In der Phase des Bürgertums, die ihre Hochzeit im 19. Jahrhundert hatte, gab es im europäischen und damit auch im deutschsprachigen Raum zahlreiche Veränderungen auf politischer und sozialer Ebene. Unter anderem entstand auch ein neues Familienbild in dieser Zeit: die Kleinfamilie. Mit dieser Veränderung sollten sich auch die Rollen, die Männer und Frauen im gesellschaftlichen Prozess einzunehmen hatten, umgestalten. Diese Arbeit wird sich zu einem Teil damit beschäftigen, wie dieses neue Leitbild aussieht und was es auszeichnet. Um die Rollenverteilung des Bürgertums besser zu verstehen, ist es hilfreich, zunächst zu betrachten, wie das Leben im vorbürgerlichen Zeitalter ablief und welche Einflüsse es prägten, wofür der Agrarstaat Preußen des 18. Jahrhunderts exemplarisch hinzugezogen wird. Die Form des familiären Zusammenlebens, die in der vorbürgerlichen Zeit die dominierende war, ist die des sog. „ganzen Hauses“.
Gründe für den Wertewandel, der für die Veränderung der Rollenverteilung sorgte, war die sogenannte „Bauernbefreiung“. Damit wurde unter anderem die Grundlage dafür geschaffen, dass sich der einzelne Bauer aus der Gutsherrschaft lösen konnte und nun persönlich frei war. Selbiges erscheint deshalb so bedeutsam, da die Bauern in der Folge nun auch vermehrt in die Stadt ziehen und anderen Berufen nachgehen konnten. Die erstarrten Verhältnisse des vorbürgerlichen Zeitalters, in denen die Familie als Arbeitsgemeinschaft existierte, die den Fortbestand des Hofes sichern musste, wurden mit dem Wandel von der Agrar- zur Industriegesellschaft aufgehoben. Das neue Familienideal stützte sich auf protestantisch-pietistische Strömungen des frühen 17. Jahrhunderts und zeichnete sich durch eine Trennung von Wohnung und Arbeitsplatz aus. Nach einer Beschreibung der allgemeinen Rollen von Mann und Frau wird auf die „bürgerlichen Tugenden“ eingegangen, um im Anschluss daran die Rollenverteilung in der Arbeiterschicht und im Bildungs- und Wirtschaftsbürgertum und in der Oberschicht beschreiben zu können. Einer empirischen Untermauerung soll dann noch zum Abschluss vor einem Fazit der Bezug auf die Gegenwart folgen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rollenverteilung im vorbürgerlichen Zeitalter
- Rollen von Mann und Frau im bürgerlichen Zeitalter
- Gründe für einen Wertewandel
- Allgemeine Rolle des Mannes
- Allgemeine Rolle der Frau
- Bürgerliche Tugenden
- Rollenverteilung in der Arbeiterschicht
- Rollenverteilung im Bildungs- und Wirtschaftsbürgertum
- Rollenverteilung in der Oberschicht
- Empirische Untermauerung
- Entwicklung der Rollenbilder in der Gegenwart
- Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Transformation von Geschlechterrollen während der bürgerlichen Epoche, die im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Sie beleuchtet die Veränderungen in der gesellschaftlichen Struktur, die mit der Entwicklung der Kleinfamilie einhergingen, und untersucht die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die traditionellen Geschlechterrollen. Die Arbeit zeigt auf, wie das im Bürgertum entstandene Rollenideal bis heute in der modernen Gesellschaft verankert ist.
- Veränderungen in der Gesellschaft durch die Entstehung des Bürgertums
- Entwicklung des neuen Familienbildes: die Kleinfamilie
- Unterschiede zwischen dem traditionellen und dem neuen Rollenideal
- Die Rolle von Mann und Frau in verschiedenen Gesellschaftsschichten
- Die Bedeutung von bürgerlichen Tugenden für die Geschlechterrollen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine kurze Einführung in die Thematik und stellt die grundlegenden Fragen zur Entwicklung der Geschlechterrollen im Bürgertum. Das zweite Kapitel zeichnet die Rollenverteilung im vorbürgerlichen Zeitalter anhand des Beispiels Preußens im 18. Jahrhundert nach. Es beschreibt die Bedeutung der „Gutsherrschaft“ und die Organisation des „ganzen Hauses“. Das dritte Kapitel bildet den Schwerpunkt der Arbeit und beleuchtet die Rollen von Mann und Frau in den verschiedenen Schichten des Bürgertums. Es geht auf die Gründe für den Wertewandel, die sich durch die preußischen Reformen ergeben haben, ein und untersucht die neuen Rollenbilder in der Arbeiterschicht, dem Bildungs- und Wirtschaftsbürgertum sowie der Oberschicht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Wandel der Geschlechterrollen im Bürgertum, der Kleinfamilie als neues Familienmodell, den Auswirkungen der preußischen Reformen auf die Gesellschaft, der Rollenverteilung in verschiedenen Gesellschaftsschichten, bürgerlichen Tugenden, der Bedeutung der Arbeit für die Geschlechterrollen, der historischen Entwicklung der Frauenarbeit und der empirischen Untermauerung dieser Prozesse.
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- Dipl. Volksw. Stefan Arndt (Author), 2005, Ein kurzer Überblick über Frauen- und Männerrollen im bürgerlichen Zeitalter (1830 - 1915), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45779