Zur Dialektik sexueller Aufklärung. Die Spießer-Invektive als Mittel zur Gegenaufklärung


Projektarbeit, 2018

42 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.

2 Historische Kontinuität und Elemente der Spießer - Invektive

3 Empirischer Teil
3.1 Auswahl des Untersuchungsgegenstands..
3.2 Methode der Kritischen Diskursanalyse
3.3 Diskurs um die „spießige“ Sexualmoral der ' 68e r
3.3.1 Strukturanalyse
Rationalisierung.
Weibliche Sexualmoral
Verweichlichung
3.3.2 Feinanalyse
3.3.3 Zusammenführung

4 Fazit

5 Literatur

1 Einleitung

In Zeiten vielerorts subjektiv gefühlt gestiegener Häufigkeit und Intensität von shit storms und ' Twitter -Kriegen' zwischen anonymen usern und politischen Repräsentanten als auch diversen sozialen Gruppen untereinander erscheint die wissenschaftliche Suche nach Antworten auf Fragen nach der „politischen und kulturellen Relevanz von gesellschaftlichen Herabsetzungs- und Beschämungsphänomenen“1 relevant, wie sie im Rahmen des an der TU Dresden im Sommer 2017 angelaufenen SFB-Sonderforschungsbereichs „Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung“2 aufgenommen wurde. Das Konzept der Invektivität basiert auf der Annahme, dass Gesellschaft prinzipiell konfliktdynamisch angelegt ist und der Konfliktzustand somit das Gegenteil einer Anomalie darstellt. Die Bedeutung, die „invektive[r] Kommunikation in Vergesellschaftungsprozessen“3 zukommt, wird somit als als enorm eingestuft: „Herabsetzung als Kulturmodell“. Potentielle Gegenstände der Forschung bilden „Phänomene [...] von herabsetzender Unhöflichkeit über Schmähungen, Lästerungen und Beleidigungen bis hin zur Hassrede und verbaler bzw. symbolischer Gewalt, von intentionalen und persönlich adressierenden Varianten der Herabwürdigung bis zu gesellschaftlichen Dispositiven und Konstellationen, deren sozial pejorisierende Kraft als Effekt einer strukturellen Wirkmacht erscheint“.4

Im Laufe des Seminars Spießer, Hipster, Gutmenschen. Zur Soziologie invektiver Sozialfiguren, das seinen konkreten Anschluss an das am Lehrstuhl für Kultursoziologie angebundenen Teilforschungsprojekts Das Spießerverdikt: Formen, Funktionen und Dynamiken der Invektive gegen gesellschaftliche Mittellagen in der Moderne hat, eröffnete sich die Leerstelle einer gender-fokussierten Betrachtung, die bei erster Recherche potentiellen Materials zur Wahlplakat-Werbung der AfD aus dem Wahljahr 2017 führte. Der Slogan „Burkas? Wir steh'n auf Bikinis“ unter der voyeuristischen Abbildung dreier schlanker, junger, Weißer Frauen im Bikini am Strand wurde kontrovers unter sexistischen und rassistischen Aspekten diskutiert. Der damalige stellvertretende sächsische AfD- Landesvorsitzende und Pressesprecher Thomas Hartung kommentierte die Sexismus- Vorwürfe mit dem Hinweis: „Früher haben Linke gegen eine spießige Sexualmoral gekämpft, heute vollziehen sie eine Kehrtwende“5, was zur Irritation beitrug, da die AfD in ihrem Wahlprogramm für eine gesellschaftliche Rückwärtsbewegung in das Familien- und Geschlechter-Arrangement der 1950er Jahre plädiert.6 Der Vorwurf an 'die Linken' scheint an dieser Stelle somit zumindest die argumentative Funktion der Rückgabe des auf Basis dieser politisch regressiven Positionierung vielfach erfolgten Spießigkeits-Vorwurfs zu erfüllen um die eigenen politischen Vorstellungen voranzutreiben.

Die vorliegende Arbeit soll der Frage nachgehen, wie sich diese argumentative Funktion genauer ausgestaltet und mit den Diskursen um Sexualmoral innerhalb der Neuen Rechten verwoben ist. Es wird die These aufgestellt, dass der Spießer -Vorwurf an die heutige Linke dazu dient, das in jüngster Zeit in publizistischen und politischen Zusammenhängen ausformulierte Motiv „konservativ ist sexy“7 zu bedienen und dass dies als patriarchale Abwehrbewegung im Kampf um soziale Ordnung zu deuten ist – erinnert sei an die komplementäre Frigiditäts-Unterstellung männlicher ' 68er gegenüber den 'Lila-Latzhosen ' - Feministinnen8 in ihrem Kampf um den Erhalt geschlechtsbezogener Privilegien. Vermutet wird, dass die Neue Rechte sich trotz ihrer sonst klaren Positionierung gegen jegliche Werte der ' 68er -Bewegung positiv auf diese beziehen kann, weil sie deren Sexualmoral als eine genuin patriarchale wertet und ihr auch unabhängig von einem rein funktionalen Nutzen einer Abwehr und Zurückspiegelung des Spießer -Vorwurfs etwas abgewinnen kann.

2 Historische Kontinuität und Elemente der Spießer-Invektive

Der Spi e ß e r als konkrete Person existiert nicht. Der Begriff bezeichnet eine zeit- und raumspezifische sozial-kulturelle Folie aus einer Diversität an Sozialfiguren, d.h. „(Ideal-)Typen, die in ihrer Gesamtheit das Soziale ordnen“.9 Aufgrund dieser sozialen Eigenschaft unterliegt er beständigen inhaltlichen und strukturellen Umformungen – Sprache als abstrakte Repräsentanz konkreter Sozialgefüge ist schließlich grundsätzlich mit Änderungen innerhalb der sozialen Ordnung verkoppelt. Das Konzept der Sozialfigur bietet die Möglichkeit, den Spießer empirisch fassbar zu machen. Die sozialwissenschaftliche Analyse widmet sich darin diesen „zeitgebundene[n] historische[n] Gestalten, anhand derer ein spezifischer Blick auf die Gegenwartsgesellschaft geworfen werden kann“ in ihren jeweiligen „Erscheinungs- und Darstellungsform[en], [...] Auftreten[...] und [...] Selbstinszenierung“.10 Während soziale Rollen wie die des Vaters an die bestimmte soziale Sphäre der Familie gebunden ist, sind Sozialfiguren und mit ihnen einhergehende Tätigkeiten sozial „mobil“: Der Manager bspw. hat sich aus seinem ursprünglichen Platz in der ökonomischen Sphäre gelöst und ist als typisierte Form nunmehr in verschiedensten Bereichen zu finden11 – so gibt es inzwischen gar eine Wahl zur „Familien-Managerin“ des Jahres.12

Der Spi e ße r und sein Synonym, der Spießbürger als „urdeutsches Phänomen“13 hat im Vergleich zur ebenfalls im Seminar behandelten Sozialfigur Hipster bereits eine längere Geschichte hinter sich, die bereits im 10. Jahrhundert mit der Gründung von Städten durch Heinrich I. beginnt. Damals meinte der Begriff Spießbürger ganz einfach diejenigen Bürger, die während ihres Dienstes als Stadtsoldaten diese mit Spießen verteidigten. Als sie noch bis ins 16. Jahrhundert diese Art der Bewaffnung nutzten und zunehmend Angriffen durch stehende Heere unterlagen, anstatt sich die Technik der neuen, effektiveren Feuerwaffen anzueignen, begannen Studenten den Begriff pejorativ zu nutzen und sich in spottender Manier gegen „rückständige Menschen, besonders auf geistigem Gebiet“ abzugrenzen14:

„ Spi e ßbür g e r s e i n he i ßt e i n e ngs t i r ni ge r Mensch s e i n, der sich jedem Fortschritt verschließt und veraltete Anschauungen und moralische Grundsätze hartnäckig verteidigt.“ 15

Um 1700 fand eine begriffliche Vereinigung des Spießbürgers mit dem Philister statt. Wieder waren es Studenten, die die Bedeutungs-Verschiebung auslösten, in diesem Fall Studenten der Theologie. Im Anschluss an religiöse Pamphlete, in denen die im Alten Testament als die Israeliten herausforderndes Volk dargestellten Philister als „Gegner von Gottes Wort“ gebrandmarkt werden, nutzen sie diese als Abgrenzungsfolie. Der bisher lediglich als Fortschrittsverweigerer belächelte Spießbürger wurde zusätzlich mit einer gottes- und damit im damaligen Verständnis gefühlsfernen Identität aufgeladen, die sich im Laufe des Sturm und Drang als auch der Romantik durch zahlreiche literarische Beiträge, von Novalis bis Goethe, zu dem Klischee typisiert wurde, das bereits die konstitutiven Elemente des heutigen Spießers enthält.16

„ E i n P hi l i s t e r i s t de r Feind aller Idee, aller Begeisterung, allen Genies und aller freien göttlichen Schöpfung; er ist die Karikatursilhouette des Teufels.“ 17

Clemens Brentano um 1811

Im Kreise der 1811 von Achim von Arnim gegründeten Christlich-deutschen Tischgesellschaft, einem paradoxerweise aufgrund seines umfangreichen Regelwerks seiner eigenen Definition nach spießig anmutenden Verein für Männer gehobener familiärer Herkunft, gewann die sogenannte „Philisterschelte“ oder „Philisterkritik“ an Bedeutung, die mit der Schmähung des Spießers vergleichbar ist.18 Sich als kognitiv überlegen begreifende Privilegierte amüsierten sich im geschlossenen Rahmen der Vereinsstruktur – Philister durften ausdrücklich nicht teilnehmen – über andere, ebenfalls eher privilegierte Gesellschaftsmitglieder, indem ihnen die „Freigeistigkeit“, also die Fähigkeit zu geistig „wahrer Größe“ abgesprochen wurde, die man einzig für sich selbst beanspruchte.19 Doch während sich in Frankreich und England die Vorstellung einer humanistisch-aufklärerischen Ratio etablierte, popularisierte die Romantik die Abgrenzung von diesen, was sich exemplarisch am offenen Ressentiment des Antisemitismus einer bejubelten Tischrede Brentanos belegen lässt:

„ Die Juden […] er kann diese von den ägyptischen Plagen übriggebliebenen Fliegen […] an seinem Teetische mit Theaterzetteln und ästhetischem Geschwätz, auf der Börse mit Pfandbriefen und überall mit Ekel und Humanität und Aufklärung, Hasenpelzen und Weißfischen genugsam einfangen.20

Diese für die deutsche Identitätsbildung essentielle gegenaufklärerische Haltung äußerte sich in der Christlich-deutschen Tischgesellschaft im satzungsmäßigen Ausschluss von Frauen21 und (selbst zum Christentum konvertierten) Juden. Die antisemitischen und patriarchalen Ressentiments innerhalb der Philisterschelte offenbaren zum einen den romantischen Binnenwiderspruch zwischen dem Primat religiös-moralisch aufgeladener Affektivität und der modernen Vernunft, auf die sich zwar ex negativo bezogen wird, deren selbstreflexivem Rationalisierungsmodus die Romantik aber letztlich nicht entfliehen kann, wenn sie Vergangenes als Tradition einer historisch unvergänglichen Volksessenz abstrahiert und mit dem Postulat der intellektuellen Avantgarde gegen den Wert der geistigen Aufgeklärtheit argumentiert. Zum anderen lässt sich in der Philisterkritik die Verschmelzung der Pole des Widerspruchs in die Gussform des Spießers gut beobachten: Unterlegen ist demnach derjenige, der 'irdisch beschränkt' bleibt, da sein Daseinszustand ohne Verbindung zu Höherem, z.B. eines „besseren Volkes“ ist.22

Postromantische Dichter und Philosophen verwendeten die Philisterschelte zunehmend individuell unterschiedlich und mitunter standen ihre Inhalte in einem widersprüchlichen Verhältnis. Mal wurde ihnen eine gottlose (Kierkegaard), mal eine geistlose (Schopenhauer), mal eine kulturlose (Nietzsche) oder apolitische (Marx) Haltung unterstellt, je nachdem, worauf der jeweilige Autor fokussierte.23 Mitte des 19.Jahrhunderts begannen sozialistische Autoren sich nun mit ihrer Ansicht nach spießigen Kleinbürgertum zu befassen. Sie verabscheuten es aufgrund seines komplizierten Nieschendaseins zwischen Proletariat und im großen Stil besitzender Klasse, denn es konnte somit nicht ohne weiteres zum Subjekt bzw. „Bündnispartner“ des Klassenkampfes gemacht werden, worauf das sozialistische Projekt jedoch angewiesen war.24 Wirkten die Spi e ßbü r ge r -und P hi li s t e r -Invektive auf einer geistig- mentalen Ebene, so wird der Kleinbürger v.a. auf Basis seiner sozialen Verortung angegriffen. Ebenfalls im Unterschied dazu erfährt die um 1800 im literarischen Kanon aufkommende Figur des Provinzlers eine „geografische Typisierung“. Die Trennlinie verläuft in diesem Fall zwischen fortschrittlichen Stadt- und rückständigen Landbewohner_innen, wobei sich im Zuge der kulturellen Umbrüche ab 1968 eine Umkehr dieser Wertung zu vollziehen begann, die heute im inzwischen von verschiedener Seite positiv konnotierten „Regionalismus“ angekommen ist.25

Im Sinne einer theoretischen Bezugsgrundlage für die spätere empirische Analyse werden die zentralen Elemente der Spießer -Invektive noch einmal zusammengefasst. Kern der Schmähung bildet der hierarchische Dualismus von intellektueller und/oder 'ethnischer' Über- und Unterlegenheit, der anhand historisch wandelbarer Inhalte ausgefüllt wird. Er fungiert als Scharnier der individuellen und/oder auf die Eigengruppe bezogenen gesellschaftlichen Aufwertung durch das jeweilige schmähende Subjekt gegenüber dem geschmähten Objekt. Das Verhältnis zwischen beiden läuft zum einen entlang sozialstruktureller Linien wie der der Generation (Studenten vs. ältere Bürger) oder der beruflichen Stellung (Intellektuelle vs. 'Normalbürger'), wobei zum anderen letztere nicht von der Dimension des Politischen zu trennen ist (Politisierte vs. Apolitische). Die inhaltliche Variabilität der Invektive orientiert sich in anderen Worten am roten Faden des Motivs der negativ konnotierten Beschränktheit versus positiv konnotierter Offenheit, wobei diese Pole auf der Ebene des Intellekt, der sozialen oder auch geografischen Positionierung angesiedelt sein können.

3 Empirischer Teil

3.1 Auswahl des Untersuchungsgegenstands

Dossier der Untersuchung bildet eine anhand der Fragestellung getroffene Auswahl frei zugänglicher Artikel aus dem Online-Archiv der Wochenzeitung Junge Freiheit (JF).

Das 1986 von Dieter Stein zunächst als Schüler- und später Studentenzeitung gegründete Medium26 bietet sich in seiner Funktion als etablierte Schnittstelle zwischen christlich- konservativen und neurechten bis rechtsradikalen Strömungen an um ein breites und konfligierendes Meinungsspektrum innerhalb der deutschen rechts-konservativ verortbaren Denkströmungen in den Blick zu bekommen. Es sieht sich selbst als Verteidiger durch „marktbeherrschende[...] Medien“ bedrohter Werte wie Nation, Freiheitlichkeit inklusive Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Konservatismus und Christentum.27

Die gesellschaftliche Relevanz der Zeitung hat sich seit 2004 erhöht, was sich u.a. am näherungsweise linearen Anstieg der Druckauflage von damals 10.000 auf knapp 30.000 Exemplare im Jahr 2012 (verkaufte Exemplare davon: 22.474) ablesen lässt. Die eigene Bedeutung wird jedoch künstlich und mit journalistischen Standards unvereinbar hochgespielt, indem sie die Sprecherin des Werbevideos28 behaupten lässt, die „größte Wochenzeitung nach der Zeit “ zu sein – tatsächlich rangiert sie zu Beginn diesen Jahres auf Platz 6, hinter der Katholischen Wochenzeitung, zumal Die Zeit noch weit hinter der Bild am Sonntag liegt.29

Die JF macht aus Marketing-Zwecken bezüglich Werbeanzeigen ungewöhnlich ausführliche Angaben zu ihrer Leserschaft. So verdichtet sie diese auf die „Zielgruppe: Wertkonservative Akademiker“ und unterstreicht diese Einschätzung mit einer bildlichen Darstellung von drei Männern in Anzügen und einem in Piloten-Uniform. Die Redaktion verkündet stolz, dass sich ihre Leserschaft „deutlich vom Bevölkerungsdurchschnitt“ und teilweise „sogar“ von der Oberschicht abhebe, da sie sich aus vorwiegend hoch gebildeten (77% mit Hochschulreife), politisch interessierten und einkommensstarken Milieus zusammensetzt. Allerdings ist das Urteil über das überdurchschnittlich hohe politische Engagement bzw. Interesse insofern zu relativieren, da dieser Vergleich nur mit der Oberschicht gezogen wird. Interessant ist auch die Altersstruktur mit über 50% über 60-Jährigen, wobei die 60-69-Jährigen, die zur Kohorte derjenigen gehören, die 1968 während ihrer Studienzeit bewusst miterlebt haben, mit 22% die größte Kategorie darstellen. Im Fortgang wird lediglich von „Lesern“ gesprochen, um dem männlichen Leseranteil von über 90% gerecht zu werden.30

Selbst die erhobenen Daten zu Wert- und Konsumeinstellungen werden aufgeführt. In diesen wird deutlich, dass es sich um vorwiegend bildungsaffine und an Selbstbestimmung als auch familiären Werten orientierte, aber auch gesundheitsbewusste, qualitätsorientierte und wenig hedonistisch eingestellte Leser handelt. So findet sich die Kategorie „viel Spaß haben, das Leben genießen“ auf dem vorletzten Rang der Dinge, die ihnen im Leben wichtig sind. Im Kontext der christlichen Ausrichtung der Zeitung ist auffällig, dass „Erfolg im Beruf“, „Naturerfahrung“ und „gute Freunde haben“ einen deutlich höheren Stellenwert als „Religion“ einnehmen.31

Das Online-Archiv reicht zurück bis ins Jahr 199732, der erste Suchtreffer zum Gegenstand der Arbeit allerdings datiert sich auf 2003, im Jahr bevor die Auflage erkennbar zu steigen begann. Im Gegensatz zum politisch verwandten Compact-Magazin ergab eine erste Vorrecherche im Online-Portal bedeutend mehr Such-Ergebnisse zum Thema, was für ein höheres Ausschöpfungspotential sprach. Zweitens wurde vermutet, dass die gewichtige christlich-katholische Teilausrichtung, die im Compact-Magazin so nicht vorhanden ist33, für einen tieferen Einblick in die milieuinterne Aushandlung des klassischen christlichen Moralthemas Sexualität sorgen könnte.

3.2 Methode der Kritischen Diskursanalyse

Siegfried Jäger schließt mit seiner Methode der Kritischen Diskursanalyse (KDA) an die Diskursüberlegungen in der Tradition Michel Foucaults' an, die die Genese und Struktur gesellschaftlicher Wissensbestände untersucht, wonach der „Diskurs […] genauso in dem [ist] was man nicht sagt, oder was sich in Gesten, Haltungen, Seinsweisen, Verhaltensschemata und Gestaltungen von Räumen ausprägt. [Er] ist die Gesamtheit erzwungener und erzwingender Bedeutungen, die die gesellschaftlichen Verhältnisse durchziehen.“34 In der u.a. auf Jürgen Links Arbeiten aufbauenden Weiterentwicklung in der KDA ist ein Diskurs ein „(...) rhyzomartig verzweigte(n) mäandernde(n) 'Fluss von 'Wissen' bzw. sozialen Wissensvorräten durch die Zeit', der durchaus auch einmal rückwärts fließen kann, und (der...) die Vorgaben für die Subjektbildung und die Strukturierung und Gestaltung von Gesellschaften (schafft), die sich entsprechend als außerordentlich vielgestaltig erweisen.“35

Binnen einer Projektarbeit muss somit eine drastische Reduktion des Gegenstandsbereichs stattfinden um überhaupt Aussagen treffen zu können. Die Unübersichtlichkeit der Aufgabe stellt auch dann noch ein Problem dar, wofür die KDA eine vergleichsweise systematischen methodischen Ansatz bietet.

Jäger strukturiert das Vorgehen in zehn Teilschritte, von denen der vierte und fünfte Schritt, die Struktur-und die Feinanalyse, den Kern der Arbeit bilden. In der Strukturanalyse wird im Anschluss an die inhaltliche und formale Aufbereitung sämtlichen ausgewählten Materials in tabellarischem Format die gesamte diskursive Entwicklung eines Diskursthemas dargestellt. Aus wiederkehrenden Motiven und Argumentationsmustern ergibt sich dabei die Diskursstruktur, die als Grundlage für die Auswahl eines oder, je nach Umfang der Arbeit möglich, mehrerer Artikel für eine Feinanalyse dient. Diese erfasst neben einer inhaltlich besonders ausführlichen Analyse nicht nur äußere Formalien (wie Autor, Erscheinungsjahr, Textsorte) wie in der Strukturanalyse, sondern fokussiert auf sprachlich-rhetorische Mittel wie z.B. Wortwiederholungen und Sprachduktus sowie Argumentationsstrategien und zielt als möglichst idealer Repräsentant der Diskursstruktur auf ein tieferes Verständnis des Gesamtdiskurses ab. Im nächsten Schritt erfolgt eine Zusammenführung beider Analyseebenen durch die zusammenfassende Einbettung in den historisch-gesellschaftlichen Kontext.36

Die konkrete Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit orientiert sich am beschriebenen Strukturierungsvorschlag, wobei Anpassungen vorgenommen wurden, bspw. wird auf die Option einer ausführlichen gesonderten kritischen Hinterfragung des Diskurses verzichtet sowie die Zusammenführung der Teilanalysen der tendenziell engen Fragestellung entsprechend zugeschnitten gestaltet.

Per Stichwortsuche wurden zunächst sämtliche Artikel zu den zwei Stichworten „Sexualmoral“ und „'68“ nach den Kriterien (aus-)sortiert, ob sie erstens Hinweise zur Forschungsfrage sowie zweitens eine Spießer -Invektive beinhalten. Konkret wurden dabei die Schlagworte „Sexualmoral“, „Sex“, „Erotik“ und „Sexuelle Revolution“ einzeln als auch jeweils in Kombination mit den Begriffen „68“, „Spießer“ und „Gutmensch“ genutzt. Nach dem Gutmenschen wurde zusätzlich gesucht, da die inhaltlichen und strukturellen Überschneidungen mit dem Spießer als mögliche Fehlerquelle bei der vollständigen Erfassung des Materials ausgeschlossen werden mussten.

Im Folgenden werden die Diskursposition der Zeitschrift und anschließend diejenigen Diskursstränge mit der größten Erklärungskraft für die Forschungsfrage vorgestellt. Die beschriebenen Spießer -Motive fließen in diese Darstellung mit ein um sie zunächst möglichst detailgenau zu erfassen.

3.3 Diskursum die „spießige“ Sexualmoral der'68er

3.3.1 Strukturanalyse

In seiner Eigenrezeption als intellektuelle Verteidigerin nationaler Integrität und konservativer Werte gegen eine postulierte linke Meinungsdiktatur positioniert sich die JF offen in der Tradition der Gegenaufklärung. Im Widerspruch dazu wird die von Adorno und Horkheimer aufgestellte These einer Dialektik der Aufklärung argumentativ eingesetzt – allerdings um sie der liberalen Denktradition alleinig zuzuschreiben und anzulasten: Nach dem Zweiten Weltkrieg habe der geistig-moralische Einfluss der ' 68er einen Umschlag der BRD in wahrhaft totalitäre Zustände bewirkt, der sich derzeit noch verschärfe. Der Konservatismus als politische Denktradition nimmt in dieser Reflektion eine sich überlegen gerierende Beobachterrolle ein, die autor_innenspezifisch auf unterschiedlichem sprachlichen und analytischen Niveau vor einer akuten Bedrohung des sozialen Zusammenhalts warnt. Sie geht vielerorts über die Reflektionsebene hinaus, indem sie in diesem Szenario ein liberal verpacktes Alternativ-Angebot unterbreitet, welches inhaltlich jedoch, im Hinblick auf positive Bezugnahmen auf Oswald Spengler und andere Vertreter der Konservativen Revolution wenig überraschend, zwischen einem 'Zurück in die 50er Jahre' und 'Vorwärts ins Vierte Reich' oszilliert. Grundlegend lassen sich zwei Perspektiven erkennen, die in der JF eingenommen werden: Erstens eine tendenziell völkische, die sich noch einmal in eher neokonservative (bspw. L.Edler), explizit völkische (bspw. F. Schmidt-Ahmad) und Querfront-AutorInnen (bswp. H. Harzheim) differenzieren lassen; zweitens die christlich- konservative, die sich des Spießer -Verdikts zwar aus ähnlichen Gründen bedient, jedoch mit ihren stärker an Sittlichkeit orientierten Vorstellungen zu Sexualmoral mit den Völkischen teilweise im Konflikt steht und deren Schmähungen weniger explizit ausfallen.

Rationalisierung

„ Familiäres Leben, mönchische Askese und ,dekadenter Orgiasmus sind letztlich drei Grundformen menschlicher Existenz“ 37

Beginnend mit der Aufhebung des Pornografieverbots 1971 unter der Brandt-Regierung, dem durch die Helmut-Kohl-Regierung geförderten Ausbau der Breitbandverkabelung und damit verbundenen Expansion des Privatfernsehens in den 1980er Jahren und spätestens mit der Etablierung des Internets Ende der 1990er Jahre wurde Pornografie für immer mehr Menschen in Deutschland zugänglich und massenhaft genutzt. Dieser Umstand wird in der JF von christlicher als auch völkischer Perspektive her als reines Suchtphänomen38 gedeutet, dem eine Störung des biologischen Reiz-Reaktions-Schemas zugrunde liege, das auf der zyklischen Abfolge von Scham bzw. Ekel und Lustreiz beruhe39. Der Schwund der Scham, der sich ebenfalls in einer hypersexualisierten Öffentlichkeit belegen lasse, sei demnach Konsequenz der fortschreitenden technisch vermittelten Ökonomisierung der Sexualität im Nachgang der S exuellen Revolution 1968 40, denn die Verbindung der Flexibilisierung sexueller Normgrenzen mit der gleichzeitigen Liberalisierung der Ökonomie habe einen Umschlag in „totalitäre[...]“41 Zustände eines zwanghaften „Pflichtkonsums“42 bewirkt, die wiederum eine Überreizung verursache. Die meisten Artikel dazu postulieren wie selbstverständlich einen Rückgang der Lustempfindsamkeit oder gar der allgemeinen „sexuellen Betätigung“43, allerdings ohne sich auf wissenschaftliche Quellen zu beziehen. Spannend ist, wie dieses Argumentationsmoment fehlender Transzendenz sich aus seiner historischen Herkunft romantischer Kritik gelöst und nun selbst in einer durch und durch rationalisierten Sprachstruktur verwendet wird, die den Mangel an metaphysischer Tiefe in eine medizinisch-technisch gestörte Biologie transformiert.

Eng und kausal verschränkt ist diese Aussage der vollzogenen Totalisierung von Sexualität mit der ebenfalls mehrfach analysierten „Entkoppelung von Lust und Fortpflanzung“44 durch Verhütungsmethoden und der Erfindung der Antibabypille Anfang der 1960er Jahre als auch technischen Neuerungen im reproduktionsmedizinischen Bereich wie der künstlichen Befruchtung, die um die Jahrtausendwende zur alltäglichen Normalität wurde. Die Trennung des Triebs von dessen biologischer Funktion bewirke den Verlust der „existentiellen Bedeutung“45 der menschlichen Sexualität - eine Entzauberung, die Zerstörung des Geheimnisses und der ihm innewohnenden reizvollen „Gefahr des ungewollten und die Gnade des Wunschkindes“46. Der Verlust dieser transzendent gedachten Heterosexualität wird auch als historischer Sieg des unerotischem Sexus über die lustvolle Erotik dargestellt:

„ Erotikspieltin der islamischen Gesellschaft eine größere Rolle als bei uns, wo für diese Lust vor lauter Sex kein Platz mehr ist.“ 47

Im Kontext der Bedeutung der Islamisierungsdebatte in der JF (46 Seiten Suchergebnisse seit 2003 zum Thema48 ) mutet diese neidvolle Wertschätzung sexual-repressiver Praktiken, v.a. die Verschleierung von Frauen, innerhalb muslimisch geprägter Sozialgefüge wie eine Warnung vor einer überlegenen Fortpflanzungsstrategie einer Fremdgruppe an, von der man sich diffus bedroht fühlt. Fortpflanzung und das davon abhängige Überleben der Eigengruppe ist zentrale Kopplungsstelle an das Unterthema Race, das explizit lediglich in einem Artikel in Abgrenzung zu Aussagen des weltweit viel beachteten human genome projects thematisiert wird. Dessen Teilergebnis, dass „menschliche Rassen“ nichts weiter als eine soziale Konstruktion49 seien, wird mit der Konstatierung einer stattgefundenen Verschiebung des gesellschaftlich 'Nichtsagbaren' durch ' 68 vom Bereich der Sexualität in den Bereich der „rassischen“ Identität begegnet. Dabei verberge der gängige Spießer-Vorwurf an die bürgerliche Sexualmoral, dass menschliche Sexualität an sich aus zwei Anteilen bestehe, einem „materialen“, der sich auf den tatsächlichen Geschlechtsakt bezieht, und einem „transzendenten“, der die „rassischen“ Entitäten „Ehe, Familie und Nation“ als vergeschlechtlichte Dimension miteinander verschmelze50. An anderer Stelle wird dieser Austausch durch den Verweis auf „geschichtspolitische[...] Tabus“51 implizit auf die rassenideologische Vergangenheit Deutschlands verweisen. Angriffsfläche dieser sexualisierten Spießer-Invektive bildet durchgängig die Rationalisierung der „konkreten Widersprüchlichkeit des Realen“ – womit das konservative Grundschema als natürlich oder gottgegeben legitimierter hierarchischer Unterschiede zwischen Menschen52, im Beispiel hier zwischen Geschlechtern und 'Ethnien', gemeint ist – auf die Ebene „abstrakte[r] Ideen“, die durch ihre links-autoritäre Ausformung in der „universalen Gleichschaltung“53 einer schnöden „postsexuellen“54 Gesellschaft münden würden:

„ di e Se x ue ll e R e v ol ut i on [ … ] mit ihrem Postergirl Uschi Obermaier [...] war im Gegenteil relativ prüde trotz der Nacktfotos im Stern, weil sie dauernd über den neuen Menschen diskutierten. (…) Die linke Ideologie war bald trostlos entleert und dogmatisch, die spannenderen Denker sind ein paar Jahrzehnte später auf der Rechten zu finden. 55

Pünktlich zum 50. Jahrestag der Revolten von 1968 befindet sich der Maskulinist Matthias Matussek, der diese als Student miterlebt hat, auf der im letzten Jahr aufgeschäumten Welle des „Konservativ ist wieder sexy“56. Er betrauert den Verlust der knisternden Stimmung, der als Folge einer zu starken Reflektion des Erlebten beschrieben wird. Der darin sich offenbarende Reiz, sich das zurück zu erobern, was verloren ist, liegt einer Rezension der einige Jahre zuvor erschienenen Buchveröffentlichung Der Ruf der Wildnis zufolge „in der Unsicherheit, Beute zu machen“, was „beim Sex nicht anders“ sei57. 'Der' Feminismus, in sämtlichen Diskursfragmenten als homogenes Feindbild stilisiert, lässt sich folglich als herausforderndes Hindernis männlicher Triebbefriedigung deuten, das es zu überwinden gilt.

Ein gewichtiger Hinweis zur Beantwortung der Forschungsfrage liegt nun exakt hier. Schließlich gewann die Zweite Frauenbewegung, deren Motto „Das Private ist politisch“ sich hierzu ins Gedächtnis gerufen werden sollte, erst aus ihrer Reaktion auf die männlich dominierten 68 'er-Revolten ihre spezifische Eigendynamik und gesellschaftliche Relevanz.58 Der völkische Esoteriker Baal Müller meint denn auch:

„ di e sexuelle Befreiung hatte auch ihr Gutes, das nicht in der – allerdings gefährlichen – politisch instrumentalisierten und letztlich totalitären Zerstörung des Privaten, sondern in der Bejahung des Natürlichen lag, und der „Wille zum Rausch“ ist eine anthropologische Konstante, die gerade auch in einen humanen konservativen Gesellschaftsentwurf integriert werden muß.“ 59

Das Kondensat der getroffenen Aussagen sieht folgendermaßen aus:

Der 'Wille zum sexuellen Jagd-Rausch' der '68er war sexy.

E r ist vom Feminismus gekapert & entfremdet worden – Entfremdung bedeutet Spießigkeit. Spießigkeit bedroht die Fortpflanzung.

Die Fortpflanzung schützt das deutsche Volk gegen äußere Bedrohung. Eine Revolte gegen den Feminismus ist gerechtfertigt.

W eibliche Sex ua l m o r a l

„ ,A l l e s am Weibe ist ein Rätsel‛, sagt Nietzsche, ,aber die Lösung heißt

Sc hwange r s c haf t . ‛ “ 60

Der bereits von nationalsozialistischen Ideologen bemühte Nietzsche wird hier zur Erneuerung des bis in die Antike zurückreichenden Hysterie-Vorwurfs an eigenwillige Frauen hinzugezogen61, was beispielhaft für die männliche Diskurspositionierung in der JF ist. Frauen wird nicht nur die aktive Verantwortung für ihre gesellschaftlich deprivierte Stellung zugewiesen, sondern gleichzeitig eine zu dieser Aktivität im Widerspruch stehende, entmündigte und viktimisierte Position. Die pejorative Thematisierung weiblicher Sexualität lässt sich nur im Kontext des gesellschaftspolitischen Wandels um die Jahrtausendwende begreifen: Ein Jahr vor dem Ende der Ära Kohl im Jahr 1998 fand ein fraktionsübergreifender Gesetzentwurf zur Streichung des Merkmals „außerehelich“ aus dem § 177 StGB eine parlamentarische Mehrheit (der Fraktionszwang wurde für die Abstimmung ausgesetzt), wodurch die Vergewaltigung innerhalb der Ehe auch in Deutschland zu einem Straftatbestand wurde62. Bereits kurz danach, 2002, trat unter der nun rot-grünen Regierungskoalition ein ähnlich umstrittenes neues Prostitutionsgesetz63 in Kraft, welches die „Sittenwidrikeit“ sexueller Dienstleistungen abschaffte und sie in Folge als legale Form der Erwerbsarbeit institutionalisierte. In der JF -Debatte dazu wird sich vielfach auf Alice Schwarzer und mitunter auf bürgerliche Feministinnen auch der Ersten Frauenbewegung bezogen, die aufgrund ihrer Ablehnung jeglicher Prostitution64 strategisch als „Vorzeigeemanze[n]“65 eingesetzt werden, wodurch der marginale Frauen-Anteil der AutorInnen übertüncht und die Plausibilität der eigenen Argumentation gestärkt werden kann. Die Spi e ße r -Invektive steckt in diesem paradoxen Fall in der Kodierung dieser bestimmten Feministinnen als passionierte Kämpferinnen gegen die herrschende sinnentleerte Moral, wodurch dem liberalen Teil der Bewegung die eigentliche Spießigkeit untergeschoben wird. Obwohl Sexarbeiterinnen durchgängig als passive Opfer der „Zuhälter aus Osteuropa“66 dargestellt werden, ihnen also durchaus auf empathischer Ebene begegnet wird, erfolgt dies in einem meist offen abwertenden, sexistischen Sprachduktus – „Hure“ als Synonym für Prostituierte fällt im zentralen Artikel67 13 Mal bei einem Umfang von nur 1600 Wörtern – was die einseitige als auch stark moralisierende Verantwortungszuweisung rhetorisch repräsentiert, die erstens das Vorhandensein von Käufern der Dienstleistung, zweitens die soziale Lage der Frauen und drittens die kulturelle Geschlechterordnung ausblendet und darüber hinaus den augenscheinlich solidarischen Charakter der Aussagen zynisch ad absurdum führt. So sei Prostitution auf freiwilliger Basis ein Widerspruch in sich und der Lobbyismus als „Hurenvereine“68 bezeichneter Frauenberatungsstellen und Prostituierten-Berufsverbände wird als Bevormundung der Opfer, die andernorts vermutet werden, eingestuft. Diese Vereine können demnach auch gar keine Opfer in sich bergen: denn sie äußern sich zu ihrer Situation, wozu 'echte' Opfer prinzipiell nicht in der Lage sind.

Latente Kernaussage ist, dass Prostitution das Fortbestehen des als heteronormative Einheit konstruierten (christlichen) deutschen Volkes gefährde, da einerseits im Zuge der menschenhandelsbasierten Zwangsprostitution massenhaft Frauen und „operierte Zwitterwesen“69 aus dem nicht-europäischen Ausland in die hiesigen Sozialsysteme einwanderten. Dabei wird erneut mit progressiv besetzten Begriffen wie „moderner Sklavenhandel“70 argumentiert. Während die in dieser Debatte dominanten Christlich- Konservativen im Kontext der im nächsten Diskurs behandelten Missbrauchsdebatte innerhalb von Institutionen der eigenen Konfession gar einen gleichsetzenden Brückenschlag zum Kindesmissbrauch vollziehen, existieren daneben liberalere Positionen, denen diese Gleichsetzung zu weit über das konservative Credo „Maß und Mitte“71 hinaus geht, die freiwillige Prostitution zwar zähneknirschend tolerieren, die Ursachen für das Phänomen jedoch wiederum in der zunehmenden Säkularisierung und dem Zerfall der Institution Ehe suchen. Von explizit völkischer Seite finden sich keine Beiträge zu Prostitution, was vermuten lässt, dass die offene Konfrontation mit dem anderen Flügel zu diesem Thema als nicht förderlich für den Zusammenhalt der Redaktion betrachtet wird.

Die 2013 über die mediale Plattform Twitter unter dem hashtag „Aufschrei“72 kommunizierte öffentliche Reaktion auf Vorfälle sexueller Übergriffe73 löste eine breite Debatte über den sexistischen Alltag in Deutschland lebender Frauen aus, die bis heute in internationalisierter Form, angeschoben durch den hashtag „MeToo“, anhält74. Der wichtigste diskursive Anlass für die Beteiligung an dieser in der JF allerdings ist die Kölner Sylvesternacht 2015/2016 75. Sobald männliche (Post-)Migranten, Geflüchtete oder undifferenziert als „Ausländer“ kategorisierte an derlei Übergriffen beteiligt sind, ist eine entrüstete Solidarisierung mit betroffenen Frauen zu beobachten, an anderer Stelle hingegen erfolgt ebenfalls eine einseitige Zuweisung von Eigenverantwortung an diese für lediglich „angeblich“76 erlebten „,Sexismus'“77 – tatsächlich in Anführungsstriche gesetzt – wie selbstverständlich: Der offene Sexismus des polnischen EU-Abgeordneten Korwin-Mikke, der bereits durch das Zeigen des Hitlergrußes und blanken Antisemitismus auffiel, wird relativiert78, während einem Imam angekreidet wird, er mache Frauen und ihren provokativen Kleidungsstil für Übergriffe verantwortlich79, wobei dies die JF -Autorin Birgit Kelle unverhohlen in keiner anderen Weise vollzieht, so auch in ihrem Buch Dann mach doch die Bluse zu. Der Widerspruch dazwischen wird an keiner Stelle aufgegriffen, im Gegenteil sogar zur Schau gestellt, bei Kelle besonders unschuldig anmutend:

U nd wenn wir mit manchen Nationalitäten, Hautfarben und Sprachen mehr Probleme haben, als mit anderen, gehört es zur ganzen Wahrheit dazu (…) Wenn wir Täter jedoch mit zweierlei Maß messen, lassen wir die betroffenen Frauen im Stich.80

Spi e ße r sind in diesem Gesamtzusammenhang weiblicher Sexualmoral diejenigen, die sich entweder verklemmt über ein wenig „nackte Haut“81 empören, nachdem sie noch vor wenigen Jahrzehnten im Namen der sexuellen Befreiung gegen das Verbot von sexualisierter Werbung argumentierten – gemeint ist die auch an anderer Stelle kritisierte linke „Scheinheiligkeit“82 , die sich in der Verbotspolitik des Feminismus fortsetzt, die sich konformistisch an geltenden Normen wie der liberalisierten Prostitution orientieren (,obwohl diese ja eben liberalisiert ist anstatt verboten,) und Frauen, die sich über Grenzüberschreitungen deutscher Männer beschweren. Zweitens stehen diejenigen im Fokus der Invektive, die als diskursbeherrschende Akteure in Presse, sozialen Netzwerken und Politik, zu feige seien, das 'antirassistisch motivierte Schweigen' nach Übergriffen durch zynisch als „Täter falscher Herkunft“83 betitelte, rassifizierte Individuen zu brechen. Allgemein unbetrachtet bleibt dabei die nachweisbar rassistische Berichterstattung durch eben diese invektierten Akteure84. Die Reduktion von Frauen auf 'den weiblichen Körper' als lediglich vor äußeren Zugriffen zu beschützendes, volkseigenes Objekt männlichen Begehrens als auch auf Ehemänner verführende „Huren“ veranlasste zur Kategorisierung dieser Debatten als „Weibliche Sexualmoral“ – denn männliche Sexualmoral ist nur dort Gegenstand der Verhandlung, wo neokolonial verstrickte Externalisierung sie zulässt. Frauen und ihre Sexualität sind in diesem Sinne der Schlüssel für das Fortbestehen des Volkes – entziehen sie sich ihren naturalisierten Aufgaben ehelicher Lustbefriedigung und Gebärens, werden sie automatisch zu unmoralischen und nutzlosen Verräterinnen. Dieser gefährlichen Position können sie nur noch in unterwürfiger Haltung entkommen, indem sie sich von 'außen' bedroht fühlend inszenieren und sich erneut 'freiwillig' unter den patriarchalen Rettungsschirm begeben.

Eine Zuspitzung erfährt diese Position in jüngster Zeit in Debatten über die in Deutschland entgegen des öffentlichen Bewusstseins unter Strafe stehenden Abtreibung. Der § 218 StGB beinhaltet zwar seit 1976 die Möglichkeit eine solche straffrei durchführen zu lassen, jedoch nur unter der repressiven Bedingung, zuvor eine unter der Aufsicht staatlich zertifizierter Beratungsstellen stattgefundene moralische Selbstreflektion nachzuweisen. Über die Durchführung sogenannter „Märsche für das Leben“ hat sich binnen weniger Jahre eine fundamental-religiöse Bewegung etabliert, die ganz offen das Ziel verfolgt die von der Frauenbewegung erstrittene Teilerfüllung des in der Nachkriegs-Verfassung garantierten Gleichheitsgrundsatzes abzuschaffen. Entgegen des Lobliedes auf Alice Schwarzer in puncto Prostitution wird sie in diesem Kontext scharf kritisiert, denn in „ihrem Herrschaftsverständnis konnte sich aber die Frau nur von der Herrschaft des Mannes ,befreien‘, wenn sie ihr eigenes Kind töten durfte.“85 Die von feministischer Seite geforderte Gleichberechtigung wird in sarkastischer Manier verdreht, indem den potentiell abgetriebenen weiblichen Föten nun dieses Recht zugesprochen wird, was aber ausreichen müsse um die Forderung zu erfüllen – was freilich hieße, den ausgewachsenen Frauen das Recht auf Leben abzusprechen, was tatsächlich im selben Atemzug angedeutet wird und die Objekthaftigkeit von Frauen in einem männlichen dominierten Diskurs offenlegt.

Das Kondensat der getroffenen Aussagen sieht folgendermaßen aus:

Nac k t e r F r aue nk örper / die Mutter, über die man alleinig verfügen kann, kodiert Freiheit - nackter Frauenkörper / die Mutter, die ihre eigene Grenze definiert und/oder auch noch mit anderen intim werden möchte und nicht nur (Gebär-)Körper sein will, hingegen Unfreiheit.

Spießig i s t , was unf r e i i s t - männlich ist, was frei ist.

Schuld an de r Unfreiheit ist die Frau – man darf sie zum Mutter-/Ehefrau-Sein zwingen.

V er w ei ch li chun g

„In Wirklichkeit sind es neben den Konservativen die Liberalen selbst, die ständig Opfer der konformistischen Hexenjagd von verschiedenster Seite werden.“ 86

Die bereits besprochenen sexualitätsbezogenen Liberalisierungstendenzen um die Jahrtausendwende betreffen neben der teilweisen Umsetzung frauenpolitischer Forderungen auch die Diversifizierung und öffentliche Akzeptanz sexueller Orientierungs- und geschlechtlicher Identitätsangebote. Der erste offen schwule Bürgermeister Klaus Wowereit87 symbolisiert bspw. den auf politischer Institutionenebene vollzogenen Bruch mit der bis dato vorherrschenden Heteronormativität. In der JF formt sich eine Gegenreaktion auf diese Transformation anhand verschiedener Themen rund um eine Art Kastrations-Komplex aus. Der Diskursstrang „Verweichlichung“ beinhaltet im Kern eine tief verankerte, ängstliche Feindlichkeit gegenüber Homosexuellen, welche semiotisch ähnlich einem Tumor behandelt werden, der zwar grundsätzlich objekthaft erscheint, jedoch durch seine potentielle Fähigkeit zur stillen metastasischen Ausbreitung einen bedrohlichen Subjektcharakter erhält – die Vorstellung des maskierten Teufels. Vermutlich nicht zufällig interessieren sich die explizit christlichen AutorInnen daher verstärkt für die ihrer Meinung nach „anomale[n]“88 sexuellen Präferenzen. Mit dem einzigen 'Argument', es gäbe eine „natürliche Ungleichheit“89 wird sich in einigen Artikeln offen gegen den gesellschaftlichen Normalisierungsprozess von homo- und anderen nicht-heterosexuellen Orientierungen positioniert, inhaltlich v.a. anhand der Frage nach der Legitimität einer Öffnung der Ehe und damit verbundenen Rechten wie dem auf Kindesadoption90. „Aggressive“91 „Homolobbyisten“ würden ihr „,anthropologisches Manko“' ausgleichen wollen, wofür ihnen alle Mittel inklusive „von oben befohlene[r] Toleranz“ recht seien92. An dieser Stelle leuchtet erneut die Spi eßer -Invektive in Form desr Anklage einer 'hohlen', aus purer Obrigkeitshörigkeit befolgter Moral auf, wie auch in der spekulativen Annahme, es ginge den „diskursunfähigen [...] „Phrasendrescher[n]“ doch nur um „Prinzipienreiterei“, tatsächlich heiraten oder adoptieren wolle kaum jemand93. Die grundsätzlich fehlende Anerkennung sexueller Diversität wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass 'alles was anders ist' zu einer einzigen, in sich verworrenen Masse vereinheitlicht und letztlich zu 'männlicher Homosexualität' verdichtet wird. So wird „Schwulen-Ehe“ teils synonym für die sogenannte „Homo-Ehe“ verwendet94, während die lesbische Ehe weniger im Fokus steht und eher in Aufzählungen vorkommt, von Karlheinz Weißmann hingegen im Titelbild als vermutlich leichter 'verdauliches' Bildmaterial eingesetzt wird95 – zumal sich in den Suchergebnissen insgesamt nur vereinzelt differenziertere Erwähnungen anderer sexueller Orientierungen finden.

Redaktionelle Einigkeit besteht, trotz gradueller Unterschiede bzgl. des Ernstes der Lage, in der Analyse der durch 'den' „Regenbogen“ gewollten „Zerstörung der Grundfeste“96 bzw. der „sozialen Fundamente“97 der Gesellschaft. Dass man sich durch das sexuelle Treiben anderer Gesellschaftsmitglieder bedroht fühlt, bedeutet nun nicht automatisch, sich selbst bewusst als Opfer dieser zu sehen. Es spricht allerdings einiges für eine ausgewachsene, wenn auch latente Opferhaltung der AutorInnen, z.B. wenn den 'anderen', wider gesicherter historischer Gegebenheiten eben dieser Status aberkannt wird, wie Karlheinz Weißmann ausführt:

„ Das heißt, auch auf diesem Feld [ der Pädophilie-Debatte ] ging es immer darum, den Vorteil der eigenen [ 68er -] Position durch Identifikation mit den Opfern der NS-Zeit zu sichern. [...] Daher die hartnäckige Verteidigung absurder Auffassungen wie der, daß das Regime nur mit Hilfe des „analen Charakters“ deutscher Spießer funktionieren konnte, daß Auschwitz der Triebunterdrückung zu v e r dan k e n war, daß die Schwulen damals Opfer waren und jetzt schon wieder – daß also nur das selbstbestimmte Spiel mit Fäkalien, Permissivität und bedingungslose Solidarität mit den Homosexuellen vor einem „neuen ’33“ bewahren würden.“ 98

Den Autoren scheint nicht zu bekümmern, dass, obwohl er Schwule zu Anfang als „Opfer der NS-Zeit“ wertet, im nächsten Satz sogleich die Negation der eigenen Aussage vollzieht, als ob er es darauf anlegte, diesen Widerspruch in der Aufzählung schlicht untergehen zu lassen. In Beiträgen der hauptsächlich katholischen AutorInnen wie K.Weißmann zur Debatte um den zu Tage tretenden vielfachen Kindesmissbrauch in Einrichtungen der Katholischen Kirche, die im Zeitraum um 2010 angesiedelt ist, sticht ein Aspekt besonders hervor. Direkt 99 oder meist indirekt über die diffuse Andeutung eines „[o]ffensichtlich[en]“100 Kausalzusammenhangs zwischen Homosexualität und Kindesmissbrauch wird eine potentielle Täterschaft anonymer schwuler Pädophiler als das (weiterhin 'unnormale', da 'unnatürliche') Normale konstruiert, die der konkreten Geistlichen, die zu diesem Zeitpunkt real strafrechtlich verfolgt wurden, als Ausnahmeerscheinung. Die forcierte Verschiebung der medialen Fokussierung auf die Doppelmoral des Katholizismus hin zur parteipolitischen Vergangenheit von Bündnis90/Die Grünen und deren historischer Verankerung in der sexuellen Revolution erfüllt die Funktion, die gesellschaftliche Relevanz des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche herunter zu spielen, diese moralisch zu entlasten und eine Verantwortungsübernahme als katholisch geprägtes Zeitungsorgan zu vermeiden, indem sie 'den Schwulen' kollektiv angelastet wird (,die Betroffenheit von Mädchen wird im Übrigen nirgends erwähnt). Die laut der durch die Kirche in Auftrag gegebenen Studie zu über 75% gegenüber Jungen übergriffigen101 Priester werden, wenn sie überhaupt als Beteiligte erwähnt werden, höchstens als „katholische Sünder“102 betitelt, und tatsächlich nicht zu diesem 'schwulen Kollektiv' gezählt, was sich in der fehlenden Thematisierung dieses ins Auge stechenden Paradoxons äußert. Dafür finden sie dennoch Schutz in einem Kollektiv, denn es ist 'die' „katholische Kirche“103, die „vom Mißbrauchsskandal erschüttert“104 wird, wohingegen reale Personen wie Volker Beck, Gerold Becker oder Daniel Cohn-Bendit auf der Täterseite benannt werden105. Während die Kirche sich zudem bereits „vorbildlich“106 und zur Genüge selbst die „Verfehlungen einzelner“ reflektiert habe und zu unrecht von „einseitig“ 'rot-grün' gefärbten Medien als „Sündenbock“107 herhalten müsse, seien die 68er bzw. deren „Generationenpartei 108 nicht frei zu sprechen, die „erst einmal vor der eigenen Türe [...] kehren“109 sollten, bevor sie sich zur aktuellen Debatte äußern. Dabei stellen sich die meisten AutorInnen hinter den damaligen Augsburger Bischof Walter Mixa, der Kindesmissbrauch „ein „verbreitetes gesellschaftliches Übel“ nannte, an dem die „sogenannte sexuelle Revolution […] nicht unschuldig“ sei“, womit das Motiv einer 'Dialektik der sexuellen Aufklärung' erscheint. Interessant ist, dass besagter Bischof selbst wegen aufgedeckter systematischer Kindesmisshandlungen von seinem Amt zurücktrat110, wonach die positiven Bezugnahmen auf ihn in der JF endeten und diese Entwicklung nur noch einmalig in der Anklage aufgegriffen wurde, dass „die linken Medien seit der 'Affäre Mixa' noch heftiger gegen Bischöfe vorgehen, die als unbequem gelten.“111 Vielmehr wird unter Stichworten wie „Fundamentalliberalisierung“112 ein vielfältiges und je unterschiedlich zusammengesetztes Ursachen- und Wirkungsbündel aus technisch-ökonomischer Rationalisierung, Libertinage, Bindungsauflösung bis zu Werte-Anomie und linkem Establishment subsumiert, das die „Schleusen geöffnet“ habe „für den Mißbrauch dieser neuen Macht durch den Terror der Schrankenlosigkeit“113. Die „Dämme der Zivilisation“, auf die man sich dann trotz rechts- konservativer Eigenverortung stolz beruft, seien von den „selbsternannten Befreier[n]“ von damals, ergo den spießigen, da „verklemmte[n] […] Reaktionäre[n] von heute [...] mutwillig eingerissen“114 worden, die ihre unlauter erworbenen Machtpositionen nun 'nach unten' versuchten abzusichern.

Da eine solche Absicherung in Form einer Legalisierung pädophiler Sexualität, wie sie von Teilen der Grünen in den 1980ern angestrebt wurde, scheiterte, sei der Umweg über die „Reduzierung des Menschen auf seine 'sexuelle Identität'“115 und die kindliche „Frühsexualisierung“116 eingeschlagen worden. Hinter diesem 2007 das erste Mal in der JF verwendeten Begriff verbirgt sich neben der offensichtlichen Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit die Vorstellung einer jüdischen Weltverschwörung des „in Medien, Sozialindustrie und übernationalen Organisationen omnipräsenten feministischen Zeitgeist- Kartell[s]“ und „seiner inquisitorischen Macht“117, was sich anhand der wiederholten Verwendung bestimmter antisemitischer Codes118 – v.a. Abstraktheit einer geheimen Elitenmacht, die Kapital und Ökonomie insgesamt kontrolliert – ablesen lässt. Es herrscht die Angst vor, deutsche Kinder sollen für den Missbrauch der Täter gefügig gemacht werden, wodurch sie dann später wiederum selbst zu homosexuellen Tätern werden. So entfachte ein Artikel119 der JF -Autorin Kuby 2007 über eine bereits seit dem Jahr 2000 in staatlich- pädagogischen Einrichtungen genutzten Aufklärungsbroschüre eine Welle konservativer Empörung120, ein Trend, der sich, beginnend von der „Demo für alle“121, bei der Kuby selbst eine mit antisemitischen Anspielungen gespickte Rede hielt122, bis zur Pegida-Bewegung und anderen zeitgenössischen Segmenten der Neuen Rechten durchgesetzt hat123. In letzter Konsequenz läuft auch diese Argumentation auf den Volkserhalt hinaus: die „moralische Zerrüttung des Volkes ist die Wurzel […] der demographischen Krise“, die den Staat „in seiner Existenz bedroht“124. Das „Genderisten-Kartell“, bei dem die EU eine wichtige Exekutiv-Rolle als mächtige übernationale Eliten-Institution spielt, unterwandere die nationale Souveränität, indem sie die öffentlichen „Geldströme“ umverteile sowie sich in Gesetzgebung einmische, müsse überwunden werden, damit „unser Volk eine lebenswerte Zukunft“ habe125 und um der „Diskriminierung […] von Christen und Konservativen“126 ein Ende zu bereiten. Sprachliches Mittel der Wahl zur Beschreibung des vermuteten intellektuell-elitären Netzwerks ist die geballte Verwendung von Begriffen, die sonst für die Analyse von nationalsozialistischer (oder teils auch stalinistischer) Rhetorik und Organisation hinzugezogen wird bzw. diesen direkt entstammt wie z.B. „Liquidierung“, „Vernichtung“, „Sturmangriff“, „Endziel“ und „Kader“.127

Dieser kurios anmutenden Verdrehung liegt u.a. die Behauptung zugrunde, dass die politische Verfasstheit der Nachkriegszeit eine hoch demokratische gewesen sei, ganz im Gegensatz zum totalitären Zustand heutzutage, welcher als direkte Folge der „Machtübernahme der Linken“128 in Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen auf nationaler wie auf EU-Ebene aufgefasst wird. So symbolisiere die Sprache der political correctness, wie sie an Universitäten und Behörden in den fortschreitenden 2010er Jahren intensiver diskutiert und vermehrt in Normen überführt wurde129, eine „puritanische[...] lustfeindliche[...] Haltung“130, als dessen mutige Kritikerin sich die JF im Allgemeinen lobt. Entgegen dieser Selbsteinschätzung als aktive und kämpferisch inszeniert sie sich allerdings in einem Atemzug als Opfer einer männerfeindlichen Sexualmoral, die analog als auch verwoben mit dem Frühsexualisierungsthema, durch einen Pakt der Linken mit Juden, „männerhassenden Emanzen“ und Ausländern oktroyiert worden sei. Denn eben diese sozialen Gruppen stünden schließlich hinter der Pornoindustrie131, die mittels Sucht das Volk beherrsche. Die sich selbst attestierte 'männlich' und jugendlich kodierte 'Sexyness' fungiert als Zeichen für eine revolutionäre Sprengkraft gegen die „herrschenden Verhältnisse“, die in diesem Kontext als Katalysator einer erneuten Konservativen Revolution dienen soll132. Wer sich folglich sprachlich 'korrekt' ausdrückt, ist verweiblicht, schwach und unnütz. Die Abgrenzungsfolie dafür bilden, neben 'den Linken', mehrfach die Angehörigen der jeweils aktuellen Teenager- Generation, die durch die ihnen zugeschriebene Geschlechtslosigkeit und damit verbundene Asexualität als „lasch[e]“133, also verweichlichte, unmännliche, nicht-jugendliche und als revolutionsuntaugliche 'Robotersklaven' gelten – passiv Ausführende der spießig-repressiven Moral ihrer Großeltern, eine konsequente Fortführung des Gedankens zur 'Verschwulung' durch Frühsexualisierung. Birgit Kelle bringt auf den Punkt, wozu die aufwändige Inszenierung des eigenen Opferstatus dient:

„ P r i v i l e gi e n f ür alle bedeutet Privilegien für niemanden“ 134

Eine illustre Tautologie, die ein Indiz dafür ist, dass konservatives Denken entgegen mancher Behauptung nicht völlig unüberlegt ist – es wurde klar begriffen, dass es durchaus darum geht, 'jemandem etwas weg zu nehmen'. „Was jeder haben kann, ist kein Privileg, sondern das Prinzip Gießkanne.“135, wie es weiter heißt, bedeutet aber auch, das man sich im Klaren darüber ist, dass andere weniger haben als man selbst, das aber für gerechtfertigt hält, was den Widerspruch innerhalb der Zeitung offenlegt, diese Aussage mit dem Unverständnis über das

Klagen sozialer Gruppen zu paaren – es gäbe keine Diskriminierung, nur egoistische Ansprüche.

Das Kondensat der getroffenen Aussagen (mit Rückbezug zum Rationalisierungsdiskurs) sieht folgendermaßen aus:

Der Regenbogen ist der verlängerte Arm des Feminismus & der Juden – Gemeinsam verwandeln sie Männer in Frauen.

Wenn alle Frauen werden, verdoppelt sich die spießige Unfreiheit für die Rest-Männer.

Ohne freie Männer kann das verblendete Volk nicht vor äußerer Bedrohung geschützt werden. Die wenigen resistenten Männer können dies nur vollbringen, weil sie besonders hart & clever – also sexy sind.

Dass sie für die Aufgabe Privilegien benötigen, stellt diese Stärke NICHT in Frage.

3.3.2 Feinanalyse

Der 2010 veröffentlichte Artikel „Neue Grenzen überschreiten“ von Harald Harzheim erschien für die Feinanalyse aufgrund seiner popkulturellen Rahmung am besten geeignet, die Argumentation möglichst anschaulich darzustellen. Harzheim, Jahrgang 1966, war von 2005 bis 2011 für die JF als Autor der Kultur-Kolumne tätig, bevor er zum Compact-Magazin wechselte, das ihn als den „Mad Max der Filmtheorie“ anpreist136. Der langjährige Dramaturg und Dozent für Theater- und Filmtheorie137 reflektiert anhand einer knappen Film-Rezension über gesellschaftlich und moralisch hoch umstrittene Themen: sexuelle Gewalt, Inzest, Gentechnik, Sodomie. Den diskursiven Anlass bietet der 2009 erschienene Science-Fiction- Film „Splice“ des Regisseurs Vinzenco Natali (*1969), in dem eine Wissenschaftlerin mittels einer neuen Gentechnik (Splicing) eine Mensch-Tier-Chimäre erschafft, von deren Geschlechtlichkeit sie (und die Menschheit generell) schlussendlich überfordert ist, wie Harzheim in seinem Fazit festhält.

Argumentativ wird mit einer wertenden, humoristischen Gegenüberstellung von überlegenen 'starken' und unterlegenen 'schwachen' Emotionen gearbeitet, die in eine Spießer -Invektive eingepflegt sind, der sich die Lesenden amüsiert anschließen können. Das Schmähen anhand eines patriarchalen Deutungsmusters kann aufgrund dessen gesellschaftlicher Normativität die Fetischisierung gewaltvoller Grenzüberschreitung des Autors innerhalb seiner Erzählung verdecken, die an der Oberfläche vor zukünftiger technologischer Grenzüberschreitung und damit einhergehendem gewaltvollem Zerfall zwischenmenschlicher Solidarität warnt. Sie

beinhaltet darüber hinaus eindeutig einen generationalen Bezug. Denn die Emphase 'schwacher' Emotionen in der zeitgenössischen Kulturproduktion wird mit der aktuellen Jugend verknüpft, deren Generation der Autor (*1966) nicht angehört. Deren Affinität für Produktionen auf „homöopathischem Niveau“ des „Empfindungsausdrucks“ seien Beispiele dafür, wie diese sich bereitwillig binnen „restaurierte[r]“ „Grenzzäune[...]“ einpferchen ließen – eine recht klassische Spießer -Metaphorik, die auf die Kritik der unhinterfragten Einhaltung normativer Grenzen abzielt, die man selbst für falsch gezogen hält.

Sprachlich-rhetorisch lässt sich die patriarchale Wertung menschlicher Affekte in verschiedenen Konstrukten emotionaler Komplemente finden : „hoher Empfindungsasudruck“ vs. „homöopathisches Niveau“, „hohe emotionale Temperatur“ vs. „flauschig-weiche Popsongs“, „Kettenreaktion der Grenzüberschreitung“ vs. „Grenzzäune“. Generell ist der Sprach-Duktus polarisierend und spiegelt die Themensetzung um existentielle Grenzüberschreitung zwischen Leben/Künstlichkeit, Liebe/Hass bzw. Solidarität/Gewalt wider.

Der relativ kurz gehaltene Artikel gliedert sich in vier Sinnabschnitte mit den Zwischenüberschriften: Die Liebesgeschichte der Natur mit Leben erfüllen, Die Menschenseele ist ein buntscheckiges Tier, Mißbrauch der Genetik könnte zur Tragödie führen. Im ersten Sinnabschnitt erfolgt eine Gegenüberstellung von popkulturellen Produkten, genauer von Filmen der 1970er Jahre mit denen der heutigen Musik- und Filmbranche. Dabei bezieht der Autor eindeutig Stellung: die aktuellen seien ihm zu „harmlos“ und würden es nicht schaffen, die ihn mehr ansprechende Hitzigkeit der alten Filme zu übertreffen. Anschließend beschreibt er die emotionale und moralische Tragödie der Gentechnikerin, die vom Sexualtrieb der von ihr ins Leben gerufenen, weiblichen Kreatur überwältigt wird. Denn diese beginne eine sexuelle, (semi-)sodomitische Beziehung mit dem eher auf eine Nebenrolle reduzierten Ehemann, was für ihre Erschafferin ein erneutes Durchleben traumatischer Kindheitserfahrung durch inzestuösen Missbrauch bedeute. Im dritten Abschnitt bezieht er diese „Ratlosigkeit“ auf die Gentechnik an sich, die im Grunde eine gefährliche, gewaltvolle Technik zur selbstzerstörerischen Abspaltung des Triebhaften im Menschen sei. Und so schließt er mit der Warnung vor einem „Missbrauch“ der Gentechnik, die jedoch nicht mehr aufzuhalten sei und den sozialen Zusammenhalt gewiss zersetzen werde.

Harzheims Argumentation gegen eine generelle Nutzung dieser Technik strukturiert sich somit diffus. Auf der einen Seite sieht er in ihr selbst eine ernste Bedrohung menschlicher „Solidarität“ und sozialer Ordnung, andererseits meint er, Menschen würden sich bereits von Natur aus gegenseitig für den „geringsten Vorteil ans Messer liefern“, die neue Technik sei dafür nur ein weiteres Mittel zum Zweck. Darin verortet sich eine tiefe Ablehnung des Naturbeherrschungsparadigmas der europäischen Aufklärung und eine damit verbundene Annahme, dass es eine ursprüngliche Form der Solidarität gebe, die von der der modernen, technologiebasierten und rechtsstaatlich organisierten Gesellschaft distinkt ist. Diese Logik ist relativ verbreitet in konservativen Denkstrukturen, denen ein defizitäres Menschenbild zugrunde liegt, nach dem der Mensch vor seiner Unvollkommenheit geschützt werden muss, weil er sich sonst gegenseitig zerstört138, womit die Beherrschung 'der menschlichen Natur' anthropologisch statt naturrechtlich legimiert wird. Es wird bemängelt, dass „das metaphysische Fundament abendländischer Ethik“ seit „gut 200 Jahren [...] destruiert“ sei und spielt damit auf die fortschreitende Rationalisierung an, die als Ursache für den drohenden, „nur Zwiespalt und Ratlosigkeit“ auslösenden Kontrollverlust über die Technik und die soziale Ordnung ausgemacht wird. So symbolisiert die Chimäre bei Harzheim ein menschengeschaffenes Technik-Monstrum, das ihm 'über den Kopf wächst'. Dies scheint ihm allerdings die gerechte Strafe für den Menschen zu sein, der hochmütig versucht hat, 'das Tier in sich' zu töten. Harzheim sieht darin die Irrationalität der Rationalität der Aufklärung: in der törichten technischen Grenzüberschreitung „ohne seelisch-ethische Bereitschaft“ und Bewusstsein über das eigene innere Gewaltpotential. Die wissenschaftliche Neugier als auch Suche nach Liebe, die ihm als Ursachen der Erschaffung des Wesens gelten, als kindisch und überflüssig betrachtet wird. So wisse die Forscherin Elsa insgeheim genau um die Natürlichkeit sexueller Gewalt („In der Natur gibt es keine Liebesgeschichten“) und verfolge ihr Vorhaben, sich auf künstlichem Wege ein Kind zu schaffen, welches sie dadurch nicht mit ihrer kindlichen Missbrauchserfahrung assoziieren müsse, dennoch weiter, obwohl ihr Partner Clive sie daran hindern wolle. Diese zeitgenössische Eva im weißen Kittel wird demnach mit ihrem naiven Versuch, Sexualität und Fortpflanzung voneinander zu trennen, zum allgemein menschlichen Verhängnis. Weibliche Emanzipationsbestrebungen werden somit nicht nur ins Lächerliche gezogen, sondern vollständig delegimiert. Im Umkehrschluss der Argumentation hieße das: Wäre Elsa, anstatt ihren Opferstatus in Frage zu stellen und an die Universität zu gehen, einfach zu Hause geblieben und bereits gewesen sich auf biologischen und, 'natürlichem', heterosexuellem Weg fortzupflanzen, gäbe es in dieser Erzählung keine Misere – der rationale Ehemann wäre nicht verführt worden, das „animalisch-brutale Potential“ wäre im Hafen der Ehe eingehegt und beide wüssten noch wo (und vor allem wer) oben und unten ist.

Von Harzheims Standpunkt aus braucht der Mensch diese Chimären auch gar nicht, da er selbst ausreichend innerlich ambivalent und faszinierend sei: Die „Menschenseele ist laut Plato ein buntscheckiges Tier mit vielen Köpfen.“ Wenn der eigene animalische Anteil nicht länger verleugnet, sondern wiederentdeckt und metaphysisch affirmiert würde, käme der Mensch wieder in Kontakt mit seinen ursprünglichen Emotionen – und v.a. Trieben – und damit mit sich 'selbst' und könnte 'echte' Bindungen mit anderen Menschen eingehen. Kern der Warnung ist, dass durch die technische Rationalisierung, hier am Beispiel der Trennung von Sexualität und Fortpflanzung – womit er an das reproduktionsmedizinische Unterthema in der JF andockt – eine Entfremdung stattfindet, die die klare Ordnung zersetzen werde:

„ B al d könnten auch die zu Schützenden, die Lebewesen selbst, sich in schwer definierbaren „Grauzonen” bewegen – so fremd, das die Solidarität mit ihnen gegen Null läuft.“

Es bleibt zwar schwammig, worin die erwünschte Solidarität überhaupt bestehen soll und wer die zu Schützenden (vor sich selbst) beschützt, wobei dies wohl die Aufgabe einer organisch gewachsenen, metaphysisch fundierten Ordnung ist.139 Die Grauzonen-Metaphorik in Verbindung mit dem Fremdheitsmotiv lässt zweierlei Deutungen zu: Erstens drückt sich hier die Angst vor der Komplexität eines flexiblen Normalismus140 und zweitens eine spezifisch rassistisch aufgeladene Gegenüberstellung von „guten Weißen“ und „bösen Schwarzen“, die die äußerliche Bedrohung für die „ethnische“ und patriarchale Ordnung darstellen. Wenn dies zutrifft, offenbart sich an dieser Stelle eine Diskursverschränkung mit völkisch-rassistischen Diskursen in der JF. Elsa ist schließlich in ihrer reproduktionstechnischen Abkehr vom Ehemann von einem animalischen Fantasma fasziniert, dessen Materialisierung, ein 'nicht- reinrassiges' Mischwesen, am Ende des Films im Übrigen ihren Gatten und somit die potentielle Weiße Kleinfamilie töten wird, eine strukturelle Parallele zur Überfremdungsthese rechter Diskurse: Die als sexuell überaktiv und gewalttätig stereotypisierten Ausländer nähmen 'uns' 'unsere' Frauen weg und deshalb sterbe das deutsche Volk aus. Besagte 'irrationale' und 'schwache' Frauen, die sich von diesen 'Fremden' verführen lassen, werden über diesen Umweg zu 'Volksverräterinnen' stilisiert. Harzheims Projektionen bedienen trotz seiner affirmativen Ansichten zum Animalischen im Menschen kolonial verankerte, völkische Vorstellungen, in denen der Triebanteil abgespalten und in „die Anderen“ verschoben wird. Das schafft er, indem er eine bestimmte Art der Spaltung vornimmt: in das positive Animalische im Menschen und das negative Animalische im „Anderen“. Die zugespitzte Aussage des Ganzen lautet: Weil das positiv-Animalische der Faden ist, aus dem das transzendente Band gewebt ist, das die Kontinuität der Wir-Gruppe aufrechterhält und vor dem äußerlichen, negativ-Animalischen schützt, darf es nicht zerstört werden, z.B. durch die künstliche Trennung von Sexualität und Fortpflanzung.

Die nicht näher ausgeführten Frage „Oder ist es Zufall, daß im Zeitalter genetischer „Fortschritte” ganzen Menschheitsgruppen (wieder) die Kündigung gesellschaftlicher Solidarität droht?“ bezieht sich vermutlich auf die Diskussion der Präimplantationsdiagnostik (PID) im Herbst 2010, deren bis dato existierendes gesetzliches Verbot selbst binnen der CDU in Frage gestellt wurde. In der JF erschienen im direkten zeitlichen Vorfeld des Artikels mehrere Kommentare141 mit der Position, dass die PID unethisch im Sinne des „Lebensschutzes“ sei (nicht benötigte Embryonen werden in dem Verfahren ausselektiert und vernichtet), wobei Vergleiche mit der Eugenik-Ideologie des frühen 20.Jahrhunderts angestellt werden. Besonders das „wieder“ des zitierten Satzes lässt darauf schließen, dass dies auch Harzheims Intention war. In dieser suggestiven gestellten Frage wird erstens die Mitverantwortung der Konservativen Revolution an den späteren eugenischen Verbrechen der NS-Gesellschaft mittels eines w hat-aboutism verdeckt und, aus ihrem historischen Kontext gelöst, für eine Anklage liberaler Wissenschaft genutzt, die sich ihrer, nur geistig-moralisch gedachten, dialektischen Entwicklung nicht bewusst sei.

Schlussendlich klingt der Titel „Neue Grenzen überschreiten“ im Kontext seines Inhalts eher wie eine Aufforderung zur Nutzung eines schlummernden Potentials denn wie eine Warnung. Die klar positive Bezugnahme auf Filme wie Die 120 Tage von Sodom oder Clockwork Orange, in denen es ausufernde, explizite und äußerst brutale Darstellungen von Vergewaltigung und Totschlag zu sehen gibt, lassen diesen Schluss durchaus zu. Eine solche Grenzüberschreitung wäre dem Autor augenscheinlich eine willkommene Alternative zur momentanen spießigen, von Langeweile geprägten Jugendkultur, die sich den bestehenden Herrschaftsverhältnissen anpasst und nicht an Rebellion denkt. In der Abwertung dieses generationalen Subjekts affirmiert er ex negativo die eigene Jugendzeit, die man sich als Leserin nun revolutionär und aufregend vorstellen darf. Da er über Filme der 1970er Jahre schreibt, die auch noch sämtlich von eher linkspolitisch eingestellten Regisseuren wie Stanley Kubrick stammen, stellt er einen positiven Identifikationsbezug zum alternativen kulturellen Leben von 1968 her, was bei der sonst offen gegenaufklärerischen Haltung erklärungsbedürftig ist. Eine Verbindung kann in der Essentialisierung von Sexualität gefunden werden. Immerhin unterstellt er den ' 68ern implizit nicht weniger als eine besonders authentische, da gewaltvoll sexualisierte Leidenschaftserfahrung, die er im Gegensatz zum vermeintlich asexuell gewaltfreien Erlebnishorizont der emotional verflachten Zuschauer_innen „harmloser“ Vampir-Krimiserien den Vorzug gibt. Seine Ideal-Vorstellung einer puren sexuellen Triebbefriedigung ohne soziale Verstrickungen schließt sexuelle Gewalt somit offenbar wie selbstverständlich mit ein. Davon abgeleitet beinhaltet dieser Aussagekomplex die Ablehnung von Feminismus und Homosexuellen-Bewegung als antipatriarchal gerichtete kulturelle Ausformungen, was wie anfänglich beschrieben auch in der vergeschlechtlichten Macht-Asymmetrie von 'stark' und 'schwach' konnotierten Affekten sprachlich illustriert wird.

In der Querverbindung mit dem generell stark rassistisch geprägten Diskurs in der JF und den Anspielungen bei Harzheim ergibt sich ein wichtiger Nutzen dieser Gewalt für das Bestehen des oben beschriebenen „transzendenten Bands“ der Wir-Gruppe – Wenn das Band zerreißt, vergeht die Hoffnung auf die Verteidigung der Eigengemeinschaft. Die sexuelle Gewalt zwingt alle nötigen Beteiligten wieder auf ihre angestammten Posten.

Besonders interessant ist ein weiterer Aspekt der diskursiven Umgebung. Im selben Jahr (2010), nur neun Monate zuvor, erschien ein Beitrag Harzheims zur Debatte um die zahlreichen Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs in Institutionen der katholischen Kirche142. In diesem schreibt er in einem völlig anderen, sozialpädagogisch anmutenden Sprachduktus, setzt dieses Mal nicht verharmlosend den „Missbrauch der Gentechnik“ rhetorisch mit sexuellem Missbrauch gleich, sondern spricht mitunter von „Tätern“ und „Opfern“, die im feinanalysierten Artikel nicht vorkommen, diskutiert präventive Maßnahmen für Täter (die gegen Ende des Artikel allerdings die „Betroffenen“ heißen) und setzt anhand wissenschaftlicher Reflektionen zur statistischen Erhebung und der historischen Erfassung sexueller Übergriffe die bisherige kirchentreue Diskussion in der JF in gemäßigtere Relationen. Auch hier nimmt er Bezug auf die Sexualmoral von 1968, jedoch kritisch – er wirft der Bewegung eine autoritäre Doppelmoral vor, die in den dialektischen Umschlag von befreiter Sexualität in die Legitimierung pädophilen Missbrauchs geführt habe. Es scheint für Harzheim demnach eine Altersgrenze der Legitimität sexueller Gewalt zu geben. Jedoch definiert er erneut sexuelle Gewalt in biologistischer Manier als anthropologische Konstante:

W ahr s c he i n li c h ist kein moralischer Kodex, keine Lebensform in der Lage, Vergehen auf der Triebebene zu verhindern. Dafür ist sie dauerhaft zu drängend, zu heftig.“

Ein Kondensat der getroffenen Aussagen sieht folgendermaßen aus:

Sexuelle Gewaltistmenschlich – sexuelle Gewalt ist männlich

Sexuelle Gewalt hält die freche 'Eva' in Schach – sex. Gewalt ist nötig zur Verteidigung der Volksgemeinschaft.

Männer sind not wendig.

Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist zu viel des Guten, aber wo gehobelt wird fallen Späne .

3.3.3 Zusammenführung

Um die Ausgangsfragestellung der erklärungsbedürftigen positiven Bezugnahme auf die Sexualmoral der ' 68er abschließend zu beantworten, werden im ersten Schritt der zusammenführenden Gesamtauswertung die einzelnen Aussagen-Kondensate miteinander vereint:

Die grenzüberschreitende männliche Sexualität der '68er war erotisch. Denn sie war revolutionär und nach dem Sommer der Liebe kam der Sommer der Alleinerziehenden.

Feministinne n haben die E r otik der '68er entfremdet & das Überleben des Volks aufs Spiel gesetzt – anstatt zu heiraten wollten sie die Männer durch Regeln für 'Sex' unterwerfen und dadurch selbst Männerstatus erreichen.

Juden haben sich diesen machtgeilen Egoismus der Frauen zu Nutze gemacht und die Wirtschaft mithilfe der EU umstrukturiert. Gemeinsam mit dem Feminismus verschwulen sie dafür unsere Jugend um unser Volk letztendlich in einem geheimen Rachefeldzug zu schwächen und zu unterwerfen.

Frauen sind wieder einmal zu besessen von ihrer kindlichen Neugierde und Pseudo- Befriedigung um die Bedrohung durch Migranten und ihre Instrumentalisierung durch Juden zu begreifen.

Echte Männer sind dagegen Souv e r än übe r i hre Triebe (manche übertreiben mal) und haben dazu noch den Blick für das Notwendige – nur sie können echte Volksdemokratie restaurieren.

E chte Männer sind autonom und werden dringend für den Umsturz der PC-Diktatur gebraucht – Männer sind nicht schwach, obwohl sie Frauen für diese Aufgabe brauchen.

E chte Männe r müssen und können i hre Frauen aktiv zu ihrer Verantwortung gegenüber dem Volk zwingen, was beweist, dass sie hier nicht die Opfer einer Bedrohung durch die totale Spießigkeit sein können, denn Opfer sind passiv wie Frauen.

Das männliche Subjekt, das in diesen Aussagen zu finden ist, befindet sich also im gefühlten Ausnahmezustand und setzt sich selbst unter enormen Handlungsdruck, der mit einer extremen Opferbereitsschaft einhergeht. Diese zielt jedoch nicht wirklich darauf ab, selbst Leid zu erfahren, sondern dieses anderen zuzufügen – das Opfer besteht dann darin, Gewalt auszuüben, obwohl einem das freilich keine Freude bereitet. Aus einer beleidigten Betroffenheitshaltung heraus ertönt der Aufruf zur Wiederherstellung der verloren geglaubten Würde. Die offene und latente Aggression ist zwar Ausdruck der Verzweiflung, wird jedoch als legitimes Mittel der Resouveränisierung propagiert – und gleichzeitig den eigenen Status quo als Opfer zementiert. Was auf den ersten Blick paradox erscheint, lässt sich mit der These des „Sexualitäts- oder Männlichkeitsdilemmas“ von Rolf Pohl143 greifen. Diese sozialpsychologische Perspektive auf heterosexuell Männlichkeitskonstruktion fokussiert auf den eklatanten Graben zwischen kulturellem Ideal und sozialer Realität und das darin begründete Gewaltpotential:

Psychoanalytisch gerahmt vollzieht sich demnach in der untersuchten Diskursstruktur exemplarisch und analog zur kulturell-symbolischen Ausgestaltung der Geschlechterordnung der innere Konflikt der hegemonialen männlichen Subjektkonstitution zwischen dem Ideal der Autonomie und der Realität der Abhängigkeit von der Mutterfigur. Abgesehen davon, dass die Sexualitätsentwicklung jeglicher Geschlechter objektgebunden ist, geht dies in der 'männlichen' Variante mit einer grundlegenden Abwertung des 'Weiblichen' einher. Das Drehmoment der eigenen Geschlechtsidentitätsformung ist schließlich die Abgrenzung von der Mutter, was eine negative Bezugnahme nötig macht. Allerdings ist Männlichkeit in seiner Verfasstheit als kulturelles Gebilde auf die beständige soziale Reproduktion angewiesen, wodurch es nie zu einer endgültigen Ablösung kommen kann – das sich männlich begreifende Subjekt verbleibt dauerhaft in einem Kreislauf der Referenznahme auf die Mutter um sich selbst und anderen Männern die eigene Geschlechtsidentität zu versichern um erstens zu vermeiden, selbst Opfer des patriarchalen Paternosters zu werden, und zweitens eine möglichst große patriarchale Dividende144 abzugreifen. Die Frustration, die durch diesen Prozess individuell, kognitiv als auch emotional, verarbeitet werden muss, kann enorm belastend werden, gerade in Zeiten der Neuordnung des Geschlechter-Arrangements, zumal diese derzeit v.a. von alternativen Orientierungsangeboten an Frauen gefärbt sind – es gibt abgesehen von vereinzelten Themengebieten wie 'Neue Väter'145 keine neue Männerbewegung, die diese Angebote schaffen könnte. Aggression gegen das, wovon man sich trotz des Selbstverständnisses als autonom nicht lösen kann, kann auch schlicht als das Ventil in dieser subjektiv als aussichtslos empfundenen Lage gedeutet werden. Allerdings bedeutet die Freisetzung von Aggression gegen Weiblichkeit auch, dass derjenige sich selbst viktimisiert positioniert. Denn er nimmt sich das Recht heraus, Gewalt anzuwenden und rechtfertigt dies wahlweise damit, 'provoziert' worden zu sein oder das Recht auf Zugriff zu besitzen, welches ihm unlautererweise vorenthalten wird146. Aus der im Lebenslauf verankerten Erfahrung heraus, dass primär Frauen für die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse verantwortlich sind (erst als Mütter, dann als Erzieherinnen, Grundschullehrerinnen, Sexualobjekt, Gebärerin des Nachwuchses), erwächst auch die Überzeugung, dass dies legitim und normal ist, Frauen als ständig verfügbare Dienstleisterinnen zu betrachten. Es bedeutet nur umgekehrt, dass man es nicht aus eigener Kraft schafft, sich zu versorgen. Das Autonomieideal steht dazu in solch krassem Widerspruch, dass die eigentlich offensichtliche Abhängigkeit meist verdrängt und der Graben mal mehr, mal weniger durch Aggression überbrückt wird.

Im Verständnis Pohls ist Männlichkeit folglich ein einziger Krisenzustand und ist nicht nur momentan 'in der Krise', wie in Diskursen um aktuelle Phänomene wie Männerrechtsbewegungen und Maskul(in)ismus meist behauptet wird. Die Frage nach den definitorischen Grenzziehungen außen vor gelassen, bleibt festzustellen, dass sich männliche Subjekt- und Sexualitätskonstitution jedenfalls aus der Sicht der Subjekte im gefühlten Ausnahmezustand befindet, was in der Analyse der JF deutlich geworden sein sollte. Der von dieser Seite als Vorrücken in 'die' männliche Domäne Erwerbsarbeit kriegerisch kodierte, steigende Anteil berufstätiger Frauen muss auch im Kontext der Tertiärisierung ökonomischer Strukturen nach dem Zweiten Weltkrieg und damit einhergehendem Abbau traditionell männlich besetzter Berufsfelder v.a. im industriellen Sektor und dem Zuwachs tendenziell weiblich besetzter Dienstleistungsberufe betrachtet werden. Die dadurch tatsächlich zahlenmäßig erhöhte Konkurrenz sowie der Anpassungsdruck an sich verändernde psychosoziale Anforderungen in Richtung weiblich konnotierter Eigenschaften wie Teamfähigkeit und Flexibilität führt dazu, dass sich nicht zuletzt auch durch die komplementär verstärkte Erwartung männlicher Beteiligung an familiären und gesamtgesellschaftlichen reproduktiven Aufgaben, individuelle und kollektive emotionale Gemengelagen aus Verunsicherung und Frustration entstehen – immerhin ist der bis dato primäre Anerkennungsbereich der Subjekte betroffen. Hinzu kommt die parallele Entwicklung, dass der ehemals selbstverständliche männliche Zugriff auf weibliche Körper immer weiter eingeschränkt wurde, der Abgrund zwischen Autonomie und Abhängigkeit sich also kontinuierlich vergrößerte. 1973 ist das Jahr, in dem die Norm der Sittenordnung auf die der sexuellen Selbstbestimmung umgestellt wurde – den Straftatbestand der Vergewaltigung, der sich auf das Leid des Individuums bezieht gab es zuvor nicht.

Vor diesem Hintergrund lässt sich der Rückgriff auf die ' 68er nachvollziehen als Rückbezug auf ein vergangen geglaubtes Männlichkeitsideal der Stärke, das in der JF affirmiert wird. Dieses Geschlechter-Ideal wird freilich aus seinem soziohistorischen Kontext gerissen um es übernehmen zu können und auf der Folie der Spießer -Invektive zur Verschleierung der Beschwörung weniger hegemonialer Ideale sozialer Ordnung zu verwenden: Die ' 68er umgibt der Mythos der progressiven Revolution, der sich einverleibt wird um die regressive Agenda mit hipness aufzuladen und den eigenen Führungsanspruch zu legitimieren. Da sich die Neue Rechte derzeit an der Schwelle einer Revolte sieht, aber unter dauerndem Verdacht steht, eine nationalsozialistische Diktatur errichten zu wollen, greifen sie auf gesellschaftlich 'sagbare' Elemente revolutionärer ' 68er -Mythologie zurück. Die Logik dahinter ist simpel: Sie können keine 'Nazis' sein, wenn sie sich als die neuen ' 68er ausrufen, denn die waren gegen 'Nazis'. Sie können dadurch auch nicht rückwärtsgewandt sein, zumal die ' 68er heute keine echten ' 68e r mehr sind, sondern die wahren Spi e ße r . Diese Semantik funktioniert ganz ähnlich wie schon einmal zu Zeiten der Verwischung liberaler und konservativer Positionen um 1968: die Alternativ-Bewegungen begannen regressiv anmutende Ideale von Selbstversorgung, Antiintellektualismus, Technikfeindlichkeit und nationalem Antiimperialismus/- amerikanismus zu entwickeln, während Konservative die Technokratie der Sachzwänge als organisch gewachsene und nicht mehr rückgängig zu machende Realität akzeptierten, wodurch sie Fortschrittlichkeit und Zukunft als konservative Themen besetzen konnten147 Dazu passend liegt in der JF eine Deutung der aktuellen linken Positionierung als regressiv, totalitär und spießig vor.

In diesem Sinne nutzen sie den Spießer auch um neue Rechtsnormen, die den verfassungsmäßigen Gleichheitsgrundsatz umsetzen, als reine Verbote der Feministinnen zu werten und diese als inhaltsleer und konservativ zu diffamieren, um sich deren Inhalt gar nicht ansehen zu müssen: das Verbot an sich bekommt eine Art negativen Fetischcharakter. Überall lauern sie und man ist davon besessen, sie zu bekämpfen, unabhängig davon, ob sie einem tatsächlich persönlich Schaden zufügen oder verfassungskonform sind. Hier klingt die konservative Angst vor den egoistischen Partikularinteressen an, die die Macht des Staates untergraben und zwangsläufig ins Verderben führen – die Freiheit des Individuums ergibt sich demnach nur im Aufgehen in eine höhere Ordnung und nicht aus einklagbaren Rechten. Das „grenzenlose“ Freiheitsstreben der ' 68er führe schlussendlich in den Totalitarismus. Die omnipräsente Rede von der real existierenden Meinungsdiktatur birgt den Gegenentwurf der echten Demokratie, die in Anlehnung an zentrale Vertreter der Konservativen Revolution einer völkischen Konstruktion unterliegt:

W i r Deutsche waren ursprünglich ein demokratisches Volk... Die Demokratie war das Volk selbst. Sie beruhte auf dem Blute und nicht auf einem Vertrage. Sie beruhte auf der Geschlechterverfassung, die ihrerseits auf die Familie zurückging und von hier aus durch die Geschlechter die Volksgemeinschaft zusammenband... Dies alles war echte Demokratie“ 148

Die Deutung der politischen Gegenwart als eine totalitäre Diktatur ist mit diesem geistesgeschichtlichen Hintergrund also nicht weiter verwunderlich: Wenn Demokratie nur als „deckungsgleich mit Volksgemeinschaft“149 als solche akzeptiert wird, kann ein gesellschaftlicher Pluralisierungsprozess mit Phänomenen wie Immigration und diffusen Geschlechterarrangements nur als existentielle Bedrohung des 'Ganzen' verstanden werden. Die repräsentative Demokratie der BRD kann als Diktatur bezeichnet werden, weil auf der Grundlage von „Volklichkeit“ eine identitäre Übereinstimmung von Regierenden und Regierten bestehen muss. Carl Schmitt folgend, kann eine Demokratie demnach „militaristisch oder pazifistisch, absolutistisch oder liberal [...]“ sein. Diktatur und Demokratie sind somit beides „Formen 'unmittelbarer' Demokratie“.150 Die auf Pegida- Versammlungen mantraartig sich abwechselnden Rufe nach der Absetzung für das „Durchsetzen“ rassistischer Reformen als unfähig befundener politischer Repräsentanten und des obligatorischen „Wir-sind-das-Volk“ spiegeln somit den Zusammenhang des Volkszersetzungsmotivs mit der Forderung nach der Herstellung demokratischer Zustände wider.

Wie lassen sich nun die offenen Widersprüche zwischen der Proklamation der eigenen Progressivität und den regressiven Inhalten der Aussagen noch erklären? Wie kann der erotische „Rausch“ isoliert affimiert, aber die sozialen Folgen davon nicht als solche verstanden werden? Die typisch konservative analytische Trennung von Kultur und Wirtschaft ist kann zum Verständnis hinzugezogen werden. Obwohl permanent von dialektischem „Umschlag“ die Rede ist, wird die gesamte Entwicklung seit 1968 nur mit der Moral begründet: Sie ist ausgeufert – die Dialektik hat nur im geschlossenen Rahmen stattgefunden, dessen Dämme davon gesprengt wurde, was nun das gesamte Volk 'ausbaden' muss. Das lässt wiederum den Schluss aufs 'Ganze' zu: Das Gute im Menschen ist die Fähigkeit, anzuerkennen, dass seine Triebe gefährlicher Natur sind und daher institutionell gezähmt werden müssen.151 Logische Schlussfolgerung ist die Einsicht, dass nicht nur der weibliche, sondern auch der männliche Sexualtrieb prinzipiell kontrolliert werden sollte, und die „Volklichkeit“ fördernde Erotik eben dadurch, im Hafen der Ehe, konserviert wird.

Um das Ziel der homogenen, demokratischen Volksgemeinschaft zu erreichen, braucht es Führungsfiguren, die erkennen, wie zu handeln ist:

„ Im Sinn f ür das Notwendige unterscheiden sich die genialen Menschen vom Durchschnitt“ 152

Die Genialität drückt sich gerade durch seine irrationalistische Vernunft als aus, die nichts reflektieren will, weil sie Ideen als wesenhaft und nicht als rational begreift, denn „[w]er von abstrakten Ideen ausgeht statt von der konkreten Widersprüchlichkeit des Realen, der landet früher oder später bei der universalen Gleichschaltung.“153 Diese Haltung erleichtert das Aushalten von Widersprüchen auch in der eigenen Argumentation ungemein. Somit bleiben selbst die diskursiven Widersprüche stehen, der Jugend Asexualität und sexuellen Exzess gleichzeitig zuzuschreiben, binnen des Rationalisierungsthemas auf spätromantische Motive wie der „seelenlose[n]“ Technik154 zurückzugreifen und die eigene technokratische Wende dabei außen vor zu lassen und sich auf 1968 positiv zu beziehen, wenn es gerade passend erscheint. Die abstrakte Idee des 'neuen Menschen' muss konsequenter Weise abgelehnt werden, aber indem keck behauptet wird, die 'ursprünglichen' ' 68er seien im reinen Rauschzustand gewesen, aus dem sie erst ausgetreten seien, als sie begannen zu viel nachzudenken, kann die Brücke eben doch noch geschlagen werden.

Die in der JF vorherrschende Diagnose, dass wir uns durch diesen „Umschlag“ in einer massiven Staatskrise befänden, die auch noch in eine jüdisch-feministische155 Weltverschwörung eingebettet wird, kann Carl Schmitt folgend der Vorbereitung auf „rechtssupsendierende[...] Maßnahme[n]“ dienen, die „wieder eine „'Ordnung' […] schaffen, in der legale Rechtsnormen überhaupt gelten.“156 Die ausgemachte Ursache für den Ausnahmezustand, der Verlust der transzendenten Kohärenz der sozialen Ordnung, kann offenbar nur durch die Reetablierung männlicher Stärke beseitigt werden. Statt materiale sozialer Verhältnisse in den Blick zu nehmen, stehen erneut innere Einstellungen, nun als Mittel zur Problemlösung, im Fokus, die den Gegenentwurf zum feigen und unkreativen Spießer beinhalten: In der Neuen Rechten nahestehenden Männerrechtsdiskursen propagierte Werte wie „Pioniergeist, Mut, Verantwortung, Kraft, Standfestigkeit, Grenzüberschreitung, Gedankentiefe, Erfindungsgeist und Menschlichkeit“157 sollen den „Vernichtungskrieg“ des „feministische[n] Meinungskartell[s]“ aufhalten, das, wie JF -Autor Matussek es ausdrückt, geprägt von „Futterneid“ und „Männerhass“ die „Verweiblichung der Männer“ – letzten Endes deren Entsorgung anstrebe.158 Der Spi e ß e r ist in diesem herauf beschworenen Bürgerkriegs-Szenario derjenige 'Mann', der sich von Weiblichkeit einhegen lässt und die Primärquelle seiner Anerkennung und Solidarität, sein deutsches Volk, im Stich lässt, innerhalb dessen alles Nicht-Männliche immer das abstrakt-bedrohliche 'Andere' bleibt.

Das Schmähen der heutigen Alt-' 68e r und seinen Nachfolger_innen dient in diesem Sinne also der Verschiebung nicht hegemonialer politischer Aussagen ins öffentlich 'Sagbare' im Sinne einer erneuten Konservativen Revolution und reicht damit weit über den Geschlechterdiskurs hinaus. Die konstruierte Spaltung des ' 68er -Revolutionsmythos in ein 'vorfeministisches', essentialistisch sexualisiertes Gewaltpotential traditioneller Männlichkeit und die Rationalisierung dessen aufgrund des Einknickens verweichlichter Männer vor dem Feminismus liefert also die Grundlage für die positive Bezugnahme der sexuellen Revolution um 1968. So kann der Artikel des ehemaligen SDS-Theoretikers Bernd Rabehl daran anschließend die Popularität Rudi Dutschkes für das national-konservative Projekt vereinnahmen – zumal dieser tatsächlich patriotisch als auch christlich-religiös eingestellt war: Der „christliche Revolutionär“ Dutschke kann, durch seinen „tiefen [...] Glauben“ den grünen „Berufsrevolutionäre[n]“ überlegen, die im Vergleich zu ihm „brav und bieder waren, als „Prophet“ dienen.159

4 Fazit

Die Beantwortung der Forschungsfrage hat sich als relativ komplex für den Rahmen einer Projektarbeit heraus gestellt. Nichtsdestotrotz konnte herausgearbeitet werden, wie die Sozialfigur des Spießers in neurechte Sexualitätsdiskurse verwoben ist und dass sie mit individuellen und kollektiven Bewältigungsstrategien bezüglich gestiegener gesellschaftlicher Komplexität sowie der Umstrukturierung der kulturellen Geschlechterordnung im Verlauf der letzten 50 Jahren zusammenhängt.

Die anfängliche These der Spießer- Invektive als patriarchalem Abwehrvektor kann am Ende der Analyse bestätigt werden. Für weitergehende Betrachtungen interessant ist das Paradoxon, dass der Spießer zwar männlich konstituiert ist160, der Feminismus bzw. Weiblichkeit aber in diesem Kontext als das Abstrakte gelten und jene dogmatische Moral symbolisieren, von der man sich als Nicht- Spießer distinguieren möchte. Allerdings verliert Weiblichkeit dadurch seinen Objektstatus trotz der ihm zugeschriebenen Macht nicht und das zur Rebellion gegen ihn angerufene Subjekt bleibt der Mann.

Abschließend ist festzuhalten, dass die in der Jungen Freiheit gestellte Diagnose durchaus zutreffen mag, dass sich eine 'Dialektik der sexuellen Aufklärung' im Zuge des modernen kapitalistischen Rationalisierungsprozesses vollzogen hat. Es wäre jedoch empfehlenswert, diese auch im Sinne einer komplexen dialektischen Entwicklung zu analysieren, anstatt sich ihrer in Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkei t geäußerter personalisierter Kritik zu entledigen und die eigene gesellschaftliche Verantwortung als journalistisches Publikationsorgan, dazu mit akademischem Anspruch, von sich zu weisen. Anstöße161 dazu gab es schließlich bereits vor 1968:

„ Die rationale Gesellschaft, die auf der Beherrschung der inneren und äußeren Natur beruht und das diffuse, der Arbeitsmoral und dem herrschaftlichen Prinzip selber abträgliche Lustprinzip bändigt, bedarf nicht länger des patriarchalischen Gebots von Enthaltsamkeit, Jungfräulichkeit, Keuschheit. […] Das Moment des Unanständigen ist verschwunden. [...] Psychoanalytiker hätten es nicht schwer nachzuweisen, daß in dem gesamten monopolistisch kontrollierten und standardisierten Sexualbetrieb, mit den Schnittmustern der Filmstars, Vor- und Ersatzlust die Lust überflügelt hat. […] Daraus ist jedoch [...] zu schließen, daß die Sexualtabus in Wahrheit nicht fielen. Einzig eine neue, tiefere Verdrängung ist erreicht, mit all ihrem zerstörerischen Potential. Während der Sexus eingegliedert ward, bleibt, was an ihm sich nicht eingliedern ließ, das eigentlich sexuelle Aroma, der Gesellschaft verhaßt.“ 162

5 Literatur

Q uel l enverzei chni s

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Voigt, Martin (2016a): Die Enkel der 68er: Angepasst, tolerant und auf der Suche nach Halt. https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2016/die-enkel-der-68er-angepasst-tolerant-und- auf-der-suche-nach-halt/

Voigt, Martin (2016b): Analsex-Theaterstücke im Klassenzimmer. https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/analsex-theaterstuecke-im-klassenzimmer/

Kelle, Birgit (2017): In Windeseile durchgepeitscht. https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/in-windeseile-durchgepeitscht/

Weiẞmann, Karlheinz (2017): Krankhafte Weigerung erwachsen zu werden. https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/krankhafte-weigerung-erwachsen-zu- werden/

L i t erat urverzei chn i s

Adorno, Theodor W./ Horkheimer, Max (1988): Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Frankfurt am Main: Fischer.

Connell, Raewyn (2015): Der gemachte Mann: Konstruktion und Krise von Männlichkeiten. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Wiesbaden: VS-Verlag.

Gerhard, Ute (2009): Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789. München: C.H.Beck, S. 107–118.

Greiffenhagen, Martin (1984): Das Dilemma des Konservatismus. München: Piper.

Jäger, Siegfried (2012): Kritische Diskursanalyse. Eine Einführung. Münster: Unrast.

Kajetzke, Laura (2010): Der Spießer. In: Moebius, Stephan, Schroer, Markus (Hg.) (2010): Diven, Hacker, Spekulanten. Sozialfiguren der Gegenwart. Berlin: Suhrkamp, S. 366–380.

Lenk, Kurt (1989): Deutscher Konservatismus. Frankfurt am Main: Campus.

Pohl, Rolf (2013): Die feindselige Sprache des Ressentiments. Über Antifeminismus und Weiblichkeitsabwehr in männerrechtlichen Diskursen. L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft, 24, 1, Wien, Köln, Weimar: Böhlau.

Schilk, Felix (2017): Souveränität statt Komplexität.Wie das Querfront-Magazin „Compact“ die politische Legitimationskrise der Gegenwart bearbeitet. Münster: Unrast (Edition DISS).

Stein, Gerd (Hg.) (1985): Philister – Kleinbürger – Spießer. Normalität und Selbstbehauptung. Frankfurt am Main: Fischer, S. 9–18.

Konzeptgruppe „Invektivität“ (2017): Invektivität – Perspektiven eines neuen Forschungsprogramms in den Kultur- und Sozialwissenschaften. In: Kulturwissenschaftliche Zeitschrift, 2. Jahrgang 2017, Heft 1, DeGruyter, S. 2–24.

[...]


1 Konzeptgruppe Invektivität (2017), S.3.

2 Vorstellung des Forschungsprojekts: https://www.degruyter.com/downloadpdf/j/kwg.2017.2.issue-1/kwg- 2017-0001/kwg-2017-0001.pdf

3 Ebd., S.4.

4 Ebd., S.6.

5 http://www.afdsachsen.de/presse/pressemitteilungen/afd-sachsen-linke-verbotspolitik-will-berliner- bevoelkerung-gaengeln.html

6 Vgl. Molinari, Nora (2017): Ist der autoritäre Populismus auf das Wahlprogramm der AfD anwendbar? München: Grin Verlag. Online verfügbar: https://www.grin.com/document/427727

7 http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/zehn-punkte-plan-im-wortlaut-csu-konservativ-ist-wieder-sexy- 15236592.html ; https://www.zeit.de/serie/jung-und-konservativ?p=2

8 Zur milieuinternen Deutung der lila Latzhose: https://www.emma.de/artikel/sieben-klischees-ueber- feministinnen-was-sie-immer-schon-mal-wissen-wollten-265176

9 Moebius, S. /Schroer, M. (2010), S.9.

10 Ebd.

11 Ebd., S.8.

12 Wahl zur Vorwerk Familien-Managerin des Jahres: https://www.presseportal.de/pm/52621/2041714

13 Kajetzke, Laura (2010), S.369.

14 Vgl. Stein, Gerd (1985), S.13.

15 Ebd., S.12f.

16 Ebd., S.13; Kajetzke (2010), S.367.

17 Clemens Brentano um 1811, zit. nach Kajetzke, Laura (2010), S.367.

18 Stein, Gerd (1985), S.10.

19 Kajetzke, Laura (2010), S.367.

20 Clemens Brentano 1811, zit. nach Stein, Gerd (1985), S.12.

21 Die auch oder gerade unter Aufklärern wie bspw. Rousseau weit verbreitete Misogynie soll an dieser Stelle als Inkonsequenz der eigenen humanistischen Ideale gewertet werden.

22 Ebd.

23 Ebd., S.14f.

24 Ebd., S.15f.

25 Ebd., S.16f.

26 https://jungefreiheit.de/informationen/die-geschichte-der-jf/

27 http://assets.jungefreiheit.de/2013/12/Mediadaten_2014_Netz.pdf , S. 2

28 https://jungefreiheit.de/informationen/ueber-den-verlag/

29 https://meedia.de/2018/04/19/ivw-blitz-analyse-ueberregionale-zeitungen-bild-und-bild-am-sonntag- verlieren-mehr-als-10/

30 Ebd. S.4; S.14ff ; https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in- deutschland/61535/bevoelkerung-nach-laendern

31 http://assets.jungefreiheit.de/2013/12/Mediadaten_2014_Netz.pdf S.14ff

32 https://jungefreiheit.de/service/archiv/

33 Vgl. Schilk, Felix (2017).

34 Foucault DE 3, zit. nach Jäger, Siegfried (2012), S.17.

35 Jäger, M. / Jäger, S. 2007, S.23, zit. nach Jäger, Siegfried (2012), S.25f.

36 Jäger, Siegfried (2012), S.90-111.

37 Müller, Baal (2010c).

38 Kuby, Gabriele (2008).

39 Schwarz, Moritz (2008).

40 Ebd.

41 Müller, Baal (2010a).

42 Schwarz, Moritz (2008).

43 Müller, Baal (2010a).

44 Matussek, Matthias (2018).

45 Müller, Baal (2010a).

46 Junge Freiheit Online (2003).

47 Schwarz, Moritz (2008).

48 https://jungefreiheit.de/page/46/?s=islamisierung

49 https://web.ornl.gov/sci/techresources/Human_Genome/publicat/MinorityConcerns-82.pdf

50 Schmidt-Ahmad, F. (2008).

51 Müller, Baal (2010b).

52 Vgl. Lenk, Kurt (1985), S.31.

53 Junge Freiheit Online (2012).

54 Müller, Baal (2010a).

55 Matussek, Matthias (2018).

56 Stein, Dieter (2017).

57 Vollradt, Christian (2013).

58 Zum Stichwort Tomatenwurf vgl. Gerhard, Ute (2009), S.111.

59 Müller, Baal (2010a).

60 Junge Freiheit Online (2003).

61 Laut Platon ist die Gebärmutter 'hysterisch erkrankter' Frauen im Körper auf Wanderschaft gegangen und kann nur durch den Geschlechtsakt und v.a. Schwangerschaft wieder an seinen ursprünglichen Platz zurückgeleitet werden. Vgl. dazu Rabelhofer, Bettina (2003): Zur normativen Kraft des Diagnostischen: Hysterie um 1900. In: Newsletter Moderne. Zeitschrift des SFB Moderne 6, Heft 1, 25-28. Online verfügbar: http://www-gewi.kfunigraz.ac.at/moderne/heft10r.htm

62 https://www.bundestag.de/blob/407124/6893b73fe226537fa85e9ccce444dc95/wd-7-307-07-pdf-data.pdf

63 https://www.gesetze-im-internet.de/prostg/BJNR398310001.html

64 PornNo- Kampagne: https://www.emma.de/artikel/pornografie-264636

65 Junge Freiheit Online (2005).

66 Kelle, Birgit (2018).

67 Junge Freiheit Online (2005).

68 Ebd.

69 Ebd.

70 Ebd.

71 Edler, Lion (2013).

72 https://twitter.com/hashtag/aufschrei?lang=de

73 https://www.tagesspiegel.de/politik/fdp-spitzenkandidat-aufregung-um-sexismus-vorwuerfe-gegen- bruederle/7679274.html

74 https://twitter.com/MeTooMVMT?lang=de

75 https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/festnahmen-nach-sex-attacken-in-koeln/

76 Kelle, Birgit (2016).

77 Junge Freiheit Online (2016).

78 Ebd.

79 Junge Freiheit Online (2016a).

80 Kelle, Birgit (2016).

81 Junge Freiheit Online (2018a).

82 Junge Freiheit Online (2010b).

83 Hoffgaard, Henning (2016).

84 Vgl. Titelbilder in der Zeit 'nach Köln' im Focus: https://www.taz.de/!5267901/, in der Süddeutschen Zeitung: https://www.horizont.net/medien/nachrichten/Rassismus-Vorwuerfe-Sueddeutsche-entschulduigt- sich-Focus-verteidigt-Titelbild-138200; vgl. Titelbilder vom Spiegel: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d- 50990508.html; vom Stern: https://www.horizont.net/medien/nachrichten/Stern-Paper-Howler-NYT- Magazine-Die-Cover-der-Woche-136793.

85 Von Gersdorff, Martin (2013b).

86 Edler, Lion (2011).

87 https://www.tagesspiegel.de/meinung/causa-debatte/ein-zitat-und-seine-geschichte-ich-bin-schwul-und- das-ist-auch-gut-so/11568106.html

88 Weißmann, Karlheinz (2010).

89 Mursula, Anni (2013).

90 Weißmann, Karlheinz (2015); Kelle, Birgit (2017); Mursula, Anni (2013).

91 Kelle, Birgit (2017).

92 Mursula, Anni (2013).

93 Kelle, Birgit (2017).

94 Wegierski, Mark (2003); Weißmann, Karlheinz (2015).

95 Weißmann, Karlheinz (2015).

96 Kelle, Birgit (2017).

97 Weißmann, Karlheinz (2015).

98 Weißmann, Karlheinz (2010).

99 Ebd.

100 Von Gersdorff, Martin (2013a).

101 http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/forschung-zu-missbrauch-in-der-kirche-verlangert

102 Junge Freiheit Online (2010a).

103 Ebd.

104 Junge Freiheit Online (2010b).

105 Junge Freiheit Online (2010a); Junge Freiheit Online( 2010b).

106 Junge Freiheit Online (2010b).

107 Junge Freiheit Online (2010a).

108 Ebd.

109 Ebd.

110 https://www.stern.de/panorama/gesellschaft/skandal-bischof-mixa-schritt-fuer-schritt-in-den-abgrund- 3098186.html

111 Junge Freiheit Online (2010c).

112 Weißmann, Karlheinz (2010).

113 Junge Freiheit Online (2010b).

114 Junge Freiheit Online (2010b).

115 Junge Freiheit Online (2010b).

116 Junge Freiheit Online (2007).

117 Ebd.

118 Vgl. Enderwitz, Ulrich 1998: Zur Pathologie kapitalistischer Krisenbewältigung. 2., erweiterte Auflage. Freiburg; Schilk, Felix (2017), S.93ff.

119 Kuby, Gabriele (2007).

120 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/koerper-liebe-doktorspiele-experten-haben-an-umstrittener- broschuere-nichts-auszusetzen-a-498393.html; http://www.spiegel.de/politik/deutschland/koerper-liebe- doktorspiele-von-der-leyen-stoppt-umstrittene-aufklaerungsbroschuere-a-497527.html.

121 Kurzdokumentation: https://www.youtube.com/watch?v=ysNq6A7B2Wc.

122 Vgl. ebd. ab Minute 3:50.

123 Sächsischer AfD-Landeschef Jörg Urban dazu bei Pegida: https://www.youtube.com/watch? v=KmPfkGcUmeM

124 Kuby, Gabriele (2007).

125 Junge Freiheit Online (2007).

126 Kuby, Gabriele (2007).

127 Junge Freiheit Online (2007).

128 Junge Freiheit Online (2009).

129 Stichwort Gender Mainstreaming.

130 Junge Freiheit Online (2007).

131 Passend dazu stellte Adolf Hitler spekulative Überlegungen zum „Verhältnis des Judentums zur Prostitution und mehr noch zum Mädchenhandel“ an: Vgl. Hitler, Adolf (1925): Mein Kampf, München: Eher Verlag, S.63, online verfügbar: https://agiw.fak1.tu-berlin.de/Scriptorium/Zu%20S37/HAMK1943.pdf

132 Edler, Lion (2011).

133 Voigt, Martin (2016a).

134 Kelle, Birgit (2017).

135 Ebd.

136 https://www.compact-online.de/author/harzheim/

137 https://jungefreiheit.de/author/h-harzheim/

138 Lenk, Kurt (1989), S31.

139 Lenk, Kurt (1989), S.33f.

140 Vgl. Schilk, Felix (2017).

141 https://jungefreiheit.de/service/archiv?artikel=archiv10/201048112667.htm

142 Harzheim, Harald (2010a).

143 Vgl. Pohl, Wolfgang (2013): Die feindselige Sprache des Ressentiments. Über Antifeminismus und Weiblichkeitsabwehr in männerrechtlichen Diskursen. L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft, 24, 1, Wien, Köln, Weimar: Böhlau.

144 Vgl. Connell, Raewyn (2015).

145 Vgl. Ackermann, Jan (2017).

146 Ideologisierter Frauenhass dieser Art ist beobachtbar auf Internetplattformen wie „Incel“ (Involuntary Celibacy / unfreiwilliges Zölibat). Interview dazu mit W. Pohl: https://www.srf.ch/news/panorama/die- duestere-welt-der-incel-gewalttaten-aus-frauenhass-sind-keine-einzelfaelle

147 Lenk, Kurt (1985), S.232f.

148 Moeller (1931), S.111, zit. nach Lenk, Kurt (1985), S.151.

149 Lenk, Kurt (1985), S.156.

150 Vgl. ebd.

151 Vgl. Lenk, Kurt (1985), S.37f.

152 Ebd., S.154.

153 Junge Freiheit Online (2012).

154 Lenk, Kurt (1985), S.231.

155 Vgl. AG Gender-Killer (Hrsg.) (2005): Antisemitismus und Geschlecht. Von „maskulinisierten Jüdinnen“, „effeminierten Juden“ und anderen Geschlechterbildern. Münster: Unrast.

156 Schmitt, Carl, zit. nach Lenk (1989), S.39.

157 Pohl, Wolfgang (2013) S.128.

158 Matussek, Matthias, zit. nach Pohl, Wolfgang (2013), S.133

159 Rabehl, Bernd (2004).

160 Kajetzke, Laura (2010), S.369.

161 Vgl. Marcuse, Herbert (1965): Triebstruktur und Gesellschaft. Berlin: Suhrkamp.

162 Adorno, Theodor W. (1963): Sexualtabus und Recht heute. In: Ders.: Eingriffe. Frankfurt am M, S. 535.

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Zur Dialektik sexueller Aufklärung. Die Spießer-Invektive als Mittel zur Gegenaufklärung
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Soziologie)
Veranstaltung
Spießer, Hipster, Gutmenschen. Zur Soziologie invektiver Sozialfiguren
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
42
Katalognummer
V456947
ISBN (eBook)
9783668889835
ISBN (Buch)
9783668889842
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konservatismus, Neue Rechte, Geschlecht, Invektivität, Sexualität
Arbeit zitieren
Nora Molinari (Autor:in), 2018, Zur Dialektik sexueller Aufklärung. Die Spießer-Invektive als Mittel zur Gegenaufklärung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456947

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