In der Informatik, der „Computerwissenschaft“, gehört die klassische Logik zu den zentralen Fächern. Manche halten die Informatik gar für einen Teilbereich der Mathematik. So ist das Wort „Informatik“ eine Kreation aus den Begriffen „Information“ und „Mathematik“. Gleichwohl befindet sich das formale Denken in der Informatik in der Krise. Abgesehen davon, dass sich das gewöhnliche logische Denken bei dem Versuch einer axiomatischen Fundierung von sich selbst in unauflösliche Widersprüche verstickt hat, haben sich durch die vielfältige und höchst konkrete Nutzung des Computers auch ganz neue Herausforderungen an die Computerwissenschaft ergeben. Das Denken in der wissenschaftlichen Informatik fristet daher zur Zeit ein Zwitterdasein zwischen abstrakter formaler Logik und der pragmatischen Suche nach ingeneur-technischen Lösungen für konkrete, praktische Probleme.
Nun nennt sich auch das im Seminar behandelte Werk Hegels „Die Wissenschaft der Logik“. Jedoch unterscheidet sich das im Werk Behandelte sehr stark von dem was man gewöhnlich, zumindest im Informatikstudium, unter Logik versteht. Trotzdem bin ich an das Studium dieser Schrift mit der Hoffnung gegangen, aus Hegels Denken vielleicht neue Impulse für die Probleme die die Informatik bspw. mit dem Lebendigen, dem Komplexen oder dem Widersprüchlichen hat, gewinnen zu können. Und in der Tat ist Hegels Philosophie geeignet den Blick auf die aktuell gegebene mangelhafte Arbeits- und Denkweise in den Computerwissenschaften dramatisch zu erweitern.
Daher sollte man das Folgende auch unter dem Aspekt einer möglichen besonderen Anwendbarkeit von Hegels Logik in einem von formalistischem und mechanistischem Denken geprägten Umfeld lesen. Hegel quasi als eine Art „höhere Mathematik“, die als eine Erweiterung der einfachen „diskreten Arithmetik“ der herkömmlichen Informatik dienen könnte.
Hegel begreift die Logik als die „Wissenschaft der Idee an und für sich“, dies kann hier natürlich nicht in vollem Umfang behandelt werden, jedoch lassen sich Ansätze skizzieren, wodurch durch die Erweiterung von für die theoretische Informatik so grundlegenden Konzepten wie „Begriff“ oder „Menge“ möglich wird. Am Ende dieses Weges soll nicht mehr und nicht weniger als eine neue Auffassung vom Computer stehen, welche über die des digitalen Rechenautomaten, aber auch über die des Computers als Werkzeug, die Reduzierung auf ein einfaches Arbeits- und Gestaltungsmittel, wie in bisherigen Kritiken oft gefordert wird, hinausgeht.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Der „Begriff“ und die Logik aus der Sicht Hegels
- 2. Der mathematische Verstand und die widersprüchliche Wirklichkeit
- 3. Der Computer – mehr als eine digitale Rechenmaschine
- 3.3. Besonderheit „Programmierung“
- 3.4. Der Computer: Ein Mechanismus aus diskreten Zuständen?
- 3.5. Kontinuierliche Quantität im Digitalcomputer
- 4. Das Maß und die Realität
- 5. Der Computer als differentes Objekt mit einem veränderlichem „Für-Sich“ sein
- 5.1 Ansätze einer nicht-mechanistischen Prozeßmodellierung
- 5.2. Widerspruch zwischen Prozeßauflösung und Komplexität
- 6. Das Wesen der Datenfolge ist die Musik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Anwendbarkeit von Hegels Logik auf die Informatik, insbesondere die Herausforderungen im Umgang mit komplexen und widersprüchlichen Systemen. Sie hinterfragt die gängigen, oft mechanistischen und formalistischen Denkweisen in der Informatik und sucht nach neuen Impulsen aus Hegels Philosophie.
- Hegels Begriff der Logik im Vergleich zur formalen Logik der Informatik
- Kritik des mathematischen Verstandes und der Mengenlehre
- Der Computer als mehr als eine digitale Rechenmaschine: Prozessmodellierung und Komplexität
- Das Verhältnis von diskreter und kontinuierlicher Quantität im Computer
- Das Maß als Einheit von Quantum und Qualität in der Informatik
Zusammenfassung der Kapitel
0. Einleitung: Die Arbeit untersucht die Anwendung von Hegels Logik auf die Informatik. Sie kritisiert die Krise des formalen Denkens in der Informatik, die zwischen abstrakter Logik und pragmatischer Problemlösung gefangen ist. Hegels Logik wird als mögliche Erweiterung des traditionellen, mechanistischen Denkens in der Informatik vorgestellt, mit dem Ziel, eine neue Auffassung des Computers zu entwickeln, die über die des einfachen Rechenautomaten hinausgeht. Die Arbeit skizziert Ansätze zur Erweiterung grundlegender Konzepte wie „Begriff“ oder „Menge“.
1. Der „Begriff“ und Logik aus der Sicht Hegels: Dieses Kapitel vergleicht Hegels Verständnis des Begriffs mit der gängigen Auffassung in der Informatik. Hegel kritisiert die „Verstandeslogik“, die Begriffe als tote und abstrakte Formen betrachtet. Im Gegensatz dazu betont er den Begriff als Prinzip allen Lebens und das schlechthin Konkrete. Hegel unterscheidet verständiges, dialektisches und spekulatives Denken, wobei er die einseitige Fixierung auf das verständige Moment in der formalen Logik kritisiert. Er betont die Bedeutung der Widersprüchlichkeit und Spannung im Begriff als Ausdruck der Realität.
2. Der mathematische Verstand und die widersprüchliche Wirklichkeit: Dieses Kapitel analysiert den Mengenbegriff der Mathematik als Beispiel für informatisches Denken. Die gängige, abstrakte Definition der Menge wird kritisiert, da sie den „Sinn“ oder das „Wesen“ der Zusammenfassung von Objekten ausblendet. Die Russellsche Antinomie wird als Beispiel für den Widerspruch zwischen der formalen Definition und der konkreten Realität von Mengen diskutiert. Die Arbeit argumentiert, dass eine Berücksichtigung der inneren Widersprüche und der Selbstbewegung von Objekten zu einem besseren Verständnis von Mengen führt.
3. Der Computer – mehr als eine digitale Rechenmaschine: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung des Computers und die verschiedenen Auffassungen von der Informatik. Es beschreibt die Programmierung als eigenständiges Forschungsfeld und kritisiert die Grenzen des formalistischen Programms und der mechanistischen Reduktion. Die Kapitel-Unterabschnitte untersuchen den Computer als Mechanismus diskreter Zustände, die enorme Geschwindigkeit und Datenmengen moderner Computer und die Rolle kontinuierlicher Quantität im Digitalcomputer.
4. Das Maß und die Realität: Dieses Kapitel untersucht Hegels Konzept des Maßes als Einheit von Quantum und Qualität. Es wird argumentiert, dass die Wahrnehmung der Realität von der Wahl des Maßstabes abhängt und dass es keine absolute Wahrheit ohne subjektiven Maßstab gibt. Die Arbeit zieht Parallelen zur Quantenphysik und ihrer "Unschärferelation".
5. Der Computer als differentes Objekt mit einem veränderlichen „Für-Sich“ sein: Dieses Kapitel analysiert die Konkretisierung von Symbolen im Computer als physikalische Strukturen. Es verbindet Hegels Betrachtung von „Sein“ und „Nichts“ mit dem Funktionsweise von Flip-Flops und der damit verbundenen „Werdung“ und „Dasein“. Es diskutiert Ansätze einer nicht-mechanistischen Prozessmodellierung im Computer und den Widerspruch zwischen Prozessauflösung und Komplexität in Simulationen.
6. Das Wesen der Datenfolge ist die Musik: Dieses Kapitel verwendet das Beispiel der digitalisierten Musik, um die Bedeutung von Datenstrukturen im Computer zu verdeutlichen. Es betont, dass Datenstrukturen für sich allein keine Bedeutung haben, sondern erst durch ihre Auswirkung auf den Menschen einen Zweck erfüllen. Es argumentiert, dass das Wesen einer Datenstruktur nicht in der Zahlenfolge selbst liegt, sondern in ihrer Bedeutung und ihrem Zweck für den Menschen.
Schlüsselwörter
Hegels Logik, Informatik, formalistisches Denken, mechanistische Reduktion, Begriff, Menge, Widerspruch, Quantität, Qualität, Maß, Prozessmodellierung, Komplexität, digitale Musik, Selbstbewegung.
Häufig gestellte Fragen zur Seminararbeit: Hegels Logik und die Informatik
Was ist das Thema der Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die Anwendbarkeit von Hegels Logik auf die Informatik, insbesondere im Umgang mit komplexen und widersprüchlichen Systemen. Sie hinterfragt gängige, mechanistische und formalistische Denkweisen in der Informatik und sucht nach neuen Impulsen aus Hegels Philosophie.
Welche Themen werden in der Seminararbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt den Vergleich von Hegels Logik mit der formalen Logik der Informatik, Kritik am mathematischen Verstand und der Mengenlehre, den Computer als mehr als eine digitale Rechenmaschine (Prozessmodellierung und Komplexität), das Verhältnis von diskreter und kontinuierlicher Quantität im Computer, das Maß als Einheit von Quantum und Qualität in der Informatik, sowie die Anwendung dieser Konzepte auf die digitale Musik.
Wie ist die Seminararbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Einleitung, Hegels Begriff und Logik, mathematischer Verstand und widersprüchliche Wirklichkeit, der Computer als mehr als eine Rechenmaschine, das Maß und die Realität, und der Computer als differenes Objekt mit veränderlichem „Für-Sich-Sein“. Jedes Kapitel wird zusammengefasst und Schlüsselbegriffe werden erläutert.
Was ist Hegels Beitrag zur Informatik laut der Seminararbeit?
Die Seminararbeit argumentiert, dass Hegels Logik, mit ihrer Betonung von Widersprüchen, Selbstbewegung und der Dialektik, ein erweitertes Verständnis von informatischen Konzepten ermöglicht. Sie kritisiert die einseitige Fokussierung auf formalistische und mechanistische Ansätze in der Informatik und schlägt eine neue, umfassendere Sichtweise vor.
Welche Kritikpunkte an der Informatik werden in der Arbeit genannt?
Die Arbeit kritisiert die mechanistische Reduktion und das formalistische Denken in der Informatik. Sie beanstandet die abstrakte und oft sinnentleerte Anwendung mathematischer Konzepte wie der Mengenlehre und die unzureichende Berücksichtigung von Komplexität und Widersprüchlichkeit in realen Systemen.
Wie wird der Computer in der Arbeit betrachtet?
Der Computer wird nicht nur als digitale Rechenmaschine betrachtet, sondern als komplexes System mit dynamischen Prozessen und inneren Widersprüchen. Die Arbeit untersucht die Rolle von diskreter und kontinuierlicher Quantität im Computer und die Herausforderungen der Prozessmodellierung.
Welche Rolle spielt das "Maß" in der Arbeit?
Das Konzept des "Maßes" nach Hegel, als Einheit von Quantum und Qualität, wird als wichtiges Werkzeug zur Analyse informatischer Prozesse verwendet. Die Arbeit argumentiert, dass die Wahl des Maßstabes die Wahrnehmung der Realität beeinflusst und dass es keine absolute Wahrheit ohne subjektiven Maßstab gibt.
Welche Schlüsselbegriffe werden in der Seminararbeit verwendet?
Schlüsselbegriffe sind: Hegels Logik, Informatik, formalistisches Denken, mechanistische Reduktion, Begriff, Menge, Widerspruch, Quantität, Qualität, Maß, Prozessmodellierung, Komplexität, digitale Musik, Selbstbewegung.
Für wen ist diese Seminararbeit relevant?
Diese Seminararbeit ist relevant für Studierende und Wissenschaftler im Bereich der Informatik und Philosophie, die an der Schnittstelle von formalen Systemen und philosophischer Betrachtung interessiert sind. Sie bietet einen interdisziplinären Ansatz zur Auseinandersetzung mit komplexen informatischen Problemen.
Wo finde ich die vollständigen Kapitelzusammenfassungen?
Die vollständigen Kapitelzusammenfassungen befinden sich im HTML-Dokument, in dem dieser FAQ-Bereich eingebettet ist. Sie bieten detaillierte Einblicke in die Argumentationslinien jedes Kapitels.
- Arbeit zitieren
- Uwe Lorenz (Autor:in), 2004, Hegels Logik im Computer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45686