Martin Heidegger und seine Kritik am Transhumanismus. Wohin führt die technische Optimierung des Menschen?


Fachbuch, 2019

77 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Transhumanismus
2.1 Geschichtliche Entwicklung
2.2 Arten des Transhumanismus
2.3 Philosophische Grundlagen
2.4 Aktuelle Kritik
2.5 Technische Möglichkeiten

3 Zur Philosophie Martin Heideggers

4 Die Technikphilosophie in Heideggers Spätwerk
4.1 Die Frage nach der Technik
4.2 Heidegger und der Transhumanismus – Teil
4.3 Über den Humanismus
4.4 Heidegger und der Transhumanismus – Teil
4.5 Gelassenheit
4.6 Heidegger und der Transhumanismus – Teil

5 Sein und Zeit
5.1 Überblick
5.2 Weltlichkeit der Welt
5.3 Heidegger und der Transhumanismus – Teil
5.4 Befindlichkeit
5.5 Heidegger und der Transhumanismus – Teil
5.6 Sein zum Tode
5.7 Heidegger und der Transhumanismus – Teil

6 Zusammenfassung der Ergebnisse

1 Einleitung

Denn das Fragen ist die Frömmigkeit des Denkens.1

Die Philosophie Martin Heideggers ist im Lauf von knapp 100 Jahren ausführlich diskutiert und kritisiert worden. Sowohl inhaltlich mit seinen eigenwilligen Begriffsbildungen als auch und vor allem hinsichtlich seines Engagements für den Nationalsozialismus erscheinen viele Aspekte sowie Probleme erörtert und vorerst keiner weiteren Diskussion bedürftig. Die rasante kybernetische Entwicklung der letzten Jahrzehnte stellt jedoch neue Sichtweisen auf den Menschen in Aussicht, die das bisherige Menschenbild noch weiter hinterfragen und damit in der antihumanistischen Linie Heideggers liegen. Außerdem werden mit der Kybernetik metaphysische Konzeptionen fortgesetzt, die von Heidegger bereits zu Beginn der kybernetischen Entwicklung kritisiert wurden.

Daher war und ist es zunehmend vielversprechend, den philosophischen Überbau der aktuellen Kybernetik der Philosophie Heideggers gegenüberzustellen. Im speziellen soll jedoch nicht allein die Kritik Heideggers an der Kybernetik und dem zugrundeliegenden Wissenschaftsparadigma das Thema der vorliegenden Arbeit sein, sondern die größtenteils noch spekulativen Ideen über die zukünftige Anwendung der Kybernetik auf den Menschen selbst. Die Ideen von der Weiterentwicklung des Menschen hin zum Cyborg sind filmgeschichtlich bereits Realität geworden und scheinen nun auch in greifbarer Nähe der aktuellen wissenschaftlichen Entwicklung zu liegen. Sogar über den Cyborg hinaus gehen die Spekulationen hin zu einer menschlichen Maschine ohne biologische Grundlage mit einem lediglich menschlichen Bewusstsein. Spekulationen und Ideen dieser Art werden häufig mit dem Begriff des Transhumanismus in Verbindung gebracht und sind Auswüchse des fortgedachten und heute gültigen Wissenschafts­paradigmas. Dessen extremste Ausprägungen in seiner gegenwärtigen Form wirken wie die vorläufige Spitze von Heideggers Rede der Seinsverlassenheit bzw. Seinsvergessenheit. Heidegger kennzeichnet das moderne wissenschaftliche Denken als Ergebnis einer Entwicklung, die mit R. Descartes ihren Anfang genommen und zu einer Verengung des Denkens in eine bestimmte Richtung geführt hat. Das instrumentale Denken der Wissenschaft, vornehmlich der Naturwissenschaft, sieht Heidegger als zwar notwendige und auch wichtige Art des Denkens, in seiner Absolutheit jedoch wesen tlich als zu kurz gekommen an. So stellt er in seiner Spätphilosophie dem instrumentalen Denken ein besinnliches Denken gegenüber, um den Ruf des Seins wieder hörbar zu machen.

In der Tat wirkt das instrumentelle wissenschaftliche Denken an vielen Stellen eindimensional und lediglich auf einen bestimmten Typus von Phänomenen gerichtet. So wesentlich dieses Denken die Lebenswelt des Menschen verändert hat, die elementaren Fragen der menschlichen Existenz bleiben unbeantwortet, ja sogar nicht mehr sinnvoll zu stellen und daher insofern mehr denn je im Dunkeln. „Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?“2 Damit bringt Heidegger einen Aspekt auf den Punkt, der sich mit der wissenschaftlichen Tradition kaum beantworten lässt, weil es nicht in ihren Gegenstandsbereich gehört. Wenn die moderne Physik vom Urknall als Anfang der Welt ausgeht, so ist dies nur eine Beschreibung des Ablaufs, aber keinesfalls eine Antwort auf die Frage nach dem Warum und dem Sinn der Welt. „Die Wissenschaft denkt nicht“3 meint Heidegger und stellt damit ein anderes Denken in den Raum, um das Sein des Seienden, das Sein des Universums als All des Seienden und schließlich vielleicht auch das Warum und den Sinn in einer anderen Art denkbar zu machen. Natur­gemäß muss im Verständnis Heideggers ein solches Denken unwissenschaftlich sein und ist dem Vorwurf der Beliebigkeit, ja sogar der Esoterik4 ausgesetzt. Es bleibt die Frage, woraus sich eine derartige Erkenntnis speist und wie bzw. ob überhaupt damit gearbeitet werden kann. Auch aus diesem Grund erweist sich eine Gegenüberstellung des Transhumanismus und der Philosophie Heideggers in Früh- und Spätwerk als fruchtbar. Die Bedeutungen und der Sinngehalt des komplexen Begriffsapparates gewinnen dadurch ganz nebenbei mehr Kontur. In der Hauptsache jedoch ermöglicht die Philosophie Heideggers eine kritische Darstellung des Transhumanismus, die aus dieser Perspektive bisher noch nicht versucht wurde.

In einem ersten Schritt wird die Untersuchung in Kapitel 2 zunächst einen Blick auf den Transhumanismus in seiner gegenwärtigen Ausprägung werfen und die geschichtliche Entwicklung sowie die unterschiedlichen Strömungen, die unter diesem Begriff zusammengefasst sind, darstellen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei nicht auf einer umfassenden Darstellung von Geschichte und Organisation, sondern auf der Erarbeitung eines Überblicks über die transhumanistische Bewegung. Ausgehend davon und unter Zuhilfenahme der Begriffsdefinition nach M. More als einem führenden Vertreter des derzeitigen Transhumanismus, werden dann die philosophischen Grundlagen und die dahinterstehende, noch inhomogene Metaphysik herausgearbeitet, um sie in den folgenden Kapiteln einer Kritik aus der Perspektive Heideggers zuführen zu können. Neben der entscheidenden Darstellung transhumanistischer Charakteristika wird Kapitel 2 mit einem Einblick in die aktuelle Transhumanismus-Kritik und einer kurzen Evaluation der teils äußerst spekulativen technischen Visionen abgeschlossen.

Die entscheidende Voraussetzung für eine detaillierte Analyse ist ein Verständnis für die Terminologie Heideggers. Daher sollen die Termini erläutert, jedoch nur in Einzelfällen kritisch hinterfragt werden. In der Hauptsache geht es um die Perspektive, die Heidegger gegenüber dem Transhumanismus einnehmen würde. Eine Kritik am Werk Heideggers selbst wird an den Stellen mit einbezogen, die es im Rahmen der Kritik am Transhumanismus erforderlich erscheinen lassen. Dazu wird eine grobe Aufteilung vorgenommen in die Philosophie von Sein und Zeit und die eigentliche Technikphilosophie in Heideggers späterem Werk. Der Trans­humanismus soll also nicht nur anhand der technikkritischen Spätphilosophie Heideggers geprüft, sondern auch auf sein eigentliches Hauptwerk hin reflektiert werden.

Nach ein paar kurzen Bemerkungen zu Heideggers Philosophie und Person insgesamt in Kapitel 3 wird als Ausgangspunkt der eigentlichen Kritik in Kapitel 4 zunächst Die Frage nach der Technik für die Analyse verwendet. Repräsentativ für die Spätphilosophie wird außerdem der Brief über den Humanismus und der Vortrag über die Gelassenheit hinzugezogen. An einzelnen Stellen werden dabei auch andere Werke der Spätphilosophie zur Verdeutlichung verwendet. Methodisch hat es sich als zweckmäßig erwiesen, zunächst die Grundgedanken der jeweiligen Werke herauszuarbeiten und im Anschluss die transhumanistischen Ideen eigens einer Kritik zu unterziehen. Parallel zu jedem Abschnitt über die jeweiligen Werke Heideggers gibt es daher einen eigenen Abschnitt, der speziell eine Kritik des Transhumanismus aus der jeweiligen Perspektive Heideggers beinhaltet.

Kapitel 5 setzt diese Methodik fort und kritisiert den Transhumanismus auf der Basis einzelner Themen von Sein und Zeit. Um die Untersuchung nicht zu sehr auszuweiten, werden drei Schlüsselaspekte aus dem Hauptwerk herausgegriffen und geprüft. Die Herauslösung einzelner Elemente aus einem Werk ist zwar mit Bedacht zu vollziehen, doch der ohnehin schon unvollständige Charakter von Sein und Zeit lässt eine stückweise Verwendung nicht weiter problematisch erscheinen. Vor allem auch deswegen, weil das Werk selbst ohne Fertigstellung äußerst erfolgreich war und vielleicht gerade in seinen voneinander isolierten Teilen philosophiegeschichtlich großen Einfluss ausgeübt hat. Als erstes Element wird der Begriff der Weltlichkeit betrachtet und der transhumanistischen Welt entgegengesetzt, die in ihrer Subjektorientierung Gefahr läuft weltlos bzw. weltarm zu werden. Eine Verdeutlichung erfährt dies anhand des grundsätzlichen Gestimmt-seins des Menschen in der Welt, der Befindlichkeit des Daseins, welcher im Anschluss an die Weltlichkeitsanalyse ein eigener Abschnitt gewidmet ist. Zuletzt bringt der Aspekt des Daseins als Sein zum Tode vielversprechende Einsichten: Der Transhumanismus begreift den Tod als zu überwindendes Hindernis und nicht als ontologische Grunddimension der menschlichen Existenz. Davon ausgehend wird diskutiert, ob es ein Dasein ohne Endlichkeit existieren kann und ob ein unsterblicher Mensch überhaupt noch Dasein und nicht nur etwas Vorhandenes wäre. Eng verknüpft mit dem Projekt von Sein und Zeit ist die Frage nach der Zeitlichkeit der Welt, auf die zum Abschluss Bezug genommen wird. Zusammen mit Kapitel 4 ergibt sich damit eine Kritik des Transhumanismus in sechs Teilen.

Unabhängig von der Philosophie Heideggers drängt sich eine Vielzahl von Fragen im Schlepptau des Transhumanismus. An deren Spitze steht die Frage nach dem Wesen des Menschen. Transhumanistisch ist der Mensch in seiner gegenwärtigen Form ein Auslaufmodell, das im Rahmen der technischen Evolution durch etwas Besseres ersetzt werden wird. Die aktuelle Wissenschaft mag in dessen Realisierung an Grenzen stoßen, sie kann darin jedoch nur bedingt Anstoß nehmen, da es sich ihrem Wesen nach um die gleiche technische Denkstruktur handelt. Die Philosophie Martin Heideggers ermöglicht demgegenüber einen anderen Zugang zum Menschen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht entsprechend darin, anhand von Kernelementen aus Heideggers Früh- und Spätphilosophie ungeklärte Annahmen des Transhumanismus aufzuklären und dadurch einer fundierten Kritik zuzuführen.

2 Transhumanismus

If you’re tired of the ills of the flesh, then get rid of the flesh: we can do that now. If the universe isn’t good enough for you, then remake it, from the ground up.5

Der Transhumanismus ist keine eindeutig definierte geistige Strömung, sondern besteht in mehreren Ausprägungen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Zum einen liegt dies in der Natur einer Bewegung, die noch am Anfang ihrer Entwicklung steht; zum anderen besitzt jede philosophische Strömung verschiedene Vertreter mit mehr oder weniger großen Differenzen. Dennoch ist ein Kernelement aller Richtungen auszumachen, nämlich die Verbesserung des Menschen mit technischen und wissenschaftlichen Mitteln. Das Ziel ist die Überwindung des gegenwärtigen Menschen hin auf einen zunächst trans- und schließlich posthumanen Zustand. So wird im Oxford Dictionary der Transhumanismus wie folgt definiert: „The belief or theory that the human race can evolve beyond its current physical and mental limitations, especially by means of science and technology.“6

Über das Ziel des transhumanen Zustands hinaus wird es jedoch schwieriger, Überschneidungen aller Ausprägungen zu finden. Erstens ist unklar, welche Eigenschaften am Menschen verbessert werden sollen; zweitens sind die potenziellen technischen Mittel vielseitig und zum Teil zwar theoretisch anwendbar, aber in der Praxis noch unerforscht. Schließlich bleibt offen, wann der trans- und posthumane Zustand erreicht ist. Eine detaillierte Definition des Transhumanismus und deren Analyse wird in Abschnitt 2.3 über die philosophischen Grundlagen gegeben. Zunächst ist es aber sinnvoll, den historischen Verlauf der transhumanistischen Entwicklung zu skizzieren.

2.1 Geschichtliche Entwicklung

Transhumanistische Ideen im Sinne einer Verbesserung oder Ersetzung des Menschen lassen sich bereits auf die ersten Zeugnisse menschlicher Kultur zurückführen. So können etwa Rituale und Zeremonien der Urvölker zur individuellen und kollektiven Stärkung - etwa zum Schutz vor Umweltgefahren - als Urform transhumanistischer Gedanken angesehen werden. Konkretere Ideen zur Schaffung verbesserter und neuer Menschen haben sich z.B. materialisiert in Form des Golems als menschenähnlichem Wesen mit besonderer Kraft, des Homunculus als künstlich geschaffenem Menschen in der alchemistischen Theorie oder der mechanischen Androiden im 17. / 18. Jahrhundert.

Die Evolutionstheorie von Ch. Darwin in der Mitte des 19. Jahrhunderts hat nicht nur die Erkenntnis gebracht, dass alle Organismen und auch der Mensch durch Variation und natürliche Selektion entstanden sind, sondern in der Folge auch die Möglichkeit in Aussicht gestellt, dass der Mensch durch genetische Methoden weiterentwickelt werden kann. So waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eugenische Überlegungen in vielen Ländern verbreitet und wurden auch praktisch umgesetzt. J. Huxley (1887-1975), als einer zu jener Zeit bekannten Eugeniker, hat vor diesem Hintergrund den Begriff des Transhumanismus als einer der ersten7 in den 1950er Jahren verwendet und definiert als: „man remaining man, but transcending himself, by realizing new possibilities of and for his human nature.“8 Damit hatte J. Huxley noch ein anderes Verständnis des Transhumanismus als es heute in seinen verschiedenen Formen der Fall ist: Der Mensch bleibt Mensch und realisiert darauf aufbauend neue Möglichkeiten. Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg hat jedoch weitere spektakuläre technische Errungenschaften und damit neue Möglichkeiten für eine transhumanistische Überschreitung des Menschen hervorgebracht. So haben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Nutzbarmachung der Atomenergie, die Entwicklung der Raumfahrt, die Erfindung des modernen Computers oder die Fortschritte in der Biotechnologie den Boden bereitet für das größtenteils unbedingte Vertrauen in den (natur-) wissen­schaftlichen Fortschritt.

Mit der Beschleunigung des technischen Fortschritts haben sich zunehmend transhumanistische Ideen entwickelt. Ein erster Grundstein des modernen Transhumanismus ist mit R. Ettingers Werk Man into Superman (1972) gelegt, worin mögliche technologische Verbesserungen des Menschen diskutiert werden. Ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung des Transhumanismus ist das Werk Engines of Creation (1986, E. Drexler) im Bereich Nanotechnologie, welches die Umgestaltung der Materie mit Kleinst-Robotern in der Größenordnung von Nanometern thematisiert; mit dieser Technologie werden dem Menschen grenzenlose Möglichkeiten zur materiellen Transformation seiner Umwelt in Aussicht gestellt. Humanoide Roboter, die den nächsten Evolutionsschritt nach dem Menschen darstellen könnten, werden diskutiert in dem Buch Mind Children (1988, H.P. Moravec) aus dem Bereich Künstlicher Intelligenz und Robotik. Are you a transhuman ? (1989, FM-2030) wartet schließlich auf mit einer ersten Darstellung transhumaner Eigenschaften.

Die bis dahin getrennt voneinander bestehenden Beiträge wurden Anfang der 1990er mit der Gründung der transhumanistischen Strömung der Extropianer konsolidiert.9 Damit wurde dem Transhumanismus durch M. More und T. Morrow - neben einer detaillierten Definition - erstmals eine Organisation (Extropy Institute) zugeordnet und auf diese Weise eine Plattform für den trans­humanistischen Gedankenaustausch geschaffen. Bereits in dieser Bewegung wird das elementare Merkmal des Transhumanismus ersichtlich: Die Verbesserung des Menschen und seiner Lebensbedingungen. Der Begriff Extropy ist eine Wortneuschöpfung und wird verwendet als Gegenbegriff zur Entropie, die ein Maß für die Zahl der Zustände eines thermodynamischen Systems darstellt. Anschaulich ist die Entropie ein Maß für die Unordnung. Die Extropianer wollen gewissermaßen der Unordnung im menschlichen System durch technische Entwicklung entgegenwirken.

Das Extropy Institute wurde 2006 geschlossen und von der World Transhumanist Association (WTA) als zentraler transhumanistischer Organisation abgelöst. Die WTA wurde bereits 1998 von N. Bostrom und D. Pearce gegründet und firmiert heute unter dem Namen Humanity+. Auch diese Organisation propagiert die Agenda der Veränderung des Menschen mit technischen und wissenschaftlichen Mitteln auf seine transhumane Form hin. Nichtsdestotrotz ist der Transhumanismus bis dato keine einheitliche Philosophie, sondern beinhaltet eine Vielzahl teils sehr unterschiedlicher Ausprägungen.

Von manchen Autoren wird der Transhumanismus auch als Posthumanismus bezeichnet, weil es erklärtes Ziel ist, den Menschen auf eine posthumane Form hin zu überwinden. Auch wenn dies eine sinnvolle Begriffsbildung ist, soll dem aus Gründen der Eindeutigkeit nicht gefolgt werden. Der Grund liegt darin, dass mit dem Posthumanismus auch eine weniger technisch geprägte Strömung in geisteswissenschaftlicher Tradition verbunden ist, die sich in erster Linie mit der Problematik vorhandener Menschenbilder auseinandersetzt und diese zu dekonstruieren versucht. Zwar wird diese Strömung zunehmend auch vom technisch bedingten Veränderungspotenzial beeinflusst, weil sich nicht nur viele Vorstellungen vom Menschen als falsch erwiesen haben, sondern der Mensch auch in seiner körperlichen Form verändert werden könnte. Dennoch geht es hauptsächlich um die Frage, wer oder was der Mensch ganz grundsätzlich ist. Der Transhumanismus oder technische Posthumanismus glaubt hingegen relativ genau zu wissen, was der Mensch ist: Nämlich ein wissenschaftlich definierbarer Gegenstand, der durch technische Mittel verbessert werden soll und muss. Ausgehend von diesem Hintergrund soll im Folgenden der Begriff des Transhumanismus zunächst über seine verschiedenen Arten genauer eingegrenzt werden.

2.2 Arten des Transhumanismus

Im Grunde lassen sich so viele Transhumanismen angeben wie es technologisch unterschiedliche Arten von möglichen Verbesserungen der menschlichen Natur gibt. So spannt sich zwischen der evolutionär-eugenischen Weiterentwicklung bis hin zur Kolonialisierung des Universums mit menschlicher Computerintelligenz ein weites Gebiet transhumanistischer Szenarien. Die Spitze wird durch die Singularitarier um R. Kurzweil gebildet und stellt ihrerseits bereits eine Synthese von mehreren Techniken und transhumanistischen Visionen dar. Endgültiges Ziel der Singularitarier ist die Verschmelzung des menschlichen Geistes mit intelligenten Robotern und die Besiedlung des Universums mit (ursprünglich) menschlicher Intelligenz.

Darin sind bereits zwei Transhumanismen verarbeitet: Zum einen die Entwicklung von superintelligenten Maschinen im Rahmen der künstlichen Intelligenz und zum anderen die atomare Umgestaltung der Materie durch Nanotechnologie. Die Ablösung des Menschen durch intelligente Roboter wurde bereits von H. Moravec u.a. prognostiziert, die Entwicklung von molekülgroßen Assemblern zur beliebigen materiellen Analyse und Synthese durch E. Drexler in Aussicht gestellt. Kurzweil verwendet beide Ideen, indem er das menschliche Gehirn durch Nanoroboter analysieren und eine Kopie davon schließlich auf einem leistungsfähigen Computer implementieren will, um die jeweilige Person in einem Computer wieder­auferstehen zu lassen, und zwar mit praktisch omnipotenten Fähigkeiten.

Die Voraussetzung dafür ist, dass die Kognitionswissenschaft ein ausreichend zuverlässiges Modell des menschlichen Bewusstseins bzw. der Funktionsweise des Gehirns entwickelt. Im Rahmen der Kognitionstheorie ist damit ein weiterer Bereich für transhumanistische Spekulationen gegeben: Von der pharma­kologischen Intelligenzsteigerung über kybernetische Gehirn-Computer-Schnittstellen bis hin zum Mind Upload, also der Übertragung des menschlichen Geistes auf einen Computer.

Da die genannten Technologien bisher noch spekulativ sind, greift Kurzweil in seinem speziellen Transhumanismus zunächst auf die Biotechnologie zurück, um den Menschen mit deren Hilfe zu optimieren. Darin ist vorerst auch das Hauptaktionsfeld des Transhumanismus zu sehen. Viele (Bio-)Technologien wie die Entschlüsselung des menschlichen Genoms oder die sog. Genschere sind verfügbar oder scheinen in greifbarer Nähe und könnten daher zahlreiche Wege zur Umgestaltung der menschlichen Natur sein. Auch hier eröffnen sich viele Möglichkeiten von der genetischen Therapie ererbter Krankheiten über Maßnahmen zur Lebensverlängerung hin zur körperlichen und mentalen Leistungssteigerung.

Kurzweil geht davon aus, dass die Entwicklung und Konvergenz unterschiedlicher Technologien zu einem speziellen Zeitpunkt, der als sog. Singularität bezeichnet wird, alles bisher bekannte exponentiell überschreiten und das Universum im Ganzen beeinflussen wird. Ein vergleichbares Szenario hat 1994 bereits der Extropianer und Physiker F. Tipler10 vorgestellt. Es lassen sich also keine klar abgrenzbaren Strömungen im Transhumanismus festlegen, sondern höchstens unterschiedliche Schwerpunkte, die von Zeit zu Zeit variieren und sich technologisch überschneiden. Die Extropianer insgesamt sind weniger auf bestimmte Technologien oder Entwicklungspfade festgelegt, sondern definieren sich durch die von M. More Anfang der 1990er aufgestellten und relativ allgemein gehaltenen Extropian Principles 11. Die Extropianer ähneln insofern organisatorisch den Transhumanisten, die sich in der Transhumanist Declaration 12 von Humanity+ wiederfinden. Ein wesentlicher Unterschied beider Richtungen liegt jedoch in der Berücksichtigung von politisch-sozialen Fragen des Transhumanismus bei Humanity+.

Die politisch-gesellschaftliche Dimension selbst kristallisiert weitere trans­humanistische Positionen heraus: von einer rein technologischen Entwicklung ohne Berücksichtigung sozial-politischer Belange – wie der Frage des gerechten Zugangs zu Technologien - bis hin zu staatlichen Beschränkungen von technologischem Enhancement aufgrund gesellschaftlicher Gefahren. Tendenziell stehen Transhumanisten staatlichen Eingriffen kritisch gegenüber; dennoch wurde 2004 von N. Bostrom und J. Hughes als führenden Transhumanisten das Institute for Ethics and Emerging Technologies (IEET) gegründet, um die sozialen und politischen Implikation des Human Enhancement besser zu verstehen und eventuelle Gefährdungen vermeiden zu können.

Weiterhin wäre es denkbar, den Transhumanismus danach zu klassifizieren, was am Menschen schwerpunktmäßig verbessert werden soll. Eine spezielle Richtung hat sich um A. De Grey in Bezug auf die Ausdehnung der Lebensspanne herausgebildet. De Grey versucht im Rahmen der SENS 13 Research Foundation den Beweis zu erbringen, dass der Mensch prinzipiell unbegrenzt mit medizinischen Mitteln erneuert werden kann und so ewiges Leben möglich wird. Nachdem die entsprechende Technologie noch nicht verfügbar ist, besteht die Option, den toten Körper - z.B. mit Hilfe der Alcor Life Extension Foundation - kryonisch einfrieren zu lassen, um ihn dann in der technologisch weiterentwickelten Zukunft eventuell wiederzubeleben. Neben der Ausdehnung der Lebensspanne lassen sich allgemeiner die Verbesserung emotionaler, intellektueller und weiterer physiologischer Fähigkeiten14 auflisten.

Jenseits der unterschiedlichen technischen Ausprägungen besitzt der Trans­humanismus ein durchaus homogenes philosophisches Fundament, jedoch weniger bewusst geformt, sondern vielmehr als unbewusster Ausfluss onto­logischer Voraussetzungen der zugrundeliegenden Naturwissenschaften.

2.3 Philosophische Grundlagen

Als Ausgangspunkt für die Erarbeitung der philosophischen Grundlagen soll die erste moderne (1990) und kanonisch gewordene Definition des Transhumanismus durch M. More Verwendung finden:

Transhumanism is a class of philosophies of life that seek the continuation and acceleration of the evolution of intelligent life beyond its currently human form and human limitations by means of science and technology, guided by life-promoting principles and values.15

In dieser Definition wird nochmals dargelegt, dass mehrere Ansätze unter dem Begriff des Transhumanismus subsumiert werden können. Eine erste Gemeinsamkeit aller Richtungen liegt in der Anwendung des Evolutionsbegriffs. Angespielt wird damit auf die von Ch. Darwin postulierte biologische Evolution und deren Kernkonzept: survival of the fittest. Nach der Transhumanistin M.J.S. Leis soll damit aber keinem Sozialdarwinismus im Sinne H. Spencers Vorschub geleistet werden, sondern ein Überleben des Angepasstesten ausgedrückt sein. Optimal angepasst an seine Umwelt ist der Mensch vor allem aufgrund seiner technologischen Möglichkeiten, die es ihm erlauben auch in lebensfeindlichen Bereichen wie dem Weltraum zu überleben.16 Dabei ist zu bemerken:

- Der Mensch passt sich mittlerweile weniger an die Umwelt an, als dass er umgekehrt die Umwelt nach seinen Bedürfnissen umgestaltet.
- Die biologische Evolution thematisiert nur indirekt die Entwicklung technischer Geräte, sondern die Veränderung des Organismus in Bezug auf Umwelteinflüsse.
- Angesichts libertärer Strömungen im Transhumanismus, welche dem freien Markt die Entwicklung der Technologien überlassen will, ist doch eher von einem Sozialdarwinismus auszugehen.

Der Begriff der Evolution wird transhumanistisch daher in einem größeren Kontext verwendet und auf unterschiedliche Phänomene angewendet. So sind künstliche, nicht-biologische Implantate genauso Teil der menschlichen Evolution wie gezielte genetische Veränderungen. Außerdem ist mancherorts von einer technischen Evolution die Rede, gerade so als ob nicht die Technik den Menschen begleitet, sondern umgekehrt der Mensch nur Wegbereiter intelligenter Technik wäre, die irgendwann in Form von Robotern Selbstbewusstsein erlangt und den Menschen in einer umfassend gedachten Evolution ablöst. Die Definition von M. More ist diesbezüglich zurückhaltender verfasst und sieht die Technologie lediglich als Mittel, um intelligentes Leben über seine derzeitige menschliche Form hinaus zu entwickeln. Der verwendete Begriff der Evolution muss daher allgemeiner als nach oben gerichteter Prozess verstanden werden, der zu einer intellektuellen, physischen und psychischen Verbesserung17 des Menschen führt.

Die psychische Verbesserung kann sich darin äußern, dass der trans- und posthumane Mensch bessere Kontrolle über seine geistigen Zustände hat, z.B. über Gefühle wie Liebe oder Hass18, womit auch eine vermeintliche moralische Verbesserung des Menschen erreicht werden soll. Daraus wird ersichtlich, dass der Mensch nicht nur körperlich als technische Apparatur verstanden wird, sondern auch geistig und bis auf die Ebene der Gefühle manipuliert werden kann. Dieses mechanistische Denken geht zurück auf die Zeit der Entwicklung der neuzeitlichen Naturwissenschaft im 16. / 17. Jahrhundert und mündet heute in der Vorstellung vom Menschen als körperlicher Hardware mit dem Bewusstsein als Software. Derart wie die Software umgeschrieben werden kann, können auch Gefühle umprogrammiert und positiver ausgerichtet werden. So wie die Hardware durch leistungsfähigere Teile ersetzt oder ergänzt werden kann, so können auch Komponenten des menschlichen Körpers ausgetauscht oder optimiert werden. Die technische Vorstellung vom Menschen manifestiert sich auch in den Moralvorstellungen. Danach wäre moralisches Verhalten nicht mehr hauptsächlich an ein sich frei entscheidendes Individuum gebunden, sondern gezielt durch die richtige Auswahl der Gene oder eine entsprechende Pharmakologie zumindest in groben Bahnen steuerbar.

Die Moralvorstellungen im Transhumanismus sind bis dato zu keiner eigenständigen Theorie ausgearbeitet, sondern wie in obiger Definition oft sehr vage angedeutet. Lebensbejahende Werte und Prinzipien sind zwar positiv konnotiert, können aber konkrete Moralprobleme schwer beantworten. Der Angelpunkt vieler moralischer Überlegungen im Transhumanismus ist ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Hedonismus. Negativ besetzte Gefühle sollen vermieden, positive Gefühle verstärkt werden. In der Konsequenz ergibt sich damit ein nutzenorientiertes Kalkül der vorgestellten Evolution des Menschen, welches das Wohl des Individuums dem eventuell größeren Gesamtwohl aller unterordnet: So werden etwa die vermeintlich positiven, zukünftigen Auswirkungen von Technologie im Vergleich zu den Risiken wesentlich stärker gewichtet. Der Transhumanismus orientiert sich damit an der angelsächsischen Tradition des Utilitarismus. Trotz der sich utilitaristisch ergebenden Einordnung des Individuums in das (zukünftige) Gesamtwohl, ist der Transhumanismus ansonsten äußerst individualistisch geprägt: Politische und soziale Überlegungen werden eher am Rand thematisiert. Im Vordergrund stehen die Überschreitung und Optimierung des einzelnen Menschen.

Auf Seiten der Transhumanisten wird diese Überschreitung geschichtlich weit zurückverfolgt und die technologische Optimierung als moderne Fortsetzung davon betrachtet. Ein erster, geläufiger Bezugspunkt der neuzeitlichen Philosophie bildet dabei der Renaissance-Humanismus im Sinne einer geistigen und körperlichen Entfaltung des Menschen. Dabei wird weniger auf die Bewegung im gesamten Bezug genommen, sondern lediglich der für den Transhumanismus nutzbare Anteil herausgelöst und in Anspruch genommen. Eine Ähnlichkeit zwischen beiden Bewegungen besteht deswegen nur oberflächlich19: Der Trans-humanismus ist kein fortgesetzter Humanismus, sondern vielmehr ein Transhuman -ismus, d.h. eine Summe von technologischen Überlegungen zur Überwindung des Menschen in seiner gegenwärtig beschränkten, leiblich-leidlichen Konstitution. Nichtsdestotrotz sieht sich der Transhumanismus in seinem Selbstverständnis als zeitgenössischer Humanismus20: „Transhumanism can be viewed as an extension of humanism, from which it is partially derived.“21

Ein ausführlicheres Urteil muss an dieser Stelle unterbleiben, zumal der Humanismus keine homogene Bewegung einer bestimmten Epoche ist, sondern über die Jahrhunderte bis in die Gegenwart zahlreiche Erweiterungen erfahren hat. Allerhöchstens könnte man den Transhumanismus betrachten als: „outgrowth of modern humanism. As such, transhumanism is secular, rationalist, individualistic, and concerned with the attainment of individual happiness.”22 Für den Transhumanismus bedeutsam ist jedoch der Renaissance-Humanismus insofern, als damit eine neue Ära der Naturbeobachtung eingeleitet wurde, welche die großen naturwissenschaftlichen Entdeckungen des 16./17. Jahrhunderts ermöglichte und in der Begründung der modernen Naturwissenschaften mündete. Diese wiederum sind der Schlüssel zur Verbesserungsidee des Transhumanismus mit wissenschaftlichen und technischen Mitteln. Darüber hinaus wird anhand der Philosophie Heideggers noch zu untersuchen sein, inwieweit die Entstehung der modernen Naturwissenschaften nicht nur ein Mittel zur Umgestaltung der Lebensbedingungen des Menschen darstellt, sondern grundlegend das Denken als rechnende Vernunft sowie das Selbst- und Weltverständnis beeinflusst und damit das Phänomen des Transhumanismus erst ermöglicht hat.

In jedem Fall ist der Transhumanismus durchdrungen vom empirischen Denken der modernen Naturwissenschaft und materialistisch geprägt. Dies äußert sich etwa in dem Gedanken, den Menschen durch pharmakologische oder genetische Modifikation moralischer oder glücklicher machen zu können. Der Geist oder das Bewusstsein sind damit keine von der Materie unabhängigen Seinsbereiche, sondern Begleiterscheinungen einer bestimmten materiellen Verfasstheit. Es wird also ein monistisches Weltbild zugrundegelegt, dessen Grundlage die Materie ist. Umgekehrt gibt es transhumanistische Positionen, die einen dualistischen Zugang andeuten: Der Computerwissenschaftler H. Moravec geht von einer „natürliche[n] Dualität von materiellem Körper und abstraktem, sich selbst interpretierenden Geist“23 aus. Vor allem das Mind Uploading als Übertragung des biologisch gebundenen menschlichen Geistes auf einen Computer greift die Einteilung von R. Descartes in eine res cogitans und eine res extensa auf: Das Bewusstsein fungiert als denkende Substanz und wird vom ausgedehnten, kohlenstoffbasierten Körper auf einen siliziumbasierten überführt. Denkbar wäre zwar auch eine monistische Position einzunehmen, d.h. den Geist als Ergebnis siliziumbasierter Rechenoperationen zu interpretieren. Dennoch scheint hier der Gedanke einer Reinkarnation bzw. Re -installation wiederaufgegriffen zu werden, in der mentale Prozesse von einem Medium auf ein anderes überführt werden. Durch einen Gehirnscan werden die geistigen Informationen vollständig übertragen und bleiben erhalten, wohingegen der Körper als Substrat ausgetauscht wird. Auf diese Weise wird ein im Prinzip ewiges Leben mit unendlichen Möglichkeiten der Verkörperung verfügbar.

In diesem Punkt wird eine Seite des Transhumanismus sichtbar, die bisher den Religionen vorbehalten war: Ewiges Leben in einem transformierten Körper ist ein Kerngedanke verschiedener Religionen. Insbesondere das Konzept der Singularität von R. Kurzweil24 weist in seiner Konzeption Parallelen zur Ankunft Gottes in der nicht allzu fernen Zukunft auf. Als Gott müssen dabei Computer herhalten, die bis dahin so außergewöhnlich intelligent sind, dass sie den Menschen um ein Vielfaches übertreffen; nur wer als Upload mit den Maschinen verschmilzt, kann die Apotheose miterleben. Sicherlich gibt es viele praktische und theoretische Unterschiede und Gegensätze zwischen etablierten Religionen und transhumanistischen Gruppierungen. Zu nennen wäre etwa eine differenzierte Praxis von Gebeten und Ritualen einerseits und vor allem eine gewisse Unbeeinflussbarkeit und Gegebenheit natürlicher Abläufe andererseits in der Tradition religiöser Lehren. Inwieweit es eine institutionelle Konvergenz gibt, wird die zukünftige Entwicklung zeigen. Jedenfalls hat sich bspw. bereits die Mormon Transhumanist Association etabliert, welche die Idee der Singularität mit der Lehre der Mormonen in Verbindung bringen will. An seinen extremen Rändern hat der Transhumanismus daher eine „quasi-religiöse Vorstellungswelt“25.

In Verbindung mit religiösen Grundgedanken ist der Transhumanismus auch geprägt von verschiedenen Mythologien. So benennt M. Hauskeller neben dem Mythos des unvermeidbaren Fortschritts oder der Allmacht der Wissenschaft 26 vor allem den Mythos von Utopia als Kernelement des Transhumanismus27: Weltfrieden, ökonomischer Wohlstand und dauerhaftes menschliches Glück sind beständige Merkmale transhumanistischer Zukunftsszenarien. Das Glück bzw. Wohlbefinden ist hier jedoch nicht das Ergebnis religiöser Frömmigkeit, tugendhaften Verhaltens oder eines idealen Naturzustandes, sondern resultiert aus der technischen Entwicklung selbst: Wenn die richtigen Techniken in Pharmakologie, Genetik, Kybernetik und anderen Forschungsbereichen verfügbar und finanziell erschwinglich sind, dann kann jeder sein persönliches Glück und Wohlbefinden individuell und ohne Mühe fabrizieren. So verspricht die Transhumanist Declaration in Absatz 2: „There are possible scenarios that lead to wonderful and exceedingly worthwhile enhanced human conditions.“28 Oder mit den Worten von S. Marsen:

[...]


1 Heidegger, M., Die Technik und die Kehre, S.36.

2 Heidegger, M., Was ist Metaphysik?, S.23.

3 Heidegger, M., Was heißt Denken?, S.4.

4 Vgl. Trawny, P., S.10 f..

5 Regis, E., S.7.

6 Oxford Dictionary, Transhumanism.

7 Vgl. Harrison, Peter; Wolyniak, J., S. 465-467.

8 Huxley, J., S.17.

9 Vgl. Hughes, J., S.164.

10 Vgl. Tipler, F., Die Physik der Unsterblichkeit.

11 Vgl. Hughes, J., S.166.

12 Vgl. More, M., Vita-More (Hg.), N., S.14 f..

13 Strategies for Engineered Negligible Senescence.

14 Vgl. Sorgner, S.L., Transhumanismus - Die gefährlichste Idee der Welt!?, S. 36-39.

15 https://humanityplus.org/philosophy/philosophy-2/ .

16 Vgl. Leis, M.J.S., S.51.

17 Vgl. https://humanityplus.org/philosophy/transhumanist-faq/, What is transhumanism?.

18 Vgl. https://humanityplus.org/philosophy/transhumanist-faq/ , What is a posthuman?.

19 Vgl. Jansen, M., S.283.

20 Vgl. Sorgner, S.L., „Introducing Post- and Transhumanism“, In: Post- and transhumanism, S.8.

21 https://humanityplus.org/philosophy/transhumanist-faq/ , What is transhumanism?.

22 Tirosh-Samuelson, H., „A Critical Historical Perspective on Transhumanism”, In: , S.35.

23 Moravec, H., Computer übernehmen die Macht, S.120.

24 Vgl. Kurzweil, R., S.21 ff..

25 Tirosh-Samuelson, H., „Religion“, In: Post- and Transhumanism, S.68.

26 Vgl. Hauskeller, M., S.8.

27 Vgl. ebd., S.13.

28 https://humanityplus.org/philosophy/transhumanist-declaration/ , Absatz 2.

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Martin Heidegger und seine Kritik am Transhumanismus. Wohin führt die technische Optimierung des Menschen?
Autor
Jahr
2019
Seiten
77
Katalognummer
V459018
ISBN (eBook)
9783960955788
ISBN (Buch)
9783960955795
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fortschritt, Fortschrittsglaube, Selbstoptimierung, Kybernetik, Philosophie, Wissenschaftskritik
Arbeit zitieren
Dr. Markus Zizler (Autor:in), 2019, Martin Heidegger und seine Kritik am Transhumanismus. Wohin führt die technische Optimierung des Menschen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/459018

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