Die Schuldenkrise in der Dritten Welt ist ein drängendes Problem in der globalisierten Wirtschaft. Globale Wirtschaft mit dem Komplex „Schuldenkrise – Schuldenerlass“ im Spiegel der Gerechtigkeitsethik von John Rawls bilden den thematischen Schwerpunkt dieser Arbeit.
John Rawls hat mit seinem 1971 erschienenem Werk „A theory of justice“ versucht, eine „systematische Analyse der Gerechtigkeit zu liefern“ und sah den Zweck seines Entwurfs „vollständig erreicht, wenn es zu einer klareren Erkenntnis der Hauptstrukturen des Gerechtigkeitsbegriffs im Sinne der Lehre vom Gesellschaftsvertrag führt und Hinweise zu seiner weiteren Ausarbeitung liefert.“ (Rawls, 1979)
Rawls hat mit diesem Werk eine Vertragstheorie konzipiert, die der Frage nachgeht, auf welche Gerechtigkeitsgrundsätze sich Menschen einigen würden, wenn sie eine zukünftige Gesellschaft gestalten sollen, ohne zu wissen, welchen Platz sie selbst in dieser Gesellschaft einnehmen werden. Sie werden sich, so Rawls, auf einen Gesellschaftsvertrag einigen, dem jedes Individuum nur dann zustimmen wird, insofern seine Interessen gewahrt werden und ihn nicht benachteiligen.
Zunächst werde ich mich der globalen Wirtschaftsordnung zuwenden und untersuchen, welcher Art der Ungerechtigkeit es ist, die sie auszeichnet. (Kap. 2) Bevor ich der Frage nachgehe, ob die Gerechtigkeitsgrundsätze als Modell einer universalen Gerechtigkeitsethik Antworten zur Lösung des Problems der Schuldenkrise und eines „fairen“ Schuldenerlasses bieten können (Kap. 4), werde ich die Theorie Rawls in seinen Grundzügen beschreiben und die Gerechtigkeitsgrundsätze in ihrer endgültigen Fassung vorstellen. (Kap. 3)
Otfried Höffe (1998a) hat einen Gegenentwurf zu Rawls universalistisch angelegter Gerechtigkeitstheorie entwickelt und schlägt vor, Gerechtigkeit als „Tauschgerechtigkeit“ zu definieren und auf dieser Basis nicht nur Wirtschaftsgüter zu tauschen, sondern z.B. auch „Verzichte“. (Kap. 5) Beide Konzepte sollen in einem weiteren Schritt daraufhin befragt werden, welche Antworten sie zum Komplex „Schuldenkrise – Schuldenerlass – globale Wirtschaft“ geben können. (Kap. 6)
Im letzten Kapitel (7) sollen die Werke der besprochenen Autoren noch einmal gewürdigt und ihre wesentlichen Aussagen zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Dies besonders im Hinblick darauf, ob sie sich eher widersprechen oder komplementär zueinander verhalten und welchen Beitrag sie zum Problem der Schuldenkrise in der Dritten Welt leisten können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Schuldenkrise der Dritten Welt
- Eine Theorie der Gerechtigkeit
- Die Anwendung der Gerechtigkeitsgrundsätze
- Eine Vorbemerkung
- Globale Wirtschaft und Chancengleichheit
- Das Unterschiedsprinzip
- Die Zeitpräferenz
- Gerechtigkeit als Tausch
- Die Theorie der Tauschgerechtigkeit
- Tauschgerechtigkeit ohne Metaphysik
- Tauschgerechtigkeit, Grundfreiheiten und Schuldenerlass
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Schuldenkrise der Dritten Welt im Kontext der globalisierten Wirtschaft und beleuchtet die Frage, welchen Beitrag eine Gerechtigkeitsethik zur Lösung des Problems und zur Forderung nach einem "fairen" Schuldenerlass leisten kann.
- Die Ursachen und Folgen der Schuldenkrise der Dritten Welt
- Die Anwendung der Gerechtigkeitstheorie von John Rawls auf die globale Wirtschaftsordnung
- Die Relevanz von Gerechtigkeitsprinzipien wie dem Unterschiedsprinzip und der Zeitpräferenz im Kontext der Schuldenkrise
- Der Ansatz der Tauschgerechtigkeit von Otfried Höffe als Alternative zur Theorie der Gerechtigkeit als Fairneß
- Die Frage, ob und wie die Konzepte von Rawls und Höffe zur Lösung der Schuldenkrise und zur Forderung nach einem "fairen" Schuldenerlass beitragen können
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema der Schuldenkrise der Dritten Welt ein und verdeutlicht die Bedeutung des Problems im Kontext der globalisierten Wirtschaft. Es werden dabei die Forderung nach einem "fairen" Schuldenerlass und die aktuelle Situation im Rahmen der HIPC-Initiative beschrieben.
Kapitel zwei widmet sich der Theorie der Gerechtigkeit von John Rawls und erläutert die zentralen Gerechtigkeitsgrundsätze, die aus seinem Gesellschaftsvertrag hervorgehen. Die Bedeutung der Gerechtigkeit als Fairneß und die Rolle der anfänglichen Situation der Gleichheit werden dabei im Detail dargestellt.
Das dritte Kapitel untersucht die Anwendung der Gerechtigkeitsgrundsätze von Rawls auf die globale Wirtschaftsordnung. Die Frage, ob die Gerechtigkeitsgrundsätze als Modell einer universalen Gerechtigkeitsethik Antworten zur Lösung des Problems der Schuldenkrise und eines "fairen" Schuldenerlasses bieten können, steht dabei im Vordergrund.
Kapitel vier behandelt den Ansatz der Tauschgerechtigkeit von Otfried Höffe als Gegenentwurf zu Rawls universalistisch angelegter Gerechtigkeitstheorie. Höffe schlägt vor, Gerechtigkeit als „Tauschgerechtigkeit“ zu definieren und auf dieser Basis nicht nur Wirtschaftsgüter zu tauschen, sondern z.B. auch „Verzichte“.
In Kapitel fünf werden beide Konzepte – die Theorie der Gerechtigkeit als Fairneß von Rawls und die Theorie der Tauschgerechtigkeit von Höffe – auf die globale Wirtschaft und den Komplex "Schuldenkrise – Schuldenerlass" angewendet. Es werden die jeweiligen Stärken und Schwächen beider Ansätze in Bezug auf die konkrete Problematik der Schuldenkrise diskutiert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen dieser Arbeit sind die Schuldenkrise der Dritten Welt, die globale Wirtschaftsordnung, Gerechtigkeitstheorie, Schuldenerlass, Gerechtigkeitsgrundsätze, Unterschiedsprinzip, Zeitpräferenz, Tauschgerechtigkeit, John Rawls, Otfried Höffe.
- Quote paper
- Magister Rainer Witzisk (Author), 2002, Schuldenkrise in der Dritten Welt und fairer Schuldenerlass, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/459291