In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, die Entwicklung der Enite-Figur nah an dem Artusroman "Erec" Hartmanns von Aue nachzuzeichnen und dabei den Chrétienschen als Folie im Blick zu behalten. Ziel der Analyse wird sein, die wesentlichen Änderungen Hartmanns in Bezug auf die Enite-Figur zu erkennen und zu reflektieren, welche Effekte sie zeitigen, insbesondere bezüglich der Paarkonstellation.
Aus diesem Grund wird die Entwicklung der Figur vom gesellschaftlichen Aufstieg über die Krise bis hin zur endgültigen Rehabilitation nachgezeichnet. Den Abschluss bildet ein Blick auf die Entwicklung der ‚Stimme‘ Enites und ihre Funktion(en).Da der Fokus der vorliegenden Arbeit auf der Konzeption von Protagonistenidentitäten liegt, ist zu klären, auf welche Identitätskonzepte sinnvoll in historischen Texten rekurriert werden kann.
Der "Erec" Hartmanns von Aue gilt als der erste deutsche Artusroman und ist bis heute intensiv untersuchter Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Forschung. Anlass zu den vorliegenden Überlegungen gab der Aufsatz Volker Mertens’ „Enide – Enite. Projektionen weiblicher Identität bei Chrétien und Hartmann“. Mertens interessiert, ob die weibliche Hauptfigur nur Mittlerin auf dem Weg der Identitätsfindung Erecs ist und dabei selbst statisch bleibt oder ob auch sie einen identitätsstiftenden Weg geht.
Ferner reflektiert er, welche unterschiedliche Rolle die Heldin in den beiden Romanen spielt, wie sich dieser Prozess bei Hartmann und bei Chrétien gestaltet und wo die Gründe für mögliche Unterschiede liegen könnten. Am Ende seiner Untersuchung gibt Mertens der Chrétienschen Enide deutlich den Vorzug, da er in ihr eine Entwicklung zu erkennen glaubt, die er der Hartmannschen Enite abspricht: So entwickele sich die Französin von einer stark erotisch fundierten Identität im ersten Handlungszyklus zu ihrer sozialen Identität als repräsentative Ehefrau an der Seite eines verantwortlichen Herrschers, auch wenn die Identitätsstiftung im konventionellen Rahmen Familie und Repräsentation verliefe.
Enite dagegen bliebe an die vorgegebene Identität statisch als von Anfang an reine, vollkommene Heldin gebunden und fungiere vornehmlich als „gesellschaftliche geforderte Beigabe“ – wenngleich sie in der Gesamtkonzeption des Romans von einem eher „utopischen Gesellschaftsentwurf“ getragen würde.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Konzeption und Stellenwert der Enite-Figur im „Erec“ Hartmanns von Aue
- 2.1 Allianzverbindung
- 2.2 Krise
- 2.3 Apotheose
- 2.4 Fokus: Enites Stimme
- 3. Fazit
- 4. Literatur
- 4.1 Primärliteratur
- 4.2 Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, die Entwicklung der Enite-Figur in Hartmanns „Erec“ anhand des Textes nachzuzeichnen und dabei den Chrétienschen Roman als Vergleichsfolie zu betrachten. Sie zielt darauf ab, die wesentlichen Änderungen Hartmanns im Bezug auf die Enite-Figur aufzuzeigen und zu analysieren, welche Auswirkungen diese auf die Paarkonstellation haben.
- Die Konzeption der Enite-Figur und ihre Rolle in der Allianzverbindung mit Erec
- Die Herausforderungen und Krisen, die Enite im Laufe des Romans bewältigen muss
- Die Rehabilitation der Enite-Figur und ihre endgültige Integration in die Gesellschaft
- Die Bedeutung der Stimme Enites und ihre Funktion im Gesamtkontext des Romans
- Die Entwicklung der Protagonistenidentitäten im Kontext von Inklusion und Exklusion
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung stellt den Forschungsstand zum Erec Hartmanns von Aue vor, insbesondere die Auseinandersetzung mit der Rolle der Enite-Figur im Vergleich zu Chrétiens Roman. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Auffassungen zur Entwicklung der weiblichen Figur und die zentrale Fragestellung der Arbeit: Wie gestaltet sich die Konzeption der Enite-Figur im Text Hartmanns, und welche Effekte hat dies auf die Paarkonstellation?
2. Konzeption und Stellenwert der Enite-Figur im „Erec“ Hartmanns von Aue
Dieses Kapitel analysiert die Konzeption der Enite-Figur im Kontext der Allianzverbindung mit Erec. Es beleuchtet ihre Schönheit und ihre Rolle im Kontext der ritterlichen Tugenden. Der Fokus liegt auf der Analyse der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und dem Vergleich mit Chrétiens Enide.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter der Arbeit sind: Enite-Figur, Hartmann von Aue, Erec, Chrétien de Troyes, Allianzverbindung, Rittertum, höfische Liebe, Identität, Inklusion, Exklusion, Körper, Ausstattung.
- Arbeit zitieren
- Marie Annette Laufer (Autor:in), 2017, Die Enite-Konzeption im "Erec". Hartmann von Aue und Chrétien im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455182