Descartes - Gott versus Religion


Hausarbeit, 2004

28 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Descartes’ Leben
2.1 Der Traum
2.2 Die Philosophie

3. Das Werk - Meditationen
3.1 Woran man zweifeln kann
3.2 Über die Natur des menschlichen Geistes; dass seine Erkenntnis ursprünglicher ist
als die des Körpers
3.3 Über das Dasein Gottes
3.4 Über Wahrheit und Falschheit
3.5 Über das Wesen der materiellen Dinge und nochmals über das Dasein Gottes
3.6 Über das Dasein der materiellen Dinge und den substantiellen Unterschied
zwischen Seele und Körper

4. Kritikpunkte
4.1 Das Gottesverständnis der Kirche
4.2 Descartes’ Gottesverständnis
4.3 Widersprüchlichkeiten und Religionskritik

5. Zusammenfassung

6. Literatur

1. Einleitung

In seinen „Meditationen“ möchte René Descartes mitunter den Beweis für die Existenz Gottes liefern. Dabei richtet er seine Widmung an „die sehr weisen und erlauchten Herren [...] der heiligen theologischen Fakultät zu Paris“[1], da diese daran wohl besonders interessiert sein dürften. Er kommt dabei den Forderungen des Laterankonzils unter Leo X. nach, welcher den christlichen Philosophen den Auftrag erteilt hat, Beweise für das Dasein Gottes zu finden.

Descartes kann insofern als „kirchentreuer Katholik“ verstanden werden[2], dessen Metaphysik zwar auch als Tarnung einer antitheologischen Einstellung interpretiert wurde, aber der eigentlich doch eher versucht, die Grundsätze der Wissenschaft auf ihre objektive Gültigkeit hin zu prüfen. Doch selbst unter der Annahme, dass Descartes Beweis der Existenz Gottes rational vertretbar sei, hat sein Verständnis von Gott nur bedingt mit der Religion der katholischen Kirche zu tun. Genau das möchte ich im Folgenden zeigen.

Dazu erfolgt eine kurze Biographie sowie eine Abhandlung seines Werkes „Meditationen über die Grundlagen der Philosophie“, um die Hintergründe für sein Denken und seine Anschauung zu durchleuchten und seine Argumentationsweise anschaulich darzustellen. Im Anschluss daran möchte ich einen kritischen Blick auf den Gottesbeweis sowie den Zusammenhang zwischen ebendiesem und der katholischen Religion werfen. Zuletzt erfolgt eine kurze Zusammenfassung.

2. Descartes’ Leben

René Descartes entstammte einem vornehmen Adelsgeschlecht und wurde als drittes Kind seines Vaters Joachim Descartes am 31. März 1596 in La Haye in Frankreich geboren. Von 1606 bis 1614 war er Schüler der Jesuiten im Kolleg von La Flèche und erwarb zwei Jahre später das Lizentiat der Rechte in Poitiers.

Im Alter von 21 Jahren trat er in den Militärdienst und nahm an Kämpfen in den Niederlanden, in Böhmen und in Deutschland teil. 1620 quittiert er den Heeresdienst und geht seiner philosophischen Berufung nach, indem er viele Reisen unternimmt um Erfahrung zu sammeln. Später, so ab 1628, lebte er zurückgezogen, meist in den Niederlanden, wo er die meisten seiner Werke verfasst.

Die erste systematische Darstellung der Cartesianischen Naturphilosophie entwirft er bereits im Jahre 1633, verzichtet aber unter dem Eindruck der Verurteilung Galileis auf dessen Veröffentlichung. 1940 verliert Descartes seine fünfjährige Tochter Francine und seinen Vater. Nur ein Jahr später erscheint sein Hauptwerk, die „Meditationes de prima philosophia“ in Paris. In Amsterdam erscheint 1644 als die Summa der Cartesianischen Philosophie die „Principia philosophiae“.

Im Jahr 1649 übersiedelte er auf dringliche Einladung von Königin Christine nach Stockholm, wo er am 11. Februar 1650 an einer Lungenentzündung verstirbt.

2.1 Der Traum

Zu Beginn seiner Reisen lag ihm der Gedanke, sein Leben der Wissenschaft zu widmen, noch fern. Vielmehr wollte er das Wissen ausschließlich in sich selbst bzw. „in dem großen Buche der Welt“[3] suchen. Während seines Urlaubs von der Heerestruppe, die wegen der schlechten Jahreszeit in die Winterquartiere zog, bewohnte Descartes im Jahre 1619 eine kleine Stube in Neuburg an der Donau. Aufgrund dreier Träume in der Nacht vom 10. auf den 11. November, die von vielen Autoren auf unterschiedliche Weise interpretiert wurden, fühlte er sich zum Philosophen berufen.

Im ersten Traum fühlt sich Descartes, während er durch die Straßen einer Stadt geht, von einem heftigen Sturm erfasst und auf die linke Seite gedrückt, wogegen er sich zu wehren nicht imstande ist. Er möchte zu einer Kirche, die er erblickt. Aber in diesem Moment wird er von einem Unbekannten angesprochen, welcher ihm eine Melone gibt. Als Descartes bemerkt, dass alle anderen trotz des Sturmes aufrecht gehen können und nur er vom Wirbelsturm zur Seite gedrückt wird, ist er bestürzt und wacht auf.

Als er nach ungefähr zwei Stunden wieder einschläft, träumt er erneut. Nun hat er Visionen eines Funkenregens verbunden mit der Halluzination eines donnerähnlichen Lärms. Wiederum erwacht er um gleich darauf wieder einzuschlafen.

Im dritten und rationalsten der drei Träume sieht er eine Art Enzyklopädie des Wissens der damaligen Zeit vor sich, sowie ein zweites Buch, das er als Corpus Poetarum[4] erkennt. Als er dieses öffnet, liest er den Vers: „Quod vitae sectabor iter?“[5]. Ein Unbekannter empfiehlt ihm unterdessen ein anderes Gedicht: „Est et non“, welches er in der Gedichtsammlung aber nicht finden kann.

Er selbst begann noch im Schlaf mit der Interpretation der drei Träume. Die Auslegung der beiden ersten Träume wurden dabei vom letzten her beeinflusst[6]. Er macht deutlich, dass Descartes auf der Suche nach dem für ihn richtigen Lebensweg war. Er gab den Träumen einen ethischen Sinn und interpretierte den Wind des ersten Traumes als bösen Geist, der ihn an den Ort treiben wollte, zu dem er ohnehin zu gehen beabsichtigte (nämlich zur Kirche). Gott ließ es aber nicht zu dass er weiterging, obwohl er nach der Meinung Descartes es selbst gewesen war, der ihn die ersten Schritte in diese Richtung hatte gehen lassen. Das Erschrecken im zweiten Traum symbolisierten die Gewissensbisse wegen der Sünden seines bisherigen Lebenslaufs und der Donner stellte für Descartes den Geist der Wahrheit dar.

Ob Descartes’ eigene oder irgend eine andere Interpretation richtig ist, darf angezweifelt werden. Nichtsdestotrotz nahm Descartes diese Träume als Entscheidungshilfe für seinen weiteren Weg.

2.2 Die Philosophie

Descartes war der Begründer und maßgeblichste Vertreter des modernen Rationalismus. Er betonte das Primat der Vernunft (der 'ratio') gegenüber dem auf Tradition und göttliche Offenbarung gestützten geistigen Herrschaftsanspruch der Kirche. Seine Philosophie emanzipierte sich damit von der Theologie, was bisweilen als „Cartesische Zäsur“ bezeichnet wird, aber Philosophie und Naturwissenschaft blieben noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts eine Einheit. Descartes’ Interesse war primär auf die Naturerkenntnis gerichtet, aber er beschäftigte sich auch viel mit ethischen Problemen.

Descartes Philosophie beginnt mit dem methodischen Zweifel. Die Möglichkeit, dass sich Verstand und Sinne täuschen, veranlasste ihn dazu, nichts als gesichert gegeben anzunehmen. Im Labyrinth des Irrtums findet Descartes endlich einen Anhaltspunkt: Unbezweifelbar bleibt das Faktum des Zweifelns als einer Art des Denkens. An der Tatsache, dass ich zweifle, kann nicht gezweifelt werden. So kommt Descartes zu dem Ausgangspunkt seines Systems, dem berühmten Satz:

"Cogito ergo sum" - Ich denke also bin ich.

Für Descartes ist damit ein Wahrheitskriterium gefunden, das er zur allgemeinen Regel ('regula universalis') erhebt. Nur in unserem eigenen Denken ist die Wahrheit zu suchen und zu finden, denn nichts außer ihm ist uns so unmittelbar gegeben. Demnach ist das Denken das ausschließliche Erkenntnismittel, auch über die Natur. Er suchte nach einer zweifelsfreien Basis des Erkennens und dadurch den Anspruch des praktischen Rationalismus zu rechtfertigen. Er ist damit der Begründer des Rationalismus in Reinkultur. Für empirische, erfahrungsmäßige Erkenntnis ist bei Descartes kein Platz, damit ist er also erkenntnistheoretisch Antipode zu Francis Bacon.

Von dem „ersten Prinzip der Metaphysik“, der im "cogito ergo sum" gefundenen Basis, schloss Descartes auf die Existenz Gottes und weiter auf die Existenz der Welt. Diese ist unterteilt in zwei Substanzen. Das ist zum einen die denkende Substanz („res cogitans“) und zum anderen die körperliche Substanz („res extensiva“) . Die letztere wird durch ihre Ausdehnung gekennzeichnet, sie ist geradezu gleichbedeutend mit dem Raum, den sie einnimmt. Daraus folgt, es gibt eine unbeschränkte Teilbarkeit des Raumes, und es kann keine Atome und auch kein Vakuum geben.

Descartes führte alle Erscheinungen in der Natur auf Bewegungen von drei Arten von Materie bzw. Raumteilen zurück. Die Mechanik, welche in der Antike und im Mittelalter geradezu der Gegensatz zur Physik gewesen war, wird nun gleichbedeutend mit der Physik als mechanistisches System. Descartes erklärte zum Beispiel die Anziehung der Planeten durch die Sonne und zugleich ihre Achsendrehung durch Wirbel subtiler Materie. Diese wird ähnlich leichter Holzstückchen in Wasserwirbeln mitgerissen und zugleich in Drehung versetzt. Das konkrete Modell Descartes’ ist wertlos, geistesgeschichtlich aber um so bedeutender ist seine starke Überzeugung, alle Naturerscheinungen seien rational erfassbar und erklärbar.

Descartes glaubte, ganz im Geiste des christlichen Neuplatonismus, an „ das Wirken unveränderlicher Gesetzmäßigkeiten“ hinter den sinnlich wahrnehmbaren, scheinbar chaotischen Veränderungen in der Welt. Er kam so zu einem wichtigen Erhaltungssatz: Die Bewegung eines Raumteiles kann sehr wohl verschwinden, dafür wird sie aber zum Beispiel durch Stoß auf einen anderen Bereich übertragen. Die Bewegung des einzelnen Körpers ist also höchst variabel. Eine Abnahme in einem Bereich aber wird immer durch entsprechende Zunahme bei einem anderen Körper kompensiert. Die Bewegung, der „motus“, hat im Naturganzen demnach eine festgelegte Größe ("certa et determinata quantitas"). In den „Principia Philosophiae“ folgerte Descartes aus der Vollkommenheit Gottes die Erhaltung der Bewegung. Er hatte dabei aber noch nicht den Vektorcharakter der Größe erkannt und meinte mit Bewegungen meist eine „Kraft" im Sinne von Arbeit. Diese Unklarheit des hochbedeutsamen Descartes'schen Ansatzes wurde in den folgenden Generationen durch klare Definitionen der Größen 'Impuls', 'Kraft' und 'Arbeit' beseitigt.

[...]


[1] R. Descartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, S. 1

[2] W. Röd: Descartes - Die Genese des Cartesianischen Rationalismus, S. 9

[3] W. Röd: Descartes, S. 17

[4] eine Art Anthologie klassischer Dichtung

[5] „Welchen Lebensweg werde ich einschlagen?“

[6] W. Röd: Descartes, S. 21

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Descartes - Gott versus Religion
Hochschule
Universität Passau
Note
1,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
28
Katalognummer
V45634
ISBN (eBook)
9783638430043
ISBN (Buch)
9783638692694
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Descartes, Gott, Religion
Arbeit zitieren
Dipl. Inf. Sabine Augustin (Autor:in), 2004, Descartes - Gott versus Religion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45634

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