Die Wandmalereien von Thera (Santorini)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

30 Seiten, Note: 2+


Leseprobe


Inhalt

1 Prolog

2 Forschungsgeschichtlicher Abriss

3 Geologischer Abriss

4 Datierung der Fundstelle

5 Akrotiri - Die Stadt und ihre Bewohner

6 Die Wandmalereien von Akrotiri
6.1 Frauenhaus (Haus der Damen)
6.1.1 Das "Papyrusfresko"
6.1.2 Das "Frauenfresko"
6.2 Westhaus
6.2.1 Das "Fischerfresko"
6.2.2 Das "Schiffsfreskos"
6.2.3 Die "Junge Priesterin"
6.2.4 Das Zimmer des Admirals
6.3 Gebäudekomplex Delta
6.3.1 Das "Frühlingsfresko" ("Lilienfresko")
6.4 Gebäudekomplex Beta
6.4.1 Die "Boxenden Knaben"
6.4.2 Das "Antilopenfresko"
6.4.3 Das "Affenfresko"
6.5 Xeste 3
6.5.1 Adoranten- und Altarfresko am Adyton
6.5.2 Die "Herrin der Tiere "
6.5.3 Die "Krokuspflückerin"

7 Resümee

8 Abbildungsnachweis

9 Literatur

1 Prolog

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Thera (synonym verwendet: Santorini, Santorin, Thira, Kallisti) ist die südlichste Insel der Kykladengruppe in der griechischen Ägäis. Sie liegt 75 Seemeilen nördlich von Kreta. Die Vulkaninsel hat heute die Form einer einge-fallenen Kaldera, von der drei Teile landfest sind: Die Hauptinsel Thira (Fira) im Osten, Thirassia im Nordwesten und das kleine Aspronisi im Westen. Der Krater selbst ist mit Meerwasser gefüllt. In der Mitte des Kessels liegen die Inseln Palea Kameni und Nea Kameni, welche von Magma-ausbrüchen in geologisch jüngster Vergangenheit gebildet wurden. Die bislang letzte Eruption fand im Jahre 1950 statt. Mit einem Schiff von Kreta kommend wird Thera als erste Insel bei der Einfahrt in die ägäische Inselwelt erreicht und verfügt somit über eine besonders exponierte Lage. Im Süden der Hauptinsel, in der Ebene von Akrotiri, entdeckte der griechische Archäologe Sp. Marinatos Mitte des 20. Jahrhunderts eine spätbronzezeitliche Siedlung, die starke minoische Einflüsse aufweist. Diese Siedlung wurde seiner Zeit durch einen Ausbruch des Thera verschüttet und dadurch konserviert. Akrotiri birgt die besterhaltene Freskensammlung der vorgeschichtlichen Ägäis. Die Fresken gleichen auf den ersten Blick den bekannten minoischen Wandmalereien von Kreta. Besonders in der angewandten Technik, Motivauswahl, Perspektiven, in den Darstellungskonventionen und Farbkompositionen finden sich Parallelen. Allerdings weisen die theräischen Fresken auch deutliche Unterschiede zu den minoischen Wandmalereien auf. Ziel dieser Arbeit wird es sein, die vorgelegten Wandmalereien von Thera[1] zu besprechen. Der Schwerpunkt dieser Diskussion liegt auf den nichtornamentalen und weitgehend rekonstruierbaren Fresken. Hierbei sollen auch ikonographische Unterschiede zu den kretisch-minoischen Darstellungen heraus gearbeitet werden.

2 Forschungsgeschichtlicher Abriss

Der bekannte griechische Archäologe Spyridon Nikolaou Marinatos führte zu Beginn seiner Karriere in den 1930er Jahren Ausgrabungen auf Kreta durch. Dabei bemerkte er einen Zerstörungshorizont, der das Ende der "Neuen Palastzeit" markiert und bei allen minoischen Villen und Palästen auftritt. Einzige Ausnahme bildet, wie wir heute wissen, der Palast von Knossos. Sp. Marinatos vermutete, dass es sich bei diesem Zerstörungs-horizont um den Niederschlag einer gewaltigen Naturkatastrophe handelt. 1939 veröffentlichte er seine Theorie[2]. Anfangs belächelt suchte Marinatos in der Folgezeit nach Beweisen für seine Theorie. So initiierte er im Rahmen seiner Forschung Grabungen auf der Vulkaninsel Thera. In der Akrotiriebene stieß der Archäologe schließlich auf spätbronze-zeitliche Befunde, welche durch eine vulkanische Eruption verschüttet worden waren. 1967 begann er dort mit systematischen Grabungen und legte einen Teil einer bronzezeitlichen Siedlung frei. Der spätbronzezeitliche Ausbruch des Thera wurde seinerzeit auf etwa 1500 BC datiert. Marinatos sah seine Theorie bestätigt und glaubte Zeit seines Lebens an eine Auslöschung der minoischen Kultur durch die Theraeruption. 1974 verunglückte er tödlich an der Grabungsstelle.

Seit 1974 leitet Christos G. Doumas das Projekt. 1992 legte er eine erste umfassende Grabungsdokumentation vor[3].

Bis heute wurden in Akrotiri ca. 1 ha der spätbronzezeitlichen Siedlung ergraben. Der Großteil davon wurde bereits bis 1974 unter Sp. Marinatos freigelegt. Ein besonderes Highlight der Fundstelle sind die zahlreichen gut erhaltenen Fresken[4]. Die restaurierten Originale befinden sich heute im archäologischen Nationalmuseum von Athen.

3 Geologischer Abriss

Thera verdankt seine Entstehung der Plattentektonik. Unmittelbar südlich der Insel Kreta stoßen nach Norden driftende Bruchschollen der afrikanischen Platte gegen die eurasische Platte und werden in einer nordwärts gerichteten Abwärtsbewegung subduziert. Erreicht das subduzierte Material eine Tiefe um etwa 140 km, wird dieses unter den vorherrschenden p/t-Bedingungen partiell aufgeschmolzen. Weniger dichtes Krustenmaterial drängt als gashaltige Magma entlang von strukturellen Schwächezonen in der Erdkruste nach oben und sammelt sich in Magmakammern. Steigt der Druck in einer solchen Magmakammer über einen kritischen Wert, kommt es zu einer Druckentlastung in Form einer Eruption. Auf diese Weise entstand ein vulkanischer Inselbogen von Nisiros im Osten über Thera bis zum Golf von Korinth im Westen.

Im 2. Jahrtausend BC, während der ägäischen Spätbronzezeit, brach der Thera in einer der schwersten plinianischen Eruptionen der vergangenen 10 000 Jahre aus. Eine Wolke aus Asche und Gasen breitete sich von Thera nach Osten hin über den gesamten östlichen Mittelmeerraum aus, mit erheblichen Folgen für Klima und Umwelt[5]. Die mehrere Zentimeter mächtigen Ablagerungen dieser Wolke bilden heute in der Region einen wichtigen, datierenden Leithorizont. Im minoischen Hafen der der kretischen Nordküste vorgelagerten Insel Psira fanden sich versunkene Handelsschiffe, welche möglicherweise durch einen vom Theraausbruch ausgelösten Tsunami versenkt worden sind. Auch dürfte die psychologische Wirkung einer derart heftigen Eruption auf eine (natur-) religiös geprägte Bevölkerung als erheblich angesehen werden. Eine weitere globale Folge des Ausbruchs, der auch "minoische Eruption" genannt wird, war ein saurer Regen, dessen Spuren noch heute im grönländischen Inlandeis nachweisbar sind.

4 Datierung der Fundstelle

Untersuchungen mit archäologischen Datierungsmethoden von Ch. Doumas zeigen eine Siedlungskontinuität in Akrotiri seit mindestens der mittelkykladischen Periode[6] (~ 1800 BC). Besonders aufschlussreich für die Altersbestimmung der Fresken ist ein Vergleich der künstlerischen Stilelemente mit Wandmalereien aus dem vorderen Orient. Im Westhaus von Akrotiri (s.u.) konnte aus Raum 4 ein Fresko mit einem Schachbrettmuster geborgen werden. Dieses spezielle Muster ist auch aus dem Palast von Mari[7] im heutigen Syrien bekannt. Möglicherweise fanden hier theräische Maler Anregungen. Ebenfalls in Mari wurden Spiralmuster[8] gefunden, wie sie bereits früher aus der Ägäis und von Kreta her bekannt sind und ebenfalls auch für Thera belegt sind[9]. Demnach darf ein bilateraler Austausch zwischen der Ägäis und dem vorderen Orient angenommen werden. Dieser Austausch muss 1759 BC bereits stattgefunden haben. In diesem Jahr zerstörte Hamurabi den Palast von Mari.

Spätestens der spätbronzezeitliche Vulkanausbruch beendete jegliche Aktivität der Bewohner von Akrotiri. Gelingt es die Eruption zu datieren, erhält man folglich ein Schlussdatum für das Bestehen der Siedlung und damit einen terminus ante quem für die theräischen Wandmalereien. In der Fachliteratur eingeführt sind zwei Datierungsansätze, welche auf archäologischen Methoden (Korrelation der gefundenen Keramik u.ä.) beruhen. Das bislang gebräuchliche konventionelle Datum stellt den spätbronzezeitlichen Theraausbruch in die Zeit zwischen 1500 und 1550 BC. Betrancourt (1987) passte die archäologischen Daten den mittlerweile genauer werdenden 14C-Datierungen an, welche ein höheres Alter fordern. Folgt man Betrancourt, so verschiebt sich die archäologische Datierung der Eruption um 100 Jahre nach oben (1600 bis 1650 BC). Beide Daten werden parallel benutzt bzw. konkurrieren miteinander.

Daneben liefert die besondere geologische Situation der Insel Thera Ansätze für verschiedene naturwissenschaftliche Datierungsmethoden. Am Ort der Eruption selbst, auf Santorin, liefern gängige naturwissenschaftliche Verfahren wie z.B. die Thermolumines-zenzmethode (TL) oder die 14C-Datierung aufgrund von spezifischen physikalischen bzw. chemischen Schwierigkeiten nur ungenaue Daten. Im Wesentlichen sind es zwei naturwissenschaftliche Verfahren, die den Anspruch auf eine jahrgenaue Datierung erheben, die Dendrochronologie und die so genannte Eiskernmethode. Beiden Verfahren gemeinsam ist der Ansatz die Eruption indirekt zu datieren.

Der Dendrochronologie stehen aufgrund der schlechten Erhaltungsbedingungen keine Holzproben aus Akrotiri selbst zur Verfügung. Ausgehend von der Überlegung, dass eine heftige plinianische Eruption in der Ägäis (vgl. Kap. 3) negativen Einfluss auf das globale Klima gehabt haben muss, eröffnet sich hier eine indirekte Vorgehensweise. Das Jahr 1627 BC brachte eine deutliche globale Klimaverschlechterung, welche in Anomalien bei Wachstumsringen nordamerikanischer und europäischer[10] Bäume nachweisbar ist. Einige Forscher[11] sehen in dieser Klimaveränderung eine direkte Folge der Theraeruption. Demnach wäre der Thera ein Jahr zuvor, 1628 BC, ausgebrochen. Die Datengrundlage für diese Theorie ist jedoch mehr als dürftig. Für derartige Klimaschwankungen sind eine ganze Reihe anderer Umweltfaktoren denkbar, z.B. Ausbrüche anderer Vulkane, Impaktereignisse, Sonnenaktivität etc.

Vertrauenswürdiger erscheint die moderne Eiskernmethode. Hierbei werden Proben von Kernbohrungen aus dem ewigen Eis Grönlands[12] und der Antarktis (Wostok) untersucht. Die Bohrkerne liefern abzählbare, jahreszeitliche Schichten, welche u.a. Umwelt- und Klimainformationen liefern. In einer Schicht des Jahres 1645 BC (± 7 a) des grönländischen Inlandeis wurde ein ungewöhnlich hoher Säuregehalt registriert[13]. Dieser Befund wird auf einen Niederschlag von sog. saurem Regen als Folge der Theraeruption zurückgeführt. Bei näherer Untersuchung der betreffenden Schicht konnten Spuren von vulkanischer Asche nachgewiesen werden. Diese Partikel wurden von verschiedenen Laboren untersucht und geochemisch mit denen Theras verglichen. Führende Geowissenschaftler identifizierten diese Partikel als Theramaterial[14]. Demnach fand der spätbronzezeitliche Ausbruch des Thera etwa 1648 BC statt. Es werden jedoch zunehmend Stimmen laut, die die angewandten Methoden kritisieren und die vorgelegten Ergebnisse anzweifeln[15]. Als jüngste Entwicklung in diesem Disput will Pearce (2004) die fraglichen Aschepartikel als Material aus einer Eruption des Aniakchak-Vulkans in Alaska identifiziert haben. Die Diskussion über den Eiskernbefund und damit über die Datierung des spätbronzezeitlichen Theraausbruchs ist gegenwärtig im vollen Gange.

5 Akrotiri - Die Stadt und ihre Bewohner

Die Siedlung wird seit 1967 systematisch ergraben. Dabei konnte bislang etwa 1 ha der Stadt freigelegt werden. Über die ursprüngliche Ausdehnung Akrotiris ist nichts Genaues bekannt, bzw. bislang, abgesehen von wagen Vermutungen, nichts veröffentlicht worden. In diesem Zusammenhang bemerkenswert ist, dass bei den bisherigen Grabungen keine Stadtgrenzen festgestellt werden konnten.

Die ausgegrabenen Gebäude lassen sich in drei Klassen kategorisieren[16]:

- große "Herrenhäuser" mit öffentlichen Charakter wie Xeste 2, 3, 4, 5
- große freistehende Gebäude mit privatem Charakter wie das "Frauenhaus" und das "Westhaus"
- Gebäudekomplexe, die der Reihe nach mit Buchstaben des griechischen Alphabetes benannt werden (A, B, Γ, Δ).

Die freistehenden Gebäudetypen weisen teilweise Merkmale minoischer Palastarchitektur auf. So verfügt beispielsweise das Frauenhaus über einen zentralen Lichthof, wie er aus der kykladischen Architektur nicht bekannt ist. Minoische Säulenarchitektur ist für Akrotiri im Grabungsbefund nicht nachweisbar. Dem heutigen Betrachter befremdlich erscheint der Befund von Gemeinschaftsküchen und das Fehlen von separaten Wohneinheiten innerhalb der Gebäudekomplexe[17]. Durch das Grabungsareal zieht sich eine Nord-Süd verlaufende Straße, welche vermutlich die Stadt mit einer Hafenanlage verband. Diese Hauptstraße wurde von Sp. Marinatos Telchines-Straße getauft. Gebäude, die allein für Kulthandlungen dienten oder rein gewerbliche Gebäude wurden bislang, mit Ausnahme der Nordmühle als Zweckbau, nicht entdeckt. Wenn gleich die Nordmagazine vermutlich überwiegend der Lagerhaltung dienten. Eine Unterscheidung in private und öffentliche Bauten ist nicht eindeutig feststellbar. In der Regel wurden scheinbar die oberen Stockwerke als Wohnungen und Kulträume genutzt, während das Parterre gewerblichen Zwecken diente.

[...]


[1] Vor allem: Doumas, Ch. (1992).

[2] Marinatos, Sp. (1939): Die Vulkankatastrophe des minoischen Kreta.

[3] Doumas, Ch. (1992)

[4] Der Begriff Fresko wird hier synonym für alle theräischen Wandmalereien verwendet. Ob ein Wandbild, oder Teile von diesem, auf den noch feuchten Putz oder in Al-Secco -Technik aufgebracht wurde, wird nicht berücksichtigt.

[5] Durchaus vergleichbar mit dem Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora von 1815 und dessen Wirkung. Z.B. fiel in den Sommermonaten des Folgejahres 1816 in Nordamerika und Europa Schnee.

[6] Doumas, Ch. (1992) S. 30; Marinatos, N. (1988), S. 28.

[7] Parrot, A. (1958) S. 10f.

[8] Parrot, A. (1958) S. 67.

[9] Doumas, Ch. (1992) S. 132 f. Abb. 93.

[10] Baillie, M.G.L. (1990).

[11] z.B. LaMarche, V.C. und Hirschboeck, K.K. (1984).

[12] Europ. Greenland Icecore Projekt (GRIP) und das am. Greenland Ice Sheet Project (GISP).

[13] z.B. Friedrich, W. (1994) S. 93.

[14] Manning (1999), Hammer (2003).

[15] vor allem Keenan (2003).

[16] Marinatos, N. (1988), S. 11.

[17] Kommunale Wohngemeinschaften?

inmage

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Die Wandmalereien von Thera (Santorini)
Hochschule
Universität zu Köln  (Archäologisches Institut)
Note
2+
Autor
Jahr
2004
Seiten
30
Katalognummer
V45736
ISBN (eBook)
9783638430883
ISBN (Buch)
9783638658218
Dateigröße
811 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wandmalereien, Thera
Arbeit zitieren
Dirk Herdemerten (Autor:in), 2004, Die Wandmalereien von Thera (Santorini), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45736

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