiß es nicht. Es ist nur eine Möglichkeit.)
2. Man sagt, er habe sich von ihr getrennt. (Aber wir wissen es nicht genau.)“3

Für den Muttersprachler klingt das bekannt. Wer die Schule jahrelang besucht hat, der wurde mit ähnlichen Erklärungen in anderen Schulgrammatiken konfrontiert. Die o.g. Erklärung erwähnt weder, wann welche Konjunktivform verwendet wird, noch wird deutlich, was es mit den Klammern hinter den Sätzen auf sich hat. Wie Fremdsprachler aus dem oben Genannten Schlüsse auf die richtige Verwendung des Konjunktivs ziehen können, bleibt fraglich. Betrachten wir die Schilderungen etwas gründlicher, fällt auf, welche sie Schwächen enthält. Richten wir unseren Blick zunächst auf den ersten Satz:

„Es könnte sein, dass er recht hat.“

Tatsächlich drückt er eine Möglichkeit aus, wie in der Anmerkung angeführt. Gemäß der Grammatik wird sie durch den Konjunktiv erzeugt, folglich müsste sie verschwinden, sobald wir den Konjunktiv beseitigen:

„Es kann sein, dass er recht hat.“

Trotz der Beseitigung des Konjunktivs bleibt die Möglichkeit erhalten. Es ist allein das Verbum können, dass den Modus des Satzes bestimmt. Sobald wir das Modalverb aus dem obigen Satz entfernen, erhalten wir einen Indikativsatz (1), der seine Form beibehält, wenn wir wiederum einen Konjunktiv hinzufügen (2):

(1) „Es ist, dass er recht hat.“
(2) „Es sei, dass er recht hat.“

Daraus folgern wir, dass der Konjunktiv keine Möglichkeiten darstellen kann.4 Der Konjunktiv hat, entgegen der vorzufindenden Behauptung, nichts mit der Möglichkeitsform zu tun. Betrachten wir den zweiten Satz, den die Grammatik aufführt:

„Man sagt, er habe sich von ihr getrennt.“

Sobald wir den Konjunktiv aus dem Satz herausnehmen, (1) müsste sich die Semantik ändern. Sie bleibt jedoch identisch. Auf der anderen Seite verschwindet das Hörensagen (2), sobald wir das Subjekt man durch ein deutliches Personalpronomen ersetzen. Auch wenn wir den Konjunktiv erneut beseitigen, bleibt die Bedeutung identisch (3) und verändert sich nicht:

(1) „Man sagt, er hat sich von ihr getrennt.“
(2) „Er sagt, er habe sich von ihr getrennt.“
(3) „Er sagt, er hat sich von ihr getrennt.“

Das obige Verfahren kann auch an anderen Beispielsätzen durchexerziert werden. Wir stellen immer wieder fest, dass der Konjunktiv im Gegensatz zu den Behauptungen vieler Grammatiklehrwerke keine Möglichkeit ausdrücken kann, woraus sich die zuvor dargelegte Hypothese speist. Warum wir ihm solche Ausdrücke anhaften, wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch dargelegt. Die nächste Behauptung der Grammatik, der Konjunktiv sei für das Verschieben von Vorgängen und Handlungen in dem Bereich des Möglichen und des Unwirklichen zuständig, ist ebenfalls zu widerlegen. Betrachten wir dafür den zweiten Beispielsatz aus dem Lehrwerk:

„Seine Aussage, es werde regnen, hat sich bestätigt.“

[...]


1 Vgl. Scholten Daniel, Denksport Deutsch: Wer hat bloß die Gabel zur Frau und den Löffel zum Mann gemacht? Dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München. 2016. S. 220-221.

2 Vgl. Radtke, Petra. Die Kategorien des deutschen Verbs: Zur Semantik grammatischer Kategorien. Gunter Narr Verlag Tübingen. 1998. S. 206.

3 Balcik, Ines; Röhe, Klaus; Wröbel, Verena. Die große Grammatik. Deutsch. Pons, Stuttgart 2009, S.289.

4 Vgl. Scholten S. 205-207.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Über den Konjunktiv und seine Verwendung im Deutschen
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
23
Katalognummer
V452529
ISBN (eBook)
9783668850729
ISBN (Buch)
9783668850736
Sprache
Deutsch
Schlagworte
über, konjunktiv, verwendung, deutschen
Arbeit zitieren
Ahmad Abbas (Autor:in), 2017, Über den Konjunktiv und seine Verwendung im Deutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/452529

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