Der Atheismus-Diskurs um 1700 am Beispiel der Flugschriften Matthias Knutzens


Masterarbeit, 2010

90 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Methodik und Vorgehensweise
1.3 Quellenlage
1.4 Forschungsdebatten

2 Zu den Begriffen Vernunft, Gewissen und Atheismus
2.1 Vernunft und Gewissen im christlichen Kontext
2.2 Atheismus im Kontext der Zeit
2.2.1 Atheismus in der Antike
2.2.2 Atheismus vom Mittelalter bis in die Moderne

3 Biographie Knutzens

4 Die drei Flugschriften des Matthias Knutzen
4.1 „Amicus Amicis Amica!“
4.2 „Ein Gespräch zwischen einem Lateinischen Gastgeber / und drey ungleichen Religions-Gästen / gehalten zu Altona nicht weit von Hamburg“
4.3 „Gesprech Zwischen einem Feld-Prediger Nahmens D. Heinrich Brummer / und einem Lateinischen Munster-Schreiber“
4.4 Zusammenfassung

5 Reaktionen auf Knutzens Flugschriften
5.1 Johannes Musaeus
5.1.1 Reaktion auf Knutzens Flugschriften
5.1.2 Zu Knutzens Intention
5.1.3 Über Knutzens Einflüsse
5.1.4 Zur Bibel
5.1.5 Über Gott
5.1.6 Über die Ordnung
5.1.7 Zusammenfassung
5.2 Johann Christoph Sturm
5.3 Pierre Bayle
5.4 Gottfried Arnold
5.5 Johann Joachim Müller
5.6 Johann Christian Edelmann
5.6.1 Über Knutzen
5.6.2 Übereinstimmung, Gott, Teufel
5.6.3 Über Jesus
5.6.4 Über die Ehe
5.6.5 Autoritäten
5.6.6 Zu den Schriften allgemein
5.6.7 Schlussbemerkung

6 Fazit

Bibliographie

1 Einleitung

Matthias Knutzen gilt als „Ahnherr“ eines sich entwickelnden atheistischen Radikalismus im 18. Jahrhundert.1 Er stellt in seinen Thesen, mit denen er im Jahre 1674 die geistlichen wie weltlichen Autoritäten Jenas erzürnte, die Behauptung auf, man beziehe Moral aus dem Gewissen. Das impliziert, dass damit die Religion unnötig wird, denn er beruft sich auf das Gewissen als Instanz der Vernunft. Dies entspricht dem von Matthias Knutzen umgedeuteten conscientiae testimonium2 , das als Gottesbeweis galt und bei Gläubigen heute noch gilt. Revolutionär sind Knutzens Thesen deshalb, weil dies zu allen Zeiten anders war: Seine Moral bezog man zwar auch durch das Gewissen, wobei beides letztlich von Gott als Ursache abgeleitet wurde. Hinter dem Gewissen stand also bisher eine Instanz, welche bestraft und belohnt. Die Normen wurden aus den Offenbarungen der Bibel gezogen, welche Gesetze und Sanktionen bei deren Nichteinhaltung vorsahen, die zunächst von den weltlichen Obrigkeiten oder letztlich durch Gott selbst im Jenseits erteilt würden. Knutzen behauptete nun, dass überhaupt kein weltlicher oder geistlicher Richter nötig sei, da das Gewissen sich selbst, den Menschen, belohne oder strafe. Der Widerhall auf seine Schriften folgte prompt und hielt bis in unsere Tage an.

Zwar erkannten vor Matthias Knutzen schon andere, wie beispielsweise Spinoza3, die Widersprüchlichkeiten der Bibel, aber im Gegensatz zu ihm und anderen Kritikern des Juden- oder Christentums sah Knutzen überhaupt keinen Wahrheitsgehalt in der Bibel. Da die Orthodoxie, ob katholisch oder protestantisch, die wortwörtliche Unfehlbarkeit propagierte und dies somit auch verlangen konnte, hatte Knutzen einige dieser Widersprüche in der Bibel aufzuzeigen versucht. Im Gegensatz zu den Gelehrten seiner Zeit, welche das Dogma der Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift kritisierten, war er dabei allerdings so extrem in seinen Ansichten, dass er aufgrund der angeprangerten Widersprüche die Bibel als nutzlos ansah, sogar als Betrug an der Menschheit. Die Heilige Schrift war für ihn nur soweit zu gebrauchen, dass sie zum Anlass genommen werden könne, sie zu entkräften.4 Das von ihm verwendete Mittel dazu war das Herausgreifen verschiedener Aussagen aus der Bibel, die seiner Auslegung nach zu anderen Stellen im Widerspruch stünden. Die Quintessenz seiner Thesen: Alles in der Bibel sei erfunden und Gott existiere nicht. Dies war nicht nur ein Novum und somit ein Präzedenzfall für Philosophie und Theologie, sondern auch ein öffentlicher Skandal ohne Gleichen, der zudem einen weltlichen Haftbefehl mit sich zog.

Knutzen war nicht der erste wirkliche Atheist,5 der durch seine drei Traktate tatsächlich atheistische Aussagen verlautbarte. Aber der Unterschied zu anderen zeitgenössischen Religionskritikern6 besteht darin, dass Knutzen ohne Einschränkungen den Glauben an eine übergeordnete Kraft in seinen Flugschriften ablehnte und dies auch begründete, dies war zuvor bei keinem Autor der Fall gewesen. Somit war durch die inhaltliche Aussage in Knutzens Texten das erste Mal ein real atheistischer „popularethische[r] Gegenentwurf zur christlichen Moral entwickel[t]“7. Damit war Knutzen zumindest der erste Deutsche, der solche drastischen Aussagen verlautbarte und auch der erste, der sich zu seiner Verfasserschaft öffentlich bekannte.8 Seine drei Flugschriften Amicus Amicis Amica!9 , sowie Ein Gespräch zwischen einem Lateinischen Gastgeber / und drey ungleichen Religions-Gästen / gehalten zu Altona nicht weit von Hamburg10 und das Gesprech Zwischen einem Feld-Prediger Nahmens D. Heinrich Brummer / und einem Lateinischen Munster-Schreiber11, sind - im Gegensatz zu den meisten bestehenden kirchenfeindlichen Schriften, oder kurz darauf entstandenen atheistischen Werken, die nur handschriftlich kursierten - legal weiter publiziert worden und standen somit einer breiten Leserschaft zur Verfügung. Dadurch wurde die Voraussetzung für einen im 18. Jahrhundert entstehenden Diskurs hinsichtlich real existierender atheistischer Schriften geschaffen. Mit der Breitenwirkung in Gelehrtenkreisen konnte durch Knutzens Schaffen der Begriff des Atheismus zudem erstmals korrekt angewendet werden, da bisher nur `vermeintliche´ Atheisten mit diesem Begriff stigmatisiert worden waren.12

Für den Theologen Johannes Musaeus (1613-1681), dem promovierten Professor und Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Jena und ersten erbitterten Gegner Knutzens, war sein entwickelter Atheismus eine zusammengeschusterte Einstellung aus Bibelkritik, Täufertum und Naturalismus13, da er auf der Suche nach Gewissheit gewesen sei, aber Gewissheit ohne Glaube konnte im 17. Jahrhundert nicht gedacht werden.14 Diesem Musaeus ist es zu verdanken, dass Matthias Knutzens15 Texte der Nachwelt erhalten geblieben sind.16

Die Zeit von Matthias Knutzen ist die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, aber noch vor den Ideen der Philosophen der Aufklärung. Knutzen wuchs vermutlich während des zweiten Nordischen Krieges auf und so besteht die Wahrscheinlichkeit, dass er während der Belagerung der Festung Tönning, wo auch der Herzog Friedrich IV. von Holstein-Gottorp den Tod fand, jene Grausamkeiten registrierte.17 Somit könnte er in jungen Jahren bereits einen gewissen Zweifel an Gottes Barmherzigkeit gehabt haben. Missernten waren zudem nicht selten, infolge brachliegender Felder und entvölkerter Gebiete.18 Während der Gegenreformation versank das Bürgertum in „Untertänigkeit“19, wodurch der Adel immer weiter absolutistisch regieren konnte. Den Bauern wurden immer höhere Abgaben abverlangt,20 woraus sich ihr resultierendes Elend auch in Knutzens Schriften widerspiegelte. Dies gilt auch für das Baltikum, wo sich extreme antifeudale und antiklerikale Anschauungen entwickelten und somit auch Zirkel, zu denen auch Matthias Knutzen bei seinem Aufenthalt dort Zugang gehabt haben könnte.21 Zudem kam es in Deutschland zum Widerstand gegen den Einsatz von arbeitserleichternden Maschinen wie Webstühlen und Bandmühlen durch die „herrschenden Klassen“, durch Zünfte und durch die „Stadtaristokratie“.22 Die Ausbeutung der Arbeiter und Handwerker durch ihre Zünfte schufen ein weiteres unerträgliches Klima, was darin mündete, dass sich Arbeiter und „Plebejer“ in Bruderschaften gegen die Stadtaristokratie zusammen schlossen, in denen die „Losung der Englischen Revolution unverkennbar“ gewesen seien.23 Im Zeitraum der Umstände um Knutzen in Jena war in der Regierungszeit Bernhard Herzog von Sachsen-Jena die Staatskasse um das sechsfache verschuldet, gegenüber seinem Vorgänger, weshalb man der Bevölkerung eine enorme Steuerlast aufbürdete.24

Die Kriegs- und Nachkriegszeiten haben sich bei Knutzen möglicherweise eingeprägt, da sie in Form des innerkonfessionellen Streites in seinen Texten zum Ausdruck kommen. Ob Knutzen im Sinn hatte, die Bauern aus ihrer Knechtschaft im Zuge der zweiten Leibeigenschaft bzw. Patrimonialgerichtsbarkeit zu befreien, sei dahingestellt, aber das Elend der Bauern und Handwerker und das Versagen der weltlichen und geistlichen Obrigkeit waren ihm nicht verborgen geblieben, da er in seinen Texten die prekäre Lage der Bauern anspricht und zudem jegliche Autoritäten ablehnt.25

1.1 Fragestellung

Es ist vor allem aus heutiger Sicht faszinierend, wie ein Mensch aus dem 17. Jahrhundert, der weder von den Theorien um die Entstehung der Arten, noch von dem des expandierenden Weltalls ahnen konnte, alleine aus der Frage, ob Gott existiere oder nicht, konsequent ableitete, dass Gott oder andere höhere Wesen nicht existierten. Dabei scheinen seine vorgebrachten Argumente wie den Widersprüchlichkeiten der Bibel, den Feindseligkeiten zwischen und innerhalb der Konfession oder Knutzens Abscheu gegenüber dem Feudalwesen eher nebensächlich. Doch was genau waren die konkreten inhaltlichen Aussagen des „lichtscheuende[n] Satans-Apostel“26 mit dem „schwarzbraune[n] Haar“27, der der Welt eine neue und bessere Bibel zeigen wollte,28 dessen Texte zwar „ein Gelächter unter den Studenten machen“29, aber dennoch einen Lärm anrichten würde, 'davon die ganze Welt sollte zu sagen wissen'30 ?

Diese Arbeit will zunächst erläutern, welche Kenntnisse über die Person Matthias Knutzen erhalten sind, um im nächsten Schritt einen Blick auf die Inhalte seiner Flugschriften zu werfen, die einst sehr rasch von Jena aus in ganz Deutschland zu großem Aufsehen in Gelehrtenkreisen führten. Vieles zu Knutzens persönlichen Beweggründen hinsichtlich seiner artikulierten Thesen bleibt zwar ungewiss und kann trotz seiner schriftlichen Aussagen und seiner Biographie nur teilweise interpretiert werden, da außer seinen drei hinterlassenen Texten keine weiteren persönlichen Schriftstücke überliefert sind. Dennoch bietet eine Analyse der Rezeption von Knutzens Texten in den Gelehrtenkreisen eine Grundlage, um begründete Vermutungen bezüglich Knutzens Intentionen bei seinen Veröffentlichungen anzustellen, und helfen bei der Interpretation seiner Texte.

Kann man aus seinen Lebensumständen sein finales Handeln, nämlich die Ausformulierung und Austeilung seiner Flugschriften, ableiten? Und handelte es sich hier um banale Geltungssucht, da er die Flugschriften trotz der sicheren negativen Konsequenzen nicht anonym veröffentlichte? Oder wollte er eine geistige Revolution entfachen? Und wenn er Letzteres wollte, legte die Rezeption seiner Texte nahe, dass ihm dies auch gelungen ist?

1.2 Methodik und Vorgehensweise

Vor dem inhaltlichen Einstieg in die Thematik müssen zum besseren Verständnis zunächst einige Grundbegriffe geklärt werden. Die Bedeutung des Begriffs Atheismus wandelte sich seit seiner Prägung in der Antike und war kaum oder gar nicht so verwendet worden, wie er im heutigen Sinn verwendet wird. Deshalb soll zunächst ein kurzer Abriss über diese Wandlungen erfolgen. Zudem ist das Wort Gewissen einer der Schlüsselbegriffe, den Knutzen für seine neue Lehre verwendet. Hierzu kann nur eine weitestgehende Definition für den christlichen Kontext erfolgen, da es im Diskurs der Philosophen und Theologen scheinbar ähnlich aber dennoch unterschiedlich erklärt wurde und die ganze Debatte um diesen Begriff im Rahmen dieser Arbeit nur kurzgefasst wiedergegeben werden kann. Des Weiteren soll auch auf den Begriff der Vernunft eingegangen werden, da Knutzen ihn in einem für ihn typischen Sinn verwendet.

Über die psychische Verfasstheit Matthias Knutzens und den damit verbundenen Auswirkungen auf seine Handlungen kann nur spekuliert werden. Eine Zusammenfassung von Informationen zu verschiedenen Lebensabschnitten Knutzens sollen helfen, mögliche Beeinflussungen seines Handelns und vor allem Denkens identifizieren zu können.

Daran anschließend werden Knutzens Texte inhaltlich vorgestellt und die wichtigsten Passagen ungekürzt wiedergegeben und erklärt, wobei an einigen Stellen Musaeus' Kommentare bereits vorzeitig Erwähnung finden, um einen konkreten Argumentationsstrang abzuschließen. Knutzen gibt in seinen Schriften zahlreiche Bibelstellen an, ohne diese jedoch auszuführen. Dies möchte ich in dieser Arbeit stellenweise nachholen, um seine Ideen verständlicher darstellen zu können und auf gelegentliche Ungereimtheiten in seiner Argumentation hinzuweisen.

Letztlich werden – der zeitlichen Reihenfolge ihrer Veröffentlichung folgend – Kommentare zu Matthias Knutzens Flugschriften mit den wichtigsten Passagen vorgestellt, beginnend mit dem unmittelbar erfolgten Widerlegungswerk von Musaeus, gefolgt von einem kurz danach erschienenen aber weitestgehend unbekannten Kalenderkommentar von Johannes Christoph Sturm, der ebenfalls harsche Kritik an Knutzen übt. Hiernach wird eine kurze Passage aus dem kirchenfeindlichen, aber nicht-atheistischen, lateinischen Traktat über die drei Betrüger Erwähnung finden, das ein Zitat von Knutzens lateinischer Epistel ist oder zumindest starke Parallelen zu ihr aufweist. Um aufzuzeigen, dass das Interesse für diese atheistische Erscheinung auch über die deutschsprachigen Herrschaftsgebiete hinaus ging, soll der eher neutral gehaltene Eintrag von Pierre Bayle im Dictionnaire historique et critique betrachtet werden, der zur Folge hatte, dass das Interesse an Knutzen weiter stieg. Letztlich wird die positive Betrachtungsweise Knutzens durch Johann Christoph Edelmanns Moses mit aufgedecktem Gesicht erörtert, sowie zuvor der ebenfalls positiv anklingende Eintrag über Knutzen in Gottfried Arnolds Ketzerhistorie, um das Spektrum von Meinungen abzurunden. Im Rahmen dieser Arbeit musste eine Auswahl getroffen werden, an bedeutenden wie unbekannteren Persönlichkeiten und sie erhebt deshalb nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.

1.3 Quellenlage

Matthias Knutzen hinterließ drei Texte: Den lateinischen Brief Amicus Amicis Amica! und die beiden deutschsprachige Dialoge Ein Gespräch zwischen einem Gastgeber und drei ungleichen Religionsgästen und Gesprech Zwischen einem Feld-Prediger Nahmens D. Heinrich Brummer / und einem Lateinischen Munster-Schreiber. Insgesamt sind es ca. 20 Seiten im Quartformat31. Die Autographe der beiden deutschen Dialoge sind nicht erhalten geblieben,32 andere Werke können Knutzen nicht zugewiesen werden.33 Die hier verwendete deutsche Übersetzung der lateinischen Epistel stammt aus der Feder von Johann Christoph Adelung34 aus dem Jahre 178835. Die ins Französische übersetzte Schrift von Mathurin Veyssière de La Croze36 aus dem Jahre 1711 gilt für die französische Untergrundliteratur des frühen 18. Jahrhunderts als eine der wichtigsten Schriften.37 Eine Verbreitung fand zwar europaweit statt,38 allerdings wurden die Texte in Frankreich während der Zeit der Aufklärung positiver aufgenommen als im deutschen Sprachgebiet.39 1702 wurde der lateinische Text alleine, ohne die beiden deutschen Dialoge, erstmals in Hamburg von Johann Groening im Druck herausgegeben.40 Die Knutzen-Texte sind in ihrer Originalsprache erstmals abgedruckt in der Zweitauflage des 1675 von Johannes Musaeus veröffentlichten Werkes41:

„Ableinung der ausgesprengten abscheulichen Verleumbdung/ Ob wäre In der Frürst. Sächsischen Residenz und gesambten Universität Jena eine nue Secte der so genanten Gewissener entstanden/ und derselben eine nicht geringe Anzahl von Studiosis und Bürgern beygethan: Nebenst umbständlichen Bericht Von etlichen am 5. und 6. Sept. des verwichenen 1674. Jahrs daselbst ausgestreueten Gotteslästerlichen und auffrührischen Chartequen/ von welchen solche Calumnia ihren Ursprung genommen/ und Von der vermeinten Gewissener Secte/ Zum andern mal auffgelegt/und aus eingelangeter fernerweitiger Nachricht vermehret/ Welcher beygefügt ist Eine nothwendige Vertheidigung der H. Schrifft Wider die in besagten Chartequen/ die zu Ende beygedruckt sind/ enthaltene Lästerungen derselben/ gestellt von Johanne Musaeo...“42 .

Diese Gegenschrift zu Knutzen und gleichzeitige Verteidigungsschrift des christlichen Glaubens ist eine überaus detaillierte Erörterung der Untersuchung zur Person Matthias Knutzen und der Flugschriften selbst, die auf über 170 Seiten, exklusive Anhang, nahezu jeden Aspekt mehrmals aufgreift und Wertungen einfließen lässt, die auf Grund ihrer Polemik an manchen Stellen nicht sachdienlich wirken. Das Buch ist in zwei Teile unterteilt, wobei im ersten die biographischen Ergebnisse von Musaeus' Untersuchungen aufgezeigt und die wichtigsten Passagen aus Knutzens Texten bereits erläutert werden. Ab Seite 85 trägt es den Titel „Vertheidigung der Heiligen Schrifft wider die / in mehr besagten allhie ausgestreueten Chartequen enthaltene / boßhafftige Lästerungen.“ Hierin werden fast sämtliche Ausführungen Knutzens ausführlich behandelt. Dennoch ist die im Fließtext gehaltene Publikation nicht thematisch gegliedert, sondern muss vom Leser vollständig gelesen werden, will er die angestrebte Widerlegung vollständig erfassen. Die für jene Zeit üblichen hypotaktischen Sätze verlieren sich gelegentlich in Exkursionen über andere Sachverhalte oder Personen, um Vergleiche mit Knutzen ziehen zu können. Das Buch ist offenbar für ein sachverständiges Publikum verfasst worden, da selbst die beigefügten Erklärungen – z.B. für zeitgenössische philosophische Schriften – mehr als ein Mindestmaß an theologischem und religionswissenschaftlichem Hintergrundwissen erforderlich machen.

Fast sämtliche andere Publikationen über die Biographie Knutzens beziehen sich auf Musaeus „Ableinung“, die drei überlieferten Texte von Knutzen sogar vollständig.43 Über die Authentizität der Texte war nie großer Zweifel aufgekommen,44 sodass davon ausgegangen werden kann, dass sie unverändert von Musaeus abgedruckt worden sind.45 In der neueren Literatur findet sich zudem die Frage nach der Glaubwürdigkeit nicht mehr. Da man auch davon ausgehen kann, dass nicht alle verteilten Exemplare ausgehändigt worden sind, besteht theoretisch die Möglichkeit, dass sich jemand zwecks Richtigstellung hätte melden können. Darüber hinaus gab es keinen Zweifel, dass Knutzen der tatsächliche Verfasser gewesen ist, da es ebenfalls in der neueren Literatur nicht thematisiert wird.

1.4 Forschungsdebatten

Seit dem 18. Jahrhundert beschäftigt sich die Philosophie und Theologie eingehend mit dem sich offen artikulierenden Atheismus. Auch Matthias Knutzen wurde diesbezüglich wahrgenommen, wenn auch zunächst als eine Nebenerscheinung. So gibt es zwar eine stete Präsenz in fachspezifischen Abhandlungen, welche sich aber eher durch zahlreiche Erwähnungen und Meinungen spiegeln als durch eine explizit auf ihn gerichtete Forschung, die sich erst im späten 20. Jahrhundert zu etablieren beginnt.46

Für das 20. Jahrhundert ist hinsichtlich des Atheismus Fritz Mauthners vierbändige Reihe Der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande47 aus den 20er Jahren zu nennen, worin er in kulturgeschichtlicher Hinsicht die verschiedenen Formen des Unglaubens in ihren jeweiligen Kulturen und Epochen aufzeigt und auch zu Knutzen einige Zeilen schreibt.48

Im philosophischen Diskurs um den Atheismus wird die begründete Bestreitung der Existenz Gottes eingefordert. Da dies erst ab dem 17. Jahrhundert durch textliche Belege möglich ist, wurde der Begriff in den vorangegangenen Jahrhunderten als Synonym für Heterodoxie49 oder Blasphemie verwendet.50 Eine wirkliche Trennschärfe zwischen diesen Begriffen, die einher ging mit einer eingehenden Untersuchung hinsichtlich des Unglaubens und Atheismus, ist in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts feststellbar. Als bekanntester Vertreter aus dem Arbeiter- und Bauernstaat ist Werner Pfoh hervorzuheben, der sich eingehend mit dem vormarxistischen Materialismus auseinander setzte und für die Forschung um Matthias Knutzen wichtige Erkenntnisse erbrachte.51 Pfoh hat Knutzen zudem aus einer scheinbar zeitweisen Vergessenheit zurück in den wissenschaftlichen Diskurs gebracht,52 indem er 1965 eine neue deutsche Übersetzung der lateinischen Epistel veröffentlichte. Wolfgang Gericke hatte 1975 (und in jüngerer Zeit Klaus Matthäus und Winfried Schröder) auf Mängel in weiten Teilen dieser deutschen Übersetzung des Knutzen-Textes Amicus Amica Amicis! von Werner Pfoh aufmerksam gemacht, weshalb sie für diese Arbeit nicht verwendet wird. Die Schlussfolgerungen Werner Pfohs sind zwar in manchen Ausführungen im DDR-Jargon verfasst, bieten aber dennoch große Aufschlüsse hinsichtlich der Interpretation der Person Matthias Knutzens sowie dem Inhalt seiner Texte. Für die BRD ist Wolfgang Gericke hervorzuheben und für die letzten Jahre Winfried Schröder, welche, sich auf Werner Pfoh beziehend, weitere Erkenntnisse um Knutzen hinzufügten bzw. bestehende Vermutungen entkräftet haben. Hans-Martin Barth ist zudem die Entdeckung eines zeitgenössischen Kommentars über Knutzen zu verdanken, welcher zuvor in der Thematik um Matthias Knutzen noch nicht beachtet worden war.53 Die Literaturgrundlage für diese Arbeit bilden daher die grundlegenden Untersuchungen von Werner Pfoh, Wolfgang Gericke und Winfried Schröder.54

In den 1970er Jahren sah z.B. Wolfgang Gericke in Knutzens Flugschriften Parallelen55 zu Spinozas Theologisch-Politischen Traktat56. Diese Ansicht teilen jedoch weder Michael Czelinski-Uesbeck57 noch Winfried Schröder. Vermeintliche Anklänge seien lediglich, so sah es auch einst Leo Baeck58, Gemeingut der antichristlichen Literatur.59 Möglich sei dennoch, dass er Zugang zu Schriften aus den Spinoza-Zirkeln oder zumindest zu Werken gehabt haben könnte, durch die eventuell auch Spinoza inspiriert worden war.60 Auch zum vermutlichen Atheisten Lyszczynski zog Gericke Parallelen.61 Winfried Schröder erklärt bezüglich scheinbarer Ähnlichkeiten der Thesen Knutzens zu anderen Kirchenkritikern: „Der Atheist Knutzen steht - anders können wir es mangels eindeutiger Spuren, die in die Philosophie seiner Zeit oder der Vergangenheit weisen, nicht sagen – auf eigenen Füßen.“62 Grundsätzlich ist anzumerken: Im Gegensatz zu Spinoza glaubte Knutzen ohnehin nicht an die Liebe Gottes und somit an eine gewisse Richtigkeit der Bibel.63

Als Zwischenfazit ist in Bezug auf die Forschungsdebatte festzuhalten, dass Spinozas Kritik an der Bibel nicht die biblische Botschaft selbst betrifft, sondern deren Auslegung, also die buchstabengenaue Interpretation, bzw. die historischen Begebenheiten und die nicht irrtumsfreien Autoren der Heiligen Schrift.64 Bei ihm ist es eine ausschließlich intellektuelle Frage gewesen; der Glaube und der Gehorsam sich Gottes Wort zu fügen, sei logisch und widerspreche nicht der Vernunft.65 Knutzen sah die Bibel vollkommen anders, was in seinen drei Texten deutlich zum Ausdruck kommt, denn für ihn ist die Bibel keine gültige Richtschnur.66 Somit könne, laut neuesten Erkenntnissen, Spinoza als Einfluss auf Knutzen ausgeschlossen werden und wird daher in dieser Arbeit nicht näher betrachtet.

Zudem gibt es noch eine Vielzahl anonym verfasster Handschriften, die zur kirchenkritischen Radikalaufklärung gezählt werden, welche aber noch nicht vollständig editiert sind. Hierunter könnten sich möglicherweise noch nicht entdeckte Schriften von Matthias Knutzen befinden.

2 Zu den Begriffen Vernunft, Gewissen und Atheismus

2.1 Vernunft und Gewissen im christlichen Kontext

Gewissen ist, allgemein gefasst, das Vermögen des Menschen, Handlungen unter sittlichen Kriterien beurteilen zu können.67 Die ursprünglichen von der Antike geprägten Wortbedeutungen (griechisch `syneidesis´ und lateinisch `conscientia´) wandelten sich vom göttlichen 'Mitwissen, Wissen, Bewußtsein und Selbstbewußtsein' zur `inneren Stimme´, welche beispielsweise von Sokrates' innerer Stimme, dem `Daimon´, oder Ciceros `Gewissensbiss´ geprägt und später von den Kirchengelehrten weitergeführt und interpretiert wurden.68 Allerdings wurden diese erwähnten Punkte von den Gläubigen als Beweis für Gott verstanden, dem der Konsens aller Menschen zu Grunde liege, `consensus gentile´ oder `consensus universale´.69 Für sie war das Gewissen somit ein „Weisungs- und Leitungsinstrument“70 von Gott selbst. Knutzen stellt in seinen Texten hingegen das Gewissen als das angeborene Wissen für moralisch richtige Handlungsweisen dar und somit als eigene Instanz.71 Ebenso ist die Vernunft von Gott gegeben.72 Die christliche Apologie73 war stets bestrebt zu verkünden, dass Gott durch die reine Vernunft nicht erklärbar sei und nur durch den Glauben, die Liebe oder die Offenbarung Gottes erfahrbar wäre.74 Bereits vor John Locke's An Essay Concerning Human Understanding, in dem er die Annahme angeborener Ideen bezweifelt, herrschte somit allgemeiner Konsens der Gelehrten in Theologie und Philosophie über die von Descartes geprägte idea innata, über die angeborene Idee um die Gewissheit Gottes.75 Laut dem reformierten Theologen Gisjsbert Voetius (1589-1676) könne man zwar aussprechen, dass kein Gott existiere, dies aber nicht ernsthaft denken, da einem jeden die Gewissheit einer höheren Macht eingeboren sei, wer also so etwas behaupte, sei ein Heuchler.76 Und so urteilte auch Valentin von Greißing, dass Knutzen nur ein theoretischer und niemals ein tatsächlicher Atheist sein könne.77 Hierbei wird deutlich, dass es bis weit in die Frühe Neuzeit nicht vorstellbar war, ernsthaft die Existenz einer höheren Macht bzw. einer Weltursache - Gott - abzustreiten.

2.2 Atheismus im Kontext der Zeit

Der Begriff des Atheismus muss zunächst auf die monotheistischen Religionen bezogen werden, da er beispielsweise auf südostasiatische Kulturen nur unzureichend anwendbar ist.78 Er ist der latinisierte Begriff des ? ???? - `alpha´ für A, also `ohne´ bzw. `nicht´ und `theos´ für Gott - und wird seit dem 16. Jahrhundert verwendet.79 „Ein Theist glaubt an eine übernatürliche Intelligenz, die das Universum erschaffen hat und immer noch gegenwärtig ist, um das weitere Schicksal ihrer ursprünglichen Schöpfung zu beaufsichtigen und zu beeinflussen“80. Demnach bedeutet Atheismus per definitionem `ohne Gott´. Da diese Arbeit von den abrahmitischen Offenbarungsreligionen ausgeht, bedeutet der Begriff in finaler Konsequenz explizit in unserem Kontext die Verneinung der Existenz des personalen Gottes – JHW / JHWH, Jehova / Jahwe - Gott der Christen, Juden und Moslems. Implizit bedeutet er die Verneinung einer Weltursache, der Seele, des Jenseits und des Jüngsten Tages, des Teufels, der Engel, der Heiligen, der Propheten, den Prophezeiungen, heiligen Schriften usw.. Heute heißt die eigentliche Begriffsdeutung Atheismus somit exakt das, was sie aussagt - ohne Gott - und ist zusätzlich die Verneinung jeglicher anderer Gottheiten, übernatürlicher Wesen und Transzendenz. Da allerdings der Begriff des Atheismus seit seiner Entstehung dem Wandel der Zeiten und damit auch seiner Definitionen unterworfen war, sollen an dieser Stelle die verschiedenartigen Interpretationen betrachtet werden.

2.2.1 Atheismus in der Antike

Der Atheist, also der Gottlose, wurde z.B. im zehnten Buch Platons der Nomoi behandelt. Im Kontext des Gottesbeweises ließ Platon - im Dialog mit Kleinias - den Athener unter anderem nennen, welche Strafen die Gottlosen in der neu zu errichtenden Polis zu erwarten hätten: „Ist nun ferner jemand der Gottlosigkeit schuldig befunden worden, so soll das Gericht in jedem besonderen Falle auch eine besondere Strafe zuerkennen“81. Der Begriff `gottlos´ deutet aber im Hinblick auf das zehnte Buch Platons am Ehesten auf jemanden mit einer (vermeintlich) abweichenden Moralvorstellung hin. Eine Art Gottesbeweis führte auch Platon aus,82 so könnte man annehmen, dass es die Ansicht gegeben haben könnte, welche zu diesem Satz des Atheners führte: „Bedenken wir nun, ob wir bereits denen, welche an keine Götter glauben, in genügender oder mangelhafter Weise nachgewiesen haben, daß Götter sind“83. Des Weiteren ist festzustellen, dass in der griechischen Antike auch diejenigen als Atheisten bezeichnet wurden, die dem herrschenden polytheistischen Kult - d.h. ihrer Volksreligion84 oder besser gesagt ihrer Polis-Religion - nicht folgen wollten, was gleichbedeutend mit „politischer Häresie“85 war. Demzufolge wäre auch Platons Lehrer, der wegen Asebie zum Tode verurteilte Sokrates, ebenfalls ein Gottloser gewesen.86 Ähnlich hatte man Epikur bis weit in die Gegenwart hinein als Atheisten angesehen, da er die Unsterblichkeit der Seele bzw. eine göttliche Vorsehung verwarf.87 Gleiches trifft auf Diagoras zu, der `Atheist´ sogar als Beinamen erhielt.88 Weiterhin deklarierten auch die Römern die frühen Christen als Atheisten, was von jenen allerdings ausdrücklich akzeptiert wurde.89 Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass der Begriff `Atheist´ bis in die Moderne hinein explizit und wahrscheinlich ausschließlich diffamierend verwendet wurde.

2.2.2 Atheismus vom Mittelalter bis in die Moderne

Vor den Konfessionskriegen lag die Deutungshoheit über die vermeintlich Gottlosen bei der katholischen Kirche, wobei jedoch „in theoretischen Texten des Mittelalters [...] der Atheismus gar nicht belegt [ist]“90. Im heutigen Sinne atheistische Schriften oder ernstgemeinte Aussagen bezüglich der Nichtexistenz von Gott können für das Mittelalter nicht ausgemacht werden.91 Atheismus wurde deshalb zumeist mit der Leugnung der Dreifaltigkeit gleichgesetzt.92 Vermeintliche Atheisten und ihre Schriften sind erst ab der Renaissance dokumentarisch belegt. Beispielhaft für die vermeintlichen Atheisten, aber offensichtlichen Ketzer sind Lucilio Vanini93 oder Giordano Bruno, die man heute am ehesten dem Pantheismus zurechnen könnte.94

Somit ist festzustellen, dass das Signum des Atheismus für alle heterodoxen sowie materialistischen95 Ansichten und Strömungen verwendet wurde. Erkennbare Artikulation von konstruktiver Kirchenkritik innerhalb der verschiedenen Konfessionen und auch von einem sich ausbildenden Unglauben liegen im späten 17. Jahrhundert allerdings vor. Die Ursachen dieser Kritik liegen in neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, die ihren Ursprung bereits in der Renaissance haben.96 Hierdurch war auch die Philosophie beeinflusst, woraus sich eine Radikalisierung herausbildete, deren Erscheinungsformen sich in zahlreichen Werken der Frühen Neuzeit aufzeigen lässt, die im Widerspruch zum Dogma der Orthodoxie stehen. Diese Orthodoxie, die sich beispielsweise sehr gut durch die Verbalinspiration des Johann Andreas Quenstedt (1617-1688) verdeutlichen lässt, besagt, dass die Autorität der Heiligen Schrift und die Gottes eins wäre. Somit sei die Autorität der Bibel die Folge des Beschlusses Gottes und daher durch göttliche Inspiration abgefasst worden. Demzufolge galten „die Verfasser der Bibel „als die Hände Christi, die Feder, die der Heilige Geist geführt hat“, der überlieferte Text als „sankrosankt“97. Und auch Johannes Musaeus schrieb, dass „die ganze [Heilige] Schrifft von Gott eingegeben / [...] und demnach nichts anders sey als Gottes Wort“98. Daraus ergibt sich die Tatsache, dass das Aufzeigen von Widersprüchen einerseits ketzerisch war und – viel bedeutender – dass man hiermit die göttliche Autorität im Ganzen in Frage stellte.99 Es sind durch neu erschienene und kursierende Publikationen, welche religionskritisch waren, nicht nur ein ideengeschichtlicher, sondern auch ein mentalitätsgeschichtlicher Wandel erkennbar - vornehmlich in gebildeteren Kreisen, da das Schrifttum vor allem hierfür Belege bietet. Vereinzelt finden sich allerdings auch Hinweise, dass unter dem Eindruck des Dreißigjährigen Krieges Stimmen aus dem einfachen Volk zu vernehmen waren. Der Grundtenor: „Sie sagen, der Krieg sei jetzt vorbei. [...] Die Alten sind mit der Gottlosigkeit alt worden – wie sollten sie's noch lassen können vor ihrem Ende. [...] Viele Leut sagen, es sei jetzt gewiß, daß kein Gott ist“100.

3 Biographie Knutzens

Zum einen wissen wir über Knutzens Leben101 durch seine Schriften selbst Bescheid, zu einem großen Teil beruhen unsere Kenntnisse, inklusive der Ereignisse des Jahres 1674, aber auch auf den intensiven Nachforschungen und Veröffentlichungen seines größten Gegners Musaeus'.

Knutzen wurde in Oldenswort bei Eiderstedt wahrscheinlich zu Beginn des Jahres 1646 geboren102 und war das jüngste von mehreren Kindern103. Sein Vater, Berend Knutzen, war Organist in Oldenswort und verstarb am 18. März 1646, seine Mutter am 24. Januar 1650.104 Knutzens Vormund und Lehrer war Zacharias Fabricius,105 ein Rektor aus Oldenswort und vermutlich engerer Freund der Familie.106 Da Knutzen in Schleswig-Holstein aufwuchs, wurde er sehr wahrscheinlich lutherisch erzogen. Allerdings war die Gegend um Tönning in religiöser Hinsicht sehr speziell. Winfried Schröder bezeichnet diese Region als „Häresiotop“107, womit gemeint ist, dass sich dort verschiedene protestantische Strömungen aufhielten. So führte Musaeus Knutzens Denken in jungen Jahren, auf den Spiritualismus der David-Joriten108 zurück, mit denen er vermutlich in Berührung kam.109 Da in Tönning auch die Auffassungen der Arminianer und Mennoniten verbreitet waren, war Knutzens Denken möglicherweise ebenfalls von diesen Gruppen beeinflusst, welche in ihren Ansichten nicht dem herrschenden Luthertum entsprachen.110 Später in seiner Studienzeit kam Knutzen vermutlich mit Sozianern und Arianern in Kontakt, die gemeinhin mit Dogmenkritik und Gedankenfreiheit in Verbindung gebracht werden können.111

Im Jahre 1661 wurde er nach Königsberg zu seinem Bruder Johann geschickt, der dort als Organist arbeitete, um an diesem Ort seine weitere Erziehung zu erhalten. Aufgrund diverser Differenzen mit seinem Bruder floh er jedoch bereits nach kurzer Zeit zu Fuß zurück in seine Heimatstadt.112 Er musste dennoch nach Königsberg zurück kehren, besuchte fortan das dortige Altenstädter Gymnasium und schrieb sich 1664 an der Universität Königsberg für Theologie ein.113

Während der Zeit des Studiums im orthodox-protestantisch geprägten Königsberg 1664-1668, so heißt es bei Musaeus, habe er 'stets zu den Papisten gehalten'114, also zu den katholischen Studenten, welche höchstwahrscheinlich aus Polen stammten. Dies könnte darauf hindeuten, dass er durch sie zu kirchenkritischen Kreisen Anschluss fand oder später durch diese Kontakte während seines Baltikum-Aufenthaltes,115 denn die Gegenreformation war in Polen ein Nährboden für Kritiker geworden. Die Theologische Fakultät war auch schon zu Knutzens Zeiten durch den Magistrat der Stadt finanziell unterstützt worden, den protestantischen Synkretismus voranzutreiben.116 Trotz seiner Aufgeschlossenheit entwickelten sich vermutlich in Knutzens Studienzeit seine Kirchenkritik und sein Unglauben heraus. Ob sich ebenfalls bereits sein Atheismusgedanke entwickelte, ist nicht festzustellen.117 Es ist zwar nicht nachweisbar aber wahrscheinlich, dass er während der Studienzeit seine verschollene Schrift Thränen Christi mit Thränen aus dem Thränental der Welt betrachtet und allen Weinenden zum Trost aufgesetzt verfasste und in Umlauf brachte.118 Der Text erschien 1668 unter falschem Magistertitel und war Pastoren seiner Heimat gewidmet.119 Der Inhalt ist zwar unbekannt, der Titels lässt aber vermuten, dass er nicht atheistisch war.

Am 10.06.1668 immatrikulierte er in Kopenhagen für Theologie,120 zuvor war er kurze Zeit in Kotzenbüll bei Oldenswort Hauslehrer unter dem Pfarrer M. Bernhard Oldermann, wo er sich trotz vieler Diskussionen „zimlich verhalten“121 habe. Vermutlich wählte Knutzen die Theologische Fakultät zu Kopenhagen, obwohl sie streng lutherisch-orthodox geprägt war, um die Vorlesungen der Kirchenkritiker Janus Bircherod und Maurits König zu besuchen, die Descartes Lehren wohlwollend interpretierten.122 Nach seinem Aufenthalt in Kopenhagen,123 kehrte er 1669 zurück in seine Heimat und hatte seitdem weder einen festen Wohnsitz noch eine feste Arbeitsstelle. Damit begann für ihn eine Art „Wanderleben“124.

In Oldenswort von Pfarrer Dögen nach seinen Papieren gefragt, erklärte Knutzen, sie seien ihm von Soldaten weggenommen worden, wodurch er keine Anstellung im Pfarrdienst erhalten konnte.125 Wo er sich zwischen 1670-73 aufhielt, ist unbekannt, vermutlich verdiente er sich etwas Geld mit Gelegenheitsarbeiten als Hauslehrer im Baltikum, wo sein Atheismus herangereift sein könnte.126 In Polen könnte er in Kontakt mit den Ideen von, oder, laut Gericke, vielleicht sogar in persönlichen Kontakt mit Kasimir Korczak Lyszczynski gekommen sein, der ebenfalls als Atheist gilt und dessen Ansichten denen von Knutzen ähneln.127

Im November 1673 traf er in Krempe in Holstein ein und verlor bei der Überfahrt seinen wenigen Besitz. Auf Knutzens Bitte wurde er vom Diakon Wilhelm Alardus in Süderau als Dorfschullehrer eingestellt und bekam sogar offiziell die Möglichkeit Predigten halten zu dürfen. Die Inhalte seiner Predigten, die vor Bauern und Handwerkern gehalten wurden, umfassten neben Anklagen gegen den orthodoxen Protestantismus und seinem weltlichen und theologischen System, die „Unsittlichkeit, Raff- und Geldgier der protestantischen Konsistorien“128. Das führte dazu, dass er vom Generalsuperintendanten Johann Hudemann nach seiner letzten Predigt am 27. Dezember des Jahres 1673 entlassen wurde und darüber hinaus auch das Wohnrecht verlor.129

Mittellos geworden, ging er zu seinem anderen Bruder Franz, der in Tönning lebte, wo der dortige Diakon Mösing ihm eine Predigt gewährte. Am 14.01.1674 hielt er dort seine Predigt, welche erneut den Klerus kritisierte. Der Oberpfarrer Heinrich Brummer forderte Knutzens Papiere an, da dieser sich als Licentiat der Theologie ausgegeben hatte. Diese Papiere konnte er allerdings wegen des angeblich erlittenen Schiffbruchs bei der Überfahrt kurz zuvor nicht vorweisen.130 Am Tag danach war er aus der Stadt verschwunden. Vermutlich hielt er sich in Hamburg auf, worauf das Altona-Gespräch schließen lässt.131 Auch der Erbauungsdichter Johannes Lassenius132 (1636-1692) weiß von ihm zu berichten, dass er sich zu Beginn des Jahres 1674 in Holstein, in der Grafschaft Rantzau, aufhielt und er als „Erzbettler“ von seiner Hand Almosen und das Abendmahl empfing, ehe er „vom Teufel nach Jena“ geführt worden sei.133 In Barmstedt wurde Knutzen von Lassenius mit der Kinderlehre beauftragt, allerdings zog er nach kurzer Zeit weiter.134 Bei einer späteren Befragung war von seinem Bruder zu erfahren, dass er „von einer Universität zur andern lieff / und bey den Tischen dann und wann etliche Tage auffenthalt / nebst einem subsidio suchte / und sich also forthülffe“135. Die Vermutung liegt somit nahe, dass aus ihm ein sprichwörtlicher Schnorrer oder gar ein Bettler geworden war und er hierdurch das letzte Quäntchen Glauben verloren haben könnte.136

[...]


1 Vgl. Matthäus, Klaus, Der Atheist Matthias Knutzen streifte Altdorf (1674). Johann Christoph Sturm und seine Stellungname gegen die Gewissener von 1675, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte, 75, Nürnberg 2006, S. 61 und Schröder, Winfried, Ursprünge des Atheismus. Untersuchungen zur Metaphysik- und Religionskritik des 17. und 18. Jahrhunderts. Stuttgart-Bad Cannstatt 1998, S. 421.

2 Die Berufung auf das Gewissen als Instanz galt als Gottesbeweis (conscientiae testimonium). Knutzens Umdeutung (Suffizienz/ausreichend): Gott ist hierfür nicht nötig, wahrscheinlich aus der Idee des Daimonion, der inneren Stimme des Sokrates. Oder aus Menanders „Sentenzen“: Das Gewissen ist uns allen ein Gott. Vgl. Schröder, Winfried, Matthias Knutzen. Schriften. Dokumente. Mit einer Einleitung herausgegeben von Winfried Schröder, Stuttgart-Bad Cannstadt 2010 , S. 23.

3 Spinoza verfolgte eine historische Kritik der Bibel. Im Gegensatz zu Spinoza - den man heute als Pantheist und eher gemäßigt sehen könnte, was seine Zeitgenossen natürlich nicht so sahen - waren z.B. Herman van Rijswijk und Jacques Gruet, welche von Celsus beeinflusst gewesen seien. Mit drastischen Worten brachten sie ihre Ablehnung gegen das Christentum vor und behaupteten zudem, Jesus sei nicht Gottes Sohn gewesen und wurden letztlich zum Tode verurteilt. Vgl. Gericke, Wolfgang, Zur Geschichte der deutschen Frühaufklärung. Matthias Knutzen, der erste deutsche Atheist, in: Theologische Versuche 5, Joachim Rogge und Gottfried Schille (Hrsg.), Berlin 1975, S. 103f. Trotz alledem waren diese Männer keineswegs Atheisten. Dass auch Knutzen Zugang zu Celsus' Schriften gehabt haben könnte, vielleicht über den Umweg über die Schriften von Adriaan Koerbagh, der auch als Pantheist gilt, darauf deutet die mehrfache Verwendung des Wortes unctus – eigentlich Gesalbter, bei ihm mit „Geschmierter“ verwendet. Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 105. Siehe auch Musaeus, Ableinung, in: Schröder, Dokumente, Anhang, S. 138; (Der vollständige Titel von Musaeus' Verteidigungsschrift wird im Kapitel 1.3 genannt. In der folgenden Arbeit wird dieser Titel mit Ableinung abgekürzt.)

4 Knutzen, Feldprediger, S. 56: „...das wir Gewißener eure Bibel nur so weit zum Richter annehmen / als sie wider euch Christen läufft...“

5 Vor Knutzens Texten gab es nach heutigem Stand nur das atheistische Werk Theophrastus Redivivus, dessen Autor unbekannt ist. Möglicherweise auch das anonym verfasste Symbolum Sapientae/Cymbalum Mundi, wobei die Ansichten des Abfassungsdatums zwischen 1670 und 1688 liegen (vgl. Schröder, Ursprünge, S. 413). Beide Werke sind in Latein verfasst, wobei hinter letzterem aufgrund deutschsprachiger Zitationen und Einschübe ein deutscher Verfasser vermutet wird (vgl. Schröder, Ursprünge, S. 414). Mit letzterem Werk wurde Knutzen von Fritz Mauthner in Verbindung gebracht (vgl. Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 14). Der Grund: Mauthner zitiert zunächst aus dem Buch: „Die heiligen Schriftsteller verdienen gar keinen Glauben, weil sie Zeugen in eigener Sache waren und nichts weniger als inspiriert. Vielmehr müsse die Vernunft zur Richtschnur des Glaubens und des Lebens genommen werden, über Gott sei nichts zu bejahen und nichts zu verneinen [...]“ und Mauthner kommentiert hierzu: „Ich werde vielfach an den Ton des flegelhaften deutschen Atheisten Knutsen erinnert.“ Mauthner, Fritz, Der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande, Stuttgart/Berlin 1921, Band 2, S. 183. Der Bekanntheitsgrad dieser beiden Schriften war sehr niedrig (vgl. Schröder, Ursprünge, S. 76, Anm. 130).

6 Ab Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts stehen beispielsweise deutsche Freidenker wie Friedrich Wilhelm Stosch, Johann Georg Wachter oder Theodor Ludwig Lau für eine radikale Religionskritik. Mit ihrer Ablehnung stellen sie die bestehenden Kirchen und auch den Glauben im Grundsatz in Frage und lassen, angeregt durch die französische Untergrundliteratur (littérature clandestine), einen religionsphilosophischen Diskurs im deutschsprachigen Raum entstehen (siehe hierzu beispielsweise die Reihe Philosophische Clandestina der deutschen Aufklärung, herausgegeben von Winfried Schröder, worin deutschsprachige Werke veröffentlicht sind, die bis Mitte des 18. Jahrhunderts nur handschriftlich im Umlauf waren und während der Aufklärung noch keiner breiten Öffentlichkeit zur Verfügung standen).

7 Schröder, Winfried, Ursprünge des Atheismus. Untersuchungen zur Metaphysik- und Religionskritik des 17. und 18. Jahrhunderts. Stuttgart-Bad Cannstatt 1998, S. 76f.

8 Gericke, Frühaufklärung, S. 83.

9 Der Philosoph Fritz Mauthner war sich nicht sicher über die Bedeutung des Titels und erklärte, dass dies möglicherweise einen „perversen Sinn“ haben könnte aber dies nicht zutreffend sein müsse. (Mauthner, Fritz, Der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande, Bd. 3, Stuttgart/Berlin 1922, S. 167). Somit sei eine mögliche Übersetzung an: „Ein Freund ist den Freunden wie eine Freundin“. (Mauthner, Abendlande, Bd. 3, S. 167.) Werner Pfoh übersetzte dies mit: 'Freundliche Wünsche eines Freundes für seine Freunde'. In der folgenden Arbeit wird dieser Titel abgekürzt mit Amicus.

10 In der folgenden Arbeit wird dieser Titel abgekürzt mit Altona.

11 In der folgenden Arbeit wird dieser Titel abgekürtzt mit Feldprediger.

12 Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 76f: Nicht nur Vertreter der Ansicht, dass es keinen personalen Gott gebe, wurden so deklariert, sondern auch vermeintliche Häretiker.

13 Musaeus meint hiermit die Anhänger der natürlichen Theologie/Religion . Ihre Anhänger waren „der Ansicht, es gäbe eine von der übernatürlichen Offenbarung Gottes in der Heiligen Schrift unabhängige, 'natürliche' Erkenntnis Gottes und der Pflichten des Menschen“. Schröder, Winfried, Natürliche Religion und Religionskritik, in: Bödeker, Hans Erich (Hrsg.), Strukturen der deutschen Frühaufklärung 1680-1720, Göttingen 2008, S. 147f.

14 Vgl. Kittsteiner, Gewissen, S. 104f.

15 Da dies die gebräuchlichste Schreibweise ist, werde ich diese beibehalten. Zu den abweichenden Schreibweisen in der Literatur siehe Gericke, Frühaufklärung, S. 101, Anm. 6.

16 Verwendet wird die zweite Ausgabe von 1675, da diese die Texte von Knutzen enthält.

17 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 84.

18 Bisher wenig beachtet waren die Folgen der kleinen Eiszeit und Auswanderungsbewegungen innerhalb der deutschsprachigen Territorien. Vgl. Behringer, Wolfgang, „Kleine Eiszeit“ und Frühe Neuzeit, in: Behringer, Wolfgang, Hartmut Lehmann und Christian Pfister (Hrsg.), Kulturelle Konsequenzen der „Kleinen Eiszeit“, Göttingen 2005, S. 415-508.

19 Vgl. Pfoh, Flugschriften, S. 9.

20 Vgl. Ebd., S. 10.

21 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 94.

22 Pfoh, Flugschriften, S. 10.

23 Ebd., S. 10ff.

24 Vgl. Pfoh, Flugschriften, S. 19.

25 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 84.

26 Musaeus, Ableinung, S. 6.

27 Ebd., S. 7.

28 Vgl. Knutzen, Altona, S. 52.

29 Musaeus, Ableinung, S. 9.

30 Mit diesen Worten habe sich angeblich Matthias Knutzen von seinem letzten Arbeitgeber, dem reichsgräflich rantzauischen Propst Johannes Lossenius in Barmstedt verabschiedet. Vgl. Matthäus, Altdorf, S. 59.

31 Vgl. Schröder, Zwei 'tugendhafte Atheisten'. Zum Verhältnis von Moral und Religion bei Pierre Bayle, in: Aufklärung. Jahrbuch für die Erforschung des 18. Jahrhunderts und seiner Wirkungsgeschichte, Karl Eibl u.a. (Hrsg), München 2004, S. 15)

32 Die lateinische Epistel ist erhalten geblieben. Siehe: Schröder, Ursprünge, S. 420, Anm. 3.

33 Vgl. Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 12.

34 Johann Christoph Adelung (1732-1806) Theologe und Pädagoge. Seit 1793 Bibliothekar in der Privatbibliothek des Kurfürsten Friedrich August III. Seine Arbeiten waren neben grammatischen und lexikographischen Schriften auch Übersetzungen und eigene literarische, historische, naturwissenschaftliche, pädagogische und journalistische Abhandlungen. Für nähere Informationen siehe Heidrun Kämper u.a., Einleitung, in: Heidrun Kämper u.a. (Hrsg.), Aufklärer, Sprachgelehrter, Didaktiker. Johann Christoph Adelung (1732 – 1806), Tübingen 2006, S. 7ff.

35 Für weitere editorische Hintergründe siehe Winfried Schröder, Matthias Knutzen. Schriften. Dokumente. Mit einer Einleitung herausgegeben von Winfried Schröder, Stuttgart-Bad Cannstadt 2010, S. 34, 39.

36 Mahurin Veyssiere La Croze (1661-1739) war Benediktinermönch in Paris, floh aber nach einiger Zeit aus dem Kloster und trat zum Protestantismus über. Später wurde er Bibliothekar des preußischen Königs in Berlin. Der Historiker und Orientalist galt zudem als Kenner der häretischen Glaubensströmungen. Vgl. Mulsow, Martin, Die drei Ringe, Toleranz und clandestine Gelehrsamkeit bei Mathurin Veyssière La Croze (1661-1739), Tübingen 2001, S. 9ff.

37 Auch während der Französischen Revolution wurde sie vom Zirkel um Paul Henri Thiri d'Holbach (1723-1789) nachgedruckt. Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 421.

38 Siehe hier eine Aufzählung der Nachdrucke bis ins 20. Jahrhundert: Schröder, Ursprünge, S. 420, Anm. 5 und Schröder, Dokumente, Bibliographie, S. 77ff.

39 Werner Pfoh wies darauf hin, dass die Knutzen-Flugschriften in Deutschland 1747 und 1788 nachgedruckt wurden und erklärt hierfür den Grund: „Die spätere deutsche Bourgeoisie zeigte wenig Interesse daran, das progressive philosophische Erbe Knutzens zu würdigen.“ Pfoh, Flugschriften, Einleitung, S. 7.

40 Vgl. Pfoh, Flugschriften, Einleitung, S. 89.

41 Ob die Erstauflage ohne die Knutzen-Texte für den Vertrieb vorgesehen waren und die mit dem Appendix für eine spezielle Lesergruppe, ist nicht bekannt. Vgl. Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 12.

42 Diese Arbeit verwendet Musaeus' ungekürzte und unbearbeitete Autographe bei Schröder, Dokumente, Anhang ab S. 93.

43 Ein weiterer Nachdruck mit zeitnahem Datum stammt von Johann Micraelius aus dem Jahre 1679, aus seinem Syntagma historiarum ecclesiae. Weitere Nachdrucke siehe Schröder, Ursprünge, S. 420, Anm. 5. Vgl. auch Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 12f, und Matthäus, Altdorf, S. 58.

44 Vgl. Mauthner, Abendlande, Bd. 3, S. 167: Über die Echtheit der lateinischen Epistel, hatte er Zweifel.

45 Ähnlich formuliert es auch Klaus Matthäus: „Weiterhin fügte Musäus [...] den vollständigen Text [...] bei, damit niemand argwöhnen könne, er habe wichtige Punkte übergangen.“ Matthäus, Altdorf, S. 58.

46 Im 19. Jahrhundert begnügte man sich mit Äußerungen, wie diese das Matthias Knutzen ein „Nihilist und Anarchist“ war, da die „deutsche Bourgeoisie“ eine Gefahr für das bestehende Feudalsystem sah, wovon auch sie profitierten. Daher habe es auch keine eingehende Untersuchung über Knutzen gegeben. Pfoh, Flugschriften, S. 33.

47 Eine überarbeitete Neuausgabe seiner Bände steht seit 2010 online zur Verfügung, siehe: http://www.fritzmauthner.com (Stand: 09.10.2010)

48 Vgl. Mauthner, Abendlande, Bd. 3, S. 161-167.

49 In theologischer Hinsicht bedeutet dies vereinfacht ausgedrückt andersgläubig sein.

50 Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 15ff.

51 Hierzu sei erwähnt, dass Werner Pfoh seinem Buch darauf aufmerksam macht, dass durch Wolfgang Heises Aufsatz „Mathias Knutzen,: in Beiträge zur Geschichte des vormarxistischen Materialismus, Berlin 1961, S. 28-43.“ das vergessene Thema Matthias Knutzen zum akademischen Gegenstand der (marxistischen) Philosophie-Geschichte gemacht wurde. Vgl. Pfoh, Werner, Matthias Knutzen, Ein deutscher Atheist und revolutionärer Demokrat des 17. Jahrhunderts. Flugschriften und andere zeitgenössische sozialkritische Schriften, (Ost-) Berlin 1965, S. 27, Anm. 27.

52 Vgl. Pfoh, Flugschriften, S. 7.

53 Die Ausführungen stammen aus seinem Aufsatz „Der Atheist Knutzen streift Altdorf. Zur geistigen Situation der Universität Altdorf bei Beginn der Aufklärung. Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte (1970), S. 127-137.“, das von Klaus Matthäus in seiner Arbeit „Der Atheist Matthias Knutzen streifte Altdorf (1674). Johann Christoph Sturm und seine Stellungname gegen die Gewissener von 1675, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte, 75, Nürnberg 2006, S. 56-86.“ aufgegriffen wird und Sturms Kommentare in seinem Anhang, ab S. 74, veröffentlicht hat. Siehe hierzu Kapitel 4.3.

54 Pfoh, Werner, Matthias Knutzen, Ein deutscher Atheist und revolutionärer Demokrat des 17. Jahrhunderts. Flugschriften und andere zeitgenössische sozialkritische Schriften, (Ost-) Berlin 1965; Gericke, Wolfgang, Zur Geschichte der deutschen Frühaufklärung. Matthias Knutzen, der erste deutsche Atheist, in: Theologische Versuche 5, Joachim Rogge und Gottfried Schille (Hrsg.), Berlin 1975, 83-108; Schröder, Winfried, Matthias Knutzen. Schriften. Dokumente. Mit einer Einleitung herausgegeben von Winfried Schröder, Stuttgart-Bad Cannstadt 2010.

55 Dies sei beispielsweise die Formulierung 'gütige Mutter [...] Natur' bei Spinoza. Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 90. Diese könne mit Matthias Knutzens Maxime verglichen werden: „Dis Gewissen / [...] hat die gütige Mutter / die Natur in unsern Leibern gepflantzet / welches uns in unsern eintzigen Leben / unsere Bibel [...] ja Prediger und Obrigkeit ist / und lehret doch ohne eintzige Unkosten / EHRLICH LEBEN / NIEMAND BELEIDIGEN / und EINEM JEDEN DAS SEINE GEBEN.“ Im Original auch in Großbuchstaben. (Knutzen, Altona, S. 52)

56 Baruch de Spinoza (1632-1677), Tractatus theologico-politicus, 1670 erstmals gedruckt. Hierin untersuchte er die Bibel, speziell das Alte Testament. Inhaltlich folgerte er u.a., sinngemäß zusammengefasst, dass die Geschichten der Bibel kritisch hinterfragt werden müssten, die Juden nicht das auserwählte Volk seien, und tritt darüber hinaus für eine säkulare Gesellschaft ein. Zusammengefasst aus der freien Onlineversion seiner Schrift aus der deutschen Übersetzung von 1870: http://www.zeno.org/Philosophie/M/Spinoza,+Baruch+de/Theologisch-politische+Abhandlung (Stand: 23.09.2010)

57 Siehe hierzu: Der tugendhafte Atheist. Studien zur Vorgeschichte der Spinoza-Renaissance in Deutschland, Würzburg 2007, S. 18.

58 Leo Baeck (1873-1956), Rabbiner und Vertreter des liberalen Judentums; Experte der Schriften Spinozas. Siehe: Baeck, Leo, Spinozas erste Einwirkungen auf Deutschland, Berlin 1895, S. 41.

59 Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 19.

60 Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 19f. Gemeint ist das Prae-Adamitae von Isaac La Peyrères, dass Knutzen im Altona-Gespräch erwähnt. Vgl. Knutzen, Altona, S. 50.

61 Lyszczynskis Thesen sind vergleichbar mit denen Knutzens. So erklärt er sinngemäß: Wäre in jedem Menschen die Vernunft, die uns sagt, dass Gott existiert, so gäbe es keine verschiedenen Religionen oder gar Konfessionen und schon gar nicht den Zweifel an Gott selbst.“ Daraus folgert er im letzten Satz seines Werkes: „Also gibt es keinen Gott.“ 1689 wurde er mit seinen Schriften verbrannt. Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 92f und 105. Eine weitere Ähnlichkeit ist der Ausdruck bei Lyszczynski „Wir Atheisten halten dafür, daß...“ (Gericke, Frühaufklärung, S. 93), welches an Knutzens Satz „Wir Gewissener“ erinnere (Knutzen, Feld-Prediger, einmal bei S. 56, zweimal bei S. 58, einmal Amicus, S. 42). Bezüglich Lyszczynskis Aussage in seinen Schriften ist zu erwähnen, dass sich diese auf seine Prozessakten beziehen, welche nachträglich manipuliert sein könnten. Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 33ff.

62 Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 20. Er weist aber darauf hin, dass Knutzen die Schrift des Spinoza-Kreis angehörenden Adriaan Koerbagh Een bloemhof van allerley lieflijkheyd gekannt haben könnte und hieraus seine beleidigenden Äußerungen inspiriert sein könnten.

63 Knutzen sieht in der Bibel keine Anleitung für Lebensfragen, sondern Widersprüchlichkeiten. Gericke wies auch auf folgenden Umstand hin: Knutzen schreibt, es gebe gleichlautende Begriffe in der Bibel, die mehrere Deutungen zuließen, dieses Argument habe Knutzen „ohne Zweifel“ bei Spinoza gelesen. (Gericke, Frühaufklärung, S. 91) Spinoza erklärte dies damit, dass Gott sich den verschiedenen Autoren der Bibeltexte anpasste und bediente sich hierbei der Akkomodationstheorie. (Vereinfacht ausgedrückt: Laut Johannes Kepler (1551-1630) habe sich Gott dem Vorstellungsvermögen der Menschen angepasst. Vgl. Wollgast, Siegfried, Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung. 1550-1650, Berlin 1993, S. 259).

64 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 91.

65 Vgl. Ebd.

66 Vgl. Knutzen, Amicus, S.40 bzw. Altona, S. 35.

67 Vgl. Hilpert, Konrad, Gewissen, II. Theologisch-ethisch, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Band 4, Freiburg u.a. 1995, Sp. 621. Eine einfache Antwort auf die Frage nach dem Gewissen kann nicht gegeben werden, da sie vielfältig innerhalb der Philosophie und der christlichen Konfessionen beantwortet wurde. Für weitere Ausführungen zu diesem Thema siehe ebd., Sp. 620ff.

68 Vgl. Hermsen, Edmund, Gewissen., I. Religionsgeschichtlich und Käppel, Lutz II. Gewissen, Griechisch-römische Antike, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Sp. 899ff.

69 Kreiner, Armin, Konsens, Konsentheorien. II. Systematisch-theologisch, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Band 6, Sp. 289.

70 Härle, Wilfried, Gewissen, IV. Dogmatisch und ethisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Band 3, Sp. 902ff und Jüngel, Eberhard, Glaube, IV. Systematisch-theologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Band 3, Sp. 953ff.

71 Vgl. Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 24.

72 Vgl. Herms, Eilert, Vernunft, II. Religionsphilosophisch, Band 3, Sp. 1039f und ders. Vernunft, III. Fundamentaltheologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Band 3, Sp. 1040ff. Der Begriff der Vernunft wird von Platon bis zu den Kirchenvätern Augustinus und Thomas von Aquin ähnlich, aber dennoch verschieden definiert. Ihnen gleich ist jedoch, dass sie auf einen göttlichen Ursprung zurück führen ist. Vgl. Baumanns, Peter, Vernunft, Verstand, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Band 10, Sp. 701-707.

73 Die Kunst auf die Frage nach Sinn und Wahrheit des christlichen Lebens zu antworten. Vgl. Herms, Eilert, Apologetik, VI. Fundamentaltheologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Band 1, Sp. 623.

74 Vgl. Herms, Eilert, Apologetik, VI. Fundamentaltheologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart Band 1, Sp. 624f.

75 Vgl. Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 15.

76 Vgl. Ebd.

77 Vgl. Ebd., S. 15f.

78 Obwohl es in fast allen Kulturen eine Schöpfungsgeschichte gibt und somit einen Schöpfergott, kann dieser nicht mit dem abrahamitischen Gott verglichen werden. Somit kann diese Definition keine hinreichende Aussage für nicht-monotheistische Religionen liefern, da diese differenziert betrachtet werden müssten. Siehe hierzu z.B. Schmidt-Glintzer, Helwig, „Atheistische“ Traditionen in China, in: Niewohner, F. und Pluta P. (Hrsg.), Atheismus im Mittelalter und in der Renaissance, Wiesbaden 1999, S. 271-290 ; Ommermann, Wolfgang, Atheismus im Neo-Konfuzianismus als Weiterführung der konfuzianischen Tradition der Skepsis und Kritik gegenüber dem Glauben an Götter und Geister, in: Ders., S. 291-325.

79 Vgl. Figl, Johannes, Atheismus, I. Religionswissenschaftlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Band 1, Sp. 873.

80 Dawkins, Richard, Der Gotteswahn, Berlin 2008, S. 31.

81 Platon, Nomoi, X, 907d10, in: Platon. Sämtliche Werke, Band 4. Timaios, Kritias, Minos, Nomoi, Wolf, Ursula (Hrsg.), übersetzt von Friedrich Schleiermacher und Hieronymus Müller, Berlin 1994.

82 Zuvor erfolgt eine ausführliche Beweisführung wie die z.B. folgende, um die Existenz von Göttern zu beweisen: „Wollen wir nun über die Sterne insgesamt und über den Mond, über die Jahre, Monate und die sämtlichen Jahreszeiten eine andere Behauptung aufstellen als eben dieselbe, daß, weil Seele oder Seelen als Ursache von diesem allen sich ergaben, und zwar gute in jeder Tugend, wir sie für Götter erklären, ob sie nun, als lebende Wesen, Körpern innewohnend oder wie immer sonst oder wodurch den ganzen Himmel ordnen? Gibt es jemanden, welcher, gibt er das zu , zu leugnen wagt, es sei alles mit Göttern angefüllt? Platon, Nomoi, X, 899b.

83 Platon, Nomoi, X, 899b.

84 Flapsig aber treffend formulierte Fritz Mauthner den Atheismus bei den Griechen: „Wer bei den Griechen ????? hieß, der konnte freilich auch schon ein Leugner der Stadtgötter sein, war aber vielleicht nur ein Mann, der sich um die Götter nicht kümmerte, der ohne Götter auskam, der - wie wir zu sagen pflegen - Gott einen guten Mann sein ließ.“ Fritz Mauthner, Der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande, (1920-1923), Band 1– Korrigierte Neuausgabe – Heppenheim: m-presse 2010, aus: http://www.fritzmauthner.com/homepagemauthner/download/Mauthner_Atheismus_Auszug.pdf (Stand: 05.10.2010).

85 Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 46, Anm. 6.

86 Vgl. Martens, Ekkehard, Sokrates. Eine Einführung. Stuttgart 2004.

87 Vgl. Geyer, Carl-Friedrich, Epikur zur Einführung, Hamburg 2000.

88 Vgl. Minois, Georges, Geschichte des Atheismus. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Weimar 2000, S. 42f.

89 Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 46, Anm. 7.

90 Schröder, Ursprünge, S. 58.

91 Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 57ff. Winfried Schröder formuliert die Legendenbildung um den Atheismus im Mittelalter so: Es sei „das Bild eines Schattenkampfes, den die christliche Orthodoxie mit dem real gar nicht existierenden Atheismus führte.“ Schröder, Ursprünge, S. 17, Anm. 6. Die Aussage entstand aufgrund der grundlegenden Ergebnisse der Habilitationsschrift von: Barth, Hans-Martin, Atheismus und Orthodoxie. Analysen und Modelle christlicher Apologetik im 17. Jahrhundert, Göttingen 1971.

92 Vgl. Dietz, Walter R., Atheismus, II. Kirchengeschichtlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Band 1, Sp. 875.

93 Lucilio Vanini (1585-1619) hielt nach Veröffentlichung seines Werkes De admirandis naturae, reginae deaeque mortalium arcanis einige Vorträge in Paris, wo er seine Ansichten vertrat und kurze Zeit später verhaftet und bald daraufhin in Tolouse bei lebendigem Leib verbrannt wurde. Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 329ff und Gericke, Wolfgang, Herman Samuel Reimarus und die Untergrundliteratur seiner Zeit, in: Pietismus und Neuzeit, Brecht, Martin (Hg.), Göttingen 1992, S. 123.

94 Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 324f.

95 In philosophischer Hinsicht bedeutet Materialismus kurzgefasst, dass die in der Natur ablaufenden Prozesse keinen immateriellen Grund (hier Gott) als Ursache brauchen bzw. verwenden.

96 Vgl. Schnabel-Schüle, Helga, Das Majestätsverbrechen als Herrschaftsschutz und Herrschaftskritik, in: Aufklärung 7/1994, S. 37f.

97 Grossmann, Edelmann, Einleitung, S. VIII.

98 Musaeus, Ableinung, S 165f.

99 Vgl. Grossmann, Edelmann, Einleitung, S. VIII.

100 Burkhardt, Johannes, Der Dreißigjährige Krieg 1618 - 1648, Frankfurt am Main 1992, S. 243. Die Aussage stammt aus einer Notiz in einer Bibel, deren Verfasser aus der Schwäbischen Alb stamme und hiermit das Ende des Krieges kommentierte. Siehe ders. S. 292, Anm. 35.

101 Im Zedlers Universal-Lexikon steht, er sei „aus einem ansehnlichen Geschlecht geboren, so von des Königs Christiani I. in Dännemarck Sohn, Herzog Friedrich in Holstein, geadelt worden. Doch giebt man Berend Knutzen, gewesenen Organisten zu Oldenwurt vor seinen Vater aus.“ (Anonymus, Art. „Knutzen“, in: Grosses vollständiges Universal-Lexicon [Zedler], Begründet von Johann Heinrich Zedler, Leipzig/Halle 1734-1750, Sp. 1174f) Siehe: http://www.zedler-lexikon.de/blaettern/einzelseite.html?seitenzahl=578&bandnummer=15&dateiformat=1&supplement=0&view=100 (Stand: 17.09.2010) Diese Aussage ist nachweislich falsch. Der Artikel benennt zudem alle bis dato vorkommenden Druckwerke, in denen Matthias Knutzen vorkommt.

102 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 84.

103 Vgl. Matthäus, Altdorf, S. 58. Wieviele Geschwister Knutzen hatte ist auch bei Musaeus nicht ersichtlich.

104 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 84.

105 Vgl. Ebd.

106 Vgl. Pfoh, Flugschriften, S. 12.

107 Schröder, Dokumente, Einleitung, S. 18.

108 Die Sekte der David-Joriten geht zurück auf ihren Gründer David Georgi (1501-1556) auch Georgsohn oder Joris genannt, der ein Glasmaler aus Flandern gewesen ist. Seine exhumierte Leiche wurde verstümmelt und verbannt. Er stellte zu Lebzeiten den Anspruch auf Führerschaft innerhalb der Wiedertäuferbewegung. Seine Anhänger wurden lange Zeit verfolgt. Vgl. Volker Leppin, Joris, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Vierte, völlig neu bearbeitete Auflage, Hans Dieter Betz u.a. (Hrsg.) Band 4, Tübingen 2004, Sp. 574. Er habe Visionen gehabt und sich für den wiedergekehrten Messias gehalten. Vgl. http://www.bautz.de/bbkl/d/david_joris.shtml (Stand: 22.09.2010) Die David-Joriten sprachen vom „inneren Licht“, dies sei dem Gewissen und der Vernunft von Knutzen vergleichbar. Zudem sei Knutzens Denkweise gegenüber Ehe angelehnt an deren Adamismus. Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 85. Außerdem war Knutzen der Ansicht, dass es bereits vor Adam und Eva Menschen gegeben habe und erwähnt dabei das Tractat de Pae-Adamitis, das von Isaac de la Peyrere stammt. Siehe Knutzen, Altona, S. 50.

109 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 85.

110 Vgl. Ebd.

111 Knutzen könnte Kontakt zu Christoph Sand (auch Sandius genannt) dem Älteren gehabt haben. Sand war kurbrandenbrurgischer Rat und Sekretär beim Ober-Appellationsgericht und wurde wegen seines arianischen Glaubens entlassen. Darauf deutet hin, dass Knutzen explizit auch die Arianer in seinen Flugschriften erwähnt. Sandius Sohn mit gleichen Namen war der Verfasser der Bibliotheca Antitrinitariorum. Sandius der Ältere gab in privaten Vorlesungen Einblicke in die Naturrechtslehre von Hugo Grotius, der erklärte, dass es „ein in der Vernunft begründetes natürliches Recht gäbe, das seinem Wesen nach ewig, unveränderlich und notwendig sei und die Grundlage jedes positiven Rechtes bilden müsse[:] ...jedem das Seine gesichert wird und keiner das Recht eines anderen verletzen darf.“ Hierin vermutet Gericke die erste Anregung zu Knutzens „sittlicher Maxime“. Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 86f.

112 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 86.

113 Vgl. Ebd.

114 Ebd., S. 94. Zitat aus Musaeus' Ableinung.

115 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 94.

116 Vgl. Pfoh, Flugschriften, S. 13.

117 Wie auch Pfoh erklärte, dass es keine weltanschauliche Beziehung zwischen Synkretismus und Knutzens entwickelter „antifeudalen, atheistisch-materialistischen Weltanschauung“ gibt, könnte dies aber seine geistige Entwicklung dazu begünstigt haben. Vgl. Pfoh, Flugschriften, S. 13.

118 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 87.

119 Zur Datierung und Widmung siehe Gericke, Frühaufklärung, S. 102, Anm. 16.

120 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 87.

121 Vgl. Musaeus, S. 21.

122 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 88.

123 Exmatrikulation, vermutlich ohne Abschluss, erfolgte wahrscheinlich Ende des Jahres 1669. Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 89.

124 Ebd.

125 Vgl. Musaeus, Ableinung, S. 22f.

126 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 89.

127 Lyszczynskis Thesen sind vergleichbar mit denen Knutzens. So erklärt er sinngemäß: Wäre in jedem Menschen die Vernunft die uns sagt, dass Gott existiert, so gäbe es keine verschiedenen Religionen oder gar Konfessionen und schon gar nicht den Zweifel an Gott selbst. Daraus folgert er im letzten Satz seines Werkes: 'Also gibt es keinen Gott.' 1689 wurde er mit seinen Schriften verbrannt. Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 92f und 105. Erwähnung bei Edelmann erwähnen? S. 67? Eine weitere Ähnlichkeit ist der Ausdruck bei Lyszczynski 'Wir Atheisten halten dafür, daß...' (Gericke, Frühaufklärung, S. 93), welches an Knutzens Satz „Wir Gewissener“ erinnere (Knutzen, Feld-Prediger, einmal bei S. 56, zweimal bei S. 58; einmal Amicus, S. 42). Bezüglich Lyszczynskis Aussage in seinen Schriften ist zu erwähnen, dass sich diese auf seine Prozessakten beziehen, welche nachträglich manipuliert sein könnten. Vgl. Schröder, Ursprünge, S. 33ff.

128 Vgl. Pfoh, Flugschriften, S. 16f.

129 Vgl. Musaeus, Ableinung, S. 26.

130 Vgl. Musaeus, Ableinung, S. 23f. Auch als Magister hatte er sich bereits ausgegeben. Vgl. Ebd., S. 24. Es sei nicht selten gewesen, dass sich zu dieser Zeit junge Akademiker mit falschen Titeln bewarben, um eine Anstellung in den kirchlichen Institutionen zu bekommen. Vgl. Pfoh, Flugschriften, S. 16.

131 Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 96.

132 Er wird charakterisiert als ein orthodoxer Polemiker, welcher gegen Hobbes, Weigelianer und Sozianer wetterte. Vgl. Kittsteiner, Gewissen, S. 103f.

133 Zitat von Lassenius, entnommen aus: Kittsteiner, Gewissen, S. 430, Anm. 100.

134 Vgl. Mätthäus, Altona, S. 59.

135 Musaeus, Ableinung, S. 24.

136 Auch Gericke sah dies in ähnlicher Weise. Vgl. Gericke, Frühaufklärung, S. 99.

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Der Atheismus-Diskurs um 1700 am Beispiel der Flugschriften Matthias Knutzens
Hochschule
Universität Kassel  (Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit)
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
90
Katalognummer
V461616
ISBN (eBook)
9783668905696
ISBN (Buch)
9783668905702
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Atheismus, Häretiker, Häresie, Deismus, Pantheismus, Matthias Knutzen, Descartes, Spinoza, Lyszczynski, David Hume, Giordano Bruno, conscientiae testimonium, Theophrastus Redivivus, Symbolum Sapientae, Cymbalum Mundi, Winfried Schröder, de tribus impostoribus, de imposturis religionum
Arbeit zitieren
Marcus Topuz (Autor:in), 2010, Der Atheismus-Diskurs um 1700 am Beispiel der Flugschriften Matthias Knutzens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461616

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