Immer öfter kann man nicht nur in Deutschland beobachten, dass die Bürger Protestaktivitäten wie Demonstrationen, Bürger- und Volksbegehren oder Petitionen nutzen, um sich für oder gegen bestimmte Sachverhalte einzusetzen. Es scheint so, als würden die Bürger Alternativen oder vielleicht sogar einen Ersatz zum Wahlgang suchen. Aus demokratietheoretischer Sicht ist die höhere Partizipationsbereitschaft der Bürger auf den ersten Blick außerordentlich wünschenswert. Laut Robert A. Dahl ist politische Partizipation ein Definitionskriterium von Demokratie, sodass eine Demokratie ohne ein Mindestmaß an politischer Beteiligung durch ihre Bürger nicht bestehen kann. So ist es nicht überraschend, dass diese gesellschaftliche Entwicklung in den Medien überwiegend positiv bewertet wird.
Doch ist diese Entwicklung wirklich so wünschenswert? In der empirischen Partizipationsforschung ist man sich einig, dass die Bereitschaft zur politischen Partizipation gemäß den theoretischen Annahmen des Civic Voluntarism Model neben motivierenden Einstellungen und der Einbettung in soziale Netzwerke von der individuellen Ressourcenausstattung einer Person determiniert wird. Personen, die über mehr Ressourcen wie z.B. Bildung oder Einkommen verfügen, partizipieren eher als ressourcenschwache Bürger und haben damit eine größere Wahrscheinlichkeit, die Politik zugunsten ihrer Interessen zu beeinflussen. Es erfolgt also eine „selektive Rekrutierung“ des ressourcenstarken Bevölkerungsteils. Dies widerspricht jedoch dem demokratischen Grundprinzip der politischen Gleichheit. Gravierender ist jedoch, dass sich in der Empirie gezeigt hat, dass Partizipationsaktivitäten, die über die Wahlbeteiligung hinausgehen, stärker von der Ressourcenausstattung beeinflusst werden. Demnach ist dort die Verzerrung der Partizipation zugunsten ressourcenstarker Personen größer.
Es stellt sich nun die Frage, ob die in jüngster Zeit in Deutschland vermehrt auftretenden Protestaktivitäten, wie man es nach dem bisherigen Forschungsstand annehmen würde, vor allem von der ressourcenstarken Bevölkerungssicht ausgeht oder aber ob die gesamte deutsche Gesellschaft ein verstärktes Protestverhalten entwickelt hat, sodass die verfügbaren Ressourcen einer Person für die Partizipationsbereitschaft keine ausschlaggebende Rolle spielen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlage
- Politische Partizipation
- Das Civic Voluntarism Model als Erklärungsmodell für politische Partizipation
- Hypothesengenerierung
- Empirische Analyse
- Daten
- Operationalisierung
- Ergebnisse
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss der individuellen Ressourcenausstattung auf unterschiedliche Partizipationsformen, insbesondere politische Protestaktivitäten in Deutschland. Sie beleuchtet die Frage, ob die Zunahme von Protesten primär von ressourcenstarken Bevölkerungsgruppen getragen wird und welche Implikationen dies für das demokratische Prinzip der politischen Gleichheit hat.
- Der Einfluss individueller Ressourcen (Bildung, Einkommen) auf politische Partizipation
- Der Zusammenhang zwischen ökonomischer Ungleichheit und politischer Ungleichheit
- Die Rolle des Civic Voluntarism Model zur Erklärung politischen Engagements
- Analyse von Protestformen als alternative Partizipationsmöglichkeiten
- Bewertung der aktuellen Protestbewegung im Hinblick auf die demokratische Qualität
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beleuchtet die steigende Bedeutung von Protestformen in Deutschland im Kontext sinkender Wahlbeteiligung. Sie stellt die Forschungsfrage nach dem Einfluss der individuellen Ressourcenausstattung auf die Partizipation an Protesten im Vergleich zu anderen Formen der politischen Beteiligung. Die Arbeit kritisiert bestehende Studien aufgrund veralteter Daten und methodischer Schwächen und begründet die Notwendigkeit einer aktuellen Untersuchung basierend auf Daten des European Social Survey 2012.
Theoretische Grundlage: Dieses Kapitel legt den theoretischen Rahmen der Arbeit fest. Es definiert den Begriff der politischen Partizipation, wobei eindimensionale, eng gefasste Definitionen abgelehnt und ein instrumenteller Partizipationsbegriff favorisiert wird, der den Versuch der Einflussnahme auf politische Entscheidungen in den Vordergrund stellt. Anschließend wird das Civic Voluntarism Model (CVM) von Verba, Schlozman und Brady (1995) als Erklärungsmodell für politische Partizipation vorgestellt, welches den Einfluss von Ressourcen, Motivation und sozialer Einbettung auf die Partizipation betont.
Schlüsselwörter
Politische Partizipation, soziale Ungleichheit, politische Ungleichheit, Protest, Civic Voluntarism Model, Ressourcenausstattung, ökonomische Ungleichheit, Demokratie, Empirische Analyse, European Social Survey.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Einfluss individueller Ressourcen auf politische Partizipation
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit untersucht den Einfluss der individuellen Ressourcenausstattung (Bildung, Einkommen etc.) auf verschiedene Formen politischer Partizipation, insbesondere auf Protestbeteiligung in Deutschland. Sie fragt, ob ressourcenstärkere Gruppen stärker an Protesten beteiligt sind und welche Folgen dies für die demokratische Gleichheit hat.
Welche Forschungsfragen werden behandelt?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie wirkt sich die individuelle Ressourcenausstattung auf die Partizipation an Protesten im Vergleich zu anderen politischen Beteiligungsformen aus? Zusätzlich wird untersucht, welcher Zusammenhang zwischen ökonomischer und politischer Ungleichheit besteht.
Welche theoretische Grundlage wird verwendet?
Die Arbeit verwendet das Civic Voluntarism Model (CVM) von Verba, Schlozman und Brady (1995) als theoretischen Rahmen. Dieses Modell betont den Einfluss von Ressourcen, Motivation und sozialer Einbettung auf politische Partizipation. Der Begriff der politischen Partizipation wird dabei instrumentell verstanden, d.h. als Versuch, politische Entscheidungen zu beeinflussen.
Welche Daten werden verwendet?
Die empirische Analyse basiert auf Daten des European Social Survey 2012. Die Arbeit kritisiert bestehende Studien aufgrund veralteter Daten und methodischer Schwächen und begründet die Notwendigkeit einer aktuellen Untersuchung.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit beschreibt die Operationalisierung der verwendeten Variablen und präsentiert die Ergebnisse der empirischen Analyse. Details zur konkreten Methodik sind im Haupttext der Arbeit nachzulesen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur theoretischen Grundlage (inkl. des Civic Voluntarism Models und der Definition politischer Partizipation), ein Kapitel zur Hypothesengenerierung, ein Kapitel zur empirischen Analyse (Daten, Operationalisierung, Ergebnisse) und ein Fazit.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Politische Partizipation, soziale Ungleichheit, politische Ungleichheit, Protest, Civic Voluntarism Model, Ressourcenausstattung, ökonomische Ungleichheit, Demokratie, Empirische Analyse, European Social Survey.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Das Fazit der Arbeit wird im Haupttext präsentiert und fasst die Ergebnisse der empirischen Analyse zusammen und diskutiert deren Implikationen für die demokratische Gleichheit.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2015, Führt soziale Ungleichheit zu politischer Ungleichheit? Der Einfluss der individuellen Ressourcenausstattung auf unterschiedliche Partizipationsformen mit besonderem Fokus auf politischen Protest, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/459305