Gesprächsführung mit Patient*innen in schwierigen Situationen und Konfliktsituationen


Seminararbeit, 2017

14 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen der Gesprächsführung
2.1. Das EWE-Prinzip nach Carl Rogers
2.2. Motivierende Gesprächsführung nach Miller
2.2.1. Patientenwiderstand
2.2.2. Change-Talk
2.3. Das CALM-Modell zur Deeskalation

3. Der ‚schwierige‘ Patient
3.1. Definition nach Weig
3.2. Definition nach Kowarowsky

4. Fallbeispiel mit Besprechung der Gesprächsführung
4.1. Fallbeispiel
4.2. Besprechung der Gesprächsführung

5. Fazit

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Berufsbedingt haben Psychologen*innen und Psychotherapeuten*innen mit verschiedensten Menschen zu tun. Jede*r Patient*in bringt individuelle Charakteristika mit in die Behandlungssituation. So unterschieden sich die Patienten*innen nicht nur in Alter, Geschlecht, Krankheitsbild, sondern auch hinsichtlich ihrer Persönlichkeiten und ihren Kommunikationsstilen. Es zeigte sich, dass die individuellen Merkmale der Patienten*innen, die therapeutische Beziehung und die Bereitschaft zur Therapie eine ähnlich große Rolle für den Erfolg einer Therapie spielen, wie die Diagnose selbst (vgl. Modestin 2008).

Die Gesprächsführung im therapeutischen Kontext, um die es in der vorliegenden Arbeit gehen soll, kann einen entscheidenden Einfluss auf die therapeutische Beziehung und die Bereitschaft des*r Patienten*in zur Therapie nehmen. Im Folgenden sollen daher verschiedene Merkmale einer erfolgreichen Gesprächsführung vorgestellt, sowie auf Konfliktlösestrategien eingegangen werden. Weiterführend soll ein Fallbeispiel aus einem Praktikum in einer Psychiatrie vorgestellt werden. Auf Grundlage der vorgestellten Theorie zu verschiedenen Formen der Gesprächsführung soll anschließend eine Analyse der Gesprächsführung im Fallbeispiel durchgeführt werden.

2. Grundlagen der Gesprächsführung

Es gibt viele verschiedene Wege, ein Gespräch zu führen. Maßgeblich dabei ist die Intention des Gespräches. Im therapeutischen Kontext soll vor allem der Istzustand der Patienten*innen dahingehend verändert werden, dass der Leidensdruck verringert und eine positive Veränderung in die gewünschte Richtung angestoßen wird. Um dies zu erreichen gibt es verschiedene Kommunikationsprinzipien, welche im Folgenden vorgestellt werden sollen.

2.1. Das EWE-Prinzip nach Carl Rogers

Carl Rogers, der als Begründer der Gesprächspsychotherapie gilt, benennt im EWE-Prinzip die drei Kommunikationsprinzipien, welche eine erfolgreiche Gesprächsführung ausmachen: Empathie, Wertschätzung, Echtheit. Diese sind wichtige Grundpfeiler in der therapeutischen Beziehung und beeinflussen maßgeblich die Interaktion zwischen Psychologe*in / Psychotherapeut*in und Patient*in.

Empathie: Dem*r Patienten*in soll mit einer Grundhaltung von einfühlendem Verständnis und unvoreingenommenem Annehmen begegnet werden. Verlangt wird ein ‚Sich-in-den*die-Patienten*in-hineinversetzen‘, ohne dabei mitzuleiden. Vielmehr soll die innere Erlebniswelt des*r Patienten*in verstanden werden, ohne dabei belehrend, lenkend oder wertend einzugreifen.

Wertschätzung: Der*ie Patient*in soll bedingungslos wertgeschätzt werden. Dazu gehört, dass dem*r Patienten*in Hilfe angeboten wird, ohne dass diese*r verpflichtet ist, sie anzunehmen.

Echtheit: Dieses Kommunikationsprinzip verlangt von dem*r Psychologen*in / Psychotherapeuten*in sich authentisch und glaubwürdig zu verhalten. Es soll kein Rückzug in eine Expertenrolle stattfinden, da dies von dem*r Patienten*in durchschaut werden und sich negativ auf die Beziehung auswirken würde. Dennoch sollen aber klare Grenzen definiert und eingehalten werden.

Das EWE-Prinzip gilt als einer der wichtigsten Grundpfeiler in der psychologischen und psychotherapeutischen Gesprächsführung. Gerade bei schwierigen Gesprächen oder auch in Konfliktsituationen kann dieses Kommunikationsprinzip eine wichtige Orientierung für den*ie Psychologen*in / Psychotherapeuten*in darstellen. (Vgl. Bösch 2017)

2.2. Motivierende Gesprächsführung nach Miller

Die motivierende Gesprächsführung nach Miller kann gerade in schwierigen Situationen bzw. in Konfliktsituationen innerhalb des (psycho-) therapeutischen Kontextes hilfreich sein. Ihr zugrunde liegt ein empathischer und klientenzentrierter Psychotherapiestil, der mehr ist als ‚nur‘ aktives Zuhören. Durch eine sehr direktive Gesprächsführung soll die Unstimmigkeit zwischen dem Ist- und dem Sollzustand bewusstgemacht werden, um so eine Veränderung in die gewünschte Richtung anzustoßen (im Folgenden C hange-Talk genannt). Bei dem*r Patienten*in wird vermutlich zunächst ein Widerstand auftreten, den es umzulenken gilt. Außerdem soll vor allem auch die Selbstwirksamkeit des*r Patienten*in gefördert werden. Die drei Grundpfeiler der motivierenden Gesprächsführung nach Miller sind die Partnerschaftlichkeit, die Evocation und die Autonomie des*r Patienten*in.

Partnerschaftlichkeit: Der*ie Therapeut*in ist dem*r Patienten*in nicht übergeordnet, sondern es besteht eine partnerschaftliche Beziehung zwischen den Beiden. „Die Methode der motivierenden Gesprächsführung zieht es vor, zu erforschen, anstatt zu ermahnen und zu unterstützen, anstatt zu überreden oder zu argumentieren.“ (Miller und Rollnick 2009, S. 54)

Evocation: Es wird davon ausgegangen, dass Einsicht, Verständnis und Realität in dem*r Patienten*in selbst angelegt sind und lediglich hervorgerufen werden müssen. Es findet also keine Vermittlung derselben durch den*ie Psychologen*in / Psychotherapeuten*in statt, da dies der partnerschaftlichen Beziehung schaden würde.

Autonomie: Die Verantwortung für die angestrebte Veränderung liegt bei dem*r Patienten*in. Die Aufgabe des*r Psychologen*in / Psychotherapeuten*in ist es, die intrinsische Motivation des*r Patienten*in dahingehend zu fördern, diese Verantwortung anzunehmen und die Veränderung anzustoßen. (Vgl. Miller & Rollnick 2009, S. 53ff.)

2.2.1. Patientenwiderstand

Wie bereits geschrieben, kann es bei dem*r Patienten*in zunächst zu einem Widerstand gegen die Veränderung kommen. Dieser kann sich auf verschiedenste Weise ausdrücken, wie die folgende Tabelle eindrücklich zeigt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vier Prozess-Kategorien von Klienten-Widerstandsverhalten (Miller & Rollnick 2009, S. 73f.)

Der Widerstand kann unter anderem durch verschiedene therapeutische Reaktionen hervorgerufen werden. Aufgabe des*r Therapeuten*in ist es, den Widerstand und seinen Ursprung zu erkennen und zu eliminieren. (Vgl. Miller & Rollnick 2009, S. 78f.)

2.2.2. Change-Talk

Der sogenannte C hange-Talk „[…] spiegelt die Bewegung einer Person in Richtung einer Veränderung, während Widerstand ein Entfernen von der Veränderung darstellt und voraussagt.“ (Miller & Rollnick 2009, S. 72). Je häufiger ein solcher Change-Talk auftritt, desto wahrscheinlicher ist auch eine Verhaltensveränderung des*r Patienten*in. Die Anwendung eines reflektierenden und unterstützenden Kommunikationsstils fördert den C hange-Talk, während ein direktiver oder konfrontierender Kommunikationsstil eher Widerstand hervorruft. Change-Talk und Widerstand sind wichtige Verhaltensweisen des*r Patienten*in, die viel über eine mögliche Verhaltensänderung aussagen. (Vgl. Miller & Rollnick 2009, S. 25) Sie sind als gegensätzlich einzuordnen, was die Gegenüberstellung in der nachfolgenden Tabelle verdeutlicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Change-Talk und Widerstand (Miller & Rollnick 2009, S. 75)

Die Ambivalenz zwischen C hange-Talk und Widerstand soll aufgehoben werden, um eine Änderung des Verhaltens zu unterstützen (vgl. Miller & Rollnick 2009, S. 79).

2.3. Das CALM-Modell zur Deeskalation

Das CALM-Modell beschreibt eine Deeskalationstechnik in vier Stufen:

1. Contact: Die Gesprächspartner sollen miteinander im Kontakt bleiben. Es ist dabei wichtig, dass Ruhe und Sachlichkeit gegeben sind.
2. Appoint: Negative Gefühle werden angesprochen und thematisiert. Auch hier sind Ruhe und Sachlichkeit wichtig.
3. Look ahead: Hier soll das gemeinsame Ziel festgestellt werden, auf das dann hingearbeitet werden kann.
4. Make a decision: Es kommt zu einer Einigung hinsichtlich dessen, was das gemeinsame Ziel ist und was die Aufgabe der jeweils beteiligten Gesprächspartner ist, um dieses auch zu erreichen.

(Vgl. Bösch 2017)

Meist bewirkt bereits die erste Stufe eine Deeskalation und es ist kein weiteres Fortschreiten bis zur vierten Stufe notwendig. Sollte dies nicht der Fall sein, ist es hilfreich, die negativen Gefühle (eigene und auch beim Gegenüber wahrgenommene) zu verbalisieren. Hierbei ist es äußerst wichtig, dies frei von Vorwürfen oder Wertungen zu machen. Die Gefühle sollen angesprochen werden, ohne Schuld oder Verantwortung zuzuweisen. Das Ansprechen der Gefühle signalisiert gleichzeitig ein Beziehungsangebot, um wieder in Kontakt zum Gegenüber zu gehen. Indem ich mich zeige, gebe ich auch dem Gegenüber die Möglichkeit sich zu zeigen.

Bei eskalierenden Gesprächen kommt es häufig zu einer Bildung von ‚Fronten‘, in der es darum geht ‚zu gewinnen‘ oder ‚Recht zu haben‘. Das eigentliche Ziel des Gesprächs wird aus den Augen verloren. Die dritte, wie auch die vierte Stufe sorgen für eine Art ‚Bündnis‘ zwischen den Gesprächspartnern, wodurch die ‚Fronten‘ aufgehoben werden und stattdessen ‚auf der gleichen Seite‘ gearbeitet wird. Durch die Formulierung eines gemeinsamen Ziels agieren die Gesprächspartner auf Augenhöhe und sind infolgedessen beide bestrebt, auf die Erreichung des Ziels hinzuarbeiten. Sie werden dadurch zu ‚Partnern‘ anstatt zu ‚Gegnern‘.

3. Der ‚schwierige‘ Patient

Es stellt sich die Frage, ob es überhaupt ‚den*ie schwierige*n Patienten*in‘ gibt, worüber es auch in der Fachwelt bisher keine Einigung gibt. Im folgenden Kapitel sollen Gründe vorgestellt werden, wann bzw. warum ein*e Patient*in von dem*er Psychologen*in / Psychotherapeuten*in als schwierig empfunden werden kann.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Gesprächsführung mit Patient*innen in schwierigen Situationen und Konfliktsituationen
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Psychologie)
Veranstaltung
Gesprächsführung
Note
1
Autor
Jahr
2017
Seiten
14
Katalognummer
V461785
ISBN (eBook)
9783668905498
ISBN (Buch)
9783668905504
Sprache
Deutsch
Schlagworte
EWE-Prinzip, Calm-Modell, Change-Talk
Arbeit zitieren
Johanna Kottek (Autor:in), 2017, Gesprächsführung mit Patient*innen in schwierigen Situationen und Konfliktsituationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461785

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