Unabhängig von ihren jeweiligen Zielen besteht die augenfälligste Eigenart der aktuellen us- amerikanischen Außenpolitik besteht darin, ihre herausragende Machtposition kompromisslos zu demonstrieren, um sie auch in der Zukunft gegenüber jedem potentiellen Gegner behaupten zu können. Trotz ihrer ideologischen Aufladung entspricht sie aufgrund ihrer, in erster Linie am Machterhalt orientierten Politik einer Maxime der politischen Philosophie des (Neo-)realismus, die von H.J. Morgenthaus in seinem Hauptwerk „Politics Among Nations“ grundgelegt wurde. Eine ihrer bestechenden Grundannahmen besteht darin, dass sie bei der Analyse des politischen Lebens eine Anthropologie voraussetzt, die als einziges verlässliches Beurteilungskriterium das menschliche Streben nach Macht akzeptiert. Einer solch pointierten Zuspitzung widersprechen neben den Vertretern des Idealismus (z.B. O. Höffe) auch einige Exponenten des (politischen) Realismus (z.B. M. Weber, R. Niebuhr, E. Carr); Sie gehen davon aus, dass jede politische Theorie auch eine moralische Komponente als Korrektiv zum puren Machtstreben definieren und beinhalten muss.
Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob die von Morgenthau und seinen Nachfolgern vorausgesetzte Trennung der Sphären von Macht und Moral und die damit verbundene Abstrahierbarkeit eines nur an Machtbehauptung interessierten homo politicus als grundlegendes Analyseparadigma einer realistischen Politikwissenschaft haltbar ist, oder ob es eine unzulängliche Reduktion darstellt, die zwangsläufig zu falschen politikwissenschaftlichen Analysen und politischen Handlungsmustern führen muss, weil sie gerade das Charakteristische des Menschen, das Korrelat von Macht und Moral, nicht erfassen kann.
Dazu sollen in einem ersten Schritt Morgenthaus Äußerungen zu den Bereichen der Politik, der Moral und ihrem Verhältnis zueinander dargestellt werden. Anschließend soll übergreifend geprüft werden, ob diese Annahmen einer realistischen Anthropologie und, darauf aufbauend einer realistischen Theorie (internationaler) Politik gerecht werden können.
Inhaltsverzeichnis
- Annäherung an die Fragestellung
- Gegenstandsbereich und Methode der Politikwissenschaft
- Verhältnisbestimmung von Politik und Moral
- Eine realistische Verhältnisbestimmung?
- Eine realistische Fundierung der politischen Theorie?
- Bewertung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die anthropologischen Vorannahmen des politischen Realismus von H.J. Morgenthau, insbesondere die Frage, ob eine Trennung von Macht und Moral in der Politik gerechtfertigt und tragfähig ist.
- Die Rolle der Macht im politischen Denken von Morgenthau
- Die anthropologischen Grundlagen des politischen Realismus
- Das Verhältnis von Macht und Moral in der Politik
- Die Frage nach der Gültigkeit einer rein machtorientierten Politik
- Die Bedeutung von Moral als Korrektiv im politischen Handeln
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel I. Annäherung an die Fragestellung: Diese Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und beleuchtet die aktuelle us-amerikanische Außenpolitik als Beispiel für eine auf Macht ausgerichtete Politik.
- Kapitel II. Gegenstandsbereich und Methode der Politikwissenschaft: Dieses Kapitel untersucht die Rolle der Politikwissenschaft als synoptische Wissenschaft und die Bedeutung eines korrekten Menschenbildes für die Entwicklung einer adäquaten politischen Theorie.
- Kapitel III. Verhältnisbestimmung von Politik und Moral: Dieser Abschnitt beleuchtet Morgenthaus Position zur Trennung von Politik und Moral und untersucht die Bedeutung moralischer Überlegungen im politischen Handeln.
- Kapitel IV. Eine realistische Verhältnisbestimmung?: Dieses Kapitel analysiert die Begründungen für eine realistische Sichtweise auf das Verhältnis von Politik und Moral.
- Kapitel V. Eine realistische Fundierung der politischen Theorie?: Hier wird die Frage untersucht, ob eine rein machtorientierte Theorie der Politik tragfähig ist und ob sie die Komplexität der menschlichen Natur gerecht wird.
Schlüsselwörter
Politischer Realismus, H.J. Morgenthau, Macht, Moral, Anthropologie, homo politicus, Politikwissenschaft, Internationale Politik, Idealismus, Neorealismus, Machtpolitik, Moralpolitik, Interessentheorie.
- Arbeit zitieren
- Stefan Dengel (Autor:in), 2005, Macht ohne Moral? Eine Untersuchung über die anthropologischen Vorannahmen des politischen Realismus H.J. Morgenthaus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45534