Die Arbeit untersucht die arbeitspolitischen Gründe für die zunehmenden Tariföffnungsklauseln im Hinblick auf Arbeitsbedingungen in arbeitsrechtlichen Gesetzen. Anschließend überprüft sie deren Zulässigkeit unter grundrechtlichen und europarechtlichen Blickwinkeln. Hierbei werden die beispielhaften Tariföffnungsklauseln dargelegt und unter Einsatz der gewonnenen Erkenntnisse bewertet.
Darüber hinaus wird anhand beispielhafter Tarifverträge untersucht, in welchem Umfang die Tarifvertragsparteien von den gesetzlichen Öffnungsklauseln Gebrauch gemacht haben. Weiterhin werden die gesetzlichen sowie die tarifvertraglichen Gestaltungsspielräume für Betriebsparteien als auch die sich daraus ergebenden potentiellen Gestaltungsspielräume für die Betriebsparteien aufgezeigt.
Immer häufiger sind nicht nur Öffnungsklauseln in Tarifverträgen weit verbreitet, sondern werden auch in zahlreichen Gesetzen als Flexibilisierungsinstrument eingesetzt. Die gesetzliche Öffnungsklausel ist ein traditionelles Instrument deutscher Gesetzgebung. Die erste Öffnungsklausel wurde bereits im Jahr 1923, also vor über 93 Jahren in die Arbeitszeitverordnung (AZVO) aufgenommen. Seitdem hat dieses Gesetzesinstrument der Öffnungsklausel nie vollständig an Aktualität verloren. Aufgrund der zahlreichen Rechtsvorschriften im Arbeitsrecht zeigt sich, dass der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit der Öffnung der arbeitsrechtlichen Regelungen zugunsten der Tarifvertragsparteien immer stärker Gebrauch macht.
Aktuell plant das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Tarifautonomie unter anderem dadurch zu stärken, dass tarifgebundene Unternehmen gegenüber nichttarifgebundenen bzw. tariffreien Unternehmen durch die gesetzliche Schaffung eines Anreizes zur Tarifbindung mehr privilegiert werden.
Zur Umsetzung dieses Vorhabens enthält bereits das neue Gesetz zur Reformierung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG), welches zum 1.4.2017 in Kraft treten wird, eine Öffnungsklausel. Danach kann ein Tarifvertrag des Kunden bzw. der Einsatzbranche von der Regelung einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten abweichen. Des Weiteren soll in einer zweijährigen Experimentierphase eine weitere Öffnungsklausel getestet werden, nämlich die Thematik über „Tageshöchstarbeitszeit und tägliche Ruhezeit“ zum flexiblen Arbeiten.
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
- I. Aktuelle Entwicklung der gesetzlichen Öffnungsklauseln
- II. Begriff „Öffnungsklausel“
- III. Ausgewählte arbeitsrechtliche Tariföffnungsklauseln
- 1. Öffnungsklausel des § 622 Abs. 4 BGB
- a) Inhalt
- aa) Tarifgebundene Unternehmen
- bb) Nichttarifgebundene Unternehmen
- b) Aufnahmegründe
- 2. Öffnungsklauseln des § 7 Abs. 1 bis 3 ArbZG
- a) Inhalte für tarifgebundene Unternehmen
- aa) Inhalte des § 7 Abs. 1 ArbZG
- bb) Inhalte des 7 Abs. 2 ArbZG
- cc) Inhalte des § 7 Abs. 2a ArbZG
- b) Inhalte für nichttarifgebundene Unternehmen
- c) Aufnahmegründe
- 3. Öffnungsklausel des § 14 Abs. 2 Satz 3 bis 4 TzBfG
- a) Inhalt
- aa) Tarifgebundene Unternehmen
- bb) Nichttarifgebundene Unternehmen
- b) Aufnahmegründe
- 4. Öffnungsklauseln des § 13 Abs. 1 und 2 BUrlG
- a) Inhalt
- aa) Tarifgebundene Unternehmen
- bb) Nichttarifgebundene Unternehmen
- b) Aufnahmegründe
- 5. Öffnungsklauseln des neuen AÜG zum 1.4.2017
- a) Inhalt des neuen § 1b AÜG
- aa) Tarifgebundene Unternehmen
- bb) Nichttarifgebundene Unternehmen
- b) Inhalt des neuen § 8 Abs. 4 AÜG
- aa) Tarifgebundene Unternehmen
- bb) Nichttarifgebundene Unternehmen
- c) Aufnahmegründe
- IV. Bewertung
- 1. Inhaltliche Würdigung
- a) Normstruktur der Tariföffnungs- und Erstreckungsklauseln
- b) Gründe für Tariföffnungsklauseln
- aa) Sachnähe und flexiblere Gestaltung der Tarifvertragsparteien
- bb) Materielle Richtigkeitsgewähr
- cc) Stärkung der Tarifvertragsparteien
- c) Gründe für Erstreckungsklauseln und Missbrauchsgefahr
- aa) Gleichstellung mit tarifgebundenen Unternehmen
- bb) Prävention von Missbrauchsgefahr
- d) Kritik an Tariföffnungsklauseln
- aa) Widerspruch und Delegieren des Gesetzgebers
- bb) Unzureichendes Argument der Sachnähe
- cc) Keine Richtigkeitsgewähr
- 2. Rechtliche Würdigung
- a) Grundrechtliche Würdigung
- aa) Formelle Zulässigkeit - Regelungskompetenz des Gesetzgebers
- bb) Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG
- (1) Positive Koalitionsfreiheit
- (2) Negative Koalitionsfreiheit
- (a) Schutzbereich und Eingriff in den Schutzbereich
- (b) Rechtfertigung des Eingriffs und Schranken
- cc) Tariföffnungsklauseln als Eingriff in die Tarifautonomie
- dd) Tariföffnungsklauseln als Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit
- ee) Tariföffnungsklausel § 1b S. 6 des neuen AÜG in Ansehung der negativen Koalitionsfreiheit
- b) Europarechtliche Würdigung
- aa) Koalitionsfreiheit im Sinne der europäischen Menschenrechtskonvention
- bb) Koalitionsfreiheit im Sinne der EU-Grundrechtcharta
- 3. Zwischenergebnis
- V. Ausgewählte Tarifverträge mit den umgesetzten Tariföffnungsklauseln
- 1. Kündigungsfristen
- a) Innerhalb der Probezeit
- b) Nach der Probezeit
- 2. Arbeitszeit
- 3. Sachgrundlose Befristung
- 4. Urlaub
- a) Urlaubsstage pro Kalenderjahr
- b) Übertragungszeitraum
- VI. Gestaltungsspielräume für Betriebsparteien
- 1. Gesetzliche Gestaltungsspielräume für Betriebsparteien
- a) Gestaltungsspielräume der §§ 7 und 12 ArbZG
- b) Gestaltungsspielraum des § 21a JArbSchG
- c) Gestaltungsspielraum des § 2 Abs. 2 AltTZG
- d) Gestaltungsspielraum des Wahlarbeitszeitgesetzes
- 2. Tarifvertragliche Gestaltungsspielräume für Betriebsparteien
- a) Allgemeine Öffnungsklausel
- b) Arbeitszeit
- c) (Sonder-)Vergütung
- d) Andere Regelungsbereiche
- VII. Zusammenfassung und Gesamtergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit befasst sich mit den Auswirkungen von gesetzlichen Tariföffnungsklauseln auf die Gestaltungsspielräume der Betriebsparteien. Sie analysiert die Funktionsweise dieser Klauseln in der Praxis und untersucht, inwiefern sie die Tarifautonomie beeinflussen.
- Entwicklung der gesetzlichen Öffnungsklauseln im Arbeitsrecht
- Inhalt und Funktionsweise der einzelnen Klauseln
- Bewertung der Klauseln aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht
- Gestaltungsspielräume der Betriebsparteien im Kontext der Klauseln
- Auswirkungen der Klauseln auf die Tarifautonomie und die Praxis der Betriebsverfassung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel I: Das Kapitel gibt einen Überblick über die aktuelle Entwicklung der gesetzlichen Öffnungsklauseln im Arbeitsrecht und erläutert die Hintergründe ihrer Entstehung.
- Kapitel II: Dieses Kapitel definiert den Begriff „Öffnungsklausel“ und beschreibt seine verschiedenen Arten.
- Kapitel III: Hier werden die wichtigsten arbeitsrechtlichen Tariföffnungsklauseln detailliert vorgestellt und ihre Anwendung in der Praxis erläutert.
- Kapitel IV: In diesem Kapitel werden die Tariföffnungsklauseln aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht bewertet.
- Kapitel V: Anhand von konkreten Tarifverträgen wird die Umsetzung der Tariföffnungsklauseln in der Praxis dargestellt.
- Kapitel VI: Das Kapitel untersucht die Gestaltungsspielräume der Betriebsparteien im Kontext der gesetzlichen Tariföffnungsklauseln.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen Tarifautonomie, Tariföffnungsklauseln, Gestaltungsspielräume, Arbeitsrecht, Betriebsverfassung, Kollektivrecht, Arbeitszeitrecht, Urlaubsrecht, Kündigungsrecht, Arbeitszeitgesetz (ArbZG), Tarifvertragsgesetz (TVG), Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Rechtsprechung, Europäisches Recht.
- Arbeit zitieren
- Carl Udeze (Autor:in), 2017, Gesetzliche Tariföffnungsklauseln und ihre Auswirkungen auf die Gestaltungsspielräume der Betriebsparteien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455167