Mittelstandsanleihen. Eine Finanzierungsalternative für den Mittelstand in Deutschland?


Seminararbeit, 2016

16 Seiten, Note: 2,3

Jill Wießing (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Finanzierungsstrategien bzw. -problematik im Mittelstand

3 Charakteristika von Mittelstandsanleihen
3.1 Strukturmerkmale
3.2 Marktüberblick

4 Möglichkeiten und Umsetzungsschwierigkeiten

5 Schuldscheindarlehen und Mittelstandsanleihe

6 Resümee
6.1 Zusammenfassung
6.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kapitalmarktorientierung deutscher mittelständischer Unternehmen

1 Einleitung

Der durch die Finanzkrise entstandene Vertrauensverlust ggü. Banken sowie das günstige Kapitalmarktumfeld und der Wunsch nach mehr Flexibilität haben mittel- ständische Unternehmen nach neuen Finanzierungskanälen suchen lassen. Die regulatorischen Regelungen (insbesondere Basel III) verschlechtern die langfristige Kreditvergabe der Banken und führen zu einer Finanzierungsproblematik imMittelstand.1 Das Dilemma ist also, dass die mittelständischen Unternehmen für Investitionen Schulden aufnehmen müssen, ihren Fremdkapitalbedarf aber nicht mehr über Bankkredite decken können. Mittelständler, die bereits auf Alternativfinanzierungen gesetzt haben, z. B. Mezzaninefinanzierungen oder Schuldscheindarlehen, bekommen zunehmend Probleme, da die Programme auslaufen und die Anschlussfinanzierung nicht geregelt ist.2

Als Reaktion haben mittelständische Unternehmen ihre Finanzierungsstruktur auf den Kapitalmarkt ausgerichtet und decken u. a. durch Anleiheemission ihren Finanzierungsbedarf.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Mittelstandsanleihe als kapitalmarktorientierte Finanzierungsalternative vorzustellen und herauszuarbeiten, ob und inwieweit die Emission von Mittelstandsanleihen sinnvoll ist. Was den großen Unternehmen mit Hilfe institutioneller Anleger gelingt, müsste mittelständischen Unternehmen doch auch mit Hilfe privater Kapitalgeber möglich sein.

In dieser Arbeit werden zunächst die gängigen Finanzierungsmöglichkeiten des Mittelstandes kurz dargestellt. Fokussiert wird im weiteren Verlauf der Arbeit die Finanzierung über die Emission von Mittelstandsanleihen. Im dritten Kapitel werden thematische Grundlagen zur Mittelstandsanleihe angeführt. Auf Basis dieser Grundlagen folgen im vierten Kapitel Möglichkeiten und Umsetzungsschwierigkeiten und im fünften Kapitel ein Vergleich mit Schuldscheindarlehen. Das sechste Kapitel beinhaltet eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie einen Ausblick auf die weitere Entwicklung.

2 Finanzierungsstrategien bzw. -problematik im Mittelstand

Die Finanzierung mittelständischer Unternehmen unterscheidet sich von der größerer Konzerne. Als Finanzierungsstandard für den Mittelstand dominiert der klassische Bankkredit. Im Jahr 1995 finanzierten sich 75% des deutschen Mittelstandes über Bankkredite; mit abnehmender Tendenz waren es 2010 schon nur noch 44% (s. Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Abbildung nach: Gemeinsame Studie der Commerzbank, DAI und Deutsche Börse Group, November 2011, S.13

Abb. 1: Kapitalmarktorientierung deutscher mittelständischer Unternehmen 3

Je nach Unternehmenssituation, Finanzierungsobjekt oder ggf. der Besicherung kann der Kredit unterschiedliche Variationen annehmen, z. B. ein Betriebsmittelkredit.

Als Ursache für den zu beobachtenden Rückgang wird die steigend restriktive Kredit- gewährung der Banken betont4, die auf ein schwaches Berichtswesen der mittel- ständischen Unternehmen bzw. einen hohen Grad an Intransparenz im Bereich des Mittelstandes zurückzuführen ist.5 Entscheidend sind vor allem aktuelle Unternehmens- und Bilanzkennzahlen, die oft nur unzureichend vorliegen. Ebenso fällt die Eigen- kapitalquote im Mittelstand meist eher gering (ca. 10%) aus, da Fremdkapital z. B. aus Steueraspekten teurer ist.6

Für die Mittelständler ergibt sich somit Handlungsbedarf, Alternativen zum normalen Bankkredit zu finden. Der Zugang zum Kapitalmarkt ist aber aufwendig und i. d. R. mit den verfügbaren Hilfsmitteln zu kostenintensiv.7 Aufgrund der erschwerten Kreditvergabe zeigen die Unternehmen bei der Wahl ihrer Finanzierungsinstrumente zunehmend mehr Offenheit bisher nicht so verbreitete Möglichkeiten zu nutzen:8

Hierbei handelt es sich z. B. um Schuldscheindarlehen, Beteiligungskapital durch Private-Equity-Finanzierungen, kapitalmarktbezogene Möglichkeiten wie z. B. die Anleiheemission oder Asset Backed Securities, oder Möglichkeiten einer Mezzanine- Finanzierung.

Im weiteren Verlauf der Arbeit (Kapitel 3 und 4) werden insbesondere Mittelstandsanleihen und Schuldscheine erläutert.

Private-Equity-Finanzierungen sind Beteiligungen am Eigenkapital, der Private Equity- Geber wird üblicherweise an der Gesellschaft beteiligt. Im Gegensatz zum Public- Equity ist die Beteiligung nicht an den Kapitalmarkt gebunden.9

Asset Backed Securities (dt. forderungsgedeckte Anleihen) sind Wertpapiere, welche durch Vermögen, insbesondere durch Forderungen, besichert sind. Im Insolvenzfall darf dieses Vermögen nicht zur Insolvenzmasse hinzugezogen werden.10

Unter Mezzanine-Finanzierung versteht man eine Reihe verschiedener Finanzierungsinstrumente, die im Bereich zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung einzuordnen sind. Die Forderungen sind unbesichert, es handelt sich also um Risikokapital, dessen Vergütung diesem Risiko gerecht werden muss und somit i. d. R. sehr hoch ausfällt. Die fehlende Besicherung setzt meist ein Rating bestimmter Agenturen voraus.11 Mezzanine-Programme wurden größtenteils zwischen 2006 und 2008 im Volumen von ca. 1,6 Mrd. Euro aufgelegt. Da sie aufgrund ihrer Laufzeit nach und nach auslaufen, besteht für die Unternehmen konkreter Refinanzierungsbedarf, der nicht durch entsprechende Nachfolgeprogramme gedeckt wird.12

3 Charakteristika von Mittelstandsanleihen

3.1 Strukturmerkmale

Die Mittelstandsanleihe zählt zum Fremdkapital und ist ein verbriefter Kredit, der einem Unternehmen von Investoren in gestückelter Form (Obergrenze 1.000 Euro) gewährt wird. Mitbestimmungsrechte hat der Investor zwar nicht, aber er hat Rückzahlungs- anspruch. Die klassische Mittelstandsanleihe hat eine Laufzeit von 2 bis 10 Jahren. Im Regelfall beansprucht die Emission einer Mittelstandsanleihe ca. 3 - 6 Monate. Mittelstandsanleihen zeichnen sich z. B. durch den flexiblen Platzierungsprozess aus, der vom Emittenten selbst übernommen werden kann.13 Das Emissionsvolumen ist standardmäßig zwischen 10 und 25 Mio. Euro. Bei zu geringen Volumina kann der ordnungsgemäße Börsenhandel nicht vollständig gewährleistet werden. Je größer das Emissionsvolumen, umso höher ist die Handelbarkeit am Sekundärmarkt (After- Market-Liquidität).14 Trotz evtl. höher liegender Kosten können sowohl die Unabhängigkeit vom klassischen Bankkredit als auch Marketingaspekte als Argument für diese öffentliche Kapitalmarkttransaktion dienen.15 Charakteristisch für den Mittelstandsanleihenmarkt sind die auffallend hohen Zinskupons, die üblicherweise im Spektrum von 5 bis 10% p. a. liegen.16 Vor allem vorteilhaft, da die Verzinsung fest und zu deutlich höheren Konditionen als bspw. bei einer Festgeldanlage ist.

Viele Mittelstandsanleihen sind in Bezug auf Rating und Zinskupon vergleichbar mit High-Yield-Bonds, bei denen Covenants (Schutzklauseln) standardmäßig augestaltet werden (kann im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter behandelt werden).17 Der klassische Bankkredit orientiert sich am konkreten Investitionsbedarf, während im Anleihevolumen ein Sicherheitsvolumen eingebaut wird, so dass das Unternehmen nicht auf den Zufluss des gesamten Emissionsvolumens angewiesen ist, es besteht keine direkte Zweckbindung. Dies spielt auch für die sog. Nachtplatzierung eine Rolle. Wird das maximale Anleihevolumen nicht erzielt, muss trotzdem der eigentliche Finanzierungszweck erfüllt werden können. Gemäß der Hold-to-Maturity-Strategie halten viele institutionelle Investoren die Anleihen auch bis zur Endfälligkeit, wodurch dem Handel am Sekundärmarkt weniger Bedeutung zukommt.18

3.2 Marktüberblick

Aufgrund der Nachfrage für Mittelstandsanleihen reagierten die Börsen schnell und flexibel, so dass innerhalb des Freiverkehrs eigene Börsensegmente für Mittelstandsanleihen entstanden. Für die Organisation und die Regulierung sind die Börsen selbst verantwortlich, es gibt keine staatliche Stelle.

Gem. § 3 Abs. 1 des WpPG gibt es für öffentlich angebotene Wertpapiere eine Prospektpflicht. Eine Studie von Deloitte im Auftrag der Stuttgarter Börse kommt zu dem Ergebnis, dass der Wertpapierprospekt von etwa 70% der Anleger als Informationsquelle genutzt wird.19

Die Börse Stuttgart vertritt seit ca. Mai 2010 das Mittelstandssegment bondm. Die Besonderheit des Segments liegt im Ausschluss von Immobilien- und Finanzwerten, fokussiert werden vor allem industrienahe Unternehmen. Vorreiter war hier der Auto- mobilzulieferer Dürr AG, die Anleihen im Volumen von 225 Mio. Euro und einem Zinskupon von 7,25% rausbrachte. Etwa ein halbes Jahr später – im Dezember 2010 – bat auch die Börse Frankfurt mit dem Mittelstandssegment Entry Standard eine Möglichkeit, Mittelstandsanleihen zu emittieren. Verlangt wird ein fortlaufendes Rating über die Gesamtlaufzeit, allerdings muss kein Mindestrating vorliegen. Weiter noch werden stets zu aktualisierende Informationen zu Unternehmenskennzahlen, z. B. zur Kapitalstruktur, vorausgesetzt. Darüber hinaus verbreitete die Frankfurter Börse noch den Prime Standard für Mittelstandsanleihen ab 100 Mio. Euro Emissionsvolumen. Der Energiekonzern RWE bspw. brachte es im August 2013 auf ein Emissionsvolumen von 1 Mrd. Euro. Fokussiert werden dementsprechend größere börsen- und nicht börsennotierte Unternehmen. Der Prime Standard bringt folglich professionelle Anleger aus dem Primärmarkt mit Privatinvestoren aus dem Sekundärmarkt zusammen. Börse München und Börse Düsseldorf brachten 2010 die Mittelstandssegmente m:access und mittelstandsmarkt hervor.20

[...]


1 Vgl. Everling, O., (2013), S. 147 f.

2 Vgl. Feiler, M., Kirstein, U., (2014), S. 3.

3 Quelle: Eigene Darstellung nach: Gemeinsame Studie der Commerzbank, DAI und Deutsche Börse Group, November 2011, S.13.

4 Vgl. Everling, O., (2001), S. 146.

5 Vgl. Zimmermann, G., Wortmann, A. (2001), S. 157 f.

6 Vgl. Schlüchtermann, J., Pointer, M. A., (2004), S. 25.

7 Vgl. Brinkkötter, C. J., (2007), S. 17.

8 Vgl. Schlitt, M., (2014), S. 77.

9 Vgl. Hohaus, B., Weber, C., (2012), S. 23 f.

10 Vgl. Zeising, M., (2007), S. 311.

11 Vgl. Brinkkötter, C. J., (2007), S. 18.

12 Vgl. Everling, O., (2013), S. 148.

13 Vgl. Everling, O., (2013), S. 151 f.

14 Vgl. Meinerzag, R., (2011), S. 48.

15 Vgl. Everling, O., (2013), S. 151 f.

16 Vgl. Bitz, M., Stark, G., (2015), S. 130 ff.

17 Vgl. Kuthe, T., Zipperle, M., (2011), S. 82 f.

18 Vgl. Meinerzag, R., (2011), S. 48.

19 Vgl. Feiler, M., Kirstein, U., (2014), S. 5.

20 Vgl. Kuthe, T., Zipperle, M., (2014), S. 4 – S.7.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Mittelstandsanleihen. Eine Finanzierungsalternative für den Mittelstand in Deutschland?
Hochschule
FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule
Note
2,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
16
Katalognummer
V455623
ISBN (eBook)
9783668887572
ISBN (Buch)
9783668887589
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mittelstandsanleihen, eine, finanzierungsalternative, mittelstand, deutschland
Arbeit zitieren
Jill Wießing (Autor:in), 2016, Mittelstandsanleihen. Eine Finanzierungsalternative für den Mittelstand in Deutschland?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455623

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