Die Genese der Oslo-Verhandlungen von 1993 aus sozialkonstruktivistischer Perspektive


Essay, 2005

12 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Historisch-politischer Kontext zur Genese der Verhandlungen von Oslo
2.1 Von Madrid nach Oslo

3. Die Politik der nationalen Identität Israels: Die Forderung nach einer zeitgeistgemäßen nationalen Identität
3.1 Die Konflikte der kulturell-tradierten nationalen Identität Israels
3.2 Die Konstruktion einer integrierenden nationalen Identität für den Staat Israel

4. Resümmierende Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Es ist Zeit, dem Frieden eine Chance zu geben.“[1]

Die vorliegende Arbeit diskutiert die Genese der Verhandlungen in Oslo (Norwegen) von 1992/93 zwischen dem Staat Israel und der PLO als völkerrechtlich legitimierten Verhandlungspartner des palästinensischen Volkes.[2]

Das hervorragenste, bzw. beständigste Ergebnis dieser Verhandlungen bleibt die reziproke Anerkennung der Verhandlungspartner. Diese Anerkennung manifestierte sich in einem später publizierten Brief vom 9. September 1992 an Ministerpräsident Yitzak Rabin, indem die PLO, die VN-Resolutionen 242 und 338 („Recht des Staats Israel auf Existenz und Sicherheit“) anerkannte, woraufhin Rabin seine Bereitschaft zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem legitimen Vertreter des palästinensischen Volkes (PLO) im Rahmen eines Nahost-Friedensprozesses kundtat.[3] Die ca. ein Jahr später unterzeichnete „Prinzipienerklärung“ in Washington (DC) gilt als historisches Ereignis, das in seiner medialen Inszenierung und hoffnungsvollen Symbolik, ein ebenso historisches Ende nehmen sollte. Während der „Handshake“ den Weg gen Frieden (Oslo I und II; Autonomieabkommen zugunsten der PLO) eröffnen sollte, zerstörte das inhumane und grausame Attentat auf Rabin von 1995 jegliche lebenserhaltenen Maßnahmen des israelischen Staats. Auch wenn es immer der Stärkere sein muss, der in Konfliktdynamiken nachgibt, damit eine Regulation Erfolg hat, das Attentat bewies endgültig, dass Israel kein homogenes Gebilde ist, nicht der eine und einzige starke „jüdische“ Staat. Der jüdisch-fundamentalistische Attentäter Yigal Amir, einer der unzähligen Objekte einer politisierten Religion und die vorherigen Verleumdungen Netanjahus und Sharons[4] gegenüber Rabin und Peres, bewiesen, dass der „Patient“ Israel unter einem akuten Zustand des Identitätskonflikts leidet. Die Politik der „jüdischen Identität“ als nationale Identität des Staates Israel[5] der zionistischen Bewegung (z. B. Theodor Herzls programmatische Schrift „Der Judenstaat“ von 1896), diffudierte kontinuierlich seit der Gründung des israelischen Staats am 14. Mai 1948.

Innergesellschaftliche Transformationen, globalstrategische Komponenten, sowie global-ökonomische Prozesse (Globalisierung, Medialisierung) könnten als Ursache des Identitätskonflikts gelten.

Doch da innerhalb dieser kurzen Arbeit der Fokus ausschließlich auf der Genese der Oslo-Verhandlungen liegt, erweist sich weder eine oberflächliche Diskussion der „Globalisierung“, noch der „globalstrategischen Komponenten“ als funktional. Ebenso erweist es sich nicht als ratsam, z. B. die externen Determinanten (Einfluss z. B. Saudi-Arabiens auf die PLO oder die Rolle islamisch-fundamentalistischer Organisationen wie der Hamas) ausführlich zu betrachten, die die PLO in ihrer Handlungsfähigkeit einschränkten. Und gleichsam erscheint die Erarbeitung des Scheiterns der vollständigen Implementation von Oslo I und II als obsolet. Bei dieser Betrachtung wäre es eventuell angebracht gewesen, die Verhandlungskanäle Oslos intensiver zu betrachten.[6]

Unter der Prämisse, dass der Staat Israel unter einem „Identitätskonflikt“ litt, wird in dieser Arbeit folgende These (kursiv gedruckt) erarbeitet.

Die Genese der Oslo-Verhandlungen von 1992/93 sind primär einer zentralen Motivation zu verdanken : Die Politik der nationalen Identität des Ministerpräsidenten Rabins verfolgte einen Identitätswandel, um einen innergesellschaftlichen Identitätskonflikt Israels zu regulieren, wobei insbesondere ein neues kollektives Gedächtnis generiert werden musste, um die Ankennungsdynamik der Oslo-Verhandlungen zu ermöglichen .

Um diese These, die auf den ersten Blick äußerst komplex erscheint, sinnvoll im Rahmen dieses kurzen Essays zu operieren, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Am Anfang sollten einleitend kurze Worte zum historisch-politischen Kontext (Punkt 2) gefunden werden, also die Ausgangslage zur Genese der Oslo-Verhandlungen betrachtet werden. Der nächste Punkt (Punkt 3) behandelt unter Anerkennung der Prämisse des Identitätskonflikts, die Bedeutung von nationaler Identität und kollektives Gedächtnis für die Genese der Oslo-Verhandlungen (Punkt 3). Danach steht der Weg offen, um die Forschungsergebnisse zum Thema Identitätswandel, bzw. der Generierung eines neuen kollektiven Gedächtnisses, zu präsentieren und die Politik der nationalen Identität in ihrer soziologischen Funktion[7] zu betrachten (Punkt 3). Die Schlussbetrachtung resümmiert die Ergebnisse dieser Arbeit (Punkt 4). Somit steht an dieser Stelle auch nicht zur Debatte, ob dieser Identitätswandel gelungen ist, bzw. ob der Identitätskonflikt reguliert wurde.

Aufgrund der Anforderungen dieser Arbeit werden hier selbstverständlich nur Forschungsergebnisse resümmiert, allerdings wird strikt aus einer sozialkonstruktivistischen Perspektive argumentiert.[8]

2. Historisch-politischer Kontext zur Genese der Verhandlungen von Oslo

In diesem Abschnitt wird ein kurzer Blick auf die historisch-politischen Bedingungen der Genese der Oslo-Verhandlungen geworfen. Dabei steht im Vordergrund, die politischen Verhältnisse zu ergründen, die zur Aufnahme der Oslo-Verhandlungen führten.

[...]


[1] Rabin, Yitzhak zitiert nach Steininger (2003): Cover.

[2] Im Dezember 1971 wurde der Kampf der Palästinenser von der UNO als „Befreiungskampf“ anerkannt.

[3] Vgl.: Steininger (2003): 56 f.

[4] Steininger verwendet den Begriff “Verleumdung“. Ich schließe mich ihm dankend an. Vgl: Steininger (2003): 62

[5] Der Begriff der „Politik der nationalen Identität“ wird im Folgenden (siehe Punkt 3) erläutert.

[6] Ich verweise zu dieser Thematik auf: Putnam/Carcasson (1997)

[7] Wenn innerhalb dieser Arbeit von „soziologischer Funktion“ gesprochen wird, bezieht sich dies auf Schmid, der die soziologische Funktion als „Leistung einer Struktur, die zur Aufrechterhaltung eines Systems dient“, definiert: Schmid (1974): 28. Die strukturelle Konstruktion einer nationalen Identität, leistet für das übergeordnete System des Staats eine für das System notwendige Bindung der Mitglieder der Nation untereinander und eine Abgrenzung nach Außen. Die Politik der nationalen Identität reguliert die graduelle Bindungsintensität, wirkt innerhalb der Gruppe und nach Außen entweder inkludierend oder exkludierend. Die verschiedenen Akteure konstruieren eine spezifische nationale Identität, die durch verschiedene Medien übertragen werden. Entweder dienen systematische Medien (z. B. Implementierung von Gesetzen) oder diskursiv-handlungsförmige Medien (z. B. die Familie, bzw. Normenvermittlung) zur Generierung nationaler Identität.

[8] Ich tue dies, da ich momentan der Überzeugung bin, dass dies der fruchtbarste Weg ist, um Erkenntnisse über dieses Thema zu erlangen. Natürlich sind generell theoretische Verflechtungen der Schulen der Internationalen Beziehungen nicht ausschliessbar, sondern etwaige Exkurse sogar notwendig.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Genese der Oslo-Verhandlungen von 1993 aus sozialkonstruktivistischer Perspektive
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Veranstaltung
Seminar
Note
1,1
Autor
Jahr
2005
Seiten
12
Katalognummer
V45840
ISBN (eBook)
9783638431743
ISBN (Buch)
9783656138815
Dateigröße
587 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dieses Essay behandelt die Genese der Oslo-Verhandlungen zwischen Israel und der PLO und somit nicht die fehlgeschlagene Implementation von Oslo I/II.
Schlagworte
Genese, Oslo-Verhandlungen, Perspektive, Seminar
Arbeit zitieren
Damian Ghamlouche (Autor:in), 2005, Die Genese der Oslo-Verhandlungen von 1993 aus sozialkonstruktivistischer Perspektive, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45840

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