Eine Werkanalyse Francisco de Goyas "El sueño de la razón produce monstruos"


Hausarbeit, 2018

22 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe

Inhalt

1. Einleitung

2. Biographie de Goyas und geschichtlicher Hintergrund

3. Los Caprichos

4. El sueño de la razón produce monstrous
4.1. Technik
4.2. Bildanalyse
4.3. Vorzeichnungen
4.4. Interpretation

5. Schluss

6. Quellenverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

El sueño de la razón produce monstrous (dt.: Der Schlaf/Traum der Vernunft bringt Ungeheuer hervor) ist das „Emblem der Moderne in ihren Widersprüchen“ (Schuster & Seipel 2005: 33), wie der österreichische Kunsthistoriker Werner Hoffmann das Werk Francisco de Goyas deutet.

Das 43. Druckblatt aus dem Radierzyklus namens Los Caprichos (dt.: Die Launen) ist die wohl bekannteste Radierung Goyas. Der Maler wird in dieser von Monstern der Nacht bedroht. Schläft er, oder träumt er nur? Sind die Monster real, oder entspringen sie nur seiner Phantasie? Wie können Finsternis und Monster existieren, obwohl der Künstler erleuchtet von Licht ist, welches die Aufklärung mit sich zu bringen verspricht? Oder ist das Werk womöglich geradezu ein Lobgesang auf die Aufklärung, die durch die wache Vernunft verhindert, dass eben diese Dunkelheit und ihre Monster Oberhand ergreifen? Und welche Rolle spielt dabei der Künstler? Hat er die Macht das Böse und Zerstörerische abzuwehren, oder wird er das erste Opfer dieser sein?

Goya schuf mit dieser Radierung ein mehrdeutiges Werk, welches im Wesentlichen dafür verantwortlich ist, dass er als „Prophet der Moderne“, die die Mehrdeutigkeit als eines ihrer Kennzeichen hat, bezeichnet wird.

Im Rahmen dieser Werkanalyse soll dieses Werk genauer untersucht werden. Hierzu soll vorab in Kapitel 2 in die Biographie Goyas und den geschichtlichen Hintergrund eingeführt werden, um im Kapitel 3 die Caprichos vorzustellen. Kapitel 4 soll sich gänzlich der Analyse des Werkes widmen, wofür in Kapitel 4.1. die Technik, mit der die Radierung erstellt wurde, vorgestellt werden soll, bevor in Kapitel 4.2. das Bild mit seinen Elementen analysiert werden soll. In Kapitel 4.3. sollen die Vorzeichnungen zum Werk untersucht werden, um daraufhin in Kapitel 4.4. Interpretationsansätze vorzustellen, die dieses Werk etwas verständlicher erscheinen lassen sollen.

2. Biographie de Goyas und geschichtlicher Hintergrund

Abbildung 1: Selbstbildnis Goyas, Capricho 1

Der spanische Künstler Francisco José de Goya y Lucientes (kurz Francisco de Goya) wurde 1746 in der Nähe von Aragón geboren. Er war Maler, allen voran aber ein Meister der Radierung. Nachdem er als Jugendlicher Unterricht bei dem Barockmaler José Luzán erhielt, etablierte er sich neben seiner Arbeit als Teppichentwurfzeichner vor allem auch als Fresco- und Hofmaler. In seiner Zeit am spanischen Hof ab 1786 fertigte Goya zahlreiche Porträts adeliger Auftragsgeber an und malte sich zum berühmtesten Maler der Aristokratie hoch. (vgl. Rich 1941: 7)

1792 erkrankte Goya schwer an einer bis dato ungeklärten Krankheit und zieht sich von allen öffentlichen Ämtern zurück. Infolge der Krankheit verlor er sein Gehör und durchlief eine schwere psychische Phase. In den 1790er Jahren entfernte er sich mehr und mehr von der höfischen Auftragsmalerei und wandte sich vermehrt der Druckgrafik zu. In den darauffolgenden malerischen und druckgrafischen Werken thematisierte er soziale und politische Themen seiner Zeit. Trotz seiner Taubheit wurde er zum Direktor der Malerei an der Academia San Fernando ernannt, wovon er sich allerdings 1797 befreien ließ. In der Zeit zwischen 1795 bis 1800 malte er „Die nackte Maja“ (Originaltitel „La maja desnuda“, eigentlich „Die nackte Schöne“), ein Ölgemälde, welches eine lasziv dreinblickende, nackte Frau darstellt, die sich liegend auf Kissen stützt. Das Gemälde war ursprünglich durch Scharnieren mit dem Gegenbild, der „bekleideten Maja“ verbunden, sodass diese die nackte bei Bedarf verdecken konnte. Dieser einzige Akt des Malers, welcher eine Provokation für das Spanien des 18. und 19. Jahrhunderts darstellte, brachte ihn sogar durch die Inquisition vor Gericht und führte dazu, dass ihm der Titel des Hofmalers aberkannt wurde. (vgl. Hagen 2003: 49)

Nachdem Napoleon sich 1799 zum ersten Konsul in Frankreich putschte, setzte er Reformen um, die die Justiz und Gesellschaft zu einer modernen Zivilgesellschaft verändern sollten. Die Ideen fanden auch Anklang in Spanien, vor allem in den intellektuellen Kreisen, in denen Goya verkehrte. Nachdem Napoleon allerdings in Spanien einfiel, den König stürzte und seinen eigenen Bruder Joseph Bonaparte als König einsetzte, brach ab 1808 ein Guerilla Krieg mit Teilen der spanischen Bevölkerung auf der Iberischen Halbinsel gegen die Fremdherrschaft aus. Goya malte konkrete Gewalt- und Tötungsszenen aus dem Krieg und schuf auch einen Radierzyklus zu dem Thema, den er Desastres de la Guerra (dt.: Schrecken des Krieges) nannte. Eines seiner bekanntesten Werke, welches sich dem Thema widmet, ist El 3 de mayo en Madrid: Los fusilamientos de patriotas madrileños (dt.: Der 3. Mai in Madrid: Die Erschießung der madrilenischen Patrioten), welches allerdings im deutschsprachigen Raum eher unter dem Namen „Die Erschießung der Aufständischen“ bekannt ist. Goya bildete dabei eine Szene aus der Nacht ab, in der 45 Madrilenen auf einem Hügel von den französischen Soldaten erschossen werden (siehe Abb. 2). Die große Ölmalerei (266 x 345 cm), welche im Prado in Madrid hängt, zeigt die Schrecken des Krieges und erhebt Aufständische durch die Komposition, Körperhaltung und die Lichtsituation als Märtyrer. (vgl. ebd.: 35)

In der Radierfolgen Los Caprichos entblößte und kritisierte er satirisch die Laster der spanischen Gesellschaft. Er wandte sich gegen den Adel und den Klerus und allgemeine gesellschaftliche Normen des damaligen Spaniens. 1816 wurde der dritte und letzte Radierzyklus Goyas „Tauromaquia“ veröffentlicht, welcher 33 Blätter zum Stierkampf darstellt. 1819 zog Goya auf sein Landhaus und bemalte dessen Wände. Die sogenannten „Schwarzen Bilder“ aus dieser Zeit sind tatsächlich finster, bedrückend und durch seine Phantasie und auch durch die Napoleonischen Kriege geprägt. Um politischen Verfolgungen zu entkommen, floh Goya schließlich nach Bordeaux und widmete sich wieder vorrangig der Radierung, bis er 1828 dort verstarb. (vgl. Genelhu Fagundes 2017: 70)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Los Caprichos

1799 veröffentlichte Goya eine druckgrafische Serie von 80 Blättern in einer Mischung aus Aquatinta-Technik und Radierung. Der ursprüngliche Name der Radierfolge sollte Sueños (dt.: Träume) sein und verschiedene Themen wie Kritik an Adel, Gerichten, Kindererziehung, Prostitution, etc. in einer festgelegten Reihenfolge abhandeln. Die Sueños griffen, durch die erkennbare Darstellung, bestimmte Personen wie die Königin Maria Luisa oder Mitglieder der Königlichen Akademie direkt an. Die Sueños wurden allerdings in dieser Form nicht veröffentlicht, sodass einige der unproblematischen Blätter später in die Radierfolge Los Caprichos (dt.: die Launen) integriert wurden. (vgl. Lachenal 1971: 126) Das italienische Äquivalent für Capricho Capriccio hat sich durch den Künstlerbiographen Giorgio Vasari in der Kunsttheorie im 16. Jahrhundert etabliert. Der Begriff beschreibt „eigentümliche Erfindungen oder Fantasiestücke – meist im Sinne einer Druckfolge, in denen Künstler ihren Gedanken und ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnten“ (Braun 2012). Goyas Caprichos sind zwar ebenfalls Druckfolgen im kleinen Format, aber sie sind nicht nur „Launen“ und Regelverstöße, sondern setzen sich thematisch mit gesellschaftlichen Aspekten auseinander und verfolgen eine bestimmte Absicht. Man kann sie als eine „Verschmelzung von Träumen, Phantasien, Gesellschaftskritik, Wirklichkeitsflucht und persönliches Engagement“ (Lachenal 1971: 125) definieren.

Die Aquatinta-Technik benutzte Goya in der Druckfolge meistens für den Hintergrund der Blätter, wodurch er dunkle Flächen und tiefe Schatten schaffte. Aus diesen heben sich die hellen, beleuchteten Stellen der Bilder intensiv heraus. Die Blätter, die mit einem Selbstportrait des Künstlers (siehe Abb. 1) als Titelblatt beginnen, sind immer mit Nummerierungen und zynischen Sätzen, Aussagen und Kommentaren untertitelt. Zu der großen Mehrheit sind mehrere Vorskizzen erhalten, die dokumentieren, dass seine Caprichos nicht nur Launen waren oder aus Launen entsprungen sind, sondern durch einen längeren Prozess entstanden sind. Für die Vorskizzen benutzte Goya zum Teil andere Techniken und sie unterscheiden sich auch inhaltlich leicht von den Endergebnissen. (vgl. Pérez Sánchez & Gállego 1995: 32)

Thematisch, so scheint es, fängt Goya nach seiner schweren Krankheit, bei der er sein Gehör verliert, an weniger auf äußere Reize zu reagieren und stattdessen auf die Stimmen in seinem Inneren zu hören. Während er zuvor noch als Hofmaler tätig war, Portraits und Entwürfe für die königliche Teppichmanufaktur malte, brach Goya die Tradition des Künstlers als Handwerker und malte aus eigenem Antrieb heraus, wandte sich sogar gegen diejenigen, die zuvor noch seine Auftraggeber waren.

Abbildung 3: Asta su Abuelo, Capricho 39

Aus diesen inneren Stimmen, seinen Träumen und Visionen entsprangen die grotesken, wirren, belustigenden und beängstigenden Szenen und die damit verbundene Kritik Goyas in seinen Caprichos. Abgebildet sind unter anderem: hexenartige Frauen, Prostituierte, lüsterne Männer, Mischwesen aus Tier und Mensch, Adelige, gebrechliche Alte, Esel, Affen, Nachtvögel, Luchse, tote Säuglinge, Dämonen, Richter.

In dem gesellschaftskritischen Zyklus prangerte Goya „die Eitelkeiten, die Heuchelei und Oberflächlichkeit der Aristokratie oder die Laster der Angehörigen des Klerus und damit dessen Unglaubwürdigkeit“ an (Volland 1993: 87). Ein Teil der Caprichos thematisiert die Beziehungen zwischen Männern und Frauen (etwa Nr. 5, Nr. 17 und Nr. 27) und zeigt verführerische Damen und Prostituierte, die den Männern den Kopf verdrehen, aber selbst keine echte Bindung eingehen. Interessanterweise ähneln einige der dargestellten Damen der Herzogin von Alba, mit der Goya eine Affäre gehabt haben soll. Ein anderer Teil kritisiert die Zweckehen von jungen Frauen mit alten, lüsternen Männern. Esel stehen in den Caprichos symbolisch für den Adel Spaniens. So ist in Capricho 39 (siehe Abb. 3) beispielsweise ein Esel abgebildet, welcher mit Stolz sein Ahnenbuch voller Esel zu studieren scheint. Die Unterschrift „Asta su Abuelo“ (dt.: Bis zu seinem Großvater) unterstreicht die sarkastische Kritik Goyas an der Monarchie. Einige Blätter stellen bösartig aussehende Mönche oder Inquisitionsgerichte dar, die voller Freude die in Licht entblößten Angeklagten verurteilen. Die in den Caprichos dargestellten bedrohlichen Hexen und Dämonen scheinen einer Unterwelt oder einer schrecklichen Fantasie zu entspringen, fern von Rationalität und Verstand. Die Nachttiere wirken gleichermaßen bösartig und lassen einige der Blätter mystisch und unheilvorhersagend wirken. Das Blatt 68 (siehe Abb. 4) beispielsweise stellt eine alte und junge Hexe und eine Eule dar. Die beiden Hexen fliegen nackt auf einem Besen durch die Luft. Die alte Hexe, die ein eingefallenes, männliches Gesicht und Körper aufweist sitzt vorne, während die junge und attraktive Hexe hinter ihr sitzt und sich an ihr festhält. Der Titel des Blattes „Linda maestra!“ (dt.: Schöne Meisterin!) kann dem Betrachter ein Schmunzeln entlocken und fesselt ihn dennoch, fasziniert von dieser unheimlichen, gleichwohl erotischen Stimmung.

Abbildung 4: Linda maestra!, Caprichos 68

Die Caprichos wurden am 6. Februar 1799 mit folgendem Wortlaut des Künstlers in der Tageszeitung Diario de Madrid dem Kunstmarkt angeboten: „Eine Sammlung von Drucken launiger Themen, erfunden und radiert von Don Francisco Goya. Weil der Autor überzeugt ist, dass die Kritik menschlicher Irrtümer und Laster (obgleich der Redekunst und der Dichtung vorbehalten) auch Gegenstand der Malerei sein kann, hat er als angemessene Themen für seine Arbeit aus der Vielzahl der Extravaganzen und Torheiten, die jeder menschlichen Gesellschaft gemeinsam sind, und unter den vulgären Vorurteilen und Betrügereien, wie sie durch Gewohnheiten, Unwissenheit und Eigennutz sanktioniert sind, jene ausgewählt, die er für besonders geeignet hält, ihm Stoff für das Lächerliche zu liefern und gleichzeitig die künstlerische Fantasie anzuregen“ (Schuster & Seipel 2005: 36).

Das wohl bekannteste Blatt der Serie ist das Blatt 43 El sueño de la razón produce monstruos, welches in den folgenden Kapiteln näher untersucht werden soll.

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Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Eine Werkanalyse Francisco de Goyas "El sueño de la razón produce monstruos"
Hochschule
Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau
Note
1,0
Jahr
2018
Seiten
22
Katalognummer
V461292
ISBN (eBook)
9783668915114
ISBN (Buch)
9783668915121
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kunstgeschichte, Kunst, Bildende Kunst, Goya, Francisco Goya, Spanien, Spanische Kunst, Caprichos, Aufklärung, Vernunft, Radierung, Druckgrafik
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Eine Werkanalyse Francisco de Goyas "El sueño de la razón produce monstruos", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461292

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