Die Betreuung vermögender Privatkunden. Vom Private Banking bis zum Family Office


Diplomarbeit, 2005

68 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Der Finanzplatz Deutschland
1.2. Betreuungskonzepte der Finanzdienstleister
2. Begriffsbestimmungen
2.1. Eine Unterteilung der vermögenden Privatkunden
2.2. Die Angebote der Finanzdienstleister
2.2.1. Private Banking
2.2.2. Private Wealth Management
2.2.3. Family Office

3. Die Beziehung zwischen Kunde und Finanzdienstleister
3.1. Veränderungen auf dem Markt für Finanzdienstleistungen
3.1.1. Äußere Einflüsse
3.1.2. Veränderungen im Kundenverhalten
3.2. Einflussfaktoren auf die Kundenloyalität
3.2.1. Variablen der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität
3.2.1.1. Zufriedenheit
3.2.1.2. Vertrauen
3.2.1.3. Commitment
3.2.2. Variablen der Wechselkosten
3.2.2.1. Investitionen
3.2.2.2. Gewohnheit
3.2.2.3. Bequemlichkeit
3.3. Vom Transaction zum Relationship Management

4. Die Analyse des Marktes der vermögenden Privatkunden
4.1. Umfang und Potenzial des Marktes
4.2. Einfluss der Herkunft des Vermögens auf die Einstellung
4.3. Bedürfnisse der vermögenden Privatkunden

5. Die Entwicklung im Angebotsbereich für vermögenden Privatkunden
5.1. Private Banking
5.1.1. Angebotene Dienstleistungen
5.1.2. Einschätzung des Private Banking - Konzeptes
5.2. Private Wealth Management
5.3. Family Office
5.3.1. Aufbau und Arten des Family Office
5.3.2. Dienstleistungen des Family Office
5.3.3. Besonderheiten der Familie
5.3.4. Beurteilung des Family Office Konzeptes
5.3.4.1. Vorteile der Anbieter und Nachfrager
5.3.4.2. Nachteile der Anbieter und Nachfrager

6. Zusammenfassung und Ausblick
6.1. Resümee
6.2. Zukunft der Betreuung vermögender Privatkunden

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Segmente innerhalb der vermögenden Privatkunden

Abbildung 2: Bestandteile des Privatvermögens

Abbildung 3: Das Beziehungsgeflecht im Privatkundengeschäft

Abbildung 4: Ein Wirkungsmodell der Kundenloyalität

Abbildung 5: Vermögensverteilung in Deutschland und im europäischen Vergleich

Abbildung 6: Entwicklung der Erwartungen der High Net Worth Individuals

Abbildung 7: Kunden und Anbieter definieren Service neu

Abbildung 8: Der Berater wird zu einem „Chief Financial Officer“

Abbildung 9: Idealzustand der Family Office Dienstleistung

Abbildung 10: Die Konzeption des Family Office

Abbildung 11: Darstellung des Familienlebenszyklus für das Finanzvermögen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vergleich des Relationship mit dem Transaction Management

Tabelle 2: Allgemeine Grundsätze zum Investitionsverhalten

Tabelle 3: Die zukünftigen Trends des Family Office Konzeptes

1. Einleitung

1.1. Der Finanzplatz Deutschland

In Zeiten einer anhaltend schlechten wirtschaftlichen Lage und in Anbetracht hoher Arbeitslosenzahlen scheint es paradox, dass sich ausgerechnet das Privatkundengeschäft als eine Stütze der Finanzbranche erweist und zu relativ stabilen Erträgen führen kann.[1] Insbesondere das Geschäft mit den vermögenden Privatkunden, welches im Allgemeinen unter dem Begriff Private Banking zusammengefasst wird, erwirtschaftete laut einer Studie von McKinsey von 1997 bis 2001 eine jährliche Rendite von 40,8 % und übertraf damit selbst die Renditen in den Bereichen Asset Management (29,9 %) oder Investment Banking (29,5 %).[2] Da voraussichtlich nicht nur die Anzahl der vermögenden Privatpersonen sondern auch ihr Vermögen in der Zukunft weiter anwachsen soll, wird der Bereich Private Banking als einer der Wachstumsmärkte in den nächsten Jahren betrachtet.[3]

Dies ist besonders wichtig, da die Lage der Finanzbranche in den letzten Jahren eher bedenklich war, was durch die schlechte Wirtschaftslage noch verstärkt wurde. Selbst der Spiegel schrieb über die Bankenbranche: „Die einst so mächtigen Geldkonzerne der alten Deutschland AG, die in Zeiten des Wirtschaftswunders die Geschicke der Großindustrie mitsteuerten, stehen vor der größten Bewährungsprobe ihrer jüngeren Geschichte.“[4] Auch wenn sich die größeren Kreditinstitute bereits wieder auf dem Weg der Besserung befinden[5], sind die Gründe für die allgemein schlechte Situation vielfältig und reichen von einem engmaschigen, unrentablen Filialnetz, über zu geringe Margen, bis hin zu einem überholten Bankenmodell welches aus Sparkassen, Genossenschafts- und Privatbanken besteht.[6] In den neunziger Jahren versuchten insbesondere die deutschen Großbanken über den verstärkten Einstieg in das Investment Banking an die internationale Konkurrenz anzuschließen und konnten durchaus gute Erfolge erzielen. Jedoch liegt seit dem Ende des Aktienbooms das Geschäft mit Börsengängen oder Fusionen danieder.[7] Das relativ stabile Geschäft mit den vermögenden Privatkunden könnte somit eine solide Ertragsquelle für die Wettbewerber auf dem Finanzmarkt darstellen. Allerdings sind die hohe Rentabilität und die guten Wachstumschancen auf dem Markt der Vermögenden kein Geheimnis, sodass immer mehr Anbieter um die Aufmerksamkeit dieser Zielgruppe buhlen.[8] Trotz eines generellen Rückgangs der Anzahl an Banken befinden sich auf dem deutschen Markt noch viele Anbieter: so gab es 1998 noch ungefähr 3300 Institute auf dem deutschen Markt.[9] Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, ist auch eine geringere Konzentration festzustellen. Gemäß Berechnungen der deutschen Bundesbank wurde in Deutschland ein „concentration ratio“[10] auf Basis der fünf größten Banken von ca. 20 % ermittelt, während in Europa ein durchschnittlicher Wert von etwas über 50 % vorherrscht.[11] Doch nicht nur eine hohe Konkurrenz durch Finanzdienstleister aus dem deutschen Markt, die noch durch das Auftreten von Near- und Nonbanks verschärft wird[12], sondern auch aus dem internationalen und speziell aus dem europäischen Ausland führt zu einer weiteren Verschärfung des Wettbewerbes. Durch die Schaffung des EU - Binnenmarktes können die Institute mit ihrer nationalen Bankenerlaubnis Dienstleistungen europaweit anbieten, unterliegen aber weiterhin den Aufsichtsbehörden des Heimatlandes.[13]

1.2. Betreuungskonzepte der Finanzdienstleister

All diese Anbieter versuchen nun, den äußerst lukrativen Markt der vermögenden Privatkunden zu erschließen und sehen sich dabei einer Kundschaft gegenüber, die zunehmend kritisch und rational handelt und durch die neuen Technologien die Angebote auf dem Markt besser vergleichen kann. Dies hat natürlich auch Einfluss auf die Loyalität der Kunden gegenüber den Anbietern, die gerade bei Personen mit höherem Einkommen geringer ist.[14] Es müssen daher neue Konzepte entwickelt werden, um die Vermögenden als Kunden zu gewinnen und darüber hinaus an sich zu binden. Ein umfassendes Beratungskonzept, welches sich den steigenden Anforderungen der vermögenden Privatkunden anpasst, ist dabei unabdingbar.

Die Herausforderung für die Dienstleistungsanbieter liegt nun darin, ein auf den Kunden individuell zugeschnittenes, attraktives Beratungsangebot aufzustellen und sich gleichzeitig gegen die Angebote der Konkurrenz durchzusetzen.

Der bisherige Bereich Private Banking wird durch „neuere“ Konzepte, wie Private Wealth Management oder das Family Office, ergänzt, um sich dem steigenden Ansprüchen der vermögenden Kundschaft anzupassen. Insbesondere dem Family Office kommt im Zuge der Beratung der so genannten „Superreichen“ eine hohe Bedeutung zu und könnte zukunftsweisend für die Betreuung vermögender Privatkunden und damit für die Ertragslage der Finanzdienstleister sein.

Im Rahmen dieser Arbeit sollen im zweiten Kapitel zunächst eine genauere Differenzierung der vermögenden Privatkunden und eine Definition der bereits angeführten Beratungskonzepte erfolgen. Anschließend werden im dritten Kapitel die Einflussfaktoren auf die Beziehung zwischen Kunde und Dienstleister und ihre Veränderung untersucht, wobei insbesondere die Kundenbindung bzw. -loyalität betrachtet wird, da dies für eine erfolgreiche Beziehung von größter Bedeutung ist. Im darauf folgenden Abschnitt vier findet eine genauere Untersuchung des Marktes der vermögenden Privatkunden statt und welche Anforderungen diese an die Anbieter stellen, bevor im vorletzten Kapitel die einzelnen Konzepte der Anbieter unter anderem anhand ihrer Leistungen auf Unterschiede überprüft werden. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei dem Family Office, dessen umfassendes Betreuungsangebot sowohl Kunden als auch Anbietern viele Vorteile bringt und dadurch auch in der Zukunft Bestand haben kann. Nachdem mit einer Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile das Family Office abschließend untersucht werden soll, wird im letzten Kapitel eine mögliche Entwicklung im Bereich der Betreuung vermögender Privatkunden in der nahen Zukunft aufgezeigt.

2. Begriffsbestimmungen

2.1. Eine Unterteilung der vermögenden Privatkunden

Bisher wurde nur der Begriff „vermögende Privatkunden“ gebraucht, um die attraktive Zielgruppe für die Finanzdienstleister zu beschreiben. Für den weiteren Verlauf ist es jedoch notwendig, eine genauere Unterteilung und auch Abgrenzung in diesem Teilbereich der Privatkundschaft vorzunehmen. Eine Segmentierung dieses Marktes ist erforderlich, da die einzelnen Teilgruppen unterschiedliche Ansprüche an das Finanzdienstleistungsangebot haben und somit ein unterschiedliches Kaufverhalten aufweisen. Auf diese Art und Weise können die Anbieter eine zielgerichtete und effiziente Strategie einschlagen.[15]

Bei der Segmentierung der Zielgruppe gehen die Anbieter nach unterschiedlichen Verfahrensweisen vor, überwiegend wird jedoch das Kriterium „Geldvermögen“ herangezogen.[16] Doch auch bei diesem Merkmal findet sich hinsichtlich der Abgrenzung zwischen den Teilgruppen innerhalb der Zielgruppe eine durchaus große Differenz zwischen einzelnen Untersuchungen. Während z.B. die Gruppe Datamonitor die Grenze für vermögende Privatkunden bei 300.000 Euro ansetzt[17], geschieht dies bei der Studie von Merrill Lynch und Capgemini erst ab einem liquiden Vermögen[18] von 1 Million Euro.[19] Es ist jedoch zu beachten, dass jede Einteilung mehr oder wenig willkürlich gesetzt wird. Aufgrund der ausreichend vorhandenen Daten wird bei dieser Arbeit die Einteilung von Merrill Lynch und Capgemini genutzt. Hinsichtlich der Bezeichnung der Teilsegmente haben sich in der vorhandenen Literatur die Begriffe „Affluent Client“, „High Net Worth Individual“ und „Ultra High Net Worth Individual“ durchgesetzt und werden auch hier als Grundlage herangezogen.

Die Affluent Clients sind Kunden, die ein Vermögen im Bereich von 100.000 bis zu 1 Million Euro haben und einem so genannten „Mittelmarkt“ zugerechnet werden. Sie befinden sich somit eher in einem Bereich, der zwischen dem Retail Banking der Massenkunden und dem Private Banking der sehr vermögenden Kunden anzusiedeln ist.[20]

Je nach Einteilung der jeweiligen Dienstleistungsanbieter kann dieses Segment durchaus dem Bereich der vermögenden Privatkunden zugerechnet werden, jedoch müsste für eine profitable Bearbeitung der Affluent Clients der einzelne Kundenberater fünf bis zehn mal so viele Kunden betreuen, wie es z.B. im Private Banking üblich ist.[21] Daher sind individuelle Beratungen, wie sie eigentlich notwendig wären, nur unter erschwerten Bedingungen möglich.

Die High Net Worth Individuals (HNWIs) besitzen Vermögen von mehr als 1 Million Euro[22] und zählen damit zu der Klientel, welche im engeren Sinne als Zielgruppe für den Bereich Private Banking angesehen wurde.[23] Von der Gruppe der HNWIs wird nochmals ein Teilsegment, die Ultra High Net Worth Individuals (UHNWIs), abgetrennt. Diese Personengruppe verfügt über ein Vermögen von mindestens 30 Millionen Euro.[24] Trotz einer relativ kleinen Anzahl von UHNWIs ist diese Unterscheidung notwendig, da die Vermögen dieser Individuen so groß und mitunter auch sehr komplex sind, dass sie eine spezielle Beratung und ein auf sie zugeschnittenes Produktangebot benötigen.[25] Im weiteren Verlauf werden nur die vermögenden Privatkunden im engeren Sinne betrachtet, wobei eine Beschränkung auf die HNWIs und die UHNWIs stattfindet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Segmente innerhalb der vermögenden Privatkunden

Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an Maltzan, B.A. von (2000), S. 924.

2.2. Die Angebote der Finanzdienstleister

Die unterschiedlichen Beratungs- und Bertreuungskonzepte der einzelnen Finanzdienstleister für die HNWIs und UHNWIs sind so vielfältig, wie es Bezeichnungen für diese Konzepte gibt. Der geläufigste Begriff in diesem Segment der Privatkundenbetreuung ist der des Private Banking, welcher jedoch nie eindeutig definiert wurde. Daneben hat sich in den letzten Jahren der neuere Begriff Private Wealth Management entwickelt, der allerdings häufig gleichbedeutend mit Private Banking gebraucht wurde.[26] Eine Unterscheidung dieser beiden Bereiche ist nicht sehr einfach und ist am ehesten auf Basis der traditionellen Idee des Private Banking im Gegensatz zu dem Verständnis des Begriffes Private Wealth möglich.[27] Als ein weiteres Konzept für die Betreuung gerade der UHNWIs hat sich das Family Office behauptet, welches versucht, den besonders hohen Anforderungen dieser Gruppe gerecht zu werden. Trotz der Schwierigkeiten einer Definition dieser drei Begriffe, soll dies nun zu einem besseren Verständnis auch im Hinblick auf eine Entwicklung der Betreuungskonzepte geschehen, bevor im weiteren Verlauf der Arbeit ein genauerer Blick auf die einzelnen Aspekte der Bereiche Private Banking, Private Wealth Management und Family Office geworfen wird.

2.2.1. Private Banking

Für die genauere Definition von Private Banking muss man auf die Entstehung dieses Begriffes schauen und welche traditionelle Idee er vertritt. Private Banking hat sich ursprünglich aus der Bezeichnung Privatbank und dem Verständnis, welches damit einhergeht, entwickelt.[28] Mit ihrem Ursprung, der bereits auf das Mittelalter zurück zu führen ist, haben sich die Privatbanken in ihrer eigentlichen Form im 17. und 18. Jahrhundert gebildet. Nach einer Blütezeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts nahm ihre Zahl in Deutschland jedoch bis zum heutigen Tage stetig ab.[29] Die ursprüngliche Klientel dieser Banken waren vermögende Privatkunden, welche speziell die Kernleistungen Anlageberatung und Vermögensverwaltung in Anspruch nahmen. Doch mit der Zeit hat sich nicht nur die Zielgruppe vergrößert, sondern auch das Dienstleistungsangebot und die Zahl der Anbieter auf dem Markt für vermögende Privatkunden.

Durch das Eindringen anderer Kreditinstitute auf diesen Markt fand ebenfalls eine begriffliche Umorientierung von dem Banktyp Privatbank auf die Geschäftseinheit Private Banking statt. Im Zuge der Verbreitung des Private Banking hat sich der traditionelle Ansatz aus den Zeiten der Privatbanken gewandelt und ist zu einem modernen Konzept geworden, welches von den jeweiligen Kreditinstituten angepasst wurde.[30] Als eine mögliche Definition im neuen Sinne bezeichnet das Barron’s Dictionary of Banking Terms Private Banking als „banking services, including lending and investment management, for wealthy individuals“[31]. Eine ähnliche Definition findet sich auch im deutschen Raum, welche Private Banking als ein “Geschäft mit vermögenden Privatkunden, das die gesamte Palette bankbetrieblicher Geschäfte, insbesondere aber den Bereich der standardisierten und/oder individuellen Vermögensberatung, umfasst”[32] beschreibt.

2.2.2. Private Wealth Management

Das Betreuungskonzept Private Wealth Management ist von den drei aufgeführten Formen der Beratung von HNWIs und UHNWIs am schwierigsten zu definieren, da einerseits kaum Literatur über diesen Bereich existiert und andererseits die Angebote der Finanzdienstleister sich in ihrem Umfang nicht sehr von den Leistungen im Bereich Private Banking unterscheiden[33]. Eine Abgrenzung zum Private Banking kann am ehesten erfolgen, wenn man den Begriff Private Wealth genauer betrachtet, insbesondere welche Bestandteile des Wealth bzw. Vermögens er beinhaltet. Da der Fokus dieser Arbeit auf den vermögenden Privatkunden liegt, soll hier auch nur das Privatvermögen betrachtet und andere Vermögensarten außer Acht gelassen werden. Eine weitreichende Begriffsbestimmung für Vermögen setzt sich dabei aus den Teilen Finanzvermögen, Humanvermögen und Sozialvermögen zusammen.[34]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Bestandteile des Privatvermögens

Quelle: Eigene Erstellung.

Unter Finanzvermögen versteht man grundsätzlich alle Forderungen, wie das Geldvermögen oder Wertpapiere, abzüglich aller Verbindlichkeiten eines Wirtschaftssubjektes, während z.B. Grundstücke, Immobilien und Kunstgegenstände dem Sachvermögen zugeordnet werden.[35] Im Sinne der ganzheitlichen Betrachtung sollen diese einzelnen Bestandteile nun unter dem Begriff Finanzvermögen zusammengefasst werden. Für ein besseres Verständnis und im Rahmen der Betreuung der HNWIs und der UHNWIs wird das Finanzvermögen in Privatbilanzen aufgestellt und entweder dem Erwerbsbereich oder dem Unterhaltsbereich zugeordnet. Die Vermögensgegenstände der ersten Kategorie dienen dabei dem Erwerb von Einkommen (z.B. Wertpapiere, vermietete Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen), während die Vermögensgegenstände des Unterhaltsbereichs nicht zur Generierung von Einkommen dienen (z.B. selbstgenutzte Immobilien oder Kunstgegenstände).[36]

Das Humanvermögen beschreibt die Aspekte der menschlichen Ressourcen, die ein Mensch zur Erzielung von Einkommen nutzen kann. Dies setzt sich aus der Erziehung, schulischer Ausbildung, beruflicher Weiterbildung und auch aus der Erfahrung z.B. durch bereits getätigte Investitionen etc. zusammen. Ein Anstieg im Bereich des Humanvermögens, wie z.B. Weiterbildung, hat einen Einfluss auf die Arbeitsproduktivität und führt letztendlich im Idealfall zu zusätzlichem Einkommen bzw. zu einer Wohlfahrtssteigerung.[37]

Der letzte Bestandteil des Privatvermögens, das Sozialvermögen, betrachtet nun die einzelne Person im Zusammenhang zu seiner sozialen Umwelt und den vielfältigen Beziehungen, die diese Person eingeht. Die Zugehörigkeit zu einem sozialen Netzwerk und dessen Struktur bestimmen den Wert des Sozialvermögens, welches aber nur unter großen Schwierigkeiten beurteilt werden kann. Als Bestandteile gelten unter anderem Anerkennung, Reputation, Vertrauenswürdigkeit, Bekanntheit etc., die nur subjektiv bewertet werden können.

Um dieses soziale Netzwerk über eine längere Zeit nutzen zu können, bedarf es regelmäßiger Investitionen in eine zeitintensive Beziehungsarbeit.[38]

Abschließend kann man nun Private Wealth Management definieren als „die Gesamtheit aller Aktivitäten des Planens, Realisierens und Kontrollierens sämtlicher materieller und nicht - materieller Ressourcen des Finanz-, Human- und Sozialvermögen einer Privatperson, die es ihr ermöglichen, … Einkommens- oder Nutzenerträge zu generieren“.[39]

2.2.3. Family Office

Die Bezeichnung „Family Office“ stammt aus dem angelsächsischem Wirtschaftsraum und bezeichnet eine Institution, die sich unter anderem mit der Verwaltung der Vermögen der UHNWIs befasst[40], da diese aufgrund der großen Höhe und oftmals auch wegen der Komplexität ihrer Vermögen eine besondere Betreuung benötigen[41]. Obwohl im europäischen Raum in der Vergangenheit auch ähnliche Dienstleistungen insbesondere im Umfeld der reichen Adelsfamilien vorzufinden waren[42], entstand eines der ersten Family Offices im Jahre 1838 in den USA unter der Führung der Familie Morgan in der Form einer Privatbank, welche sich um die Verwaltung des immensen Familienvermögens kümmerte. Da auch andere reiche Familien ähnliche Probleme hatten, öffnete sich die Morgan Privatbank für die Guggenheims und auch Vanderbilts.[43] Dabei ist bei diesem speziellen Konzept zwischen Family Office - Dienstleistungen, die auch von Banken angeboten werden, und dem eigentlichen Family Office zu unterscheiden, welches eine unabhängige, organisatorische Einheit darstellt.[44]

Genauer gesagt beschreibt das Family Office „die von einer Familie oder Individualperson mit komplexen Vermögen in beträchtlichem Umfang … etablierte organisatorische Einheit, in der die strategischen, taktischen und operativen Leistungen der Konfiguration, Koordination und Mobilisierung des Finanz-, Human- und Sozialvermögens … gebündelt sind.“[45]

3. Die Beziehung zwischen Kunde und Finanzdienstleister

In den letzten Jahren hat sich das Verhältnis zwischen Nachfragern und Anbietern von Finanzdienstleistungen immens gewandelt, sodass die Dienstleister immer mehr versuchen, die Beziehung zu ihren Kunden zu festigen und eine Bindung an das eigene Unternehmen herzustellen. Ein Erkennen der Einflussfaktoren auf die Kundenbindung an ein Unternehmen und eine möglichst dauerhafte Loyalität sind notwendig, damit optimale Betreuungskonzepte entwickelt werden und auf dem Markt bestehen können.[46]

Die Anbieter müssen dabei einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten aufbauen, welcher von den Kunden in einem vergleichenden Preis-Leistungs-Verhältnis auch als ein solcher erkannt werden muss.[47] Dabei müssen viele Aspekte berücksichtigt werden, die auf der einen Seite von der Umwelt, aber auf der andern Seite auch von den Wettbewerbern und den Kunden selbst ausgehen. Veränderungen, welche von außen auf das Verhältnis einwirken, sowie neue Verhaltensweisen der Nachfrager spielen hierbei eine Rolle.[48]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Das Beziehungsgeflecht im Privatkundengeschäft

Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an Swoboda, U.C.(1996), S. 68.

3.1. Veränderungen auf dem Markt für Finanzdienstleistungen

3.1.1. Äußere Einflüsse

Eine der bedeutendsten Veränderungen sind die großen technologischen Entwicklungen, welche direkte Auswirkungen auf die Beziehung von Kunde und Bank hatten. Einerseits betraf dies den Bereich der Automatisierung von Dienstleistungen zunächst bei Selbstbedienungszonen, aber mit Verbreitung des Internets ging diese Entwicklung auch auf das Home- bzw. Online- Banking über.[49] Durch dieses Multichannel - Banking erhielt der Kunden einen verbesserten Zugang zur Bank[50], während durch die Automatisierung der Routinetätigkeiten eine bessere Nutzung der Beratungskapazitäten erreicht würde[51]. Doch dieser erhöhte Nutzen und das verbesserte Verkaufspotenzial aufgrund der nun zugänglichen Informationen[52], scheint die Probleme aus dem Rückgang der persönlichen Kontakte nicht aufzuwiegen.[53] Des Weiteren hat mit der zunehmenden Nutzung des Internet die Transparenz und vor allem die Vergleichbarkeit der Angebote bezüglich ihres Preis-Leistungs-Verhältnisses zugenommen, die es dem Kunden leichter machen, zwischen den einzelnen Anbietern auszuwählen.[54]

Die technologischen Errungenschaften hatten auch einen Einfluss auf die Erhöhung des Wettbewerbs und im Rahmen von Deregulierung und Globalisierung entstanden vernetzte Finanzmärkte, so dass immer mehr Anbieter auf den Markt getreten sind. Dies betrifft nicht nur die so genannten Near- und Nonbanks, wie z.B. Versicherungsunternehmen oder Autobanken,[55] sondern auch internationale Konkurrenz, die oftmals aus dem europäischen Ausland kommt.[56] Diese große Konkurrenz im Zusammenspiel mit der Transparenz der ohnehin schon homogenen Dienstleistungen in der Finanzbranche macht es den Anbietern nicht leicht, sich voneinander zu differenzieren. Eine Möglichkeit die Beziehung von Kunde und Anbieter zu festigen, liegt vornehmlich in der Konzentration auf Beratungsleistungen, um die Zufriedenheit des Kunden zu erhöhen und dadurch auch die Loyalität zum Unternehmen zu festigen.[57]

3.1.2. Veränderungen im Kundenverhalten

Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist das Bildungsniveau in Deutschland immer weiter angestiegen und diese Entwicklung wird sich in der Zukunft eventuell weiter fortsetzen. Im Zusammenspiel mit einer allgemein verbesserten Vermögenssituation und der höheren Transparenz auf dem Finanzdienstleistungsmarkt bezüglich des Preis-Leistungs-Verhältnisses der Angebote haben sich die Privatkunden zu anspruchsvolleren Abnehmern entwickelt, die nicht ihre ganzen Angelegenheiten von einem Anbieter abwickeln lassen wollen.[58]

Ein Wandel der Werte, der unter anderem die Emanzipation von Autoritäten, Selbstentfaltung und einen erhöhten Drang nach Mitsprache einschließt, hat an den Entwicklungen zu einem mündigen Kunden einen großen Beitrag geleistet. Der Drang nach Selbstentfaltung hat dabei zu einer verstärkten Individualität geführt, die ein Abheben von der Masse über den Konsum von speziellen Produkten beabsichtigt.[59] Die Mündigkeit der Kunden betrifft wiederum auch die vermögenden Privatkunden, denn durch eine vermehrte Inanspruchnahme von Finanzdienstleistungen steigen auch die Kenntnisse und Erfahrungen der Nachfrager und somit ebenfalls die Ansprüche an ein zufrieden stellendes Produkt, welches komplexen Anforderungen entsprechen muss.[60]

Auch wenn die Zunahme der Loyalität zu einem Anbieter mit einer steigenden Nachfrage nach Dienstleistungen positiv korreliert, weisen Personen mit höherem Einkommen, einem größeren ökonomischen Sachverstand und einem qualifizierten Beruf wiederum eine geringere Treue zu einem Anbieter auf.[61] Dies zeigt sich auch bei der Anzahl von Bankverbindungen, welche mit steigendem Einkommen zunehmen.[62]

Alles in allem kann man somit sagen, dass insbesondere die vermögenden Privatkunden eine geringere Loyalität zu einem Finanzdienstleister aufweisen, obwohl sie tendenziell mehr und auch komplexere Produkte nachfragen. Daraus ist zu schließen, dass bei der eigenen Finanzsituation des vermögenden Privatkunden ein eher rationaler anstatt emotionaler Umgang mit dem Vermögen von Bedeutung ist.

Bei der Auswahl der Anbieter sind also gerade die vermögenden Privatkunden am kritischsten und weisen die geringsten Tendenzen zur Bindung an einen Dienstleister auf.[63] Die Finanzdienstleister befinden sich somit in einer Problemsituation, denn aus dem Wunsch der Kunden nach Angeboten, welche auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind, die mit einer hohen Qualität aufwarten und im Preis-Leistungs-Vergleich mit den Produkten der Konkurrenz mithalten können, ergibt sich ein Spannungsverhältnis.[64] Von großer Bedeutung sind daher die Verbesserung der Kundenzufriedenheit und damit auch die Stärkung der Kundenbindung bzw. die Erhöhung der Kundenloyalität.

3.2. Einflussfaktoren auf die Kundenloyalität

Die Einflussfaktoren auf die Loyalität von Kunden zu einem Finanzdienstleistungsanbieter sind äußerst vielfältig, und die Beziehungen zwischen den einzelnen Bestandteilen sind sehr komplex. Daher ist es notwendig, einzelne Aspekte zusammen zu fassen und einige wenige sogar auszusparen, um überhaupt ein praktikables Konzept zu entwickeln.[65] Dabei werden auf der einen Seite die Faktoren bzw. Variablen untersucht, die Auswirkungen auf die vom Kunden wahrgenommene Dienstleistungs- bzw. Beziehungsqualität haben. Auf der anderen Seite werden auch die Variablen untersucht, die die Wechselkosten beeinflussen. Denn es kann sein, dass ein Kunde zwar unzufrieden mit den Leistungen und der Beziehung zu seinem Anbieter ist, aber aufgrund hoher Kosten, die bei dem Wechsel zu einem Konkurrenten anfallen würden, doch beim eigentlichen Anbieter verbleibt.[66]

Unter der Dienstleistungs- bzw. Beziehungsqualität werden die Variablen Zufriedenheit, Vertrauen und Commitment subsumiert, während die Aspekte Investitionen, Gewohnheit und Bequemlichkeit den Wechselkosten zugeordnet werden. Weitere, intervenierende Variablen, wie äußere Einflüsse auf den Finanzmarkt oder Gründe für das geänderte Kundenverhalten, wurden bereits beschrieben und sollen hier als Einflussfaktoren für die Kundenloyalität aufgrund zu großer Komplexität nicht weiter untersucht werden.[67]

[...]


[1] Vgl. o.V. (2003a), S.704.

[2] Vgl. o.V. (2002), S.443.

[3] Vgl. o.V. (2001b), S.183.

[4] Vgl. Pauly, C./ Reuter, W. (2002), Spiegel Online.

[5] Vgl. Schnettler, D. (2005), Handelsblatt.com.

[6] Vgl. Tuma, T../ Reuter, W. (2002), Spiegel Online.

[7] Vgl. Pauly, C./ Reuter, W. (2002), Spiegel Online.

[8] Vgl. Balzli, B. (2004), Spiegel-Online.

[9] Vgl. Hempell, H.S. (2002), S.7.

[10] Der „concentration ratio“ ermittelt sich aus dem Anlagevermögen der größten Institute im Verhältnis zu dem Anlagevermögen aller Insitute auf dem Markt.

[11] Vgl. Hempell, H.S. (2002), S.9.

[12] Vgl. Deser, T. (1998), S.1.

[13] Vgl. Lingel, M. (2003), S. 77.

[14] Vgl. Deser, T. (1998), S.22-24.

[15] Vgl. Lingel, M. (2003), S. 139.

[16] Vgl. Maltzan, B.A. von (2000), S. 923.

[17] Vgl. o.V. (2003a), S. 7.

[18] Im weiteren Verlauf wird der Begriff „Vermögen“ im Sinne des liquiden Geldvermögens gebraucht, da auch nur dieses gegebenenfalls im Rahmen einer Vermögensanlage zur Verfügung steht.

[19] Vgl. o.V. (2000), S. 4.

[20] Vgl. Fuchs, H.J./ Girke, M. (2002), S. 90.

[21] Vgl. Fuchs, H.J./ Girke, M. (2002), S. 91.

[22] Vgl. o.V. (2000), S. 4.

[23] Vgl. Maltzan, B.A. von (2000), S. 923.

[24] Vgl. o.V. (2000), S. 4.

[25] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S.29.

[26] Vgl. Schaubach, P. (2003), S. 11.

[27] Vgl. ebenda, S. 14-15.

[28] Vgl. ebenda, S. 12.

[29] Vgl. Lingel, M. (2003), S. 10-12.

[30] Vgl. Schaubach, P. (2003), S. 12-13.

[31] Vgl. Atz, M. (1999), S.83.

[32] Vgl. o.V. (2005), S. 6.

[33] Vgl. Chapelle, T. (2004), S. 60-63.

[34] Vgl. Schaubach, P. (2003), S. 15.

[35] Vgl. Ring, A.M. (2000), S. 47-49.

[36] Vgl. Schaubach, P. (2003), S.24-27.

[37] Vgl. ebenda, S. 29.

[38] Vgl. Schaubach, P. (2003), S. 33.

[39] Vgl. ebenda, S. 15.

[40] Vgl. Huth, O./ Werkmüller, M.A. (2002), S. 733.

[41] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S.29.

[42] Vgl. ebenda, S. 59-60.

[43] Vgl. Cvijetic Boissier, V. (1999), S. 168.

[44] Vgl. Huth, O./ Werkmüller, M.A. (2002), S. 733.

[45] Vgl. Schaubach, P. (2003), S. 63-64.

[46] Vgl. Moormann, J. (2001), S.4.

[47] Vgl. Swoboda, U.C. (1996), S. 68-69.

[48] Vgl. Lohmann, F. (1997), S. 1 und Moormann, J. (2001), S.4.

[49] Vgl. Lingel, M. (2003), S. 59.

[50] Vgl. Moormann, J. (2001), S. 4-5.

[51] Vgl. Lingel, M. (2003), S. 68.

[52] Vgl. Moormann, J. (2001), S. 5.

[53] Vgl. Lingel, M. (2003), S. 59.

[54] Vgl. Deser, T. (1998), S.22.

[55] Vgl. Moormann, J. (2001), S.5.

[56] Vgl. Deser, T. (1998), S.28.

[57] Vgl. Zuber, M. (2002), S. 5.

[58] Vgl. Lohmann, F. (1997), S. 1-2.

[59] Vgl. Lingel, M. (2003), S. 59-61.

[60] Vgl. Deser, T. (1998), S.23.

[61] Vgl. ebenda, S. 24.

[62] Vgl. Rottenbacher, A. (1994), S. 87.

[63] Vgl. Rottenbacher, A. (1994), S. 88.

[64] Vgl. Moormann, J. (2001), S. 5-6.

[65] Vgl. Lohmann, F. (1997), S. 33.

[66] Vgl. ebenda, S. 60.

[67] Vgl. ebenda, S. 97.

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Die Betreuung vermögender Privatkunden. Vom Private Banking bis zum Family Office
Hochschule
Universität Paderborn
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
68
Katalognummer
V45334
ISBN (eBook)
9783638427555
ISBN (Buch)
9783656448471
Dateigröße
615 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Private, Banking, Family, Office, Eine, Entwicklung, Betreuung, Privatkunden
Arbeit zitieren
Daniel Heuermann (Autor:in), 2005, Die Betreuung vermögender Privatkunden. Vom Private Banking bis zum Family Office, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45334

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