Achtsamkeitspraxis und Meditation. Wie kann Resilienz bei Schulkindern gefördert werden?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

15 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen der Resilienz
2.1 Begriffsklärung
2.2 Die Kauai-Studie

3 Kinder unter Strom

4 Meditations- und Achtsamkeitspraxis als Mittel der Stressminderung

5 Achtsamkeit an Schulen

6 Resümee

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Unsere Kinder beschützen zu wollen, liegt wohl in der Natur der Dinge. Kindern eine gute Widerstandskraft für das spätere Leben in Bezug auf einschneidende Lebensereignisse und Herausforderungen mitzugeben, ihre Ressourcen und Kompetenzen zu stärken, sind Ziele, die sich auch die Soziale Arbeit zu eigen macht. Unter Resilienz versteht man genau diese Fähigkeit, missliche Umstände oder Krisen positiv zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen. Sie be-schreibt eine psychische Widerstandskraft, die erlernt und befördert werden kann. Resilienz ist heutzutage bereits in sehr frühen Jahren gefragt. Insbesondere in der Schule erfahren Kinder und Jugendliche einen erhöhten Leistungsdruck und sind stetig wachsenden Anforderungen gegenübergestellt. In einer aktuellen Gesundheitsstudie der DAK gaben 43 Prozent der Kinder und Jugendlichen der Jahrgangsstufen fünf bis zehn an, dass ihnen die Belastung in der Schule zu viel sei und sie unter dem Stress leiden. Ob Leistungsdruck oder sozialer Stress, heraus-fordernde Situationen stehen für Schulkinder auf dem Stundenplan (vgl. Beisenkamp et al. 2012, S. 136). Angst vor der Schule kann sich besonders bei Kindern und Jugendlichen in psychosomatischen Ursachen wie Kopf- und Bauch-schmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten äußern (vgl. Goodman, McGrath 1991, S. 46, 247 ff.; Knishkowy et al. 1995, S. 30, 351 ff.). Dies bestätigt auch die o.g. DAK-Studie, denn Beschwerden wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Schlafprobleme werden auch hier als Folge des erhöhten Leistungsdrucks von den Kindern genannt. Auf der Suche nach konstruktiven und nachhaltigen Lösungen zur Stress- und Angstbewältigung stößt man auf viele verschiedene Möglichkeiten. Neben den klassischen medizinischen Hilfeformen, wie z. B. der Psycho-therapie, gibt es inzwischen ein vielseitiges Angebot an alternativen „Anti-Stress“-Maßnahmen: Meditation, Achtsamkeit oder Yoga, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, sind längst in der Gesellschaft angekommen. Immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen belegen ihre positiven Wirkungen auf die Gesundheit (vgl. Schäfer 2011). Studien zeigen sogar, wie Meditation die Hirnaktivität verändert: Während des Zustandes „tiefer Meditation zum Beispiel, sind die Wellen im Beta- und Gamma-Bereich stärker und weitflächiger synchronisiert als im aktiven Wachzustand – ein Zeichen für intensive Konzentration und Aufmerksamkeit.“ (ebd.; vgl. Kurth et al. 2012).

Der positive Nutzen von Meditation ist unbestritten. Als „Allzweckwaffe“ wird sie zur Optimierung sämtlicher Lebensbereiche inzwischen gerne und oft eingesetzt. Doch wie sieht es im Schulalltag aus? Der positive Effekt von Meditation könnte auch Schulkindern eine Hilfe sein, dem wachsenden Leistungsdruck besser begegnen zu können. Ziel der Arbeit ist es deshalb zu klären, ob Meditations- und Achtsamkeitsübungen im Lehrplan von Schulen angekommen sind und ob es Indikationen gibt, inwieweit diese die Resilienz von Schulkindern fördern.

Zunächst soll in einem ersten Teil der Begriff der Resilienz geklärt werden und auf zentrale Studien zur Resilienzforschung eingegangen werden. Im zweiten Teil dieser Arbeit werden die Folgen von Stress als Ergebnis stetig wachsender Anforderungen im Schulalltag beschrieben. Darüber hinaus wird in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Gesundheitsförderung von Kindern hingewiesen. Ein dritter Teil stellt die Meditations- und Achtsamkeitspraxis als eine Methode der Stressreduktion vor. Es wird der Frage nachgegangen ob es Schulen gibt, die Achtsamkeitsübungen umsetzen und ob diese einen Effekt auf die resiliente Entwicklung der Kinder haben. Die Arbeit lehnt sich bei diesem Vorgehen methodisch an die qualitative Inhaltsanalyse, die einen Ansatz systematischer, regelgeleiteter qualitativer Analysen von Texten darstellt (vgl. Friebertshäuser 2013, S. 323 ff.).

2 Theoretische Grundlagen der Resilienz

Resilienz wird wissenschaftlich hochgradig thematisiert. Der Diskurs um eine genaue Begriffsklärung hält bis heute an. Sehr komplex und multidimensional sind die Faktoren, die einen Einfluss auf Resilienz haben. Nachfolgend wird trotzdem versucht, das Konzept der Resilienz zunächst in seiner Begriffsbestimmung darzustellen, um anschließend auf zentrale Studien zur Resilienzforschung einzugehen.

2.1 Begriffsklärung

Der Begriff „Resilienz“ kommt ursprünglich aus der Physik und bedeutet „in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehren, zurückspringen, abprallen“. Damit wird die Eigenschaft von Materialien beschrieben, elastisch und flexibel auf äußere Einwirkungen zu reagieren und dabei dennoch ihre Form zu bewahren (vgl. Stangl 2018). Wenn man den Begriff aus dem Englischen ableitet, bedeutet er übersetzt „Spannkraft, Elastizität oder Unverwüstlichkeit“. Auch die für uns relevante entwicklungspsychologische Deutung des Begriffs, schließt daran an. Resilienz beschreibt eine psychische Widerstandskraft und meint damit die dynamische Fähigkeit eines Menschen, auf „wechselnde Lebenssituationen und Anforderungen in sich ändernder Situationen flexibel und angemessen zu reagieren und stressreiche, frustrierende, schwierige und belastende Situationen ohne psychische Folgeschäden zu meistern.“ (Stangl 2018). Dabei sind es verschiedene Schutzfaktoren, die dazu beitragen können, Krisen und Belastungen erfolgreicher zu bewältigen und damit eine resiliente Entwicklung fördern. Diese Fakto­ren sind interdependent. Eine getrennte Darstellung dient lediglich analytischer Zwecke (vgl. Rönnau-Böse 2015, S. 16):

- Der zuverlässigste Prädikator für eine resiliente Entwicklung ist eine stabile, unterstützende und zugewandte Beziehung.
- Selbst- und Fremdwahrnehmung meint die Fähigkeit, sich selbst und andere objektiv zu betrachten. Die Selbstwahrnehmung dient als Grundlage für not­wendige Veränderungen der eigenen Persönlichkeit.
- Selbstregulationen sind die bewussten und unbewussten psychischen Vor-gänge, mit denen Menschen ihre Aufmerksamkeit, Emotionen, Impulse und Handlungen steuern.
- Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung einer Person, auch schwierige Situatio­nen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu kön­nen.
- Soziale Kompetenz meint einen Komplex all der persönlichen Fähigkeiten und Einstellungen, die dazu beitragen, das eigene Handeln von einer individuellen auf eine gemeinsame Handlungsorientierung hin auszurichten.
- Aktive Bewältigungskompetenz bedeutet eine angemessene Einschätzung und Bewertung von Stress-Situationen und die Fähigkeit, einen adäquaten Umgang mit Stressoren zu finden.
- Problemlösen meint die Fähigkeit vorhandenes Wissen zur Beseitigung von schwierigen Angelegenheiten zu nutzen. (vgl. ebd.)

Eine Begriffsklärung erweist sich als hochgradig komplex und multidimensional. Unstrittig aber ist, dass eine Aktivierung und Stärkung innerer, psychischer Ressourcen eine resiliente Entwicklung positiv befördern. Der folgende Abschnitt, der auf zentrale Studien zur Resilienzforschung eingeht, verdeutlicht diesen Befund noch einmal.

2.2 Die Kauai-Studie

Einen Durchbruch in der Resilienzforschung gelang der Amerikanerin Emmy Werner (vgl. Werner, Smith 2001). Sie begleitete den Geburtsjahrgang 1955 der hawaiianischen Insel Kauai über mehrere Jahrzehnte. Die Kauai-Längs­schnittstudie von Werner und Smith ist die namhafteste und auch älteste Studie zur Untersuchung der Resilienz. Über 32 Jahre hinweg wurden bei 698 Menschen die Lebens- und Gesundheitssituation in Bezug auf die Widerstandsfähigkeit erforscht. Ein Drittel dieser Stichprobe lebte mit einer hohen Risikobelastung, wie chronischer Armut, psychischen Erkrankungen der Eltern oder familiärer Dishar­monie. Bei wiederum einem Drittel dieser Risikogruppe wurde festgestellt, dass diese sich trotzdem gut entwickelten. Die Probanden, die sich also als resilient erwiesen, konnten Beziehungen eingehen, waren optimistisch oder fanden eine Arbeit, die sie erfüllte. Verglichen mit den anderen Probanden, die unter denselben schwierigen Bedingungen aufwuchsen, konnten bei ihnen im Alter von 40 Jahren eine geringere Todesrate, weniger chronische Gesundheitsprobleme und weniger Scheidungen festgestellt werden. Diese Probanden zeigten protek­tive Faktoren, die man auch als Schlüsselfaktoren der Resilienz bezeichnen kann: Zunächst eine enge soziale Bindung zu mindestens einem Familienmitglied, wodurch das Gefühl von Zuverlässigkeit und Sicherheit aufgebaut wird. Weiterhin die Erfahrung, dass eine freundliche und offene Verhaltensweise und das Anpacken und Lösen von Problemen zu Akzeptanz und Respekt führen. Außerdem ein unterstützendes Umfeld, das zu Selbstständigkeit, Vertrauen und Initiative auffordert, etwa in der erweiterten Familie, der Schule oder in der Nachbarschaft. Hier wird auf die Bedeutung der Stärkung innerer, psychischer Ressourcen hingewiesen. Auch die Schule steht hier in der Verantwortung.

Diese Verbindung schützender Faktoren, interagieren miteinander und verstärken sich gegenseitig (Bengel et al. 2009). Ähnliche Studien wurden auch in Deutschland durchgeführt. Zu den bekanntesten gehören die Mannheimer-Risikokinder-studie von Laucht und Mitarbeitern und die Bielefelder Invulnerabilitätsstudie von Lösel und Mitarbeitern. Darüber hinaus wurden insgesamt 19 Längsschnitt-studien, die sich über einen sehr langen Zeitraum erstreckten und dadurch verschiedene Entwicklungsstadien erfassen konnten, in den USA, Dänemark, Neuseeland, Großbritannien und Schweden durchgeführt (vgl. Rönnau-Böse 2015, S. 10; Wustmann 2011, S. 95).

3 Kinder unter Strom

In der Schule stehen Kinder unter dem Druck von Notengebung, Vergleichs-arbeiten, großen Hausaufgabenbelastungen und der besonderen Gefahr von Gewalt an Schulen (vgl. Scheithauer et al. 2003). Auch in der Freizeit besteht zusätzlich dazu ein oft übervolles Programm an Aktivitäten und das Risiko der Reizüberflutung durch soziale Medien. Die Konsummöglichkeiten überschreiten inzwischen den Bereich der normalen Bedürfnisbefriedigung und alltägliche Spannungen im Freizeit- oder Familienbereich tragen ebenfalls zu Überlastungen und Stressempfinden bei. Unbestritten ist, dass junge Menschen ein Instrument zur Bewältigung von Krisensituationen und Herausforderungen benötigen, insbesondere weil viele Kinder der Meinung sind, nichts dagegen unternehmen zu können. Hier geht das kindliche Vorstellungsvermögen nicht über das Einhalten der Ruhepausen und die Optimierung des Zeitmanagements als Problemlösungsstrategie hinaus (vgl. Lohaus 1990). Liegt das Geheimnis einer positiven Stressbewältigung also in der Resilienz? Bei dem Resilienzboom den wir derzeit erleben, darf nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Allheilmittel gegen Stress handelt, dass es lediglich zu erlernen gilt. Es handelt sich auch keineswegs um eine Charaktereigenschaft. Sie ist vielmehr das Ergebnis von bestimmten Entwicklungsbedingungen. Diese Erkenntnis schützt auch vor dem Trugschluss, dass Lebenskrisen und fehlende Bewältigungsstrategien als Charak­terdefizit ausgelegt werden und somit die Eigenverantwortlichkeit als zusätzlicher Leidensfaktor auftritt (vgl. Rönnau-Böse 2015, S. 23). Es geht darum, den einzelnen Schüler von der Verantwortung zu entbinden, mit immer größeren Schwierigkeiten allein zurechtkommen zu müssen und mit dem Vorurteil aufzuräumen, Resilienz bräuchte nur antrainiert werden. Der Fokus sollte sein, Kindern ein soziales Netzwerk mit Unterstützungsmöglichkeiten zu bieten und ihnen individuelle Strategien zur Bewältigung von Stress an die Hand zu geben. Es lässt sich ferner festhalten, dass eine Reduktion der Stressbelastung oder eine Linderung der Stresssymptome einen Beitrag zur Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung im Kindesalter leisten würde. Hier sind theoretisch unterschiedliche und vor allem auch kohärente Interventionen denkbar (vgl. Lohaus, Jerusalem, Klein-Heßling 2006), wie Sport, Musik oder sozialer Austausch als fundamental menschliches Bedürfnis (vgl. Baumeister, Leary 1995, S. 497 ff.).1 Es soll hier also festgehalten werden, dass eine frühzeitige Unterstützung und Förderung von Resilienz wesentlich dazu beitragen kann, die Entwicklung von Kindern nachhaltig positiv zu beeinflussen. Eine Möglichkeit, innere Ressourcen und Kompetenzen zu stärken, bieten Achtsamkeitsübungen. Wie bereits zuvor beschrieben, ist ihr positiver Nutzen unbestritten. Eine regelmäßige Meditationspraxis schult die Aufmerksamkeit und Konzentration und führt sogar zur Verbesserung des Immunsystems (vgl. Davidson et al. 2003 S. 564 ff.; Lazar et al. 2005). Im Folgenden soll deshalb die Meditations- und Achtsamkeitspraxis knapp vorgestellt werden und der Frage nachgegangen werden, ob sie als pädagogisches Hilfsmittel an Schulen angekommen ist.

...


1 Weitere Details zum Thema Stress und Coping, sowie eine genaue begriffliche Definition bieten bspw. Hans Selye, Richard Lazarus oder Prof. Dr. Gert Kaluza.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Achtsamkeitspraxis und Meditation. Wie kann Resilienz bei Schulkindern gefördert werden?
Hochschule
Katholische Stiftungsfachhochschule München
Note
1,7
Jahr
2018
Seiten
15
Katalognummer
V454097
ISBN (eBook)
9783668873827
ISBN (Buch)
9783668873834
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
achtsamkeitspraxis, meditation, resilienz, schulkindern
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Achtsamkeitspraxis und Meditation. Wie kann Resilienz bei Schulkindern gefördert werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/454097

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