Das Referat untersucht den Text Ernst Jüngers "Das abenteuerliche Herz" und versucht ihn sowohl gattungstheoretisch wie auch literaturgeschichtlich einzuordnen. Dabei wird deutlich, dass der Text sowohl Merkmale des Surrealismus als auch des Magischen Realismus aufweist.
1. Das abenteuerliche Herz (1.Fassung)
a) Enstehung
- Entstehungszeit: Oktober 1927 bis September 1928
- Vorabdruck in der Tageszeitung Der Tag vom 19.10. bis 18.11. 1928 Scherl-Verlag, deutsch-national, Hugenberg
- Buchausgabe 1929 beim Frundsberg-Verlag
- Teilabdrucke in politischen Zeitschriften (z.B. Widerstand, Vormarsch)
- Von Seiten des deutschnationalen Literaturbetriebs (z.B. Stahlhelm-Verlag) als zu belletristisch eingestuft. DaH kann nicht an die Erfolge der Kriegsbücher Jüngers anknüpfen.
- 2. Fassung 1938
- nur etwa 20% der Erstfassung werden übernommen
- Auslassung der politischen und biographischen Bezüge
- länger
- Kapitelüberschriften
- eränderter Untertitel: Figuren und Capriccios
- Untertitel: »Aufzeichnungen bei Tag und Nacht«
- betont Tagebuchcharakter
- unterstützt von autobiographischen Sequenzen
- Durch die den 26 Textsequenzen zugeordneten Orte wird der Eindruck eines Tagebuchs verstärkt.
b) Prosasequenzen
- 25 Textsequenzen unterschiedlicher Länge stehen unverbunden nebeneinander
- Traumsequenzen
- Ausführungen (z.B. Schulzeit, Lektürereflexionen)
- in »essayistisch freier Form« (Kiesel , 349)
- --> Feuilleton
- bei der Betrachtung der Textsequenzen sind nur z.T. thematische Zusammenhänge erkennbar
- 1-6: Repräsentativität der Aufzeichnungen, Thematisierung des Verfassers als Intellektuellen und in einer Welt des Schrecken Lebenden
- 7: Protest gegen die bürgerliche Ordnung, Notwendigkeit des modernen Lebens
- 8-16: Träume, Reflektion über Möglichkeiten und Qualitäten der magischen, stereoskopischen und abenteuerlichen Welterfahrung
- 17: Unzugänglichkeit der positivisten Wissenschaft, Nihilismus
- 18-19: politische Entwicklung, Verneinung eines sinnvollen politischen Engagements
- 20: erneute Beschäftigung mit dem Gegenstands und der Möglichkeit der magischen Schau
- 21: Poltik und Geschichte, Krieg und Nachkrieg als Endstufe des Nihilismus
- 22: Schreckenstraum (Menschenschlachtung)
- 23: Erfahrung des Bösen und diesbezügliche Bedeutung von Traum und Rausch
- 24: humanitäre Ideologien, Bekenntnis zur tragischen Weltsicht
- 25: Idee des kühneren und vornehmeren Lebens
- »Beobachtungen und Reflexionen des wachen Lebens wechseln mit nächstlichen Traumbildern und korrespondieren auf diese Weise, die zu immer wieder neuen Bezugnahmen und Deutungen Anlaß gibt. Die Wirklichkeit des Tages wird in der Nacht schreibend kondensiert und bisweilen träumend erforscht.« (Kiesel, 349) Vgl. Untertitel
c) Themen
- Insbesondere drei Themenkreise werden ausgiebig erörtert: der geschichtliche Ort der Gegenwart, die Moderne und die stereoskopische Optik.
- Viele Themen werden mehrfach reflektiert und damit auf höherem Niveau betrachtet.
1.1 als Kleine Prosa
- Die Kleine Prosa ersucht die Komplexität der Moderne (Ausdifferenzierung, Weltanschauungen, Beschleunigung) zu fassen und damit auch zu bewältigen. Steht damit aber in Differenz zu enzyklopädischen Projekten wie Musils Mann ohne Eigenschaften
- »unausgeführte Kombinationen, kleine Modelle des anderen Wahrnehmens, sinnliche Erkenntnis und eine denkende Erschließung empirischer Phänomene, die über Wissen
möglichst vieler Disziplinen verfügt - vermittelt in einer Form überschaubarer Prosa, die ihre Komplexität nicht mehr ausführt, sondern zu literarischen Bildern zwischen Lyrik, Narration und Reflexion verdichtet.« (Frank/ Scherer, 253)
- Affinität zum Prosagedicht (poème en prose)
1.2 als Prosa des Surrealismus
- Jünger nutzt die Träume als Erfahrung, die den Zugang zu einer höheren Wirklichkeit gewährleisten, um damit den zivilisatorischen Fortschritt, insbesondere die Kontrolle des Bewusstsein zu überwinden. (Streim, 109)
- Die Träume werden mit Vexierbilder, essayistischen Exkurse und Traumprotokolle zu einer surrealistisch anmutenden Collage kombiniert. (Schwilk, 322)
- Die Traumbilder aus DaH sind allerdings nicht auf die Sinnzerstörung angelegt, sondern auf einen metaphorischen Bedeutungsgewinn. »Obwohl sie mit den Momenten der Überraschung und des Schocks arbeiten, haben sie doch meist belehrenden Charakter. Statt unauflöslicher Rästel offerieren sie verschlüsselte Erkenntnis.« (Streim, 110) »Der Traum ist für Jünger [...] kein zweckfreies Spiel der imaginativen Kräfte, sondern ein Medium mystischer Offenbarung.« (Streim, 117)
[...]
- Quote paper
- Tina Grahl (Author), 2010, Ernst Jünger "Das abenteuerliche Herz". Textanalyse und literaturgeschichtliche Einordnung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455580
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