Diese Arbeit in den politischen Theorien versucht die drei Philosophen Thomas Hobbes, John Locke und David Hume mit ihren verschiedenen Gesellschaftsvertragsmodellen zu vergleichen und zu interpretieren. Dabei werden jeweils die Urzustände, die Vertragsschließungen und die späteren Staatszustände kritisch miteinander verglichen.
Resümiert wird auch, wie sich die Theoretiker untereinander beeinflusst haben könnten und inwiefern man die Vertragsmodelle gegeneinander aufstellen und interpretieren kann.
Für Philosophiestudenten und Studenten der politischen Theorien, insbesondere der Gesellschaftsvertragstheorien.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung und Grundinformationen
1.1 Historischer Überblick: England im 17.Jahrhundert
1.2 Philosophische Entwicklungslinien
1.3 Der Sozialvertrag: Allgemeines
2. Der Gesellschaftsvertrag von Thomas Hobbes
2.1 Der Naturzustand – Bellum omnium contra omnes
2.2 Die Begründung des Gesellschaftsvertrages
2.3 Die Typisierung des Vertrages
2.4 Der Staatszustand: ein Überblick
3. John Locke versus Thomas Hobbes
3.1 Kritiker oder Nachahmer?
3.2 Der Naturzustand – eine positivere Betrachtungsweise
3.3 Der Gesellschaftsvertrag – eine Alternative zu Hobbes
3.4 Der Staatszustand – die gemäßigtere Variante
4.David Hume versus Thomas Hobbes
4.1 Hume der große Kritiker von Hobbes?
4.2 Die etwas andere Natur des Menschen bei Hume
4.3 Der Weg zum Vertrauensstaat
4.4 Der Staatszustand - eine Annäherung
4.5 Fazit: Ist Hume nun ein Kritiker Hobbes?
5. Schlussfazit
6. Literaturangaben
Der Gesellschaftsvertrag von Thomas Hobbes und seine Wirkung auf die englischen Philosophen John Locke und David Hume
1. Einleitung und Grundinformationen
1.1 Historischer Überblick: England im 17.Jahrhundert
Das 17.Jarhundert war in England eine fürwahr aufregende, außergewöhnliche Epoche. Mit einer kurzen historische Rundreise durch das von Revolutionen, Kriegen, Niederlagen und Siegen geprägte Land, soll diese Seminararbeit beginnen, denn dadurch lässt sich auch die Entwicklung der Staatsphilosophie jener Zeit besser verstehen. Dass insbesondere die großen britischen Denker dieser Epoche – Thomas Hobbes, John Locke und David Hume - davon beeinflusst wurden, ist angesichts der großen Umwälzungen im 17.Jahrhundert augenscheinlich.
Durch die Inthronisierung der katholischen Stuart Dynastie ab 1603, kam es zu ernsthaften Konflikten mit dem schon bestehenden englischen Parlament.[1] Diese Diskrepanzen waren nicht nur durch die unterschiedlichen Konfessionen – Katholiken gegen Anglikaner – sondern auch durch die konträren politischen Weltanschauungen ausgebrochen. Das absolutistisch denkende Königshaus versuchte erfolglos in einem konstitutionell-monarchistisch aufgebauten Staat ihre alte Macht wiederherzustellen.[2] Dieser schwelende Brand breitete sich im englischen Bürgerkrieg 1642 wie ein Lauffeuer aus, wobei sich die Parlamentarier unter Oliver Cromwell militärisch gegen das Königtum durchsetzen konnten. Nach der Hinrichtung König Karls I. 1649 errichtete Cromwell, ähnlich wie Robespierre zirka 150 Jahre später, eine republikanische Diktatur, die elf Jahre lang das Land peinigen sollte.[3] 1688/89 erzwang schließlich das Parlament eine neue politische, parlamentarisch-monarchische Ordnung in der so genannten „Glorious Revolution“. Mit Willhelm von Oranien setzten sie einen liberalen Regenten ein und stellten so erstmalig eine bipolare Gewaltenteilung her. Nach diesem zweiten englischen Umsturz im 17.Jahrhundert endete eine besondere Zeit, deren politische Erschütterungen noch bis heute weiter wirken.[4]
1.2 Philosophische Entwicklungslinien
Genau in diese Ära fallen daher nicht ohne Grund einige der bedeutendsten britischen philosophischen Grundüberlegungen die, ausgehend von der historischen Evolution, letzen Endes auch die Geisteswissenschaften erzittern lassen sollten. Das erste philosophische Erdbeben lösten die Gedanken eines der bekanntesten Genies des 17.Jahrhunderts aus: Thomas Hobbes (1588-1679). Dieser, oft als Begründer der Philosophie der Neuzeit bezeichnet, bricht in seinen Werken mit vielen Theorien, die schon seit der Antike verwendet und geschätzt worden waren.[5] Hobbes trennte sich von althergebrachten Skeptizismus und konzentrierte sich „ganz auf den Boden des modernen physikalischen Denkens“.[6] Sein Weltbild war ein rein mechanisches, dass man nur durch Erkenntnis, durch Erfahrung, Empirie erforschen konnte. In dieser empirisch orientierten Weltanschauung, wendet Thomas Hobbes sich von den Vermutungen der Scholastiker ab und reiht sich in damit in die Philosophie ein, welche als Empirismus bezeichnet wird. Vor allem
„die Staatslehre ist aber das Kernstück und der Teil seiner Philosophie, der den nachhaltigsten Einfluss gehabt hat.“[7]
Sein Konstrukt des Gesellschaftsvertrages (GV) - in dieser Arbeit soll es vor allem um die staatswissenschaftlichen Aspekte gehen - beeinflusste andere Philosophen jeglicher Epochen nachhaltig. Der „Leviathan“ sein Hauptwerk der Staatsphilosophie diente Denkern wie John Locke, David Hume, aber auch Immanuel Kant oder Jean Jacques Rousseau, als Vorbild, welches für die eigenen Gedanken übernommen, angepasst, kritisiert oder konterkariert wurde.[8] In dieser Seminararbeit soll es nun vor allem um die politische Theorie von Thomes Hobbes gehen, sowie deren Einfluss auf die britischen Philosophen John Locke (1632-1704) und David Hume (1711-1776).[9] Nach diesem kurzen Geschichtlichen Exkurs und einem anschließenden allgemeinen Kapitel zum Sozialvertrag (SV), folgt die Vorstellung des Vertrags von Thomas Hobbes. Schließlich erfolgt eine Betrachtung der staatsphilosophischen Ideen von Locke und Hume, wobei insbesondere der Einfluss von Hobbes deutlich gemacht werden soll. Ein abschließendes Fazit wird diese Arbeit zu guter letzt abrunden. Doch zunächst einige grundlegende Informationen zum GV.
2.3 Der Sozialvertrag: Allgemeines
„Die Vorstellung des Gesellschaftsvertrags zwischen [einem] Volk und seiner Regierung, spielte eine zentrale Rolle in der Debatte über politische Systeme.“[10]
Vertragstheorien erklären das Entstehen eines Staates und/oder einer Gesellschaft, durch ein Übereinkommen in Forme eines fiktiven Vertrags zwischen Individuen.[11] Der SV taucht schon in der Zeit der antiken Sophisten im 5.Jahrhundert v. Chr. erstmalig auf. Diese propagierten damals die Errichtung einer gesellschaftlichen Ordnung auf Vertragsbasis.[12] In der frühen Neuzeit kam es schließlich zur späten Renaissance der des Vertragsargumentes, wobei ganz unterschiedliche Formen des Kontraktes auftauchten. Man ordnet daher heute Gesellschaftsvertragstheorien anhand ihrer Typologie und ihres Gegenstandes in verschiedene Kategorien ein. Der einmal vollzogene Urvertrag, der ständig erneuerbare implizierte Vertrag sowie der hypothetische, fiktive Vertrag bezeichnen den Typus eines GV.[13] Der Vertragsgegenstand differenziert hingegen zwischen einem auf einer bestehenden Gesellschaft basierenden Herrschaftsvertrag, der das Verhältnis Volk – Herrscher bestimmt, und einem Gesellschaftsvertrag, der eine Gesellschaft an sich und davon ausgehend eine Herrschaftsordnung begründet.[14] Ausgangspunkt jeglicher Überlegungen ist dabei die Idee eines fiktiven Naturzustandes (NZ) aus dem sich die Menschen aus bestimmten Gründen in den Staatszustand begeben.
Im Folgenden soll nun der SV des Thomas Hobbes, anhand der Entstehung, des Typs und dem anschließenden Staatszustandes erläutert werden.
2. Der Gesellschaftsvertrag von Thomas Hobbes
2.1 Der Naturzustand – Bellum omnium contra omnes
Die Grundlage der politischen Theorie von Thomas Hobbes ist nicht mehr, wie bei den antiken oder mittelalterlichen Philosophen, die Metaphysik sondern die Anthropologie.[15] Der Mensch ist seiner Ansicht nach ein ungeselliges, triebhaftes und egoistisches Wesen, das sich, fern von einer höchsten Idee – einem höchsten Gut, das bei Platon, Aristoteles und anderen noch existierte – sein ganzes Leben lang im Wettstreit um Ruhm, Reichtum und Macht mit seinen Kontrahenten befindet. Wenn eine staatliche Ordnung fehlt – eine höhere Macht ist für den Deisten Hobbes nicht entscheidend – gibt es keine Moral, kein Recht oder Unrecht, sodass jeder Mensch vollends frei ist, tun und lassen zu können was er möchte.[16] Da die freien und gleichen Menschen nach Hobbes von negativen Eigenschaften beherrscht werden und ferner auch ihre bestehende Vernunft auf ein kühles kalkulieren zusammengeschrumpft ist, führt dies Zwangsweise im Naturzustand zu einem Krieg aller gegen alle.[17] In seinem Essay „Hobbes, a comparative analysis“ schreibt Murray Forsyth über die Menschen
„[Hobbes] described them as vain glorious men, or men who use violence for trifles. War for Hobbes, was the product of a relationship, albeit a negative one between the wills of two or more persons ”[18]
Forsyth kommt zu dem Ergebnis, dass der Mensch für Hobbes ein Wolf, kein zoon politikon sein muss. Da jeder zu aller erst nach Selbsterhaltung und eigenem Vorteil strebt, kämpft man im hobbesschen NZ gegeneinander und hadert natürlich stets mit der Todesfurcht. Jeder kann jeden töten, weil sich die Menschen, auch wenn sie unterschiedliche physische und intellektuelle Fertigkeiten besitzen, in einer absoluten Zusammenrechnung ihrer Eigenschaften gleichen. Selbst der Stärkste muss somit im NZ auf der Hut sein, es könnte ja durchaus jemanden, der ihn mit Hilfe der Intelligenz niederstrecken könnte. Diese permanente Angst führt zusammen mit dem verborgenen Sehnen nach einem guten, friedlichen Leben und den so genannten natürlichen Gesetzen – Hobbes pflanzt diese den Menschen als moralische Grundlage ein, die sich gegen die Triebhaftigkeit allerdings nicht durchsetzen kann – führt schließlich zum GV.[19]
[...]
[1] (Vgl. :Wolfgang Emer: Grundwissen Geschichte, S.122)
[2] (Ebda.: S.123)
[3] (Vgl.: Robert Stuart: Ideen die, die Welt veränderten, S.17)
[4] (Ebda.: S.18ff.)
[5] (Vgl.: Hans Joachim Störig: Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S.159 ff.)
[6] (Ebda.:, S.394 ff.)
[7] ( Ebda.: S.333 ff.)
[8] (Vgl.: Stuart: Ideen, S. 280)
[9] (Vgl.: Störig: Kleine Weltgeschichte, S.393 ff.)
[10] (Vgl.: Stuart: Ideen, S. 281)
[11] (Vgl.: David Boucher & Paul Kelly: the social contract from Hobbes to Rawls, S. 81 ff.)
[12] (Vgl.: Störig: Kleine Weltgeschichte, S.161 f.)
[13] (Vgl.: Boucher & Kelly: Social contract, S. 2 ff.)
[14] (Ebda.: S. 4 ff.)
[15] (Vgl.: Thomas Hobbes: Leviathan, S. 311 ff.)
[16] (Ebda.: S.112)
[17] (Ebda.: S.115)
[18] (Vgl.: Murray Forsyth: Hobbes a comparative analysis, in: David Boucher & Paul Kelly: Social contract from Hobbes to Rawls, S.41 ff)
[19] (Vgl.: Hobbes: Leviathan, S. 155 ff.)
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