Die Attraktivität der GmbH besteht hauptsächlich darin, dass die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur mit auf dem Stammkapital beschränkter Haftung einstehen: ohne viel investieren zu müssen (25.000 €) können sie Rechtsgeschäfte eingehen, ohne dass sie ihr Personalvermögen riskieren. Die wirtschaftliche Funktion der GmbH liegt weniger in der Förderung einer Trennung von Kapital und Management. Der Sinn der Haftungsbeschränkung - auch bei Einpersonengesellschaften - liegt vielmehr in der Investitionsförderung: der Einmanngesellschafter riskiert grundsätzlich sein Privatvermögen nicht. Müsste er befürchten, dass er falls sein unternehmerisches Projekt misslingt, sein eigenes Vermögen verliert, würde er weniger interessiert sein, in ökonomisch interessante, aber risikoreiche Projekte zu investieren. So regelt § 13 Abs. 2 GmbHG ausdrücklich, dass für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet.
Daher spielt die Haftungsbeschränkung in der GmbH eine attraktive Rolle aber ist auch mit Problemen verbunden, da sie unmittelbar die Frage nach einem adäquaten Gläubigerschutz hervorhebt. Dieses Problem ist heute noch akuter geworden, wenn man betrachtet, dass der EuGH durch die Überseering- und Inspire Art- Entscheidungen, die Sitztheorie endgültig aufgegeben und einen Markt für Gesellschaftstypen im Binnenmarkt ermöglicht hat.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Unzureichender Gläubigerschutz gegen existenzvernichtenden Eingriffe
- A. Lex specialis
- B. Lex generalis
- III. Hypothesen des Durchgriffs
- A. Materielle Unterkapitalisierung
- B. Vermögensvermischung- Sphärenvermischung
- C. Institutsmissbrauch
- IV. Vom qualifiziert faktischen Konzern zum Bestandsschutz
- A. Rechtfertigung des konzernrechtlich Haftungsansatz
- B. Von Strukturhaftung zur Verhaltenshaftung (Autokran-TBB)
- a. Strukturhaftung
- b. Verhaltenshaftung
- C. Bestandsschutz im eigenen Interesse- Abschied vom konzernrechtlichen Haftungsansatz
- V. Existenzvernichtungshaftung als neues Haftungmodell
- A. Dogmatischer Bedarf eines neuen Haftungmodells
- B. Polemik über die dogmatischen Grundlage
- a. Geschäftsführerhaftung nach §43 GmbHG, 93 V S.2 und 3 AktG analog
- b. Haftung aufgrund des Treuverhältnisses?
- c. Teleologische Reduktion des § 13 II GmbHG
- C. Tatbestand der Durchgriffshaftung für existenzvernichtenden Eingriff
- a. Haftungsbegründender Tatbestand
- b. Zurechnung
- c. Anwendungsbereich
- D. Rechtsfolge
- a. Anspruchsberechtigung außerhalb der Insolvenz
- b. Anspruchsberechtigung im Insolvenzverfahren
- c. Differenzierung nach Gläubigergruppen
- d. Stellungnahme zur Gläubigerdifferenzierung
- E. Problem der parallelen Ansprüche: Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen
- a. Deliktsrecht, insbesondere § 826 BGB
- b. §§ 30, 31 GmbHG
- c. Treupflichthaftung in der mehrgliedrigen GmbH („ITT“)
- d. Konzernrechtliche Haftung
- VI. Durchgriffshaftung in Frankreich
- A. „Durchgriffshaftung“ aufgrund allgemeiner Rechtsinstitute
- a. Die fiktive oder fraudulöse Gesellschaft
- b. Behandlung der Vermögensvermischungs- und Unterkapitalisierungsfällen durch die Judikatur
- c. Rechtsfolge
- B. Insolvenzrechtlicher Durchgriff durch das Institut des Dirigeant de Fait
- a. Erstreckung der Haftung auf den Unternehmensleiter nach L 624-5 Code du Commerce
- b. Geschäftsführerhaftung- die action en comblement du passif
- C. Bedeutung der Haftungmodelle
- VII. Bewertung des neuen Haftungmodells
- A. Wirtschaftliche Bewertung
- B. Ausblick im Lichte der EuGH Rechtssprechung
- a. Europäischer Kontext
- b. Mehrqualifikation der deutschen Durchgriffshaftung
- c. Haftung in der Insolvenz
- d. Auslegung der Existenzvernichtungshaftung in Frankreich
- Quote paper
- Andrea Carstoiu (Author), 2004, Durchgriffshaftung für Existenzvernichtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45612