Absprachen (auch als Deal oder Verständigung bezeichnet) treten im Rahmen der strafprozessualen Hauptverhandlung auf. Sie kommen mittlerweile in zahlreichen Verfahren vor, ihre Bedeutung nimmt weiter zu. Die Parteien des Prozesses, also Vorsitzender, Staatsanwalt und Verteidiger, sprechen den weiteren Verfahrensablauf im Vorfeld ab. Meistens erfolgen Zugeständnisse auf allen Seiten zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens. Denkbar ist beispielsweise, dass ein Geständnis des Angeklagten versprochen wird und im Gegenzug hierfür das Strafmaß gering sein soll. Der Rückgriff auf die Absprache erfolgt zumeist in Betäubungsmittel-, Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren. Hier sind die zu untersuchenden Lebenssachverhalte besonders komplex und die Angeklagten verhalten sich oft konspirativ, sodass die Strafverfolgungsorgane an ihre Leistungsgrenzen geraten.
Gliederung
A. Charakter der Absprache
B. Zulässigkeit im Rahmen der StPO
C. Verfahrensrechtliche Voraussetzungen
I. Legalitätsprinzip
II. Aufklärungspflicht
III. Öffentlichkeits-, Mündlichkeits- und Unmittelbarkeits-grundsatz
IV. Anwesenheitsrechte und rechtliches Gehör
V. Gesetzlicher Richter
VI. Befangenheit
D. Inhaltliche Grenzen für Absprachen
I. Beweisaufnahme und –würdigung
II. Anforderungen an die rechtliche Bewertung
III. Rechtsmittelverzicht
1. Unwirksamkeit bei Absprache
2. Wirksamkeit bei Absprache
3. Vermittelnde Ansichten
4. Aktuelle Rechtsprechung des Großen Senats
E. Fazit
Gutachten
A. Charakter der Absprache
Absprachen (auch als Deal oder Verständigung bezeichnet) treten im Rahmen der strafprozessualen Hauptverhandlung auf. Sie kommen mittlerweile in zahlreichen Verfahren vor, ihre Bedeutung nimmt weiter zu.[1] Die Parteien des Prozesses, also Vorsitzender, Staatsanwalt und Verteidiger, sprechen den weiteren Verfahrensablauf im Vorfeld ab. Meistens erfolgen Zugeständnisse auf allen Seiten zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens. Denkbar ist beispielsweise, dass ein Geständnis des Angeklagten versprochen wird und im Gegenzug hierfür das Strafmaß gering sein soll. Der Rückgriff auf die Absprache erfolgt zumeist in Betäubungsmittel-, Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren. Hier sind die zu untersuchenden Lebenssachverhalte besonders komplex und die Angeklagten verhalten sich oft konspirativ, sodass die Strafverfolgungsorgane an ihre Leistungsgrenzen geraten.[2]
B. Zulässigkeit im Rahmen der StPO
Es erscheint fraglich, ob die Absprache zulässig ist und nicht sogar mit Strafe bedroht werden muss. Es könnte ein Verstoß gegen die verfahrensrechtlichen Grundsätze des Fairnessgebots, des Befangenheits- und des Willkürverbots vorliegen. „Prozessvergleiche“ nach Vorbild der ZPO sind im Strafprozessrecht unzulässig.
Der BGH und das BVerfG haben jedoch klargestellt, dass eine Absprache in eingeschränktem Umfang zulässig, wenn nicht sogar notwendig ist.[3] Eine Verletzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte der Verfahrensbeteiligten, sowie der Verfahrensgerechtigkeit sei nicht zu befürchten.[4]
C. Verfahrensrechtliche Voraussetzungen
Eine Verfahrensabsprache erscheint insbesondere der Verteidigung häufig als opportun, allerdings steht der Partei keine rechtliche Möglichkeit offen, diese zu erzwingen.[5] Kommt es zu einer Absprache, so wird deren Inhalt frei durch die Parteien bestimmt. Die Grenzen der Absprache werden jedoch durch die Anwendung der Prozessgrundsätze (sowie besondere inhaltliche Kriterien) eingegrenzt.
I. Legalitätsprinzip
Das in § 152 II StPO niedergelegte Legalitätsprinzip postuliert, dass jede Tat im Sinne des Gesetzes verfolgt werden muss.[6] Es darf also als Ergebnis der Absprache kein Freispruch vereinbart werden, wenn dies der Überzeugung des Gerichts widerspricht. Ferner ist der Grundsatz verletzt, sofern in Umgehung einer einschlägigen Norm alternativ ein Straftatbestand ausgehandelt wird.[7] Diese Anforderungen sind so offenkundig und plausibel, dass sie in der Praxis nur selten verletzt werden.
II. Aufklärungspflicht
Gemäß § 244 StPO besteht die Amtsaufklärungspflicht, nach welcher der wahre Sachverhalt einer Tat im Strafprozess ermittelt werden soll.[8] Die Aufklärungspflicht ist im Rahmen der §§ 154, 154a StPO (Opportunitätsprinzip) beschränkbar. Dem gemäß können Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen im Urteil abgespalten werden, sofern sie im Rahmen des Schuldspruchs nicht besonders ins Gewicht fallen. Eine solche Beschränkung zum Gegenstand einer Absprache zu machen, ist nicht ausgeschlossen.
III. Öffentlichkeits-, Mündlichkeits- und Unmittelbarkeits-grundsatz
Der Öffentlichkeitsgrundsatz postuliert, dass Strafverfahren in öffentlicher Verhandlung durchgeführt werden müssen, § 169 GVG.
Gegenstand einer Absprache kann nun sein, dass eine Verhandlung kurzfristig, zu ungewöhnlicher Zeit und ohne Pressemitteilung einberufen wird. Dies ist vor allem bei großem Medieninteresse nicht ungewöhnlich. Anlässlich eines solchen Vorgehens stellte der BGH fest, dass Absprachen der Öffentlichkeit anzuzeigen seien, um dem Vorwurf der „Mauschelei“ zu begegnen.[9] Die Tatsachen und Ergebnisse der Absprache bedürfen als wesentlicher Förmlichkeit des Verfahrens zudem der Protokollierung gemäß § 274 StPO.[10] Die Prinzipien der Mündlichkeit und der Unmittelbarkeit haben auf Absprachen keinen hervorzuhebenden Einfluss.
IV. Anwesenheitsrechte und rechtliches Gehör
Sofern nicht alle Prozessparteien an einer Absprache beteiligt wurden, kann die Verfahrensrüge von einer unbeteiligten Partei als Rechtsmittel erhoben werden. Reklamiert wird hierbei der Informationsanspruch der Partei.[11] Auch der Angeklagte kann diese Rüge geltend machen, sofern ihm sein Verteidiger nicht an der Absprache beteiligt hat. Eine dahingehende Vermutung des Mandanten reicht allerdings gemäß § 344 II 2 StPO nicht aus.
[...]
[1] Satzger, JuS 2000, 1157, 1158; Landau/Eschelbach, NJW 1999, 321.
[2] Landau/Eschelbach, NJW 1999, 321.
[3] BVerfG NJW 1987, 2662; BGHSt 43, 195.
[4] BVerfG NJW 1987, 2662, 2663.
[5] Landau/Eschelbach, NJW 1999, 321, 323.
[6] Meyer-Goßner, § 152 Rd. 2.
[7] Landau/Eschelbach, NJW 1999, 321, 324.
[8] Meyer-Goßner, § 244 Rd. 11 f.
[9] BGHSt 43, 195.
[10] BGH NJW 1998, 86; BGH, 19.08.2004, 3 StR 380/03.
[11] Landau/Eschelbach, NJW 1999, 321, 325.
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