Keiner hat bislang so umfassend wie Helmut Koopmann dargelegt, dass Thomas Manns Gesamtwerk im Bruderzwist seine größte Inspiration gefunden hat. Thomas Mann brauchte seinen Bruder als Antipoden, um sich in Abgrenzung zu ihm selbst zu definieren; sein Werk ist Ausdruck dessen. Die „Betrachtungen eines Unpolitischen“ sind auf dem Höhepunkt dieser Konfrontation entstanden. Die Auseinandersetzung mit den Begriffen der Satire und der Ironie in den „Betrachtungen“ ist daher nur im Kontext des Bruderzwistes zu verstehen. Das scheinbare Paar „Satire und Ironie“ ist als harter Kontrast formuliert, es spiegelt die gegensätzliche Kunstauffassung der Brüder Mann wider. Wenn Thomas Mann in den „Betrachtungen eines Unpolitischen“ von Satire und Ironie spricht, dann hat er auch hier, wie in den vorangehenden Kapiteln, die Auseinandersetzung mit dem „Zivilisationsliteraten“ vor Augen, die Kontroverse mit seinem Bruder Heinrich Mann. Während er im Kapitel über „Ästhetizismus und Politik“ noch zwischen einer richtigen und einer falschen Satire - nämlich der radikalen, gesellschaftskritischen Satire - unterscheidet, grenzt er im letzten Kapitel Radikalismus und Ironie gegeneinander ab. Die Definition einiger zentraler Begriffe muss für das Verständnis von Thomas Manns Vorstellung von Ironie geklärt werden: Konservativismus, Erotik und die Mittlerstellung der Ironie zwischen Leben und Geist. Gegenpole dazu sind der Radikalismus, die gesellschaftskritische Satire, der Nihilismus und nicht zuletzt der Zivilistationsliterat, in dem sich der Konflikt mit Heinrich Mann wohl am augenscheinlichsten herauskristallisiert. Thomas Mann entwirft zwei gegensätzliche, unvereinbare Geisteshaltungen: Den Radikalismus und die Ironie. Beide sind gekennzeichnet durch ein unterschiedliches Verhältnis zu den beiden Polen Geist und Leben. Beeinflusst ist Thomas Manns Begrifflichkeit von Ironie vor allem von Friedrich Nietzsche und der romantischen Ironie, wie noch aufgezeigt werden soll. Zwei Thesen sollen schließlich in der vorliegenden Arbeit überprüft werden:1. Thomas Manns Ironie-Begriff ist eine Abgrenzung zur Kunstauffassung von Heinrich Mann. 2. Thomas Manns Ironie-Begriff ist im Wesentlichen beeinflusst von Friedrich Nietzsche und der romantischen Ironie.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Bruderzwist
- Ironie und Satire als Begriffe in der Literaturwissenschaft
- Nietzsche als Quelle für Thomas Mann
- Ironie und Satire in den „Betrachtungen“
- Gute Satire – Falsche Satire
- Ironie und Radikalismus
- Die,,Mittlerstellung“ von Ironie
- Zusammenfassung und Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Begriff der Satire und der Ironie in Thomas Manns "Betrachtungen eines Unpolitischen". Sie untersucht, wie Thomas Mann diese beiden Begriffe in seinen Essay einsetzt und welche Rolle sie im Kontext seines Bruderzwists mit Heinrich Mann spielen.
- Thomas Manns Abgrenzung von der Kunstauffassung seines Bruders Heinrich Mann
- Der Einfluss von Friedrich Nietzsche und der romantischen Ironie auf Thomas Manns Ironie-Begriff
- Die Definition des Begriffs der Ironie bei Thomas Mann im Kontext von Radikalismus, Konservativismus und Erotik
- Die Gegenüberstellung von Geist und Leben in Thomas Manns Werk und deren Bedeutung für die Ironie
- Die Rolle der "doppelten Optik" als Methode der Betrachtung in Thomas Manns Essay
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den Bruderzwist zwischen Thomas und Heinrich Mann als Ausgangspunkt für die Analyse der "Betrachtungen eines Unpolitischen" dar. Sie führt zentrale Begriffe wie Ironie, Satire, Radikalismus und Konservativismus ein und benennt die beiden Thesen, die in der Arbeit untersucht werden.
- Das Kapitel "Der Bruderzwist" beleuchtet die Rolle des Bruderzwists als Motor für Thomas Manns literarisches Werk und insbesondere für die "Betrachtungen eines Unpolitischen". Es wird argumentiert, dass Thomas Mann seinen Bruder als Antipoden brauchte, um sich selbst zu definieren.
- Das Kapitel "Ironie und Satire als Begriffe in der Literaturwissenschaft" stellt die beiden Begriffe Ironie und Satire in der Literaturwissenschaft vor und ordnet Thomas Manns Begriffsbildung in diesen Kontext ein.
- Das Kapitel "Nietzsche als Quelle für Thomas Mann" untersucht den Einfluss von Friedrich Nietzsche auf Thomas Manns Werk und insbesondere auf seinen Begriff der Ironie. Es werden die zentralen Ideen Nietzsches beleuchtet, die für Thomas Manns "Betrachtungen eines Unpolitischen" relevant sind.
- Das Kapitel "Ironie und Satire in den „Betrachtungen“" analysiert Thomas Manns Verwendung von Ironie und Satire in seinen "Betrachtungen". Es werden die beiden Begriffe im Kontext der "Ästhetizistischen Politik" und des "Ironie und Radikalismus" untersucht und mit Hilfe von Sekundärliteratur erläutert.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Ironie, Satire, Bruderzwist, Thomas Mann, Heinrich Mann, Friedrich Nietzsche, romantische Ironie, Geist, Leben, Radikalismus, Konservativismus, Erotik, "Betrachtungen eines Unpolitischen".
- Arbeit zitieren
- Lutz Benseler (Autor:in), 2004, Der Begriff der Satire und der Ironie in Thomas Manns 'Betrachtungen eines Unpolitischen', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46227