Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem mediävistischen Werk "Herzog Ernst" in der mittelhochdeutschen Fassung B. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Wald-Motiv aus raumtheoretischer Sicht. Angenommen wird, dass das Vorkommen des Waldes im "Herzog Ernst B" in seiner Semantisierung analog zur Entwicklung des Protagonisten steht. Dass er durch den Wald lernt oder mit dem Wald wächst. Dass der Wald die Entwicklungssprünge des Helden umrahmt.
Am Wald wird Fortschritt sichtbar, aber auch teilweise unbegründete (rückschrittliche?) Angst. Der Wald ist vielseitig, er ist groß und mächtig und wird wohl ob seiner Kraft und Dichte nicht zufällig eingesetzt sein, oder etwa doch? Zur Analyse des Waldes wird in dieser Arbeit die Raumtheorie des baltischen Strukturtheoretikers Jurij M. Lotman herangezogen. Um die vorliegenden, vermutlich unterschiedlichen semantischen Aufladungen des Waldes im "Herzog Ernst" greifbar zu machen, ist diese strukturelle Herangehensweise von großem Vorteil. Bewegungen und Oppositionen im Text, die somit in die Betrachtung einfließen, lassen eine fundierte Untersuchung des Motivs und seiner Ausprägungen zu. Die Anwendung des Lotmanschen Raummodell eignet sich für die Analyse eines Raummotivs, wie die hier vorliegende Arbeit es sich als Thema gesetzt hat. Neben der semantischen Aufladung des Waldes wird auch die Funktion des Raumes an sich untersucht. Daher sind die Kriterien der Kombination, der Sujethaftigkeit sowie der oppositionellen Aufladung höchst relevant. Die Bewegungen in diesem und Abgrenzungen zu anderen Räumen können weiteren Aufschluss auf den Text geben.
Zunächst wird die Raumtheorie nach Lotman kurz vorgestellt, um anschließend in das mediävistische Werk "Herzog Ernst B" einzuführen. Dabei werden Genre, Inhalt und Struktur kurz erläutert. Nach diesen Grundlagen kommt es zum eigentlichen Kern der Arbeit, der Analyse des Waldes und seines Vorkommens im "Herzog Ernst B". Die Arbeit schließt mit einem kurzen Fazit. Der Wald trägt im "Herzog Ernst" eine Vielzahl von Bedeutungen: Mal wird der Fortschritt des Mittelalters illustriert, mal hat er einen schützenden Charakter, wieder an anderer Stelle bietet er eine Zone der Abgrenzung vom "Anderen", vom Ausgestoßenen und Nicht-Gesellschaftsfähigen. Er fungiert als Puffer und als Schwelle, das Motiv des Waldes ist sehr vielseitig.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 2. LOTMAN
- 3. ,,HERZOG ERNST“: GENRE, INHALT UND STRUKTUR
- 4. DER WALD
- 4.1. ALLGEMEINES, STRUKTUR
- 4.2. DETAILLIERTE ANALYSEN DER WALDSZENEN
- 4.2.1. ERSTE SZENEN: ÜBERGANG UND ANKUNFT IN ARIMASPI
- 4.2.2. WEITERE SZENEN: KÄMPFE IN ARIMASPI
- 4.2.3. LETZTE SZENE - RÜCKKEHR INS RÎCHE
- 5. FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Analyse des Waldmotivs im mittelhochdeutschen Werk „Herzog Ernst B“ unter Berücksichtigung der Raumtheorie von Jurij M. Lotman. Die zentrale Fragestellung ist, inwiefern der Wald als Raum im Text die Entwicklung des Protagonisten widerspiegelt und welche semantischen Aufladungen er im Laufe des Werkes erhält.
- Die Bedeutung des Waldes in der Literatur und seine symbolischen Bedeutungen.
- Die Anwendung der Raumtheorie von Jurij M. Lotman zur Analyse von literarischen Räumen.
- Die Analyse der verschiedenen semantischen Aufladungen des Waldmotivs im „Herzog Ernst B“.
- Die Beziehung zwischen der Entwicklung des Protagonisten und der Rolle des Waldes im Text.
- Die Bedeutung des Waldmotivs im Kontext der Gesamtstruktur des Werkes.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Natur in der Literatur und insbesondere des Waldmotivs im „Herzog Ernst B“ dar. Sie verdeutlicht die Vielschichtigkeit des Waldes als Raum und seine potenzielle Bedeutung für die Entwicklung des Protagonisten. Anschließend wird die Raumtheorie von Jurij M. Lotman eingeführt, die als Grundlage für die Analyse des Waldmotivs dient.
Das dritte Kapitel bietet eine kurze Einführung in das Werk „Herzog Ernst B“, beleuchtet Genre, Inhalt und Struktur. Die Analyse des Waldmotivs im „Herzog Ernst B“ steht im Mittelpunkt des vierten Kapitels. Es werden die allgemeinen Merkmale des Waldes im Text sowie detaillierte Analysen der verschiedenen Waldszenen vorgestellt, darunter die ersten Szenen, Kämpfe in Arimaspi und die letzte Szene der Rückkehr ins Reich.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Analyse des Waldmotivs im „Herzog Ernst B“, wobei die Raumtheorie von Jurij M. Lotman als theoretischer Rahmen dient. Die Analyse konzentriert sich auf die semantischen Aufladungen des Waldes, seine Funktion als Raum im Text und seine Beziehung zur Entwicklung des Protagonisten. Wichtige Themen sind die semiotische Analyse von Räumen in literarischen Texten, die Bedeutung von Oppositionen und Bewegungen im Raum, sowie die Rolle des Waldes als Ort des Abenteuers, der Gefahr und der Selbstfindung.
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- Judith Brückner (Author), 2014, Das Wald-Motiv im Text "Herzog Ernst B" und die Lotmansche Raumtheorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458948